Salmonella enterica wird in die unten
aufgeführten sechs Subspezies unterteilt.
Innerhalb der Subspezies ordnet man individuelle
Isolate einem der mehr als 2600 Serovare zu.
Salmonellen(Salmonella) sind eine Gattung stäbchenförmiger Bakterien aus der Familie der Enterobakterien (Enterobacteriaceae), die bei Menschen und vielen Tieren Krankheiten verursachen können. Joseph Lignières benannte die von ihm beschriebene Gattung im Jahr 1900 nach dem US-amerikanischen Tierarzt Daniel Elmer Salmon.
Salmonellen sind stäbchenförmige gramnegative Bakterien mit einem Durchmesser zwischen etwa 0,7 bis 1,5 µm und einer Länge von etwa 2 bis 5 µm. Sie sind vorwiegend aktiv beweglich, peritrich begeißelt, fakultativ anaerob, chemoorganotroph mit oxidativem und fermentativem Energiestoffwechsel und nicht sporenbildend. Sie werden in der Gattung Salmonella zusammengefasst und der Familie der Enterobacteriaceae zugeordnet. Sie sind eng verwandt mit der Gattung Escherichia. Sie kommen weltweit in wechsel- und gleichwarmen Tieren, in Menschen und in Habitaten außerhalb von Lebewesen vor.
Salmonellosen (Erkrankungen durch Salmonellen) gehören zu den Zoonosen, Menschen wie Tiere sind von Infektionen betroffen. Für Menschen ist die Übertragung über Lebensmittel eine häufige Ursache für eine Erkrankung an der Salmonellose.[1] Salmonellen kommen unter anderem besonders auf Eiern und Geflügelfleisch vor. Im Gegensatz zu beispielsweise den 1980er Jahren ist Schweinefleisch in den 2020er Jahren vergleichsweise selten mit Salmonellen belastet.
Man unterscheidet zwischen den Enteritis- und den Typhus/Paratyphus-Salmonellen, wobei letztere aufgrund spezieller Virulenzfaktoren und eines Kapselproteins (Virulenz-Antigen) schwerere Erkrankungen verursachen. Auslöser sind Salmonella enterica subsp. enterica Serovar Typhi, kurz Salmonella Typhi und Salmonella Paratyphi. Salmonella Typhi kommt bei Tieren nicht vor und ist an Menschen angepasst.
Enteritis-Salmonellen, beispielsweise Salmonella enterica subsp. enterica Serovar Enteritidis (Kurzbezeichnung Salmonella Enteritidis) und Salmonella Typhimurium, verursachen beim Menschen meist spontan ausheilende Durchfallerkrankungen, die in der Regel nicht antibiotisch behandelt werden müssen. Allerdings können bei Risikogruppen wie Säuglingen, Kleinkindern, alten Menschen, HIV-Patienten und immungeschwächten Patienten schwere Erkrankungen (Allgemeininfektionen) hervorgerufen werden.
In Deutschland gehören Salmonellosen zu den sogenannten meldepflichtigen Erkrankungen (§ 6 bzw. § 7) des Infektionsschutzgesetzes. Die amtlichen Meldungen sind seit 1990 von etwa 200.000 auf rund 55.000 Fälle im Jahr 2005 zurückgegangen. Für das Jahr 2014 wurden in Deutschland nur noch 16.220 Fälle gemeldet. 17 Fälle wurden als krankheitsbedingt verstorben übermittelt.
In der Schweiz melden die Labore jährlich zwischen 1200 und 1500 Nachweise von Salmonellen.[4]
Bis zu 5 % der Erkrankten werden zu sogenannten Dauerausscheidern, nach der Genesung scheiden sie weiterhin Salmonellen (via Galle oder Dünndarm) mit dem Stuhl aus. Nach § 42 Abs. 1 IfSG zieht das ein dauerhaftes Tätigkeits- und Beschäftigungsverbot in der Herstellung bestimmter Lebensmittel sowie in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung nach sich.[5]
Salmonellen sind außerhalb des menschlichen bzw. tierischen Körpers wochenlang lebensfähig. In einigen Fällen können sie sich bereits ab einer Temperatur von etwa 6 °C vermehren. Sie sind dazu dann bis zu einer Temperatur von etwa 47 °C lebensfähig. Mit einer Erhitzung auf 70 °C für 10 min. wird eine sichere Abtötung erreicht. Durch Einfrieren werden die Bakterien hingegen nicht abgetötet.[1]
Hände können mit alkoholischen Desinfektionsmitteln desinfiziert werden. Bei behördlich angeordneten Desinfektionsmaßnahmen ist die Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren (doi:10.1007/s00103-017-2634-6) heranzuziehen.[1] In getrocknetem Kot sind Salmonellen über 2,5 Jahre lang nachweisbar. In sauren Lösungen sterben sie rasch ab, weswegen die Einnahme von Medikamenten, welche die Produktion der Magensäure hemmen, das Risiko einer Infektion mit Salmonellen erhöht.[6] Sonnenlicht (UV-Strahlung) beschleunigt das Absterben der Erreger.
