Susana Soca

Susana Soca

Susana Soca (geb. 19. Juli 1906[Anm. 1] in Montevideo; gest. 11. Januar 1959[1]) war eine uruguayische Dichterin und Publizistin. Zu Lebzeiten wurde sie als Herausgeberin des transatlantischen Literaturmagazins La Licorne in Paris und Montevideo sowie als Förderin von europäischen und lateinamerikanischen Schriftstellern bekannt.[2]

Leben und Wirken

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Susana Soca wurde als Susana Soca Blanco Acevedo geboren. Sie wuchs in einer wohlhabenden bürgerlichen Familie in Montevideo auf, die in der Tradition der lateinamerikanischen Oberschicht dieser Epoche mit Frankreich und der französischen Kultur verbunden war und lebendige Beziehungen pflegte. Montevideo war zu dieser Zeit eine kosmopolitische Stadt.[Anm. 2] Susanas Vater, Francisco Soca, war Arzt, er hatte Medizin in Paris studiert, ihre Mutter, Luisa Blanco Acevedo, kam aus der Aristokratie. Als Susana kaum zwei Jahre alt war, reisten ihre Eltern mit ihr das erste Mal nach Paris und ließen sie in Notre-Dame taufen.[3]

Susana Soca (vorn Mitte) u. a. mit Paul und Nusch Éluard 1944 an einem Tag der Befreiung von Paris

Auf einer ihrer Reisen nach Paris, die Susana Soca 1938 mit ihrer verwitweten Mutter unternommen hatte, sah sie sich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs gezwungen, ihren Aufenthalt zu verlängern. Sie ließ sich in Paris nieder und wohnte zehn Jahre lang in einem Grand-Hotel. In dieser Zeit begann sie, Gedichte auf Spanisch zu schreiben, um, wie sie später im Vorwort zu der Gedichtsammlung En un país de la memoria (1959) erklärte, ihre Identität und Heimat in der spanischen Sprache zu finden.[4]

1947 gründete Susana Soca in Paris die Cahiers de La Licorne (Das Einhorn), ein auf Französisch konzipiertes transatlantisches Literaturmagazin, das sie als Anthologie entwarf. Europäischen Schriftstellern, die während des Krieges verschwiegen oder deren Werke zerstreut worden waren, bot sie damit einen Raum für Veröffentlichungen und Begegnung. Zu den ersten französischen Autoren gehörten Paul Éluard, Valentine Hugo, Maurice Blanchot, Roger Caillois, René Char, René Daumal, Jean Paulhan. Lateinamerikanische Autoren, die bis dahin in Europa unbekannt waren, wurden in La Licorne erstmals vorgestellt, darunter Silvina Ocampo und Felisberto Hernández. Susana Soca war Verlegerin, Herausgeberin, Lektorin und Förderin der Schriftsteller. In Paris erschienen von 1947 bis 1948 drei Ausgaben. 1948, nach dem Tod ihrer Mutter, kehrte sie nach Montevideo zurück. Ab 1953 setzte sie die Herausgabe des Magazins unter dem spanischen Titel Entregas de la Licorne fort und leitete es bis zu ihrem Tod.[4]

In Paris wie in Montevideo gab sie in ihrem Literaturmagazin Texte, Gedichte und Essays von bedeutenden Schriftstellern und Intellektuellen des zwanzigsten Jahrhunderts heraus, schrieb selbst zahlreiche literarische Essays, vor allem über europäische Schriftsteller und Künstler, und wirkte so als Vermittlerin zwischen moderner europäischer und lateinamerikanischer Kultur. Ihr literarisches Projekt La Licorne war auf die ahistorischen und zeitlosen Aspekte von Kunst fokussiert, jenseits von Ideologien und politischem Engagement. In Montevideo zog sie Exilanten aus Deutschland an, wie die Fotografin Gisèle Freund, die sie aus Paris kannte, oder den Journalisten J. Hellmut Freund, der in Entregas de la Licorne u. a. ein Essay über die Fotografin Jeanne Mandello schrieb.[5] Sie unternahm weiterhin zahlreiche Reisen nach Europa. In ihrem Haus in Montevideo veranstaltete sie literarische Treffen, sie organisierte und finanzierte Ausstellungen, mit denen sie europäische Künstler in Lateinamerika einführte, und war Mäzenin für uruguayische Literaten wie Felisberto Hernández.[4]

Spuren ihrer Präsenz und Bedeutung in der Sphäre von Literatur und Kunst der 1940er und 50er Jahre finden sich in Anthologien und Tagebüchern u. a. von Albert Camus und Cioran,[4] in ihrer Korrespondenz,[6] in Bildern und Fotografien. So porträtierte Pablo Picasso Susana Soca Anfang der 1940er Jahre in einem Ölgemälde, das er ihr schickte. Eine Fotografie von André Ostier zeigt sie neben dem Gemälde 1943 in Paris. Gisèle Freund schuf zahlreiche Fotoporträts von Susana Soca, die Henri Michaux in Auftrag gegeben hatte. Susana Socas poetische Arbeit blieb zu Lebzeiten überwiegend in ihren Tagebüchern verborgen und privat.[4] Eine ihrer frühen schriftstellerischen Arbeiten ist ihr Essay über Rainer Maria Rilke, den 1932 das Periodikum Alfar veröffentlichte. Gedichte von Susana Soca wurden gesammelt erstmals 1959 in einer Edition von La Licorne in Uruguay herausgegeben.

