Steinakirchen am Forst liegt im Mostviertel in Niederösterreich. Die Fläche der Marktgemeinde umfasst 34,96 Quadratkilometer. 25,22 Prozent der Fläche sind bewaldet.
Die Marktgemeinde Steinakirchen kooperiert mit den Nachbargemeinden Wang und Wolfpassing eng in mehreren Gemeindeverbänden. Diese sind unter anderem für die Erhaltung der Schulen, den Betrieb des Freizeitzentrums und die Herausgabe einer Gemeindeinformation verantwortlich. Steinakirchen ist mit 30 % am interkommunalen Betriebsgebiet kleines Erlauftal beteiligt.
Der Name Steinakirchen stammt von der steinernen Kirche – damals die einzige, da rundum die Kirchen aus Holz gebaut wurden. Rund um das Jahr 1100 wurden im Mondseer Güterverzeichnis (Codex traditionum) die Pfarrgrenzen von Steinakirchen anhand folgender Grenzpunkte[5] festgeschrieben: Kemmelbach, Ströblitz, Holzing, Große Erlauf, Schaubach, Sichau, Gstreit (Feichsen Nr. 32), Feichsenbach, Klausbach, Pockaubach, Ötscher, die Grenze zur Steiermark, schwarze Ois bzw. kleine Ybbs, ein Steintisch/Kultstein südlich von Randegg, Randegger Hochkogl, Ferschnitzbach, Ybbsfluß. In diesem Pfarrgebiet lagen die heute eigenständigen Pfarren Wieselburg, Reinsberg, Gresten, Gaming und Lunz sowie die Gemeinden der noch bestehenden Pfarre Steinakirchen (Steinakirchen am Forst, Wolfpassing und Wang).
1652 war der überwiegende Teil der Steinakirchner Bevölkerung protestantisch.[6] In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wanderten mehr als 200 Protestanten aus Steinakirchen nach Franken aus.[7]
1665 werden die Geyer von Edelbach (auch Edelpach, Edlpach) Kaiser Leopold I. in den Freiherrnstand erhoben.
Im Rahmen der zweiten Wiener Türkenbelagerung 1683 erreichten türkische Truppen am 18. Juli 1683 Steinakirchen und brannten Kirche und Ort nieder. Die Übergriffe kamen überraschend, für den Vormittag dieses Tages ist sogar noch eine Trauung in den Matriken eingetragen. Durch die Brände gingen die Privilegien des Marktes verloren, welche 1699 erneuert wurden und nun auch einen Jahrmarkt am Michaelifest anführten.[8]
1713 wütete die Pest im Gebiet der Pfarre Steinakirchen und forderte zahlreiche Todesopfer.
Im Jahr 1866 erschütterte ein Großbrand den Ort, als am 2. Juni aus ungeklärter Ursache ein Hausbrand entstand, der Dach und Turm der Kirche sowie die Schule und 13 Häuser zerstörte.[9]
Bei der Landtagswahl 1932 erzielte die NSDAP 23,75 % der Stimmen.[10] Zwei Träger des Blutordens sowie die höchste Anzahl (sechs) an Mitgliedern in der Österreichischen Legion im gesamten Bezirk Scheibbs[11] belegen starke illegale nationalsozialistische Aktivitäten während des Verbotes der NSDAP ab 1933. Während des Nationalsozialismus 1938 bis 1945 nahmen Steinakirchner führende Rollen in der Kreisleitung Scheibbs ein (Kreisbauernführer, Kreisbeauftragter f. Kriegsopfer).[10] Zumindest zwei Mitglieder der IKG Ybbs/Amstetten aus Steinakirchen fielen der Shoah zum Opfer.[12] Mehrere Nationalsozialisten aus Steinakirchen wurden vom Volksgericht verurteilt: Leopold Winterer (Todesstrafe), Johann Parzizek (Kerkerstrafe), Johann Hartmann (Kerkerstrafe), Johann Baumgartner (Kerkerstrafe)[13].
