Der Steifhaarige Löwenzahn (Leontodon hispidus), auch Gewöhnliches Raues Milchkraut[1], Rauer oder Rauher Löwenzahn genannt, ist eine Pflanzenart aus der GattungLeontodon (Löwenzahn) innerhalb der Familie der Korbblütler (Asteraceae).
Der Steifhaarige Löwenzahn ist eine ausdauerndekrautige Pflanze, die Wuchshöhen von 10 bis 60 Zentimetern erreicht.[2] Je Pflanzenexemplar ist ein oder zu mehrere Stängel vorhanden. Der aufrechte oder schief bis bogig aufsteigende Stängel ist unverzweigt und[2] einköpfig mit bis zu zwei Schuppenblättern.
Die Laubblätter sind in einer grundständigen Rosette angeordnet. Die Blattspreiten sind vielgestaltig länglich, ganzrandig bis fiederspaltig und grasgrüne bis gräulich-grün. Die Laubblätter sind bei den einzelnen Unterarten kahl bis sehr dicht behaart.
Die Blütezeit reicht von Juni bis Oktober, wobei die Blüten etwa von 5 bis 15 Uhr geöffnet sind. Die Blütenkörbe sind vor der Anthese nickend.[2] Die Blütenhülle weist einen Durchmesser von 12 bis 17 Millimetern auf und besteht aus lanzettlichen, dunkelgrünen bis schwärzlichen Hüllblättern.[2] Die Hüllblätter der äußeren Reihe sind lanzettlich, stumpf und locker abstehend, die übrigen sind linealisch-lanzettlich und stumpf oder kurz zugespitzt.[2] Die Zungenblüten sind gelb und deutlich länger als die Korbhülle.
Die Achänen sind 5 bis 8 Millimeter lang, hell-braun und nach oben schnabelartig verschmälert.[2] Der Pappus ist schmutzig weiß oder bräunlich und länger als die Achäne;[2] die innere Reihe ist fedrig, die äußere borstig.[2]
Die nominotypische Unterart der Gattung kommt auf nährstoffreichem Grünland, auf Nasswiesen und auf Halbtrockenrasen vor. Die Pflanze findet sich oft an Weg- und Straßenrändern. Wichtige Begleitarten sind Gemeine Schafgarbe, Spitzwegerich oder Gewöhnliches Ruchgras. Die Unterart subsp. hyoseroides bevorzugt Kalkfelsen, Geröll- und Schutthalden. Hier sind wichtige Begleitarten Kalk-Blaugras, Huflattich oder Berg-Reitgras.
In den Allgäuer Alpen steigt die Art in ihrer Unterart Leontodon hispidus subsp. montanus im Tiroler Teil auf der Rothornspitze bis zu einer Höhenlage von 2300 Meter auf.[5] Sonst findet sich Leontodon hispidus im Kanton Wallis bis zu einer Höhenlage von 2500 Meter und in Graubünden bis 2700 Meter.[2]
Innerhalb der Gattung ist es die Art mit der stärksten Variabilität. Sie ist jedoch nicht in allen ihren Verbreitungsgebieten gleich variabel; besonders variabel zeigt sich Leontodon hispidus im Alpen- und Voralpengebiet, wo er in zahlreiche Unterarten gegliedert wird.[7] Nach De Groot (1977) sind sie aber nur von geringer Stabilität. Diese Unterarten sind wahrscheinlich nicht genetisch fixiert, sondern wohl eher Standortmodifikationen. In Kulturversuchen zumindest erwiesen sich die meisten Merkmale als hochvariabel. Die einzige Ausnahme bildet wohl Leontodon hispidus subsp. hyoseroides(Rchb.) Murr, die vor allem hinsichtlich der Blattdicke und Form eine gewisse Konstanz aufweist. Die Abgrenzung von Leontodon hispidus subsp. hispidus und Leontodon hispidus subsp. glabratus beruht wohl ausschließlich auf der Dichte der Behaarung und ist mit äußerster Vorsicht zu betrachten.[8]
Leontodon hispidus subsp. brumatii(Rchb.) Wraber (Syn.: Leontodon brumatiiRchb.): Sie kommt nur in Italien und Slowenien vor.[9]
Loentodon hispidus subsp. dubius(Hoppe) Pawłowska (Syn.: Leontodon scaberMiel. ex Hoppe): Sie kommt in den Nördlichen und Südlichen Kalkalpen zwischen Bayern, Österreich, Slowenien und Norditalien (Dolomiten) vor.[10]
Leontodon hispidus subsp. hastilis(L.) Corb. (Syn.: Leontodon hastilisL.): Sie kommt in Europa und Vorderasien vor.[9]
Leontodon hispidus subsp. hispidus: Die ökologischen Zeigerwerte nach Landoltet al. 2010 sind in der Schweiz für diese Unterart: Feuchtezahl F = 2+w (frisch aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 3 (montan), Nährstoffzahl N = 3 (mäßig nährstoffarm bis mäßig nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[1]
