Talfer

Talfer
Talfer bei Bozen

Talfer bei Bozen

Daten
Lage Sarntal (Südtirol)
Flusssystem Etsch
Abfluss über Eisack → Etsch → Adriatisches Meer
Quelle am Penser Weißhorn
46° 48′ 18″ N, 11° 24′ 7″ O
Quellhöhe 2350 m s.l.m.Kompass Wanderkarte
Mündung in Bozen in den EisackKoordinaten: 46° 29′ 34″ N, 11° 20′ 55″ O
46° 29′ 34″ N, 11° 20′ 55″ O
Mündungshöhe 259 m s.l.m.
Höhenunterschied 2091 m
Sohlgefälle 46 ‰
Länge 45,5 km
Einzugsgebiet 429 km²
Linke Nebenflüsse Durnholzer Bach, Tanzbach
Rechte Nebenflüsse Weißenbach, Sagbach, Öttenbach, Afinger Bach, Fagenbach
Großstädte Bozen
Gemeinden Sarntal
Blick auf das Quellgebiet der Talfer im hinteren Sarntal unter dem Weißhorn
Gedeckte Brücke über die Talfer in Sarnthein
Die alte, bis 1900 bestehende Talferbrücke mit dem ebenfalls abgerissenen spätmittelalterlichen Talferbrückentor, Detail der Neujahrsentschuldigungskarte der Stadt Bozen von 1922
Mündung der Talfer (rechts) in den Eisack (links)

Die Talfer (italienisch Talvera) ist ein Fluss in Südtirol (Italien). Sie durchquert das Sarntal und die Sarntaler Alpen von Nord nach Süd.

Ursprung und Einzugsgebiet

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Ihren Ursprung hat die Talfer am Osthang des Penser Weißhorns. Sie durchfließt den Penser Tal genannten nördlichen Abschnitt des Sarntals, nimmt bei Astfeld den aus dem gleichnamigen Nebental fließenden Durnholzer Bach auf und durchquert zuletzt die Sarner Schlucht, um nach 45,5 km Länge auf einer Meereshöhe von 259 m in Bozen in den Eisack zu münden. Mit einem Einzugsgebiet von 429 km² ist die Talfer einer der größten Seitenzubringer des Eisacks. Wichtige Zuflüsse sind neben dem Durnholzer Bach noch der Weißenbach, der Sagbach, der Öttenbach, der Tanzbach und der Afinger Bach. Auf seiner Wegstrecke durchquert oder berührt der Fluss die Gemeindegebiete von Sarntal, Jenesien, Ritten und Bozen. Im Bozner Stadtbereich fließt der Talfer rechtsseitig der Fagenbach zu.

Hydroelektrische Nutzung

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Bei Bad Schörgau 2 km südlich von Sarnthein wird der Talfer Wasser entnommen und über einen 9 km langen Stollen in den Wangener Stausee geführt. Von dort wird es über Druckrohre (Fallhöhe 595 m) zum Wasserkraftwerk St. Anton geleitet, wo jährlich knapp 300 GWh Strom produziert werden.

Die Talfer als Stadtfluss

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Mehr noch als die größeren Flüsse Eisack und Etsch ist die Talfer der Fluss Bozens, die Stadt wird daher auch „Talferstadt“ genannt.[1] Der Name Talfer ist erstmals in einer lateinischen Traditionsnotiz des Klosters Ebersberg von ca. 1080 als fluvius Talaverna verschriftlicht worden.[2][3] Er ist etymologisch wohl auf das vorrömische *Talaverina zurückzuführen, was sich als „Schutt, Bachbett, sandiges Gelände“ deuten lässt.[4] Die Flurbezeichnung Talfergries im Bozner Stadtviertel Zentrum, bereits 1348 urkundlich bezeugt[5], ist somit gleichsam tautologisch, da Gries auf ahd. „Sand, Kies“ zurückzuführen ist.[6]