Während des Zweiten Weltkrieges sind 106 Männer aus den Katastralgemeinden von Steinakirchen im Krieg gefallen.[14]
Am 1. Jänner 1967 wurde die Gemeinde Ernegg zu Steinakirchen am Forst eingemeindet. Es folgten die Gemeinde Lonitzberg am 1. Jänner 1970 und schließlich am 1. Jänner 1971 Außerochsenbach und Zehetgrub.[15]
Im Jahr 1975 wurde mit zahlreichen Veranstaltungen das 1000-jährige Bestehen von Steinakirchen gefeiert. Das Jahr 1975 wurde gewählt, da die Besiedlung der Gegend im Zeitraum 965 bis 975 vermutet wird.[16] An den Feierlichkeiten nahmen auch Bundespräsident Rudolf Kirchschläger sowie Landeshauptmann Andreas Maurer teil.[17][18]
In den Jahren 2009 bis 2010 wurde die Volksschule erweitert. In diesem Zubau wurde auch die Musikschule samt einen großen Veranstaltungssaal (Kultursaal) untergebracht.[19] 2014 wurde ein neues Feuerwehrhaus am nördlichen Ortsrand (Lehmhäusl) mit direktem Anschluss an die Nordumfahrung in Betrieb genommen.[20] In unmittelbarer Nachbarschaft zum Feuerwehrhaus wurde im September 2017 der neue Kindergarten am Standort Lehmhäusl eröffnet.
2023 wurde die Volksschule generalsaniert und auf 12 Klassen erweitert.[21] Während der zweijährigen Umbauphase war die Volksschule im Schloss Wolfpassing untergebracht. Im selben Jahr wurde im Ort Steinakirchen ein Glasfasernetz errichtet.[22]
Marktplatz (1934–1938 Dollfuß-Platz[23], 1938–1945 Adolf-Hitler-Platz[24]) mit historischem Häuser-Ensemble und dem historischen Pranger (datiert mit 1716).[25]
Katholische Pfarrkirche Steinakirchen am Forst hl. Michael, mit der Seltenheit einer umlaufenden Empore und danebenliegender spätmittelalterlicher Pfarrhof
Sagenumwobener antiker Granitblock „Steinursch“ in Zehethof
Heiligenbrunn-Kapelle an einer ehemaligen Heilquelle[28]
Burgerstegkappelle (an der Kleinen Erlauf): Wegkapelle mit gestuftem Zeltdach, bezeichnet 1713
Nepomukstatue (unterer Markt): auf figural reliefiertem Postament aus dem Jahr 1722
Schönberg-Bankerl: Installation mit Bank zum Verweilen in Erinnerung an den Aufenthalt von Arnold Schönberg in Steinakirchen im Sommer 1909 im „Hedwigshof“ (Familie Braun).[29] Das Schönberg-Bankerl wurde im Juni 2012 im Rahmen einer Schönbergwoche feierlich eröffnet.[30]
Salettl zum grünen Baum: historisches Salettl im Ortszentrum, welches als Veranstaltungsort genutzt wird.[31]
In der Gemeinde Steinakirchen sind zahlreiche Vereine aktiv, viele davon als gemeindeübergreifende Vereine mit den Pfarrgemeinden Wang und Wolfpassing, unter anderem[32]:
Nichtlandwirtschaftliche Arbeitsstätten gab es im Jahr 2001 70, land- und forstwirtschaftliche Betriebe nach der Erhebung 1999 165. Die Zahl der Erwerbstätigen am Wohnort betrug nach der Volkszählung 2001 1.103. Die Erwerbsquote lag 2001 bei 47,51 Prozent. Nennenswerte industrielle Betriebe konnten sich in Steinakirchen nicht nachhaltig etablieren. Einige wenige vormals existierende Industriebetriebe (Möbelerzeugung Pitlicek, Holzverarbeitung Leitner) sind seit vielen Jahren stillgelegt.
In der Ortsmitte betreiben Spar und Billa Lebensmittelmärkte. Weiters gibt es zwei Bäckereien im Ort und einen Fleischhauer. Seit Ende April 2017 findet wöchentlich der „Erlauftaler Regionalmarkt“ statt – anfangs am Marktplatz, später im unteren Markt.[33][34] Am zentral gelegenen Marktplatz befinden sich zwei traditionelle Gasthäuser und zwei Cafe-Bäckereien. Im Festsaal der Gemeinde befindet sich seit November 2020 eine Pizzeria „Zum Festsaal“.[35] In Ernegg befindet sich das Restaurant des Golfclubs Schloss Ernegg.[36]
Im Jahre 2008 wurde in der Nachbargemeinde Wolfpassing ein interkommunales Betriebsgebiet errichtet, in dem sich Firmen verkehrsgünstig ansiedeln können. 2012 wurde das Betriebsgebiet in Kooperation mit der Landesagentur Ecoplus um 30 Hektar erweitert.[37] Nach mehreren Jahren Leerstand siedeln sich seit 2017 sukzessive Firmen im Wirtschaftspark an.[38][39]
Straßenverkehr: Steinakirchen ist durch die L89 (von Zarnsdorf kommend weiter nach Senftenegg), L96 (Südumfahrung Richtung Wang) sowie L97 (Nordumfahrung Richtung Günzing) überörtlich angebunden. Im Jahr 2010 wurde die in nordwestlicher Richtung verlaufende Umfahrung eröffnet. Die in südwestlicher Richtung verlaufende Umfahrungsstraße wurde 2014 fertiggestellt um den Ortskern vom Schwerverkehr zu entlasten.[40][41] Die Autobahnanschlussstelle Amstetten Ost (A1/E60) befindet sich in 10 Kilometer Entfernung.
