Su Xiaokang

Su Xiaokang

Su Xiaokang (chinesisch 苏晓康; * 1949 in Hebei, Volksrepublik China) ist ein einflussreicher Intellektueller, Schriftsteller, Journalist und politischer Aktivist, der 1989 zu einem der sieben meistgesuchten Dissidenten der Volksrepublik China wurde.[1] Sein bemerkenswertestes Werk River Elegy ebnete den Weg zu den Protesten auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989. Seine Teilnahme am Protest zwang ihn nach dem Massaker am Platz des Himmlischen Friedens ins Exil. Su lebt derzeit in Delaware, USA.[2]

Leben und Ausbildung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Su Xiaokang wurde in der Provinz Hebei geboren und ist dort aufgewachsen. Su stammte aus einer Intellektuellenfamilie. Sein Vater Su Pei war Vizepräsident der Zentralen Parteiakademie der Kommunistischen Partei Chinas und seine Mutter war Reporterin bei der Guangming Daily.[3] Su besuchte eine Fachhochschule für höhere Bildung.[3] Aufgrund seines intellektuellen Hintergrunds wurde er während der Kulturrevolution als Arbeiter in ein ländliches Gebiet geschickt. Nach der Kulturrevolution wurde Su Reporter bei der Henan Daily und später bei der People’s Daily und war Dozent am Pekinger Rundfunkinstitut und später an der Universität Pekings.[3][4]

Su Xiaokang wurde in den 1980er Jahren von Wissenschaftlern und Intellektuellen gelobt, die ihn als einen der ikonischsten und populärsten liberalen Schriftsteller ansahen.[5][6] Su schrieb das Drehbuch für den umstrittenen und zum Nachdenken anregenden Dokumentarfilm River Elegy, eine sechsteilige Dokumentation, die über den Niedergang der chinesischen Zivilisation und Kultur berichtete, die Unterschiede zwischen der „Transparenz“ der Demokratie und der „Opazität“ einer Autokratie hervorhob[4] und das politische System unter der Herrschaft der Kommunistischen Partei subtil kritisierte. Die Dokumentation war für zahlreiche Studenten inspirierend und wurde zum Ausgangspunkt für die Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens.[7]

1989 Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Su, zusammen mit 50 Schriftstellern und Romanautoren, nahm an den Protesten im Mai vor der Ankunft des sowjetischen Präsidenten Michail Sergejewitsch Gorbatschow teil. Su brachte seine Unterstützung für die Studenten zum Ausdruck und sagte: „Die Studenten sollten nicht allein stehen dürfen.“[8] Am 19. Mai unterzeichneten Su und andere Intellektuelle eine Petition, die die Demokratie in China forderte:

Wir als Intellektuelle schwören feierlich, nie aufzuhören nach Demokratie zu suchen, die von Studenten mit ihrem Blut und Leben vorangetrieben wurde; nie unter irgendeinem Vorwand, uns wegen Feigheit davon zu lösen; nie wieder die Demütigungen der Vergangenheit zuzulassen; nie unsere moralische Integrität aufzugeben; uns nie einer Diktatur zu unterwerfen; nie gegenüber den letzten Kaisern des Chinas der 1980er Jahre Treue zu schwören.[9]

Obwohl Su die Studentenbewegung unterstützte, ging er am 13. Mai auf den Platz und versuchte, die Studenten davon zu überzeugen, den Hungerstreik zu beenden, da er vermutete, dass der Hungerstreik zu einem „Blutbad“ eskalieren könnte.[5] Seine Bücher wurden unmittelbar nach der Niederschlagung aus dem Verkauf und der Veröffentlichung verbannt,[10] River Elegy wurde von der Kommunistischen Partei Chinas offiziell angeprangert und als konterrevolutionär erklärt.[11]

Nach der Niederschlagung am 4. Juni 1989 beschuldigte die Kommunistische Partei Chinas Su Xiaokang einer der „schwarzen Hände“ hinter dem Protest gewesen zu sein,[12] und beschuldigte ihn anschließend des Verbrechens der „Anstiftung zur konterrevolutionären Propaganda“.[13] Sein Exil begann in dem Versuch, einem Haftbefehl zu entkommen. Während des Exils musste sich Su drei Monate lang in den Bergen und abgelegenen Dörfern verstecken, bevor Operation Yellowbird ihn erfolgreich nach Hongkong schmuggelte.[1][14] Su ging nach Frankreich und wurde später mit seiner Frau und seinem Sohn in den Vereinigten Staaten wieder vereinigt.[15] Seit Beginn seines Exils hat Su aktiv an Reden und Seminaren teilgenommen, um sich für eine Demokratiebewegung in der Volksrepublik China einzusetzen. Er gründete ein webbasiertes Magazin namens Democratic China, um die pro-demokratische Bewegung fortzusetzen.[16]

Su schrieb seine Memoiren mit dem Titel A Memoir of Misfortune, die 1997 auf Chinesisch und 2001 auf Englisch veröffentlicht wurden. Die Memoiren dokumentierten die Not, die er und seine Familie nach seinem Exil und einem tragischen Autounfall in der Stadt Buffalo erlitten hatten, bei dem seine Frau gelähmt wurde.[17] Nach dem Buch A Memoir of Misfortune schrieb Su ein weiteres Buch mit dem Titel The Loneliness of Delaware Bay, in dem er von den Kämpfen und Herausforderungen berichtete, denen er seit seinem Umzug in die Vereinigten Staaten ausgesetzt war.[13] Im Jahr 2013 veröffentlichte Su das Buch The Era of Slaying the Dragon, in dem es um Themen aus Maos Großer Sprung nach vorn und anderen Gräueltaten ging, die unter der Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas stattfanden.[6][18]

Im Jahr 2003 kehrte Su für die Beerdigung seines Vaters nach China zurück, unter drei von der chinesischen Regierung auferlegten Bedingungen:[7]

  • Keine Interviews mit der Presse.
  • Keine Reden halten.
  • Kein Treffen mit politischen Aktivisten.

