Trypanblau

Strukturformel
Struktur von Trypanblau
Allgemeines
Name Trypanblau
Andere Namen
  • Tetranatrium-3,3′-[(3,3′-dimethyl-4,4′-biphenyldiyl)di-2,1-diazendiyl]bis(5-amino-4-hydroxy-2,7-naphthalin­disulfonat) (IUPAC)
  • C.I. Direct Blue 14
  • C.I. 23850
  • Benzaminblau
Summenformel C34H24N6Na4O14S4
Kurzbeschreibung

dunkelblauer Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 200-786-7
ECHA-InfoCard 100.000.715
PubChem 6296
ChemSpider 21159397
Wikidata Q61482373
Eigenschaften
Molare Masse 960,8 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

>300 °C (Zersetzung)[1]

Löslichkeit
  • mäßig in Wasser (10 g·l−1 bei 25 °C, freie Säure)[1]
  • nahezu unlöslich in Ethanol (freie Säure)[1]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 350
P: 201​‐​280​‐​308+313[3]
Toxikologische Daten

6200 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Trypanblau (C.I. Direct Blue 14) ist ein anionischer Bisazofarbstoff. Der Farbstoff wird aus o-Tolidin als Diazokomponente und H-Säure als Kupplungskomponente hergestellt.

Der Name leitet sich von der Eigenschaft des Trypanblaus ab, Trypanosomatida abzutöten.

Trypanblau wurde zusammen mit Trypanrot 1904 erstmals von Paul Ehrlich synthetisiert. Edwin Goldmann injizierte 1913 den Farbstoff in die Rückenmarksflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) von Hunden.[4] Dabei erkannte er, dass das gesamte Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark) angefärbt wurde, aber sonst kein anderes Organ. Dies war ein wichtiger Nachweis für die Existenz der Blut-Hirn-Schranke.

Verwendung und Eigenschaften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das dunkelblau mit Trypanblau angefärbte Cytoplasma von Hyaloperonospora parasitica

Trypanblau ist vorwiegend als Tetranatriumsalz im Handel und in der Anwendung, bei dem die vier Sulfonsäuregruppen dissoziiert vorliegen.

Trypanblau wird in der Mikrobiologie und in der Zellkultur für die Bestimmung der Zellviabilität von Zellen verwendet. Die Substanz wird von lebenden Zellen nicht aufgenommen, abgestorbene und perforierte Zellen nehmen dagegen den Farbstoff auf und werden dadurch dunkelblau angefärbt. Man kann aus der Nichtaufnahme des Farbstoffes auf den Zustand der Zellmembran und nicht auf die Funktionstüchtigkeit des Zellinneren schließen.

Trypanblau bindet an Proteine. Wegen der Zytotoxizität von Trypanblau muss die Auswertung unmittelbar nach der Zugabe des Farbstoffes erfolgen.

In der Durchflusszytometrie wird Trypanblau angewendet, da es die intrazelluläre Eigenfluoreszenz, die unter anderem durch NADH und Riboflavine hervorgerufen wird, reduziert.[5]

Trypanblau ist teratogen, was erstmals 1948 erkannt wurde.[6][7] Später wurden zudem die krebserregenden Eigenschaften von Trypanblau festgestellt, die im Wesentlichen auf das Metabolisierungsprodukt Tolidin zurückzuführen sind.[8]

Breite Verwendung findet Trypanblau in der Augenchirurgie. Mit Hilfe des Farbstoffes identifizieren Augenchirurgen transparente oder krankhaft veränderte Gewebe, die aus dem Auge entfernt werden sollen. Dabei kann es sich um die Linsenkapsel oder epiretinale Membranen (Gliose) handeln. Ein weiterer Anwendungsbereich stellt die Anfärbung der Descemet-Membran zur Durchführung einer DMEK (Descemet Membrane Endothelial Keratoplasty) dar.

  • M. E. Farah u. a.: Current concepts of trypan blue in chromovitrectomy. In: Dev Ophthalmol 42, 2008, S. 91–100. PMID 18535383 (Review-Artikel)
  • B. J. Vote u. a.: Trypan blue-assisted vitrectomy. In: Retina 24, 2004, S. 736–738. PMID 15492627
  • R. J. Ford und F. F. Becker: The characterization of trypan blue-induced tumors in Wistar rats. In: Am J Pathol 106, 1982, S. 326–331. PMID 7065117
  • A. R. Beaudoin und J. M. Roberts: Teratogenic action of the thyroid stimulating hormone and its interaction with trypan blue. In: J Embryol Exp Morphol 15, 1966, S. 281–289. PMID 5964278
Commons: Trypanblau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d e Datenblatt Trypanblau (C.I. 23850) bei Merck, abgerufen am 5. Februar 2019.
  2. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Trypanblau (freie Säure): CAS-Nr.: 2538-83-2, PubChem: 6297, ChemSpider: 14833963, DrugBank: DB09158, Wikidata: Q419642.
  3. a b Eintrag zu Trypanblau in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 18. November 2022. (JavaScript erforderlich)
  4. E. E. Goldmann: Vitalfärbung am Zentralnervensystem. In: Abh. Preuss. Akd. Wiss. Phys. - Math. Kl. I 1, 1913, S. 1–13.
  5. V. L. Mosiman u. a.: Reduzierung der zellulären Autofluoreszenz in der "Flow Cytometry": Eine In Situ-Methode. In: Cytometry 30, 1997, S. 151–156. PMID 9222101
  6. J. Gillman u. a.: A preliminary report on hydrocephalus, spina bifida and other congenital anomalies in the rat produced by trypan blue. In: S Afr J Med Sci 13, 1948, S. 47–90.
  7. M. M. Turbow: Trypan blue induced teratogenesis of rat embryos cultivated in vitro. In: J Embryol Exp Morphol 15, 1966, S. 387–395. PMID 5964283.
  8. T. Gillman und R. C. Hallowes: Ultrastructural changes in rat livers induced by repeated injections of trypan blue. In: Cancer Res, 32, 1972, S. 2393–2399. PMID 4563139.