Utah Data Center

„Utah Data Center“-Panorama (April 2014)

Das Utah Data Center bei Camp Williams in der Stadt Bluffdale (südlich von Salt Lake City, Utah) ist ein US-amerikanisches Rechenzentrum, das seit 2011 vom United States Army Corps of Engineers für die National Security Agency errichtet wurde[1] und seit Ende 2013 in Betrieb ist.[2] Seine offizielle Bezeichnung lautet Intelligence Community Comprehensive National Cyber-Security Initiative Data Center.[3] Während der Bauphase lautete die Projektbezeichnung Bumblehive/IC CNCI Data Center 1.[4]

Das Utah Data Center wird seit der NSA-Affäre verdächtigt, der weltweiten Massenüberwachung zu dienen.[5]

Betreiber und Zweck

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Die National Security Agency ist Betreiber der Einrichtung, welche die Comprehensive National Cybersecurity Initiative (CNCI) unterstützen soll.[3] Die NSA bestreitet, die Anlage zur Speicherung privater E-Mails von US-Bürgern nutzen zu wollen.[6]

Bereits im März 2012 vertrat das US-Magazin Wired die Ansicht, wonach das Utah Data Center nicht nur die Aufgabe haben werde, große Teile der gesamten Internetkommunikation zu speichern, sondern darüber hinaus eine enorme Rechengeschwindigkeit zum Knacken aufwendiger Verschlüsselungsverfahren, wie dem Advanced Encryption Standard (AES), erhalten werde. Die Eröffnung des Rechenzentrums war laut Wired für September 2013 geplant.[7] Im September 2013 meldeten einige Medien die Inbetriebnahme der Einrichtung, die aber von der NSA nicht bestätigt wurde.[8] Auch soll es wiederholt zu technischen Komplikationen gekommen sein.[9][10]

Das Utah Data Center erhält unter anderem Daten vom Kunia Regional SIGINT Operations Center, von NSA Texas auf der Lackland Air Force Base in San Antonia, von NSA Georgia im Fort Gordon in Augusta, Georgia, von der Aerospace Data Facility auf der Buckley Air Force Base, Colorado, und anderen Horchposten im US-amerikanischen In- und Ausland.[11]

Technik und Ausstattung

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Grundriss des Utah Data Center

Die künftige technische Ausstattung der Anlage unterliegt der Geheimhaltung. Bekannt ist, dass die Einrichtung rund 65 Megawatt elektrische Leistung benötigen wird. Der Bau des Utah Data Centers kostet 1,7 Milliarden Dollar. Dort sollen rund 200 Techniker arbeiten. Das gesamte Gelände ist annähernd 93.000 Quadratmeter groß.[12]

Welche Leistungsfähigkeit die Anlage haben wird, ist bei Fachleuten umstritten. Der NSA-Journalist James Bamford sagte im Guardian:[12]

„It’s basically a hard-drive. It’s also a cloud, a warehouse. It'll be storing not just text and audio but pictures and video. There’s a lackadaisical attitude to this. People pay no attention until it’s too late.“

„Es ist im Grunde eine Festplatte. Es ist auch eine Cloud, eine Datenbank. Es wird nicht nur Texte und Audiodaten, sondern auch Videos und Bilder speichern. Demgegenüber besteht Desinteresse. Die Öffentlichkeit nimmt davon keine Notiz, bis es zu spät ist.“

James Bamford: The Guardian[12]

Der prognostizierte Speicherplatz der Anlage variiert je nach Angaben zwischen einem Yottabyte (siehe Spiegel[13] – das entspräche beim genannten Anlagenpreis ca. 0,17 cent pro Terabyte), 5 Zettabyte[14] oder nur ca. 3–12 Exabyte (siehe Forbes etc.[15] mit einem Preis von ca. 170 Dollar pro Terabyte). Umgerechnet auf die Weltbevölkerung entspräche dies einem Datenvolumen von etwa 0,38 und 1,53 Gigabyte pro Person.

Im britischen Guardian wurde der Ex-NSA-Mathematiker William Binney am 14. Juni 2013 mit der Aussage zitiert, die Computer des Data Centers würden voraussichtlich eine Speicherrate von 20 Terabytes pro Minute leisten – das entspräche dem Gesamtbestand der Kongress-Bibliothek der Vereinigten Staaten (zweitgrößte Bibliothek der Welt mit 31 Millionen Büchern, 12 Millionen Fotos etc.) jede Minute.[12] Der Datendurchsatz des Internet-Knotens DE-CIX betrug im bisherigen Spitzenwert ca. 25,5 TB/Min. – gemessen im Januar 2015 mit 3,9 Tb/s.[16] Laut Wired soll das Data Center zunächst mit einem Cray Jaguar XK6 Titan-Supercomputer arbeiten, bevor schnellere Supercomputer zur Verfügung stehen.[7]

„Utah Data Center“ aus der Luft (Juni 2014)

Laut Spiegel-Informanten lag die Wahl als Standort des UDC inmitten des Bundesstaates Utah nahe, da die Mehrheit der dortigen Bevölkerung Mormonen sind, welche als besonders patriotisch gelten.[17]

An der University of Utah wurde ein Programm aufgesetzt, durch das Studenten darin ausgebildet werden, große Rechenzentren zu verwalten. Im ersten Jahr sind 20 Studenten für die Zusatzausbildung vorgesehen.[18]