Sus Geschichte wurde auch in der Heimkehr-Kampagne vorgestellt, die von Chu Yiu Ming finanziert und gegründet wurde. Die Kampagne hatte das Ziel, das Recht der im Exil lebenden Demokratieaktivisten auf Rückkehr nach China wiederherzustellen.[19]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b The World: Dissident Escapes China, Los Angeles Times, 14. September 1989, abgerufen am 2. Oktober 2018
  2. Lu Xiaobo, No Enemies, No Hatred: Selected Essays and Poems, United States: Harvard University press, 2012, S. xix, abgerufen am 2. Oktober 2018
  3. a b c Chen Fong-Ching, Jin Guantao, From Youthful Manuscripts to River Elegy: The Chinese Popular Cultural Movement and Political Transformation, Hong Kong: Chinese University Press, 1979–1989, S. 219, ISBN 978-962-201-762-7, abgerufen am 2. Oktober 2018
  4. a b Repression in China since June 4, 1989: Cumulative Data, Asia Watch Report, Human Rights Watch, September 1990, S. 118, ISBN 978-0-929692-74-6, abgerufen am 2. Oktober 2018
  5. a b 蘇曉康:思想啟蒙者的反思, [Su Xiaokang : Reflection by a pioneer] (Su Xiaokang: Gedankengänge über die Erleuchtung), BBC News, 29. Mai 2009, abgerufen am 2. Oktober 2018
  6. a b 嵇偉. "專訪:蘇曉康談批判毛澤東原罪的新著, [Interview: Su Xiaokang criticized the sin of Mao in his newest book] (Yan Wei. Interview: Su Xiaokangs neues Buch über die Kritik von Mao Zedongs Erbsünde), BBC News, 17. Juli 2013, abgerufen am 2. Oktober 2018
  7. a b 河殤撰稿人蘇曉康今何在, [What is Su Xiaokang, a author of River Elegy] (Was ist Su Xiaokang, ein Schriftsteller in Hehuang?), Open Magazine, 11. November 2013, abgerufen am 2. Oktober 2018
  8. David Holley, Thousands of Chinese on Bicycles Protest Censorship, Los Angeles Times, 11. Mai 1989, abgerufen am 2. Oktober 2018
  9. Nicholas D. Kristof, Beijing’s Leaders Reported to Meet, The New York Times, 24. Juni 1989, abgerufen am 2. Oktober 2018
  10. Beijing Decries Criticism from Abroad; Student Leader Wang Reported Arrested, Los Angeles Times, 8. Juli 1989, abgerufen am 2. Oktober 2018
  11. Kang Fuxin, 中共黨史研究抨擊河殤誣指蘇曉康等人宣揚自由化, [Study on the history of the Communist Party of China accuses intellectuals including Su Xiaokang and others of promoting liberalism] (Die Studie über die Geschichte der Kommunistischen Partei Chinas, beschuldigt Intellektuelle, darunter Su Xiaokang und andere, Liberalisierung gefördert zu haben), United Daily News, 29. Dezember 1989, abgerufen am 2. Oktober 2018
  12. Xu Libing, 聯合報系邀請 河殤作者蘇曉康即將訪台, [United Daily News invited Su Xiaokang the author of River Elegy to Taiwan] (Die Zeitung United Daily News lädt Su Xiaokang, den Autor von River Elegy zu einem Besuch in Taiwan ein), Taipei Report, 22. Dezember 1989, abgerufen am 2. Oktober 2018
  13. a b Verna Yu, Writer Su Xiaokang Wants To ‘Probe the Legitimacy of the Party’ and ‘Slay the Dragon of Mao’, South China Morning Post, 14. Juli 2013, abgerufen am 2. Oktober 2018
  14. Kandice Chuh, Karen Shimakawa, Orientations: Mapping Studies in the Asian Diaspora, Durham, NC: Duke University Press, 13. August 2001, S. 212, ISBN 978-0-8223-8125-9, abgerufen am 2. Oktober 2018
  15. Su Xiaokang, A Memoir of Misfortune, Knopf Doubleday Publishing Group, 18. Dezember 2007, S. 41, ISBN 978-0-307-42443-3, abgerufen am 2. Oktober 2018
  16. Perry Link, Ghosts of Tiananmen, Washington Post, 3. Juni 2011, abgerufen am 2. Oktober 2018
  17. Su Xiaokang, A Memoir of Misfortune, Knopf Doubleday Publishing Group, 18. Dezember 2007, S. 60, ISBN 978-0-307-42443-3, abgerufen am 2. Oktober 2018
  18. 流亡失語二十四年 蘇曉康, (Exil-Aphasie seit vierundzwanzig Jahren ) [Exiled and speechless for twenty four years : Su Xiaokang] Ming Weekly Magazine, 1. August 2013, abgerufen am 2. Oktober 2018
  19. 無家可歸 (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.homecoming.org.hk (Obdachlos) [No home to return to], abgerufen am 2. Oktober 2018