Transparenz ist in der Politik und im politischen Diskurs eine Forderung bzw. ein für erstrebenswert gehaltener Zustand frei zugänglicher Informationen und stetiger Rechenschaft über Abläufe, Sachverhalte, Vorhaben und Entscheidungsprozesse. Damit verbunden die Vorstellung einer offenen Kommunikation zwischen den Akteuren des politischen Systems (bzw. der Verwaltung) und den Bürgern und einer vermehrten Partizipation. In eine ähnliche Richtung zielen die Begriffe Verwaltungstransparenz und Öffentlichkeitsprinzip. Als Metapher dient die optische Transparenz: ein transparentes Objekt kann durchschaut werden (vgl. etwa „Gläserner Abgeordneter“).
Befürworter weitgehender Transparenz begründen ihre Forderung bzw. das Ideal wie folgt:
In der Politikwissenschaft und in der Verhandlungstheorie wird Kritik am Prinzip der Transparenz geäußert. Durch zu viel Transparenz könnten Nebenwirkungen und Probleme auftreten, die die Regierungstätigkeit und schlussendlich die Regierungsform beeinträchtigen würden. Umgekehrt könnten aus weniger Transparenz auch Vorteile erwachsen.
Eine Reihe von Staaten haben politische Transparenz als Grundrecht in ihrer Verfassung verankert. In mehr als 65 Staaten gibt es Gesetze und Gesetzesinitiativen zur Informationsfreiheit.
In Schweden hat gesetzlich geregelte Transparenz eine lange Tradition – 1766 wurde sie mit dem Gesetz über die Pressefreiheit (Tryckfrihetsförordningen) eingeführt und ist ein Teil der schwedischen Verfassung und ist das erste Gesetz dieser Art.[3][4]
In der Bundesrepublik Deutschland ist seit 2006 das Informationsfreiheitsgesetz („Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes“) in Kraft. Für Abgeordnete des Deutschen Bundestages und von Landesparlamenten gilt eine Offenlegungspflicht von Nebeneinkünften (siehe auch Abgeordnetenentschädigung und Abgeordnetenbestechung).
Die Entwicklung der Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze in den Bundesländern unterteilen Open Knowledge Foundation Deutschland e. V. und Mehr Demokratie e. V. in drei Stufen:[5]
Land | Ranking[5] gesamt, Stand Mitte 2020 |
IFG / TG
IFG = Informationsfreiheitsgesetz, TG = Transparenzgesetz |
eingeführt | zuletzt geändert | Links[5]
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(D) Bund | 40 % | IFG | Informationsfreiheitsgesetz | 2006 | 2013 | …/bund |
Baden-Württemberg | 31 % | IFG | Landesinformationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg | 2016 | …/baden-wuerttemberg | |
Bayern | 0 % | – | …/bayern | |||
Berlin | 61 % | IFG | Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit in Berlin | 1998 | 2016 | …/berlin |
Brandenburg | 39 % | IFG | Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz | 1998 | 2013 | …/brandenburg |
Bremen | 63 % | IFG | Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen | 2006 | 2015 | …/bremen |
Hamburg | 67 % | TG | Hamburgisches Transparenzgesetz | 2012 | 2020 | …/hamburg |
Hessen | 12 % | Bestandteil des Landesdatenschutzgesetzes | 2018 | …/hessen | ||
Mecklenburg-Vorpommern | 41 % | IFG | Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen für das Land Mecklenburg-Vorpommern | 2006 | 2011 | …/mecklenburg-vorpommern |
Niedersachsen | 0 % | – | …/niedersachsen | |||
Nordrhein-Westfalen | 45 % | IFG | Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen | 2001 | …/nrw | |
Rheinland-Pfalz | 56 % | TG | Landestransparenzgesetz Rheinland-Pfalz | 2016 | …/rheinland-pfalz | |
Saarland | 38 % | IFG | Saarländisches Informationsfreiheitsgesetz | 2006 | 2015 | …/saarland |
Sachsen | 45 % | IFG TG |
§ 4 des Sächsischen Gesetzes über die Presse „Gesetz zur Einführung des Gesetzes über die Transparenz von Informationen im Freistaat Sachsen“[6] |
1992 2023 |
…/sachsen | |
Sachsen-Anhalt | 38 % | IFG | Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt | 2008 | …/sachsen-anhalt | |
Schleswig-Holstein | 66 % | IFG | Informationszugangsgesetz für das Land Schleswig-Holstein | 2012 | 2017 | …/schleswig-holstein |
Thüringen | 56 % | TG | Thüringer Transparenzgesetz | 2012 | 2020 | …/thueringen |
In Hamburg garantiert seit 2012 ein Transparenzgesetz die Veröffentlichung von Dokumenten. Mehr Demokratie hatte 2011 zusammen mit Transparency International Deutschland und dem Chaos Computer Club eine Volksinitiative für ein Transparenzgesetz in der Hansestadt eingereicht. Das Gesetz wurde in einem offenen Wiki geschrieben. Als erstes Bundesland in Deutschland beschloss die Hansestadt die Einführung eines umfassenden Transparenzgesetzes, das am 6. Oktober 2012 offiziell in Kraft trat.[5][7][8][9] Damit ist das Land verpflichtet, amtliche Informationen für alle Bürger kostenlos im Internet zugänglich zu machen. Dazu gehören etwa Gutachten, Senatsbeschlüsse und Verträge ab 100.000 Euro, die die Daseinsvorsorge betreffen.