In Dänemark gab es 2021 einen Salmonellose-Ausbruch, welcher auf Flohsamenschalen zurückzuführen ist. Insgesamt gab es 33 bestätigte Fälle und drei Todesfälle.[7]
1881 gelang Georg Gaffky die Züchtung des Erregers in Reinkultur (Publiziert 1884).
1888 August Gärtner entdeckt den Verursacher der „Fleischvergiftung“ und damit einen Erreger der Salmonellen-Enteritis (Bacillus enteritidis Gärtner = Salmonella enteritidis).[8]
1889 fand Daniel Elmer Salmon, nach dem die Gattung Salmonella benannt wurde, die „Schweinecholera“-Bakterien.
Zwischen 1888 und 1892 entdeckte Friedrich Loeffler im Rahmen einer Mäusetyphus-Epidemie bei Versuchsmäusen in Greifswald[9] den auch für den Menschen gefährlichen Enteritis-Erreger Salmonella typhi-murium(Salmonella Serovar Typhimurium).
Die Systematik und Nomenklatur der Salmonella-Arten ist sehr komplex. In der Anfangsphase wurden Salmonella-Arten nach klinischen Gesichtspunkten gebildet und benannt, beispielsweise Salmonella typhi-murium (Mäusetyphus), S. abortus-ovis (Abort des Schafs), S. cholerae-suis (Cholera des Schweins).
Kauffmann definierte 1941 aufgrund serologischer Befunde jedes neu entdeckte Serovar als neue Art.[10]
Als erkannt wurde, dass die Wirtsspezifität mancher Arten nicht existiert – S. typhimurium und S. choleraesuis sind auch für den Menschen pathogen – wurden neue Serovare als eigenständige Salmonella-Arten angesehen und nach dem Ort bezeichnet, an dem der erste Stamm der neuen Art isoliert wurde.
1966 wurde beim Neunten Internationalen Mikrobiologischen Kongress in Moskau beschlossen, den Bindestrich in den Artnamen zu entfernen (also z. B. S. typhimurium).
Aufgrund molekularbiologischer Erkenntnisse (insbesondere DNA/DNA-Hybridisierung) schlugen Le Minor und Popoff vor, die Gattung Salmonella als nur aus einer einzigen Art bestehend anzusehen, nämlich aus S. enterica – diesem Vorschlag wurde jedoch nicht stattgegeben.[11][12] Derzeit (Stand 2023) gilt, dass es zwei Arten gibt: Salmonella enterica und Salmonella bongori. Zu 99,5 % gehören Salmonellen, die aus Salmonellose-erkrankten Menschen und warmblütigen Tieren isoliert wurden, der Gruppe I an Salmonella enterica ssp. enterica. Vertreter der Subspezies salamae (Gruppe II) und houtenae (Gruppe IV) wurden aus Reptilien isoliert; am seltensten sind Subspezies der Gruppe VI (Subspezies indica). S. enterica ssp. bongori wurde von Le Minor und Popoff (1987)[11] als Gruppe V klassifiziert, aber Reeves u. a. (1989)[13] schlugen vor, die Gruppe V als eigene Art S. bongori. zu bezeichnen.
Medizinisch relevante Salmonellen gehören der
Gruppe I (S. enterica ssp. enterica) sowie der
Gruppe IIIa (S. enterica ssp. arizonae) und der
Gruppe IIIb (S. enterica ssp. diarizonae) an.
Diese sechs Salmonellengruppen können mit biochemischen Tests wie folgt klassifiziert werden:[14]
Gruppe (nach Subspezies)
Gruppe (nach Nummer)
Malonat
ONPG
Dulcit
Salicin
Galakturonsäure
Gelatine
S. enterica ssp. enterica
I
negativ
negativ
positiv
negativ
negativ
negativ
S. enterica ssp. salamae
II
positiv
negativ
positiv
negativ
positiv
positiv
S. enterica ssp. arizonae, und S. enterica ssp. diarizonae
III
positiv
positiv
negativ
negativ
schwach
positiv
S. enterica ssp. houtenae
IV
negativ
negativ
negativ
positiv
positiv
positiv
S. enterica ssp. indica
VI
negativ
variabel
variabel
negativ
positiv
positiv
S. bongori
V
negativ
positiv
positiv
negativ
positiv
negativ
Erläuterungen: Malonat: Verwertung von Malonat als Energie- und Kohlenstoffquelle (C-Quelle); ONPG: Hydrolyse von ONPG; Dulcit: Verwertung von Dulcit, einem Zuckeralkohol, als Energie- und C-Quelle; Salicin: Verwertung von Salicin, einem Glycosid, das in Weiden (Gattungsname: Salix) vorkommt, als Energie- und C-Quelle, Galakturonsäure: Verwertung von Galacturonsäure, dem Hauptbestandteil der Pektine, Gelatine: Hydrolyse von Gelatine.
