Tetrabrombisphenol A

Strukturformel
Strukturformel von Tetrabrombisphenol A
Allgemeines
Name Tetrabrombisphenol A
Andere Namen
  • 2,2′,6,6′-Tetrabrom-4,4′-isopropylidendiphenol
  • 2,2′,6,6′-Tetrabrombisphenol A
  • 3,3′,5,5′-Tetrabrombisphenol A
  • 2,2-Bis(3,5-dibrom-4-hydroxyphenyl)propan
  • 4,4′-Isopropylidenbis(2,6-dibromphenol)
  • TBBPA
  • TBBP-A
  • TBBA
Summenformel C15H12Br4O2
Kurzbeschreibung

farbloser Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 79-94-7
EG-Nummer 201-236-9
ECHA-InfoCard 100.001.125
PubChem 6618
ChemSpider 6366
Wikidata Q425246
Eigenschaften
Molare Masse 543,88 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

2,12 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

178 °C[1]

Siedepunkt

ab 250 °C Zersetzung[1]

Löslichkeit

nahezu unlöslich in Wasser (0,24 mg·l−1 bei 25 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[2] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 350​‐​410
P: 201​‐​273​‐​280​‐​308+313​‐​391​‐​501[1]
Zulassungs­verfahren unter REACH

besonders besorgnis­erregend: krebs­erzeugend (CMR)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Tetrabrombisphenol A (TBBPA) ist eine chemische Verbindung, die in einigen Kunststoffen als Flammschutzmittel enthalten ist. Dadurch wird insbesondere erreicht, dass sich ein lokaler Brandherd langsamer zu einem Wohnungs- oder Gebäudebrand entwickeln kann. Im Gebäude anwesende Personen erhalten so mehr Zeit, sich in Sicherheit zu bringen.

Gewinnung und Darstellung

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TBBPA ist ein Derivat von Bisphenol A und wird aus diesem hergestellt, beispielsweise durch Bromierung mit Kaliumtribromid in Acetonitril. Alternativ kann Bisphenol A auch direkt mit elementarem Brom bromiert werden, entweder unter Erhitzen in Wasser oder Methanol oder in Wasser mit Zusatz von Natriumchlorat.[4]

TBBPA kann als reaktives und als additives Flammschutzmittel verwendet werden. Bei der reaktiven Anwendung wird es chemisch in Polymeren, z. B. in Epoxy- und Polycarbonatharzen, gebunden. Der Hauptanwendungsbereich dieser Technik ist die Herstellung von Leiterplatten, die in elektronische Geräte eingebaut werden. Als additives Flammschutzmittel (Beimischung ohne chemische Reaktion) wird TBBPA in Kunststoffen wie beispielsweise ABS verwendet. Diese kommen unter anderem zum Bau von Gehäusen elektrischer Geräte zum Einsatz, z. B. Fernsehgeräte, Elektroinstallation, Steckernetzteile. Der jährliche Verbrauch wurde 2001 weltweit auf 119.600 Tonnen geschätzt, wovon rund 11.600 Tonnen von der europäischen Industrie verwendet wurden.[5] Im Elektroschrott wurde in 2003 bzw. 2011 durchgeführten Studien durchschnittliche Konzentrationen von 1,4 g/kg bzw. 0,6 g/kg gefunden, was den verbreiteten Einsatz von TBBPA in elektrischen Geräten bestätigte. Da nur additiv zugegebenes, nicht jedoch reaktiv gebundenes TBBPA gemessen werden konnte, dürfte der effektive Einsatz dieses Flammschutzmittels noch deutlich höher sein.[6][7]

TBBPA kann durch verschiedene Prozesse in die Umwelt gelangen und kommt in Spurenkonzentrationen in den Umweltkompartimenten wie Luft, Wasser, Boden und Flusssedimenten vor. Auch im Klärschlamm und im Hausstaub wird es gefunden. Die Konzentrationen sind jedoch niedriger als diejenigen von anderen Flammschutzmitteln.[8] In einer vom WWF durchgeführten Untersuchung wurde TBBPA auch im Blut der Europaparlamentarier gefunden.[9] Eine ausführliche Risikobewertung im Rahmen der EU-Altstoffverordnung 793/93/EEC bewertete unter anderem diese Funde und stellte für Tetrabrombisphenol A kein Risiko für die Gesundheit fest.

