Stencil (englisch für Schablone) oder Schablonenkunst ist eine Bezeichnung für Graffiti oder Street-Art, die mit Hilfe von Schablonen angebracht werden. Eher selten wird der französische Begriff pochoir verwendet, obwohl die Technik, initiiert durch Blek le Rat, in Frankreich zum ersten Mal in größerem Stil künstlerische Verwendung fand.[1]
Im Gegensatz zum freihändigen Graffito benötigt das Stencil die Anfertigung der Schablonen. Diese werden in der Regel aus Pappe, aber auch aus Kunststoff oder laminiertem Papier und – seltener – auch aus Metall oder Holz gefertigt und eignen sich dann für eine häufige Wiederholung eines Motivs. Komplizierte und großflächige Schablonen werden auf dünnem Maschendraht montiert. Die Kombination verschiedener Schablonen erlaubt mehrfarbige Motive.
Die Kombination mehrschichtiger Stencils (Multi-layer-Stencil) kann heutzutage computergestützt vorgenommen werden. Hierfür wird auf die Praktik des digitalen Layerings zurückgegriffen, für welche Bildbearbeitungsprogramme am Computer genutzt werden. Das Ziel und die Funktion des digitalen Layerings ist es, ein Motiv in sinnvolle Schichtungen und Farbabschnitte zu gliedern, sodass sich schließlich beim Überlagern der Schichten ein ganzes Motiv, eine Komposition, (ab-)bildet.[2]
Zum Auftragen der Farbe können neben der Sprühdose auch Stupspinsel/Stupfpinsel, Ölkreide und Airbrush verwendet werden. Beim Reverse Graffiti wird durch die Lücken des Stencil nicht Farbe aufgetragen, sondern z. B. mit einem Hochdruckreiniger die Wand selektiv von Verschmutzung gesäubert.
Die Technik der Erstellung von Motiven mittels einer Schablone ist so alt wie das künstlerische Schaffen der Menschheit selbst. Bereits die Steinzeit-Menschen spritzten Farbe beispielsweise über ihre Hände, die sie an eine Wand hielten, und erzeugten auf diese Weise ein Negativabbild. Schablonenmalerei wird seit Jahrhunderten auch verwendet, um Wände, Möbel und andere Gegenstände zu dekorieren.
Die Verwendung industrieller Schablonen hat eine lange Tradition im kaufmännischen England.[3] Betrachtet man die Geschichte der Seefahrt und in diesem Rahmen die Tradition des Imports und Exports, wird die frühe Verwendung von Stencils zu kaufmännischen Zwecken deutlich. Beispielsweise Holzboxen oder Leinensäcke wurden damals mit Hilfe von Schablonen beschriftet oder markiert.[3]
In den 1920er und 30er Jahren erreichte das Auftragverfahren mit Schablonen für Bücher und Drucke neue Höhen. Druckmaschinen lieferten schlechte Qualität in der Farbwiedergabe im Verlagswesen. Neue experimentelle Techniken mit Schablonen und mehreren Schichten an Farbanwendungen verfeinerten den Prozess für einen einzelnen Druck. Die Kombination von Pochoir mit Lithographien, Holzschnitten, Holzstichen, Zeichnungen oder Radierungen wandelte die Dekorationstechnik zu bildender Kunst. Jean Saudé,[4] ein französischer Grafiker in Paris, veröffentlichte 1925 Traité d'enluminure d'art au pochoir, einen Leitfaden für die Pochoir-Technik.
Das Stenciling als Kunstform entstand in den späten 1970er-Jahren in der Punkkultur u. a. in Amsterdam, wurde vor allem durch den Künstler Blek le Rat bekannt und hatte seine erste Blütezeit in den 1980er-Jahren in Paris. Blek le Rat übernahm nach eigenen Angaben die Idee aus Italien, wo diese Art der Motivverbreitung zu politischen Propagandazwecken bereits länger genutzt wurde. Als Teenager sah er dort ein aus dem Zweiten Weltkrieg übriggebliebenes Stencil mit dem Kopf Mussolinis.[5] In Spanien wurde während des Spanischen Bürgerkriegs General Franco mit der Stenciltechnik gefeiert.[6]
Die im Punk so bedeutende Kultur des Do-it-yourself (DIY) prägte die Entwicklung von Street Art entscheidend mit.[7] Die Gruppe Crass begann damit, ihre Logos sowie Anti-Militär Slogans auf Wände oder Plattencover zu schablonieren.[8]
Blek le Rats recht einfache Schablonen-Graffiti inspirierten spätere Streetart-Größen wie die Briten Banksy, Evol,[9] Boxi,[10] oder den französischen Graffitikünstler Nemo. John Fekner (* 1950 in New York) ist ein weiterer Streetart-Künstler.