Am 27. Juni 2014 haben sich Greenpeace, die Electronic Frontier Foundation und das Tenth Amendment Center zu einer gemeinsamen Aktion zusammengetan, bei der sie mit einem Luftschiff über das Rechenzentrum geflogen sind.[19] Damit wurde eine neue Internetseite beworben, die US-amerikanische Politiker auffordert, sich gegen die Überwachung im Internet einzusetzen. Ein aus dem Luftschiff geschossenes Bild des UDC, hat die EFF in der Public Domain Lizenz veröffentlicht.[20]

  • Hanno Rauterberg: NSA-Skandal: Der Tempel des Datengotts. In: Die Zeit. Nr. 30/2013 (zeit.de).
Commons: Utah Data Center – Album mit Bildern und Videos

Einzelnachweise

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  1. Carlos Lazo: Groundbreaking ceremony held for $1.2 billion Utah Data Center. In: spk.usace.army.mil. US Army Corps of Engineers, 1. Juni 2011, archiviert vom Original am 9. Januar 2014; abgerufen am 24. März 2014 (englisch).
  2. Siobhan Gorman: Meltdowns Hobble NSA Data Center. In: The Wall Street Journal. 7. Oktober 2013, archiviert vom Original am 29. Mai 2014; abgerufen am 24. März 2014 (englisch).
  3. a b Steve Fidel: Utah’s $1.5 billion cyber-security center under way. In: Desert News. 6. Januar 2011, abgerufen am 9. August 2024 (englisch).
  4. USAF User: Welcome to AT&L. (XLS 751 KB) In: http://www.acq.osd.mil/. USAF, 10. April 2013, archiviert vom Original; abgerufen am 25. März 2014 (office, of, the, under, secretary, of, defense, for, acquisition, technology, and, logistics, Zeile 1770).
  5. Welcome to Utah, the NSA's desert home for eavesdropping on America. In: theguardian.com. 14. Juni 2013, abgerufen am 29. Januar 2023.
  6. Andrea Shalal-Esa, Paul Simao: U.S. agency denies data center to monitor citizens’ emails. Reuters, 15. April 2013, abgerufen am 22. Juli 2013 (englisch).
  7. a b James Bamford: The NSA Is Building the Country’s Biggest Spy Center (Watch What You Say). In: wired. 15. März 2012, abgerufen am 9. August 2024 (englisch).
  8. NSA nahm gigantische Serverfarm in Utah in Betrieb. In: Der Standard. 27. September 2013, archiviert vom Original am 9. Januar 2014; abgerufen am 24. März 2014.
  9. Rory Carroll: NSA data centre opening delayed after series of electrical surges in Utah. In: The Guardian. 8. Oktober 2013, archiviert vom Original am 9. Januar 2014; abgerufen am 24. März 2014 (englisch).
  10. "WSJ": Massive technische Probleme bremsen Utah Data Center der NSA aus. In: Computerwoche. 8. Oktober 2013, archiviert vom Original am 9. Januar 2014; abgerufen am 24. März 2014.
  11. Michael B. Kelley, Brian Jones: Pictures of the NSA's Utah Data Center. In: Business Insider. 7. Juni 2013, abgerufen am 24. August 2022 (englisch).
  12. a b c d Rory Carroll: Welcome to Utah, the NSA's desert home for eavesdropping on America. In: The Guardian. 14. Juni 2013, abgerufen am 22. Juli 2013 (englisch).
  13. Frank Patalong: Bluffdale: Das Datensammel-Zentrum der NSA. In: Der Spiegel. 8. Juni 2013, abgerufen am 11. August 2013.
  14. NPR: Amid Data Controversy, NSA Builds Its Biggest Data Farm. In: National Public Radio. 10. Juni 2013, archiviert vom Original am 11. Oktober 2012; abgerufen am 24. März 2014 (englisch).
  15. Kashmir Hill: Blueprints Of NSA's Ridiculously Expensive Data Center In Utah Suggest It Holds Less Info Than Thought. In: Forbes. 24. Juli 2013, archiviert vom Original am 13. Februar 2014; abgerufen am 24. März 2014 (englisch).
  16. de-cix: DE-CIX – Statistics. de-cix, archiviert vom Original am 20. Dezember 2012; abgerufen am 19. Oktober 2013 (englisch).
  17. Marcel Rosenbach, Holger Stark, Jonathan Stock: Prism Exposed: Data Surveillance with Impacts for the World. In: Spiegel Online. 10. Juni 2013, abgerufen am 10. Juni 2013 (englisch).
  18. Thomas Burr, Nate Carlisle: New University of Utah program prepares students to work at new NSA center. Data center • Spy agency officials brief Utah politicians on status of the facility. In: The Salt Lake Tribune. 30. Mai 2013, abgerufen am 20. Juni 2013 (englisch).
  19. Electronic Frontier Foundation: Diverse Groups Fly Airship Over NSA’s Utah Data Center to Protest Illegal Spying. Abgerufen am 10. Juli 2014 (englisch).
  20. Electronic Frontier Foundation: Releasing a Public Domain Image of the NSA’s Utah Data Center. Abgerufen am 10. Juli 2014 (englisch).

Koordinaten: 40° 25′ 53,5″ N, 111° 55′ 59,1″ W