Spital am Pyhrn liegt auf 640 m Seehöhe im Traunviertel. Die Ausdehnung beträgt von Nord nach Süd 16 und von West nach Ost 12,3 Kilometer. Die Gesamtfläche der Gemeinde umfasst 108,89 Quadratkilometer. Davon sind 63 Prozent bewaldet und 15 Prozent werden landwirtschaftlich genutzt.[1]
Die Bedeutung Spitals und der Umstand, dass hier eine mächtige Stiftsanlage entstehen konnte, hängt damit zusammen, dass der Ort an einer Römerstraße lag, die eine der am stärksten verwendeten Nord-Süd-Verbindungen (von der Nordsee bis zur Adria) darstellte. Sie war noch vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert eine wichtige Route, sodass im Lauf der Zeit entlang der Strecke Beherbergungsbetriebe für Reisende errichtet wurden. Vor allem im Winter war ein Halt in Spital unumgänglich, da für die nach Süden Reisenden die Pyhrnpass-Überquerung (auf 954 m) bevorstand.[4]
Kaiser Heinrich II, der letzte Regent aus dem Geschlecht der Ottonen, ist es zu verdanken, dass Spital am Pyhrn ein wichtiger Ort auf dieser Strecke wurde. Er hatte Bamberg zum Hochstift ernannt und ihm das Land am Pyhrn zum Geschenk übergeben. Dafür sollte es die Strecke sichern und ein Hospiz errichten (damals „Hospital“ für Gastfreundlichkeit, daher der Ortsname „Spital“). Mit der Leitung des Hospizes wurde eine Spitalsbruderschaft betraut. Als es nach über 200 Jahren seine Bedeutung als Beherbergungsbetrieb verlor, wurde es 1418 in ein Kollegiatstift weltlicher Chorherren umgewandelt, das in den folgenden Jahrhunderten einen mächtigen Aufstieg nahm. 1605 wurde es durch Papst Paul V. zur Propstei erhoben. Die Pröpste der Barockzeit gaben sich mit Leidenschaft der Baulust hin, und so entstanden ein neues Stiftsgebäude und von 1714 bis 1730 die prachtvolle Kirche,[5] mit deren Bau Johann Michael Prunner beauftragt wurde. Die Fresken von Bartolomeo Altomonte gelten als das Hauptwerk des Künstlers. Die Altarblätter der Seitenaltäre schufen Johann Martin Schmidt, genannt der Kremser Schmidt, und Michelangelo Unterberger.[6]
1807 hob Kaiser Franz II./I. das Stift auf und übergab den Besitz den Benediktinermönchen von St. Blasien im Schwarzwald. Sie blieben zwei Jahre in Spital und zogen 1809 in das Stift St. Paul im Lavanttal in Kärnten. Stift Spital am Pyhrn hatte aufgehört zu existieren, die frühere Stiftskirche wurde Pfarrkirche. In der Nacht vom 25. auf den 26. Oktober 1841 beschädigte ein Brand den Ort und die Stiftsgebäude.
1906 wurde die Pyhrnbahn eröffnet, was dem Ort den Anschluss an das internationale Eisenbahnnetz und den Wandel zur Sommerfrische brachte. 1910 besaß der Ort 1.066 Einwohner, ein Postamt mit Telegraphenstation und Telefon, einen Arzt, einen Fleischhauer, Bäcker, mehrere Kaufleute, einen Friseur, ein Warmbad, ein Hotel sowie fünf Gasthöfe. Bereits damals warb man neben der Sommerfrische mit dem Wintersport.[7]
In einem Gasthof im Ort wurde die Ausländerkinder-Pflegestätte Spital am Phyrn, die regional „Fremdvölkisches Kinderheim“ genannt wurde, am 9. Oktober 1942 errichtet und „versuchsweise“ in Betrieb genommen.[8] Es handelte sich um die erste derartige Einrichtung im gesamten Deutschen Reich im nationalsozialistischen Regime. Bis zum Jahr 1945 starben in dem Heim 38 von 97 eingewiesenen Kindern an bewusst mangelhafter Ernährung und vernachlässigter Fürsorge, von sechs weiteren Kindern ist das Schicksal unbekannt.[9] Im Mai 2014 wurden am Friedhof in Spital zwei Gedenktafeln zur Erinnerung an diese Opfer des NS-Regimes enthüllt.[10]
Anfang 1945 war in der Gruft unter dem Presbyterium der Stiftskirche die gesamte Goldreserve der Ungarischen Nationalbank (33.000 kg) eingelagert. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kamen die Stiftsgebäude in den Besitz der Österreichischen Bundesforste, die sie 2009 an die Gemeinde Spital am Pyhrn verkauften. Eine Außenrestaurierung des Stiftsgebäudes erfolgte 1964–1967. Von 1989 bis 1997 war der Forstbetrieb Spital/Pyhrn im Stift ansässig. Seit 2015 befindet sich das Museum Zwischen Himmel und Erde – Gerlinde Kaltenbrunner und die Welt der 8000er auf 400 m² in barocken Gewölberäumen im Erdgeschoss des Stiftes.
