Als Schädelausguss oder Endocast (von engl. endocranial cast = Abguss des Schädelinneren (Neurocranium)) bezeichnet man vor allem in der Paläontologie und der Paläoanthropologie eine auf natürlichem Wege oder künstlich im Labor erzeugte, räumliche Nachbildung des Gehirns. Hierbei dient die Innenseite des Schädels als Matrize.[1] Da sich unter anderem die Gehirnwindungen gewissermaßen in die Innenseite des Schädels einprägen, sind diese – umgekehrt – auch in einem Endocast sichtbar. Ein Endocast kann daher – als nahezu naturgetreues Abbild des verschwundenen Organs – Aufschlüsse über die Anordnung und Größe einzelner Bereiche des Gehirns geben.[2]
Schädelausgüsse können im Labor hergestellt werden, indem das Schädelinnere beispielsweise – wie vom US-Anthropologen Ralph L. Holloway entwickelt – zunächst mit flüssigem Latex beschichtet, die ausgehärtete Latexschicht entnommen und mit Gips gefüllt wird.[3] Sie können aber auch in der Natur entstehen, wenn sich ein Schädel mit Sand und Schlamm füllt und das Material später aushärtet und versteinert. Anschließend kann es vorkommen, dass sich die Schädelknochen zersetzen, der Schädelausguss aber als Fossil erhalten bleibt. In neuerer Zeit werden mit Hilfe der Computertomographie und anderer bildgebender Verfahren auch „virtuelle Schädelausgüsse“ hergestellt, so dass eine mögliche Beschädigung der oft wertvollen und empfindlichen Schädelknochen vermieden wird. Besonders bekannt ist der 2,4 Mio. Jahre alte natürliche Schädelausguss des „Kindes von Taung“, bei dem es sich um das Fossil eines etwa dreijährigen Australopithecus africanus, eines Vormenschen, handelt.[4] Auch in der anfänglichen wissenschaftlichen Diskussion um die Einordnung des Homo floresiensis in den Stammbaum des Menschen spielte die Analyse des Schädelausgusses vom Fossil LB1 eine Rolle.[5]
Begründerin der systematischen Analyse von fossilen Schädelausgüssen, der Paläoneurologie, zur Klärung von Fragen der Evolutionsforschung, war Tilly Edinger (1897–1967).[6]