Nach einer fast zwanzig Jahre andauernden Diskussion wurden 2005 wurden Vorschläge von Léon Le Minor und Michel Y. Popoff[11] und Michael W. Reeves[13] angenommen und zu einer reformierten Nomenklatur zusammengefasst.[15][16]
Dieses formale, von mikrobiologischen Systematikern erstellte System führt zu sehr umfangreichen Namen. Vollständig würde der Erreger des Typhus zum Beispiel -Salmonella enterica subspezies enterica serovar Typhi- heißen, wobei ein Teil des Namens kursiv geschrieben würde und ein anderer nicht. Aus Praktikabilitätsgründen wird dieses Benennungsprinzip von beispielsweise Mikrobiologen und Infektiologen verkürzt angewandt zu beispielsweise Salmonella Typhi.
Es gibt nach dem Kauffmann-White-Schema insgesamt mehr als 2600 Salmonellen-Serovare, die sich aufgrund des Vorkommens von unterschiedlichen O- und H-Antigenen unterscheiden.[17][18] Die O-Antigene sind Bestandteil der Lipopolysaccharide (LPS) der Zellwand und die H-Antigene Bestandteil der Proteinbausteine der Geißeln (Flagellen), mit denen sich die Salmonellen fortbewegen können. Zusätzlich verfügen einige Arten über ein Antigen in der Schleimhülle („Kapsel“), sogenanntes Kapselantigen (= K-Antigen). Da durch das Kauffmann-White-Schema nur eine H-Phase nachweisbar ist und zur Typisierung aber auf jeden Fall beide H-Phasen benötigt werden, muss die zweite (andere) H-Phase durch eine Schwärmplatte nach Sven-Gard zur Ausbildung gebracht werden.
O-Antigen (= somatisches Antigen). lokalisiert in der äußeren Membran, Lipopolysaccharide, thermostabil, Formaldehydunbeständig, sogenannte Oberflächen-Antigene
Einordnung der Serovare nach der Anpassung an bestimmte Wirte:
an den Menschen angepasste Serovare, die Typhus oder Paratyphus verursachen (Salmonella Typhi, Salmonella Paratyphi A, B und C),
an bestimmte Tierarten angepasste Serovare, die tierspezifische Erkrankungen hervorrufen und für andere Tierarten und den Menschen nicht von Bedeutung sind Salmonella Dublin (Rind), Salmonella Abortusovis, Abortusequi (Schaf, Pferd)
Serovare ohne spezielle Wirtsanpassung, die bei allen Tierspezies als Erreger von Enteritiden auftreten und beim Menschen Lebensmittelvergiftungen hervorrufen
Serovare ohne spezielle Wirtsanpassung, die bei Mensch und Tier als Erreger von Salmonellosen auftreten und eine hohe Virulenz besitzen.
durch Unsauberkeit im Lebensmittelbereich, insbesondere in Küchen
durch die Ausscheidungen von Erkrankten, aber auch klinisch gesund erscheinenden infizierten Menschen (Dauerausscheider) und Tieren (gefährdet: andere Tiere und Pflegepersonal); vor allem auch von unerkannt infizierten Reptilien (Befallsrate bei 90 %), eine Gefahr vor allem für Kleinkinder[19]
durch unhygienisch aufgetautes Geflügel (viele Bakterien befinden sich im Tauwasser) sowie
durch rohe Eier, die von mit Salmonellen infiziertem Geflügel stammen (die Salmonellen befinden sich normalerweise nur auf der Eierschale, können bei verletzter Kutikula jedoch auch ins Innere gelangen).
Salmonella Paratyphi A, rein humanpathogen, Erreger des „Paratyphus A“ (Paratyphöse Gastroenteritis), Übertragung durch Kontakt und infektiöse Lebensmittel oder Wasser.
Salmonella Paratyphi B: Von dieser Serovarietät existieren zwei Varianten, die sich hinsichtlich der Fermentation von d-Tartrat unterscheiden. Die d-Tartrat-negative Variante kommt praktisch nur bei Menschen vor, gilt als Erreger des „Paratyphus B“ und kommt in Mitteleuropa kaum vor. Die d-Tartrat-positive Variante, ist hingegen in Mitteleuropa vorherrschend. Sie hat ein tierisches Reservoir, gilt als Auslöser einer Salmonellenenteritis und wird auch als Salmonella Java bezeichnet.[21]
Salmonella Typhi, Vorkommen in gemäßigten bis tropischen Zonen, humanpathogener Erreger des Typhus abdominalis, Übertragung durch Kontakt und infektiöse Lebensmittel, Wasser oder Fliegenkot. 2–5 % aller Erkrankten bleiben Dauerausscheider.[22]
In Deutschland ist jeder direkte Nachweis von Salmonella Paratyphi oder Salmonella Typhinamentlich meldepflichtig nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes. Zudem der direkte oder indirekte Nachweis sonstiger Salmonellen, soweit der Nachweis auf eine akute Infektion hinweist. Die Meldepflicht betrifft in erster Linie die Leitungen von Laboren (§ 8 IfSG).
In der Schweiz ist der positive und negative laboranalytische Befund zu Salmonellen (Salmonella spp.) für Laboratorien meldepflichtig und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen.
Giulia Enders, Jill Enders (Illustrationen): Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ. Ullstein, Berlin 2014, ISBN 978-3-550-08041-8.[24][25]
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