Susana Soca kam auf dem Weg von Paris nach Montevideo beim Flugzeugabsturz einer Super Constellation, Flug 502 Hamburg – Paris – Rio de Janeiro, am 11. Januar 1959 ums Leben. Das Lufthansa-Flugzeug verunglückte beim Landeanflug auf den Aeroporto Galeão in der Bucht von Guanabara. Die Tote wurde auf dem Cementerio Central in Montevideo beigesetzt.[7][8]

Anlässlich ihres Todes schrieb Jorge Luis Borges ein Gedicht mit dem Titel Susana Soca.[9] Entregas de la Licorne erschien erst 1961 wieder. Es war die letzte Ausgabe, die Nº 16., in der Tradition des Magazins als Hommage[10] für Susana Socca mit französischen und spanischen Texten von neunzehn ehemaligen Mitarbeitern.[11]

2006 wurde sie mit der Fotoausstellung Susana Soca et sa constellation vues par Gisèle Freund im Maison de l’Amérique latine in Paris geehrt.[12]

Mit Nachworten von Jorge Luis Borges, Émile Cioran und Henri Michaux und einem Frontispiz mit Gisèle Freunds Porträtfotografie von Susana Soca aus dem Jahr 1939 verlegte ein französischer Verlag ihr poetisches Werk, Oeuvre poétique de Susana Soca, 2011 in einer bibliophilen Ausgabe.[13]

Veröffentlichungen

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Susana Soca: En un país de la memoria, Titelblatt

Herausgeberschaft

  • Cahiers de La Licorne, Nºs 1–3, Paris 1947–1948
  • Entregas de La Licorne, Nºs 1–16, Montevideo 1953–1961
  • Valentina Litvan: El extraño caso de Susana Soca. In: Raros uruguayos. Nuevas miradas, 5/2010 (spanisch)[Anm. 3]
  • Valentina Litvan: La Paratopie au centre: Le Non-Lieu comme raison d'être de Susana Soca, in: Lectures du Genre: …dans la Production Culturelle Espagnole et Hispano-Américaine (LdG), Mai 2008; 3.
  • Pedro Luis Barcia: La poesía de Susana Soca, in: Humanidades: revista de la Universidad de Montevideo, Jahrgang 3, Heft 1, 2003, S. 17–35.
  • Fernando Loustaunau: Susana Soca: La Dame à La Licorne (PDF; 612 kB) In: Revista Iberoamericana (RI), Juli–Dezember 1992; 58 (160-161), S. 1015–1025.
  • Esther de Caceres: Introduccion a la lectura de Susana Soca. In: Revista Nacional (Montevideo, Uruguay), Heft 9, 1964, S. 16–45.
Commons: Susana Soca – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Susana Soca: Poetisa, crítica literaria y difusora generosa de la literatura (spanisch) von Julia Galemire auf laondadigital.uy, abgerufen am 20. September 2015
  2. Daniel Balderston: Soca, Susana. In: Encyclopedia of Latin American and Caribbean Literature 1900-2003. Routledge 2004, ISBN 978-0-415-30686-7, S. 543
  3. Bill Marshall: The French Atlantic. Travels in Culture and History. Liverpool University Press 2009, ISBN 978-1-84631-051-5, S. 287/288
  4. a b c d e Valentina Litvan: « La paratopie au centre: le non-lieu comme raison d’être de Susana Soca». (PDF) In: Lectures du genre, nº 3/2008, S. 18–24 (französisch)
  5. J. Hellmut Freund: Arte foto-gráfica. Alrededor de la producción de Arno y Jeanne Mandello. In: Entregas de la Licorne, Montevideo 1953, S. 165–174
  6. u. a. mit Victoria Ocampo, Roger Caillois, Felisberto Hernández, Juan Ramón Jiménez, José Bergamín-María Zambrano. Quelle: Valentina Litvan (2008)
  7. El extraño caso de Susana Soca (spanisch), abgerufen am 20. September 2015.
  8. Susana: La Hija de Francisco Soca. (Memento des Originals vom 23. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/autores.uy (PDF) auf autores.uy (spanisch), abgerufen am 21. September 2015
  9. Luis Jorge Borges: Susana Soca, in ders.: El Hacedor, Obras Completas, Buenos Aires, Emecé Editores, erste Ausgabe 1960 (PDF; 284 kB).
  10. Susana Soca hatte La Licorne 1/1953 als Hommage für Paul Éluard herausgegeben, der 1952 gestorben war, und die Einführung sowie ein Essay über die Poesie von Eluard geschrieben.
  11. Jorge Luis Borges, Juana de Ibarbourou, Carlos Sabat Ercasty, Armando Vasseur, Esther de Cáceres, Emilio Oribe, Enrique Lentini, Ricardo Paseyro, Guido Castillo, Marcel Jouhandeau, Jules Supervielle, Henri Michaux, José Bergamín, Jorge Guillén, María Zambrano, Emile Cioran, Sherban Sidéry, Lanza del Vasto und Giuseppe Ungaretti. Quelle: Valentina Litvan: El extraño caso de Susana Soca, Raros uruguayos. Nuevas miradas 5/2010, S. 305–319.
  12. Susana Soca et sa constellation vues par Gisèle Freund. actuphoto.com, 3. August 2012
  13. Sables Editions
  1. Das Diccionario de literatura española e hispanoamericana, 1993, gibt als Geburtsjahr 1907 an.
  2. 40 Prozent der Einwohner waren in Europa gebürtig.
  3. Valentina Litvan ist eine Lateinamerikanistin. 2008 hat sie an der Universität Paris III eine Dissertation über Susana Soca veröffentlicht: Susana Soca et le champ littéraire uruguayen: projet culturel, pratique et image d’écrivain.