Bahn: Durch das Gemeindegebiet verläuft die Bahnlinie (Wieselburg–Gresten), die vor der Umspurung eine Zweiglinie der Mariazellerbahn war. Heute dient die Bahnlinie nur dem Güterverkehr, der Personenverkehr wurde mit der Umspurung eingestellt. Die nächstgelegenen Bahnhöfe mit Personenverkehr sind Purgstall und Wieselburg mit Anschluss an die Westbahn in Pöchlarn sowie Blindenmarkt an der Westbahn.
Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 1990 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 17 ÖVP, 2 Liste Leben in Steinakirchen und 2 SPÖ.
Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 1995 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 17 ÖVP, 2 Liste Leben in Steinakirchen, 1 SPÖ und 1 FPÖ.[45]
Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2000 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 17 ÖVP, 2 SPÖ, 1 Liste Leben in Steinakirchen und 1 FPÖ.[46]
Michael Gutlederer (1859–1948), ein bekennender Nationalsozialist, vermachte sein gesamtes stattliches Vermögen der Marktgemeinde und wurde 1942 zum Ehrenbürger ernannt[55]. Als Dank wurde ihm ein zentraler Platz im Ort Steinakirchen gewidmet („Gutledererplatz“) sowie der höchste Punkt des Habergs nach seinem im Ersten Weltkrieg gefallenen Sohn Rudolf benannt (Rudolfshöhe). Ein dort errichteter Gedenkstein trägt die Inschrift: „Dem grossen Freund und Gönner der Marktgemeinde Steinakirchen a.F. Herrn Direktor Michael Gutlederer in Dankbarkeit gewidmet.“[56]
Franz Mittner (1866–1941), Ehrenbürger ab 1921 anlässlich seiner 25-jährigen Tätigkeit in Steinakirchen als Arzt[57]
Anton Aigner (* 1891–1975), Bürgermeister von Steinakirchen während des Nationalsozialismus, Ehrenbürger seit 1972 „für seine saubere, humanitäre Haltung in einer politisch schwierigen Zeit“[59]
Engelbert Dollfuß (1892–1934), Ehrenbürger,[60][61] für eine Aberkennung gibt es Stand Juli 2023 keine Rechtsgrundlage[62]
Otto Gatterbauer (1907–1983), Pfarrer von Steinakirchen (1954–1982), Ehrenbürger ab 1967 anlässlich seines 60. Geburtstages[67]
Anton Burger (* 1910), Kaplan in Steinakirchen 1938–1939, verhaftet am 25. April 1939, interniert im KZ Dachau vom 8. Februar 1941 bis 26. April 1945 aufgrund des Heimtückegesetzes[68][69]
Karl Strässler (1910–1990), Gemeindearzt von Steinakirchen (1945–1974), Ehrenbürger ab 1970 anlässlich seines 60. Geburtstages[70]
Franz Žak (1917–2004), Diözesanbischof von St. Pölten, Kaplan in Steinakirchen 1947–1948
Franziska Steindl (* 1920 als Franziska Buchinger), Aufseherin im KZ Ravensbrück, heiratete dort SS Aufseher Franz Steindl, ihre Lebensgeschichte steht stellvertretend für die Rolle von Frauen im Nationalsozialismus, wurde angeklagt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit (LG Wien Vg 3680/45), jedoch mangels an Beweisen freigesprochen[71]
↑Toni Distelberger: Menschen schreiben Geschichte. (Dollfuß in Wolfpassing [abgerufen am 8. März 2016]).
↑Anton Distelberger: Dollfuß in Wolfpassing. In: Unsere Heimat. Band83. St. Pölten 2012, S.79.
↑Hellmut Butterweck: Nationalsozialisten vor dem Volksgericht Wien: Österreichs Ringen um Gerechtigkeit 1945–1955 in der zeitgenössischen Wahrnehmung. Wien 2016.
↑In memoriam ÖKR Josef Eppensteiner. In: Erlaftal-Bote. Nr.16/1972. Scheibbs 12. April 1972.
↑Geistl. Rat Otto Gatterbauer Ehrenbürger in elf Gemeinden. In: Erlaftal-Bote. Nr.32/1967. Scheibbs 5. August 1967.