Risikobewertung

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TBBPA wurde einer achtjährigen EU-Risikobewertung unterzogen, in deren Verlauf über 460 Studien evaluiert wurden. Die Ergebnisse der Risikobewertung wurden im Juni 2008 im EU-Amtsblatt veröffentlicht.[10]

Tetrabrombisphenol A wurde 2015 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Tetrabrombisphenol A waren die Besorgnisse bezüglich Verbraucherverwendung, Umweltexposition, Exposition von Arbeitnehmern, hoher (aggregierter) Tonnage und weit verbreiteter Verwendung sowie der Gefahren ausgehend von einer möglichen Zuordnung zur Gruppe der PBT/vPvB-Stoffe, der möglichen Gefahr durch reproduktionstoxische Eigenschaften sowie als potentieller endokriner Disruptor. Die Neubewertung läuft seit 2015 und wird von Dänemark durchgeführt. Um zu einer abschließenden Bewertung gelangen zu können, wurden weitere Informationen nachgefordert.[11]

Der Stoff wurde aufgrund seiner krebserregenden Eigenschaften[12][13] im Januar 2023 in Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC) aufgenommen.[3]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g Eintrag zu 3,3′,5,5′-Tetrabrombisphenol A in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2018. (JavaScript erforderlich)
  2. Eintrag zu 2,2′,6,6′-Tetrabrom-4,4′-isopropylidendiphenol im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  3. a b Eintrag in der SVHC-Liste der Europäischen Chemikalienagentur, abgerufen am 30. Januar 2023.
  4. Lalit Kumar, Vivek Sharma, Tanu Mahajan, D. D. Agarwal: Instantaneous, Facile and Selective Synthesis of Tetrabromobisphenol A using Potassium Tribromide: An Efficient and Renewable Brominating Agent. In: Organic Process Research & Development. Band 14, Nr. 1, 15. Januar 2010, S. 174–179, doi:10.1021/op900262f.
  5. Bromine Science and Environmental Forum (2003): Major Brominated Flame Retardants Volume Estimates – Total Market Demand By Region in 2001 (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive) (MS Word; 87 kB)
  6. Leo S. Morf, Josef Tremp, Rolf Gloor, Yvonne Huber, Markus Stengele, Markus Zennegg: Brominated Flame Retardants in Waste Electrical and Electronic Equipment: Substance Flows in a Recycling Plant. In: Environmental Science & Technology. 39(22), 2005, S. 8691–8699, doi:10.1021/es051170k.
  7. Ruedi Taverna, Rolf Gloor, Urs Maier, Markus Zennegg, Renato Figi, Edy Birchler: Stoffflüsse im Schweizer Elektronikschrott. Metalle, Nichtmetalle, Flammschutzmittel und polychlorierte Biphenyle in elektrischen und elektronischen Kleingeräten. Bundesamt für Umwelt, Bern 2017. Umwelt-Zustand Nr. 1717: 164 S.
  8. Kuch B., Körner W., Hagenmaier H. (2001): Monitoring von bromierten Flammschutzmitteln in Fliessgewässern, Abwässern und Klärschlämmen in Baden-Württemberg (Memento vom 29. Dezember 2003 im Internet Archive). Umwelt und Gesundheit, Universität Tübingen.
  9. WWF Detox Campaign (2004): Bad Blood? A Survey of Chemicals in the Blood of European Ministers.
  10. Results of the risk evaluation and the risk reduction strategies for the substances: sodium chromate, sodium dichromate and 2,2',6,6'-tetrabromo-4,4'-isopropylidenediphenol (tetrabromobisphenol A) (PDF; 145 kB). In: Official Journal of the European Union, 18. Juni 2008.
  11. Community Rolling Action Plan (CoRAP) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA): 2,2,6,6-tetrabromo-4,4-isopropylidenediphenol, abgerufen am 28. November 2023.Vorlage:CoRAP-Status/2015
  12. Registrierungsdossier zu 2,2',6,6'-tetrabromo-4,4'-isopropylidenediphenol Vorlage:Linktext-Check/Apostroph (Abschnitt GHS) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. November 2018.
  13. Eintrag im Office of Environmental Health Hazard Assessment, abgerufen am 1. November 2018.