Das Supinum (lateinisch für „[an das Verb] zurückgelehntes [Wort]“, zu supinare „zurücklehnen“), auch Supin oder deutsch – wenig aussagekräftig – Lagewort, ist eine infinite Verbform. Es ist eine Übersetzung des altgriechischen ὕπτιος (hyptios) „zurückgelehnt, auf dem Rücken liegend“. In der griechischen Grammatik war dies ursprünglich der Begriff für das Passiv, bis er schließlich durch παθητικών (pathetikon) ersetzt und in das Lateinische als passivum übertragen wurde.[1]
Das Supinum kommt in verhältnismäßig wenigen Sprachen vor und drückt zumeist eine Absicht oder einen Zweck aus. In der Regel wird das Supinum mit einem Bewegungsverb verwendet. Sprachen, die kein Supinum haben, verwenden stattdessen oft den Infinitiv. Das Supinum gab es vermutlich im Proto-Indogermanischen.
Im Lateinischen gibt es zwei Supina. Das Supinum I findet sich ausschließlich in Abhängigkeit von Verben der Bewegung und ist formgleich dem Neutrum Singular des Partizips Perfekt Passiv (PPP); die Endung lautet -um. Das Supinum II wird gebildet, indem man bei der Form des Supinum I das -m weglässt (Beispiel: laudāre – Supinum I: laudātum, Supinum II: laudātū). Das Supinum I wird mit „um zu“ und II mit „zu“ übersetzt. Die Formen sind eher selten.[2]
Beispielsätze:
Supinum I:
Supinum II:
Im Litauischen existiert ein Supinum (z. B. eik malkų atneštų „geh Holz holen/ums Holz!“), jedoch wird oft anstatt des Supinums, das mit der Konditionalform (3. Person) formgleich ist, der Infinitiv verwendet. Das Bewegungsverb kann wegfallen, da schon die Supinumform allein die auszudrückende Bedeutung impliziert.
Im Rumänischen wird das Supinum mit einer Präposition – meistens de – und dem Partizip gebildet:
Es wird oft zusammen mit dem Verb a avea („haben“) benutzt und drückt die Absicht, die Verpflichtung aus:
Es dient auch zur Bildung vieler Komposita, in denen es meistens den Zweck ausdrückt:
Im Schwedischen wird mit Supinum die indeklinable Nebenform des Partizips Perfekt bezeichnet, die gemeinsam mit den jeweiligen Formen des Hilfsverbs ha („haben“) zur Bildung von Perfekt bzw. Plusquamperfekt verwendet wird:
Demgegenüber steht das deklinierte und adjektivisch gebrauchte Partizip Perfekt:
Das Urslawische kannte ein Supinum (vergleiche alttschechisch spáti versus modern spat), es erhielt sich im Altkirchenslawischen. Von den lebenden slawischen Sprachen verfügen das Niedersorbische und das Slowenische über eine entsprechende Form: niedersorbisch źi spat „geh schlafen!“,[3] slowenisch: pojdi spat „geh schlafen!“[4]
Das Wort Supin/Supinum wird für eine infinite Verbform in Abgrenzung zum Partizip II benutzt.
Der Philologe Gunnar Bech verwendet den Begriff „Supin“ auch für das verbale Partizip II im Deutschen.[5]
Im Schwäbischen Magazin von gelehrten Sachen zum Jahr 1776 liest man:[6]
„Dasjenige Wort, welches ich Supinum nenne, ist freilich von der Syntaxe nach dem lateinischen Supino weit unterschieden; der Formation nach aber demselben desto ähnlicher, massen das Participium praeteriti unmittelbar ja ausser Motion und Deklination ohne weitere Veränderung daraus gemacht ist. Doch es ist nicht das Participium selbst, weil es viele Verba gibt, die das Supinum, und doch kein Participium praeteriti haben. Gehuret, gehustet, gelebet, geschlafen u.d.g. sind keine Participii, weil sie ja weder der Motion noch Deklination fähig sind. Den Participiis aber kommt beides zu. Überdieses sind die französischen Grammatiker auf meiner Seite, welche ihr eu, été, aimé, vendu u.d.g. Supina nennen, deren Gebrauch gerad so ist, wie meines Supini im Teutschen.“
Gerade für die undeklinierbaren sogenannten „Partizipien II“ der echten intransitiven Verben, die keine „Mittelwörter“, sondern „Lagewörter“ sind, ist der Ausdruck „Supinum“ treffender als der Begriff „Partizip“.