Leontodon hispidus subsp. hyoseroides(Rchb.) Murr (Syn.: Leontodon hyoseroidesRchb., Leontodon hyoseroides subsp. pseudocrispus(Bisch.) Greuter): Sie kommt in Frankreich, Deutschland, in der Schweiz, in Österreich, Liechtenstein, Italien, Slowenien und in der Slowakei vor.[9] Die ökologischen Zeigerwerte nach Landoltet al. 2010 sind in der Schweiz für diese Unterart: Feuchtezahl F = 3w (mäßig feucht aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 2 (subalpin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[1]
Leontodon hispidus subsp. montanus(Ball) Greuter (Syn.: Leontodon hastilis subsp. montanusBall, Leontodon hispidus subsp. alpinus(Jacq.) Finch & P.D.Sell): Sie kommt in Frankreich, der Schweiz, Österreich, Polen, in der Slowakei und in Rumänien vor.[9]
Leontodon hispidus subsp. opimus(W.D.J.Koch) Finch & P.D.Sell: Sie kommt in Italien, in der Schweiz, in Deutschland, Liechtenstein, Österreich, Montenegro, Bulgarien und Rumänien vor.[9]
Leontodon hispidus subsp. pseudoincanus(Hayek) Soó: Sie kommt nur in Ungarn vor.[9]
Verglichen mit europäischen Aufsammlungen bieten Pflanzenpopulationen aus dem vorderen Orient (Iran) ein wesentlich einheitlichere Bild. So fehlen kahle Formen völlig, die Pflanzenexemplare variieren in der Größe und in der Blattlänge. Den iranischen Pflanzenpopulationen ist die Blattbehaarung mit zweistrahligen Haaren (Gabelhaare) eigen, was in Europa selten vorkommt.[11] Als einzige Varietät wird aus dem Nord-Iran die var. mazanderanicusRech. mit besonders auffällig langschäftigen und kleinköpfigen Pflanzen anerkannt.
Die unterirdischen Pflanzenteile des Steifhaarigen Löwenzahns enthalten Inulin.[2] In Kriegszeiten wurden diese geröstet als Kaffeeersatz genutzt.[2] Die Pflanze wird von Vieh gerne gefressen, wobei die Zunge der Rinder die angedrückten Blattrosetten aufnehmen kann, den zähen Blütenschaft jedoch meist stehen lässt.[12]
Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi, Arno Wörz (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band6: Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklasse Asteridae): Valerianaceae bis Asteraceae. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8001-3343-1, S.313–316.
Christian Zidorn: Phytochemie, Pharmakologie, Chemotaxonomie und Morphologie von Leontodon hispidus. Shaker, Aachen 1998, ISBN 3-8265-3935-4 (Dissertation Universität Innsbruck).
David J. Bogler: Leontodon. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 19: Magnoliophyta: Asteridae, part 6: Asteraceae, part 1 (Mutisieae–Anthemideae). Oxford University Press, New York / Oxford u. a. 2006, ISBN 0-19-530563-9, S.295 (englisch, online auf efloras.org).
↑Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer, 2001, ISBN 3-8001-3131-5.
↑Leontodon im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 10. April 2018.
↑Helga Pittoni 1977: Leontodon L. In: K. H. Rechinger (Hrsg.): Flora Iranica.Compositae II - Lactuceae, Lfg. Cont. No. 112, Juni 1977. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz. Hier S. 125
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De J. De Groot: Variation and reproductive behaviour in some Swiss populations of Leontodon hispidus s.l. – a preliminary report. In: Berichte des Geobotanischen Institutes der Eidgenössischen Technischen Hochschule, Stiftung Rübel. Band 44, 1977, S. 147–180, doi:10.5169/seals-377688.
↑Wolfgang Lippert, Solveig Maria Tietz 2000: Beitrag zur Kenntnis des Formenkreises Leontodon hispidus L. - Leontodon hispidus L. subsp. dubius (Hoppe) Pawłowska, eine verkannte Sippe. In: Preslia, Band 72, S. 519–528
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Annette Saitner: Pflanzengeschichten, Brauchtum, Sagen und Volksmedizin zu 283 Pflanzen. Deutscher Alpenverein e. V., München, Mai 2002, (PDF-Datei; 2,2 MB).