Die Qualität der Informationsfreiheitsgesetze in den Bundesländern ist sehr unterschiedlich. Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen betrachten die Vereine Mehr Demokratie und Open Knowledge Foundation Deutschland als positivere Fälle, Hessen als ein negatives Beispiel. In Bayern und Niedersachsen gibt es noch gar keine Informationsfreiheitsgesetze auf Landesebene.[5]
In Nordrhein-Westfalen haben Bürgerinnen und Bürger das Recht zur öffentlichen Einsichtnahme in Dokumente und Akten der öffentlichen Verwaltung. Im April 2013 hat das Bündnis aus dem Bund der Steuerzahler, Mehr Demokratie und Transparency International (Deutschland) die Kampagne und den Gesetzentwurf für ein Transparenz- und Informationsfreiheitsgesetz nach Hamburger Vorbild[10] der Öffentlichkeit vorgestellt. Bis Dezember 2013 konnten alle interessierten Bürger den Gesetzentwurf kommentieren und Verbesserungsvorschläge machen. Das Transparenzbündnis hat die Kommentare und Verbesserungsvorschläge geprüft und gute Anregungen derzeit in den Gesetzentwurf eingearbeitet. Der Gesetzentwurf[11] wurde am 19. Februar 2014 dem Landtag mit der Bitte übergeben, diesen Bürgervorschlag für ein Transparenzgesetz in den Landtagsberatungen möglichst weitgehend zu berücksichtigen.[5][12][13]
In Niedersachsen hat die Koalition 2013 in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie ein Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild einführen möchte, dies ist bisher aber nicht passiert. Mehr Demokratie vernetzt sich aktuell (2016/17) mit anderen Akteuren.[14][15][16]
In Berlin ließ Open Knowledge Foundation Deutschland e. V. (gemeinsam mit anderen, darunter auch Mehr Demokratie e. V.) den Entwurf eines Berliner Transparenzgesetzes öffentlich diskutieren und in einem offenen Wiki mitschreiben.[17][18][19] Anschließend wurde ein Volksbegehren erfolgreich durchgeführt, der Senat entschied, dass der Entwurf verfassungskonform war.[20] Die Ziele sind, ähnlich dem Hamburger Beispiel:
Auch in einigen Bereichen der Wirtschaft bestehen Verpflichtung der Transparenz (siehe auch Konzernabschluss, Publizitätspflicht).
In Nordrhein-Westfalen gibt ein Vergütungsoffenlegungsgesetz für öffentlich-rechtliche Unternehmen (zum Beispiel Sparkassen),[22] ebenso in Schleswig-Holstein[23] und im Saarland.[24]
Da die Europäische Union als supranationale Organisation über keine Verfassung verfügt, gibt es keine verfassungsrechtliche Fundierung der Transparenz. Allerdings war die interinstitutionelle Vereinbarung über die Einführung eines Transparenz-Registers ein bedeutender Meilenstein, um den Einfluss durch Interessenvertretungen im Entscheidungsprozess offenzulegen. Das Register ermöglicht jedermann sich über die Lobbyisten zu informieren, die mit den Institutionen der Europäischen Union kommunizieren[25]. Seit der Einrichtung im Jahr 2011 wurde das Register ständig modifiziert. Die Registrierung erfolgt freiwillig und gilt für Kritiker als Defizit.
Am 3. Dezember 2001 trat die Verordnung 1049/2001 in Kraft, mit der EU-Bürger ein Recht auf amtliche Informationen von EU-Behörden haben.