Traiskirchen ist eine ca. 20 km südlich von Wien gelegene Stadtgemeinde im Bezirk Baden im Bundesland Niederösterreich mit 19.209 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2024).
Traiskirchen gehört zum Bezirk Baden, liegt somit im niederösterreichischen Industrieviertel. Die Fläche der Gemeinde umfasst 29,11 Quadratkilometer. Der Ort liegt 200 Meter über dem Meeresspiegel und am westlichen Rand des Wiener Beckens an der Thermenlinie. Am Rand des Stadtgebietes befinden sich zahlreiche Weingärten. Das Ortsbild wird unter anderem durch mehrere Grünflächen geprägt.
Um das Jahr 1540 hieß Traiskirchen Darskirch. Dies konnte man in einer alten Niederösterreichkarte feststellen.[3]
Römerzeit
Im Jahr 15 v. Chr. übernahmen die Römer einen Großteil des jetzigen Österreichs, auch Traiskirchen. Sie nannten das Reich Noricum. 21 Jahre später teilte sich die Provinz. Somit entstand im Osten von Österreich Pannonien, und im Süden blieb das Reich Noricum. Aufgrund der Beliebtheit der Stadt Aquis (Baden), entstanden in der Umgebung der Stadt zahlreiche Gebäude, die aus Ziegel bestanden.
Die Christenverfolgung im Jahre 303 unter Diokletian erschütterte das Römerreich und schwächte die Christen. 488 verließen die Römer das Reich Noricum und Pannonien.[4]
Marktrat
Im frühen 14. Jh. bekam Traiskirchen das Marktrecht, seit diesem Zeitpunkt wurde jeden Montag am Vormittag ein Wochenmarkt veranstaltet. Mit dem sogenannten „Marktbuch“ konnte man am besten die Lebensweise und die Verwaltung der Stadt berichten. Dieses enthielt eine Finanzgebarung der Marktgemeinde, Aufnahmeschriften der Ratssitzungen, Niederschriften der Beschlüsse der „Banthädung“, einer in unregelmäßigen Zeitabständen einberufenen Versammlungen aller Bürger der Marktgemeinde unter Vorsitz des „Vice-Dombs“, eines Beamten des Landherrn.[5]
Zeit des Türkenkrieges
Im Sommer 1683 verwüsteten die Türkenscharen auf ihrem Weg nach Wien Traiskirchen, Wienersdorf, Tribuswinkel und Möllersdorf. In Traiskirchen brannten die Pfarren und viele Wohnhäuser ab. Nach Abzug der Feinde wurde mit vereinten Kräften der Wiederaufbau gestartet. Zu dieser Zeit war es undenkbar, Landwirtschaft und Viehzucht zu betreiben. Als im Jahre 1713 die Pest ausbrach, starben in Traiskirchen 58 Personen an der Krankheit. Zum Gedenken an die Verstorbenen wurde eine Pestsäule errichteten, die heute noch den Hauptplatz ziert.[6]
Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie
Im Oktober 1900 wurde auf einem 19 Hektar großen Grundstück in Traiskirchen mit dem Bau einer k.u.k.Artilleriekadettenschule begonnen, die 1907 die bisherige Artilleriekadettenschule im Wiener Arsenal ersetzte. Der Gesamtplan für Traiskirchen sah etwa 20 gemauerte Objekte vor.[7] Die Anlage wurde am 14. Oktober 1903 fertiggestellt.[7] Ziel des Unterrichts war in vier Jahren einer der Oberrealschule gleichzuhaltenden wissenschaftlichen Ausbildung eine militärische Erziehung, welchen den Absolventen befähigt, als Kadett in die k.u.k. Artillerie einzutreten und als Offizier die höheren Militär-Fachbildungsanstalten zu besuchen. 1916 erfolgte die Umwandlung der Kadettenschule in eine Artillerie-Akademie. Diese wurde mit Kriegsende aufgelöst und später in eine staatliche, zivile Schule umgewandelt.
Zeit des Zweiten Weltkrieges
1938 drohte die deutsche Regierung mit einem Einmarsch nach Österreich. Adolf Hitler gab am 13. März 1938 den Befehl in sein Heimatland Österreich einzumarschieren. Ein militärischer Gegenschlag erschien zwecklos. In Traiskirchen und in vielen anderen Städten kam es zum zweiten Mal in diesem Jahr zu einer Bürgermeister- und Gemeinderatswahl.
Am 13. März 1939 wurde in den Gebäuden der ehemaligen k.u.k. Artilleriekadettenschule die Nationalpolitische Erziehungsanstalt (Napola) Traiskirchen in Betrieb genommen.
1944 beschlagnahmte die deutsche Wehrmacht 65 % der heimischen Weinernte. Die restlichen 35 % des Weines durften im Kreisgebiet bleiben.
Am 3. April 1945 befreiten die sowjetischen Truppen Traiskirchen.[8] Zu dieser Zeit konnten einige Schulen wieder in Betrieb genommen werden und Fabriken ihre Arbeit wieder aufnehmen.
Zeit nach 1945
In der Besatzungszeit war in der ehemaligen Kadettenschule ein Lazarett und bis Herbst 1955 eine Kaserne der Sowjetarmee (etwa 2000 Mann sowjetische Panzertruppen) untergebracht.