Die Einwohnerzahl hat sich in den letzten Jahrzehnten auf einen stabilen Stand eingependelt, da sich Abwanderungen und Geburten beinahe ausgleichen.[11]
Ehemalige Stiftskirche: (jetzt Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt) 1199 war die erste Weihe der Kirche, die im Gegensatz zu den meisten mittelalterlichen Kirchen nicht geostet, sondern – Apsis und Altar – nach Westen orientiert ist. Eine prunkvolle Erweiterung und Ausgestaltung erfolgte 1714–1730 durch den Barockarchitekten Johann Michael Prunner, Fresken stammen von Bartolomeo Altomonte und Francesco Messenta, Stuckarbeiten von Domenico Antonio Carlone, vier Altarbilder von Martin Johann Schmidt, genannt Kremser Schmidt, und zwei Altarbilder von Michelangelo Unterberger. Das schmiedeeiserne Abschlussgitter schuf Andreas Ferdinand Lindemayr.[12] Das Stift, zu dem die Kirche gehörte, wurde 1807 von Kaiser Franz II/I aufgehoben, zwischenzeitlich war ein anderer Orden darin untergebracht und schließlich wurde es profaniert. Es beherbergte Büros und während des Zweiten Weltkriegs ein Kinderheim. Heute befinden sich ein Hotel und ein Museum im ehemaligen Stiftsgebäude.
Museum Zwischen Himmel und Erde – Gerlinde Kaltenbrunner und die Welt der 8000er: 2015 wurde die Ausstellung in den ehemaligen Stiftsräumen eröffnet. Schirmherrin ist die ExtrembergsteigerinGerlinde Kaltenbrunner. Sie hat 2011 als erste Frau alle Achttausender der Welt ohne Verwendung von Sauerstoffflaschen bestiegen. Im Wetterraum können Besucher hautnah Sturm, Wind und Lawinen auf den höchsten Bergen der Welt nachvollziehen.[13] Details zu den Erstbesteigungen und den unterschiedlichen Aufstiegsrouten sowie über die physischen und psychischen Belastungen im Rahmen einer Achttausender-Besteigung werden präsentiert. Hörstationen, wo man Kaltenbrunner über Themen wie Risiko, Verantwortung, Glück, Freude und Tod sprechen hört, und das ausgestellte persönliche Tagebuch geben Einblick in den Alltag dieses Extremsports. Für Kinder gibt es eigene museumspädagogische Stationen.
Vor dem Eingang steht ein verkleinertes Modell des K2 als Kletterturm, den man während der Öffnungszeiten des Museums besteigen kann; entsprechende Ausrüstung kann im Museum ausgeliehen werden.
Huf- und Hackenschmiede Lindemayr in der Weinmeisterstraße 6: Die historische Schmiede war über 500 Jahre „Hofschmiede“ des Stiftes Spital am Pyhrn und ab 1808 mehr als 150 Jahre Werkzeugschmiede für Fuhrleute, Holzknechte und Bauern. 1998 wurde sie anlässlich der OÖ Landesausstellung „Land der Hämmer – Heimat Eisenwurzen“ als Schauschmiede der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.[14] Interessierte können hier Nägel, Hufeisen oder Schürhaken schmieden.
Felsbilder in der Höll: Unterhalb des Weges über den Teichlboden zur Wurzeralm finden sich in einer Schlucht Felsritz-Zeichnungen, die Ernst Burgstaller als erster untersuchte. Gemäß seiner Annahme seien die Ritzungen wegen der Verwitterungsgeschwindigkeit des Kalks nicht prähistorisch, sondern stammen frühestens aus dem Mittelalter. Zudem fanden sich eingravierte Jahreszahlen aus späterer Zeit (1714, 1764, 1900, 1935).[15]
Die Dr.-Vogelgesang-Klamm wurde 1906 erschlossen. Sie ist die größte Felsklamm in Oberösterreich und ein beliebtes Wanderziel. Zahlreiche angelegte Wege und Treppen aus Holz ermöglichen das Durchwandern der Klamm.
Das Panorama-Hallenbad wurde 1971 eröffnet und 1991 umgebaut.
Die Golfanlage Pyhrn-Priel wurde 2006 eröffnet. Es ist eine 18-Loch-Golfanlage mit angeschlossener Golfschule
Mit der Errichtung der Standseilbahn (1978 eröffnet) auf die Wurzeralm wurde ein Sommerwander- und Winter-Schigebiet erschlossen[16], das seit kurzem auch einen MTB-Trail besitzt.
Durch den Ort Spital verläuft der Nordalpenweg, ein österreichischer Weitwanderweg.