In Bozen gibt es mehrere Straßennamen, die sich auf die Talfer beziehen: Talfergasse, Zum Talfergries, Bozner Wassermauer, Grieser Wassermauer und Quireiner Wassermauer. Bis zur Erbauung der beiden durchgehenden Talferdämme („Wassermauern“) entlang der Talferufer wurden die Bozner und Grieser immer wieder von Überschwemmungen heimgesucht, auch wenn bereits seit dem Spätmittelalter Wasserschutzbauten bestanden haben; gemäß der Bozner Chronik wurde mit dem Bau einer Wassermauer bei Schloss Maretsch schon 1340 begonnen („... das man die mawr von Maretz anfieng zu pawen herab fur die stat ...“).[7] Im Jahr 1357 inspizierte der Tiroler Landesfürst Markgraf Ludwig von Brandenburg die vom „wazzer der Taluernen“ verursachten Überschwemmungsschäden und ordnete die Erhebung einer eigenen Steuer für die Errichtung besserer Schutzbauten an.[8] 1405 ist die Erhebung einer eigenen Talfersteuer („culta seu steura contra aquam Taluerne“) zwecks Finanzierung von Wasserschutzbauten urkundlich bezeugt.[9] Im Bozner Stadtratsprivileg des römisch-deutschen Königs Friedrich III. von 1442 wurde eine kommunale Verpflichtung zur Errichtung von Wasserschutzbauten „für die Taluern unnd annder wasser, die der stat zu schaden gienngen“ festgeschrieben.[10] Einer großen Überschwemmung von 1541 verdankt Bozen-Gries die älteste überlieferte Stadtansicht, angefertigt von dem damaligen Bürgermeister Leonhard Hörtmair (Hiertmair).

An der Bozner Talferbrücke befand sich in vormoderner Zeit eine stadtseitig gelegene Zollstelle zur Erhebung von Tarifen des Warentransits. Rechtsufrig lag nördlich der Talferbrücke die sogenannte Holzreif, ein Anlandungspunkt für Triftholz. Seit dem Spätmittelalter ist eine genossenschaftlich organisierte Talferleege bezeugt, die für die Wassernutzung und die Uferverbauung zuständig war.[11] Im Jahr 1772 wurden die Obere und die Untere Talferleege in eine einzige Körperschaft, die St. Antoni oder Talfer Leege, zusammengeführt, deren Archiv bis in diese Zeit zurückreicht.[12]

In den Jahren 1899–1900 ließ die Bozner Stadtverwaltung unter Bürgermeister Julius Perathoner von der Firma Waagner-Biro die noch heute bestehende, neue Talferbrücke errichten. In der Zeit des italienischen Faschismus hätte diese, gemäß den Planungen des Regimes, einer verkürzten Brücke weichen sollen („Ponte Claudio“), der die zwecks Anlage von Funktionsbauten auf der Grieser Seite stark verengte Talfer überbrücken hätte sollen; dieses Vorhaben unterblieb nur aufgrund des Kriegsbeginns und des darauffolgenden Zusammenbruchs der faschistischen Diktaturen.[13] Seit den 1970er Jahren ist hingegen dank der Regulierung des Talferbetts im Bozner Stadtgebiet eine weitläufige Erholungszone und grüne Lunge entstanden: Die sogenannten Talferwiesen sind mit ihren Sportanlagen, Laufwegen und Liegewiesen heute wesentlicher Teil des städtischen Freizeitangebots, bieten aber auch im oberen rechtsufrigen Bereich Platz für Sportanlagen verschiedener Vereine.

Sehenswert ist die gedeckte Brücke über die Talfer in Sarnthein.

