Sivapithecus | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Schädelfragment von Sivapithecus indicus (Sammlungsnummer: GSP 15000) im Pariser Muséum national d’histoire naturelle (Kopie) | ||||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||||
Miozän | ||||||||||||
12 bis 8 Mio. Jahre | ||||||||||||
Fundorte | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Sivapithecus | ||||||||||||
Pilgrim, 1910 |
Sivapithecus ist eine ausgestorbene Gattung der Primaten aus der Familie der Menschenaffen (Hominidae). Die jüngeren Funde gelten als rund acht, die älteren als rund 13 Millionen Jahre alt; sie werden also in das Obere und Mittlere Miozän datiert. Die zu Sivapithecus gestellten Fossilien ähneln sehr stark denen von Ramapithecus.
Die Bezeichnung der Gattung Sivapithecus verweist auf den Hindu-Gott Shiva, da die ersten Funde in Indien gemacht wurden. Ferner wird Bezug genommen auf das griechische Wort πίθηκος (altgriechisch ausgesprochen píthēkos: „Affe“). Sivapithecus bedeutet somit sinngemäß „Affe des Gottes Shiva“.
Sivapithecus wurde 1910 von Guy Ellcock Pilgrim erstmals wissenschaftlich beschrieben.[2] Sollten Sivapithecus männliche und Ramapithecus weibliche Individuen der gleichen Art repräsentieren, hätte die Gattungsbezeichnung Sivapithecus Vorrang, da Ramapithecus erst 1934[3] wissenschaftlich beschrieben wurde.
Sivapithecus dürfte die Größe eines Schimpansen, aber im Bau des Gesichtes Ähnlichkeiten mit einem Orang-Utan gehabt haben. Aus der Dicke des Schmelzes der Zähne leitet man ab, dass sich die Individuen dieser Gattung vermutlich vorwiegend von Früchten ernährt haben. Der Körperbau unterhalb des Kopfes lässt auf einen Baumbewohner schließen, der sich vorwiegend auf den Ästen der Bäume fortbewegt hat, aber auch hangeln konnte.[4]
Aufgrund der nur bruchstückhaft überlieferten Fossilien gibt es für Sivapithecus allenfalls grobe Schätzwerte für dessen Hirnvolumen, denen zufolge es Dryopithecus und ähnlich großen Schimpansen entspreche, also vermutlich deutlich weniger als 400 cm³ betragen hat.[5]
Sivapithecus ist im Stammbaum der Menschenaffen vermutlich an einem Ast anzusiedeln, der unterhalb des Astes der afrikanischen Linie (aus der sich Gorillas, Schimpansen und Mensch entwickelt haben) abzweigt. Ein Verwandter von Sivapithecus scheint der ausgestorbene Riesenprimat Gigantopithecus gewesen zu sein. Von einigen Autoren wird der Gattung eine enge Verwandtschaft zum Orang-Utan zugeschrieben, von anderen Autoren wird diese phylogenetische Nähe angezweifelt.[6]
Über die Anzahl der Arten und die Zuordnung der Fundstücke zu bestimmten Arten herrscht Unklarheit. In der Fachliteratur unterschieden werden insbesondere drei Arten:[7]
Sivapithecus indicus und Sivapithecus sivalensis werden von einigen Forschern als einzige Art gedeutet oder zu Equatorius africanus gestellt. Sivapithecus africanus ging zunächst in Kenyapithecus africanus auf und wurde danach ebenfalls als identisch mit Equatorius africanus interpretiert. Sivapithecus simonsi[8] wiederum wird von einigen Forschern als Variante von Sivapithecus sivalensis interpretiert.[9]
Auch wird die Gattung Ramapithecus, die in den 1960er-Jahren irrtümlich als direkter Menschenvorfahr angesehen worden war, manchmal der Gattung Sivapithecus zugerechnet: Einige Forscher deuten Sivapithecus sogar als die männliche Form, Ramapithecus als die weibliche Form der gleichen Art.[10] Die 1934 als Ramapithecus brevirostris bezeichneten Fossilien ähneln zudem so stark den Überresten der bereits 1915 wissenschaftlich beschriebenen Art Dryopithecus punjabicus (deren Funde nach heutiger Einschätzung nicht zur Gattung Dryopithecus passen), weswegen gemäß den internationalen Regeln für die Zoologische Nomenklatur das Epitheton punjabicus Vorrang vor brevirostris habe und die Art demzufolge als Ramapithecus punjabicus zu bezeichnen sei. Sollten diese Fossilien jedoch als eigene Art zu Sivapithecus gehören (was einige Forscher befürworten), müssten sie als Sivapithecus punjabicus bezeichnet werden; alle Namensvarianten kommen in der Fachliteratur vor. Umgekehrt wurde der 1973 in der Türkei entdeckte Sivapithecus alpani 1976 zu Ramapithecus wickeri und schließlich zu Kenyapithecus wickeri gestellt.
Ein seit 1957 aus der Türkei bekannter fossiler Unterkiefer wurde zunächst als Ankarapithecus meteai der zugleich neu definierten Gattung Ankarapithecus zugeordnet, 1980 als Sivapithecus meteai der Gattung Sivapithecus zugeordnet und 1998 – gemeinsam mit anderen Fossilien – wieder als Ankarapithecus meteai eingeordnet.[11]