Das Kernstück des Benediktweges verbindet drei Bundesländer und führt von Spital am Pyhrn über Admont, Stift Seckau nach St Paul im Lavanttal. Diese Etappe gibt es seit 2009. Mittlerweile wurde der Pilgerweg in Richtung Norden bis Passau und in Richtung Süden bis Gornji Grad in Slowenien erweitert. Es besteht der Plan, einen Europäischen Benedikt-Pilgerweg zu errichten, der im Süden bis Montecassino (Italien) reichen soll, im Norden bis Pluscarden (in Schottland) und eine Länge von 4000 km haben würde.
Dana-Türenindustrie GmbH, der größte Türproduzent Österreichs mit 520 Mitarbeitern (Stand 2013) wechselte mit Jahresbeginn 2005 von Stift Admont an den dänischen Türproduzenten Vest-Wood A/S. Vest-Wood, seinerseits seit 2002 Teil der Door Holding A/S, ging 2006 als größter europäischer Türproduzent an Jeld-Wen aus Oregon, USA.[17][18]
Die in Spital produzierende Firma nennt sich heute Jeld-Wen Türen GmbH – als Teil des internationalen Konzerns Jeld-Wen.[19] Die Marke DANA blieb erhalten, sie entstand bei der Gründung 1973 aus der Kombination der beiden Firmennamen Danibius Holzplattenwerken (Furnier- und Sperrholzwerke) und Stift Admont, das sich als holzliefernder Waldbesitzer beteiligte. 1975 lief die erste industrielle Fertigtürenproduktion Österreichs in Spital-Gleinkerau mit 70 Beschäftigten an.[20]
Im Ortsteil Gleinkerau nahe an der Gemeindegrenze zu Windischgarsten befindet sich das Unternehmen Mark Metallwarenfabrik, 1920 von Rudolf Mark sen. als Schuhösen-Fabrik gegründet.[21] 1962 erfand Mark die Skischuh-Schnalle. Seit 1980 beliefert das Unternehmen Automobilkonzerne mit feinmechanischen Präzisionsteilen für Getriebe, Brems- und Einspritzsysteme, Airbags, Autolampen, Schlauchkupplungen und für das Motormanagement. Komponenten von Mark finden unter anderem auch in medizinischen Geräten, in Navigationssystemen und im Möbelbau Verwendung. Heute (Stand nach 2011) hat sich die Produktionspalette noch einmal ausgeweitet: Die Mark Hydraulik GmbH erzeugt Leichthydraulik-Komponenten für die Luftfahrt, die Mark Save A Live GmbH produziert Sicherheitsausstattungen.
Blasonierung: „Geteilt; oben in Gold ein schwarzer, wachsender Löwe, unten in Blau eine goldene, gestürzte Mondsichel, besteckt mit einem goldenen Kreuz.“ Der Löwe ist das „geminderte“ Wappentier des Hochstiftes Bamberg, dessen Bischof Otto II. aus dem Hause Andechs-Meranien im Jahre 1190 an der Nordseite des Pyhrnpasses eine Herberge für Pilger errichtete. Die mit dem Kreuz besteckte, abwärts gekehrte Mondsichel war das Wappen des 1418 daraus hervorgegangenen, 1807 aufgehobenen Kollegiatstifts weltlicher Chorherren.[28]
Die heraldischen Farben der Gemeinde sind Blau-Gelb/Gold-Blau.
Ernst Krackowizer (1821–1875 Ossining bei New York City, NY), österreichischer Revolutionär von 1848 (damals hatte er in Wien Medizin studiert), nachdem er gesucht wurde, floh er zunächst nach Württemberg und Kiel. Als er steckbrieflich gesucht wurde, emigrierte er 1850 in die USA, wo er sich als Chirurg verdient machte.
Naturraumkartierung Oberösterreich. Biotopkartierung Gemeinde Spital am Pyhrn/Nord. Endbericht. Gutachten Naturschutzabteilung Oberösterreich. Kirchdorf an der Krems 2006, S. 1–342 (zobodat.at [PDF]).
Naturraumkartierung Oberösterreich. Biotopkartierung Gemeinde Spital am Pyhrn Süd. Endbericht. Kirchdorf an der Krems 2006, S. 1–387 (zobodat.at [PDF]).
Maria Prieler-Woldan: „Vielleicht hätte ich eine Familie. Vielleicht hat jemand um mich geweint.“ Das 'fremdvölkische' Kinderheim in Spital am Pyhrn 1943–1945. Wien/Innsbruck 2023.
↑Raimond Reiter: Tötungsstätten für ausländische Kinder im Zweiten Weltkrieg. Zum Spannungsverhältnis von kriegswirtschaftlichen Arbeitseinsatz und nationalsozialistischer Rassenpolitik in Niedersachsen. Verlag Hahnsche Buchhandlung Hannover, Hannover 1993, hrsg. von der Historischen Kommission Niedersachsen: 39. Niedersachsen 1933–1945: Band 3. ISBN 3-7752-5875-2. S. 65.
↑Gabriella Hauch: Ostarbeiterinnen – Vergessene Frauen und ihre Kinder. In: Fritz Mayrhofer und Walter Schuster (Hrsg.): Nationalsozialismus in Linz. Band 2, Linz 2001, S. 1292 ff.