Im Bozner Stadtgebiet bildet eine bereits seit dem Spätmittelalter bezeugte linksseitige Ableitung bei Schloss Klebenstein den ehemals offen verlaufenden, heute gedeckten Mühlbach.[14] Ebendort nutzt auch das Kraftwerk Rendelstein die Wasserkraft des Flusses zur Stromgewinnung.[15]

  • Otto Stolz: Geschichtskunde der Gewässer Tirols (Schlern-Schriften 32). Wagner, Innsbruck 1932, S. 58–59 (Digitalisat)

Einzelnachweise

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  1. So z. B. bei Karl Felix Wolff: Führer durch Bozen-Gries: unter besonderer Berücksichtigung der vier neuen Bergbahnen und der großen Dolomitenstraße. Bozen 1909, Beleg S. 60.
  2. Franz Huter: Tiroler Urkundenbuch. I. Abteilung: Die Urkunden zur Geschichte des deutschen Etschlandes und des Vintschgaus. Band 1. Hrsg. vom Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Innsbruck: Universitätsverlag Wagner 1939, S. 49, Nr. 90.
  3. Albrecht Greule: Deutsches Gewässernamenbuch. Walter de Gruyter, Berlin 2014, ISBN 3-11-033859-9, S. 527.
  4. Egon Kühebacher: Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte. 2: Die geschichtlich gewachsenen Namen der Täler, Flüsse, Bäche und Seen. Verlagsanstalt Athesia, Bozen 1995, ISBN 88-7014-827-0, S. 325–326.
  5. Hannes Obermair: Bozen Süd – Bolzano Nord. Schriftlichkeit und urkundliche Überlieferung der Stadt Bozen bis 1500. Band 1. Stadtgemeinde Bozen, Bozen 2005, ISBN 88-901870-0-X, S. 317, Nr. 628.
  6. Walter Schneider: Der „Talfergries“ und der „Grutzen“ bei Bozen im 16. Jahrhundert – die neuen Spitalsgrundstücke auf dem „Talfergries“ (1551), der mittelalterliche Verlauf der Talfer, die landesfürstlichen Güter im „Grutz“-Urbar (1582) und die neuen Flurnamen. In: «Tiroler Heimat» 66, 2002, S. 5–20.
  7. Christoph von Hartungen: Die Dämme der Talfer und des Eisack: der Schutz vor den Überschwemmungen. Bozen (o. J.), S. 62–84, hier: S. 63.
  8. Hannes Obermair: Bozen Süd – Bolzano Nord. Schriftlichkeit und urkundliche Überlieferung der Stadt Bozen bis 1500. Band 1. Stadtgemeinde Bozen, Bozen 2005, ISBN 88-901870-0-X, S. 335, Nr. 677 (mit Abb. 31).
  9. Hannes Obermair: Bozen Süd – Bolzano Nord. Schriftlichkeit und urkundliche Überlieferung der Stadt Bozen bis 1500. Band 2. Stadtgemeinde Bozen, Bozen 2008, ISBN 978-88-901870-1-8, S. 43, Nr. 918.
  10. Machen Flüsse Stadtgeschichte? »Stadtblau« – FUB, 9. Nov. 2013
  11. Richard Staffler: Die Wasserleegen in der Bozner Gegend. Ein Beitrag zur Geschichte der etschländischen Wirtschaftsverfassung. In: Bozner Jahrbuch für Geschichte, Kultur und Kunst 5, 1931/1934, S. 163–164 (online).
  12. Bozner Leegen (Südtiroler Landesarchiv).
  13. Sabrina Michielli, Hannes Obermair (Red.): BZ ’18–’45: ein Denkmal, eine Stadt, zwei Diktaturen. Begleitband zur Dokumentations-Ausstellung im Bozener Siegesdenkmal. Folio Verlag, Wien-Bozen 2016, ISBN 978-3-85256-713-6, Die „schöne neue Welt“ an der Talfer, S. 122 (mit zeitgenössischem Bauleitplan).
  14. Karl Theodor Hoeniger: Altbozner Bürgerbuch. Bozens Stadtgeschichte in 100 Bildern. Bozen: Ferrari-Auer 1968, S. 204–206.
  15. Acqua passata, Bericht von Michael Denzer auf Salto.bz vom 15. Mai 2023.
  • Film Die Talfer von Evi Keifl und Peter Obexer, 2013, 56 min (Trailer)
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