Tino Sehgal (* 1976 in London) ist ein deutsch-britischerKünstler. Er nennt seine Werke „konstruierte Situationen“. Diese werden von instruierten Personen „interpretiert“ und existieren nur im Moment, da sie weder dokumentiert noch medial reproduziert werden dürfen.[1]
Zusammen mit Thomas Scheibitz gestaltete er den deutschen Pavillon bei der 51. Biennale in Venedig vom 12. Juni bis 6. November 2005. Dafür hatte er 30 Laiendarsteller für zwei Situationen ausgewählt. Zum einen This is so contemporary, was als Reflexion über die Position der Kunst in der heutigen Welt gedacht war. Im zweiten Werk, This is exchange, verwickelten die Akteure die Besucher in Diskussionen über das Thema Marktwirtschaft.
Auf der dOCUMENTA (13), die 2012 in Kassel stattfand, bespielte Sehgal den lichtlosen Bode-Saal des Hugenottenhauses Kassel[4]. Die eintretenden Besucher wurden von 12 Akteuren, einzeln oder in kleinen Gruppen, umgeben, die sie hör- und fühlbar singend, summend, kriechend, schnalzend in einem choreografisch festgelegten Grundrhythmus umtanzten und dabei versuchten, die Eingetretenen in das Geschehen einzubeziehen.[5]
Sehgal ist mit der Kunsthistorikerin Dorothea von Hantelmann verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder und lebt in Berlin.[6][7]
Die Kunst von Tino Sehgal nimmt allein in dem Moment Gestalt an, in dem der Zuschauer ihr begegnet. Für seine Arbeiten benutzt er Interpreten, die mit den Besuchern der jeweiligen Ausstellung in Form von Bewegungen, gesprochenen Worten oder Gesang in Kontakt treten. So lässt er zum Beispiel in einer Ausstellung als Museumswärterinnen verkleidete Interpretinnen einen Satz singen wie This is propaganda, you know, you know. Seine Arbeiten, die nur in Museen oder Kunstausstellungen realisiert werden, sind käuflich und können über Monate hinweg während der ganzen Öffnungszeit aufgeführt werden. Von sämtlichen seiner Arbeiten darf es auf ausdrücklichen Wunsch des Künstlers keine filmischen, fotografischen oder sonstige Dokumentationen geben. Auch werden keine Einladungen zu Ausstellungen gedruckt oder Katalogtexte veröffentlicht. Die An- oder Verkäufe der Werke finden ausschließlich durch mündliche Verhandlungen mit dem Künstler statt und bleiben daher nur in der Erinnerung aller Beteiligten bestehen.
↑Gabriela Walde: "Dies ist Propaganda": Tino Sehgal, für Deutschland auf der Biennale. In: DIE WELT. 9. Juni 2005 (welt.de [abgerufen am 25. April 2018]).