1947 war der Winter so kalt, dass es an Strom mangelte und die Energieversorgung verschärfte sich. In den Städten herrschte große Not und Hunger. Lebensmittelkarten waren erforderlich. 1949 besserte sich die Wirtschaftslage zunehmend. Wohnungen wurden ausgebaut, Kriegsschäden repariert und Lebensmittel konnten frei gekauft werden. Im Herbst 1955 war das Stadtgebiet besatzungsfrei.
Die Gebäude der ehemaligen Kadettenschule wurden seit deren Übergabe am 31. August 1955 an den damals amtierenden Bürgermeister von Traiskirchen, Johann Schuster, als Flüchtlingslager verwendet. Bereits im Jahr 1956 diente das Lager als Auffangstation für ungarische Flüchtlinge, die auf Grund des Volksaufstandes in Ungarn ihr Land verließen. Das Flüchtlingslager wurde später in Betreuungsstelle Traiskirchen umbenannt und diente fortan auch als Erstaufnahmestelle für Asylwerber. Mit der Schaffung mehrerer Bundesbetreuungsstellen etablierte sich später die aktuelle Bezeichnung Bundesbetreuungsstelle Ost.
1985 wurde Fritz Knotzer als Bürgermeister angelobt. Er war bis zu seinem Rücktritt 2014 der am längsten amtierende Bürgermeister Niederösterreichs.[9]
Stadtmuseum Traiskirchen: Das Stadtmuseum befindet sich im denkmalgeschützten Gebäude des Möllersdorfer Zweigwerkes der ehemaligen Vöslauer Kammgarnfabrik. Das Museum zeigt unter anderem originalgetreu nachgebaute Geschäfte, darunter Bäckerei, Schuster, Greißler, Tischlerei, Fotograf, Friseur, Schneiderei, Graveur, Uhrmacher und Trafik. Sie vermitteln einen lebendigen Eindruck von den Lebensverhältnissen vor der letzten Jahrhundertmitte.
Bekannt ist die Stadt für Weinbau und zahlreiche Heurigenlokale. Zu einem besonderen Naherholungsgebiet zählen die zahlreichen Weinberge an den Hängen des Anningers, wo sich auch das Wappen von Traiskirchen, die Urbanuskapelle befindet. Weiteres kann man Traiskirchen als Sozialstadt bezeichnen, die für alle Generation einen hohen Sozialstandard bietet. Traiskirchen hat eine hohe Geburtsrate und bietet ein sehr gut ausgebautes Netz an Kinderbetreuungsplätzen und Bildungseinrichtungen.[15]
Traiskirchen war Standort der Semperit-Reifenwerke. Das Unternehmen wurde 1985 an die Continental AG verkauft. 1994 wurde die Forschungs- und Entwicklungsabteilung in die Konzernzentrale nach Hannover verlegt, 1996 die PKW-Reifenproduktion trotz Interventionen der Bundesregierung reduziert und 2002 schließlich ganz eingestellt.
Nach der Schließung der Reifenproduktion Semperit haben sich viele neue und innovative Gewerbebetriebe im Stadtgebiet angesiedelt. Mittlerweile gibt es zwei Gewerbeparks in der Stadt: Im ehemaligen Gelände der Semperit ist der Gewerbepark Traiskirchen entstanden, in dem an die 66 Unternehmen mit fast 700 Mitarbeitern beheimatet sind. Der zweite Gewerbepark befindet sich in Oeynhausen.
Der Base- und Softballverein Traiskirchen Grasshoppers mit eigenem Baseballplatz beim Sport- und Freizeitzentrum Traiskirchen.
Der Fußballclub FCM Traiskirchen spielt seit 2016 in der Regionalliga Ost, der dritthöchsten Leistungsstufe.
Der Verein RuckTchouk Traiskirchen ist der erste österreichische Tchoukballverein und hat seit 2013 viermal in Folge den European Winners Cup (vgl. Champions League) gewonnen.
Sportunion Traiskirchen
Der Tennisverein „TC Traiskirchen“ mit 6 Freiplätzen spielt in der Liga Niederösterreich Südost und wurde 2017 mit 2 von 3 Mannschaften Meister in der Allgemeinen Spielklasse.
Der Traiskirchner Eis- und Rollsportclub (TER)
Das ATC (Austrian Tennis Committee) eröffnete 2020 in Traiskirchen eine Tennis-Akademie, in der auch Dominic Thiem trainiert, wenn er sich in Österreich aufhält.[16]
Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 1990 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 26 SPÖ, 6 ÖVP, 4 FPÖ und 1 Liste Heinrich Schauderer.
Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 1995 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 23 SPÖ, 5 Liste Demokratische Bürger, 4 ÖVP, 3 FPÖ und 2 LIF.[17]
Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2000 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 25 SPÖ, 5 Liste Demokratische Bürger, 3 FPÖ, 3 ÖVP und 1 LIF.[18]
Franz Xaver Schweickhardt: Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens, durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten etc. etc., topographisch-statistisch-genealogisch-historisch bearbeitet und nach den bestehenden vier Kreis-Vierteln [alphabetisch] gereiht. [Teil:] Viertel unterm Wienerwald. 7 von 34 Bänden. 7. Band: St. Valentin bis Zwölfaxing. Mechitaristen, Wien 1833, S. 177 (Wienersdorf – Internet Archive).