Ein Varicellaimpfstoff oder Varizellaimpfstoff (Synonym: Windpockenimpfstoff) ist ein Impfstoff gegen Infektionen mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV). Der Varicellaimpfstoff befindet sich auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation.[1]
Der Varicellaimpfstoff ist ein attenuierter Windpocken-Lebendimpfstoff.[2] Der erste Varicellaimpfstoff vom Impfstamm Oka wurde in den 1970er Jahren in Japan entwickelt und im Jahr 1984 in Deutschland unter dem Namen Varilrix,[3] sowie 1988 in Japan und Korea zugelassen.[2] 1995 wurde in den USA Varivax zugelassen,[4] der auf dem Oka/Merck-Impfstamm basiert – 2010 in Deutschland.[5] In Form eines Kombinationsimpfstoffes wurde die Varicellakomponente in den MMRV-Impfstoffen erstmals in Form von ProQuad integriert; dieser kam 2005 in den USA und 2006 in Deutschland auf dem Markt.[2][6]
Die Attenuierung des Varicellavirus-Impfstamms Oka wurde durch serielle Passagen in humanen embryonalen Lungenzellkulturen, in embryonalen Meerschweinchen-Fibroblasten und in der WI-38-Zelllinie erreicht. Der Oka/Merck-Impfstamm wurde zusätzlich 31-mal in der Zelllinie MRC-5 passagiert.[2] Im Einzel-Varicellaimpfstoff sind 1350 PFU (Plaque Forming Units, bzw. PBE plaquebildende Einheiten) enthalten, während knapp 10.000 PFU (ProQuad) bzw. 2000 PFU (Priorix-Tetra) im MMRV-Impfstoff vorhanden sind.[7] Im Varicellaimpfstoff gegen Herpes-Zoster sind 19.400 PFU enthalten.[2]
Der Monoimpfstoff enthält neben den lebenden, abgeschwächten Varicella-Viren noch als Inhaltsstoffe oft Saccharose, Aminosäuren, Natrium- und Kaliumsalze sowie deren Phosphate. Wasser dient als Lösungsmittel.[8]
Impfstoff | Unternehmen | Vakzintyp | Ergebnisse | Zulassung |
---|---|---|---|---|
Varivax,[9] Varilrix[10] | MSD & GlaxoSmithKline | attenuiert
Stamm Oka/Merck (mind. 1350 plaquebildenden Einheiten [PBE]) bzw. Oka1 (mind. 2000 PBE) hergestellt in MRC-5 |
Nach einmaliger Impfung wird in 95 % der Geimpften eine milde Erkrankung verhindert und in 100 % eine schwere Erkrankung[11] | Windpocken |
Zostavax[12] | MSD | attenuiert
Stamm Oka/Merck (mind. 19.400 PBE) hergestellt in MRC-5 |
Immunantwort in 70 % der 50-Jährigen, 64 % bei 60-Jährigen, 41 % bei 70-Jährigen und 18 % in 80-Jährigen[13] | Gürtelrose, Windpocken bei Erwachsenen |
Shingrix[14] | GlaxoSmithKline | Untereinheitenimpfstoff (Glykoprotein-E-Antigen) mit Adjuvans AS01B/QS-21/Monophosphoryl-Lipid A (MPL)[15] hergestellt in CHO-Zellen | Immunantwort in Geimpften über 65 Jahren. Im ersten Jahr 90 % Impfschutz, nach vier Jahren 88 %[16] | Gürtelrose |
Der Impfstoff für Kinder wird meistens durch zweimalige, subkutane Injektion verabreicht. Nach einer Impfung entwickeln 97 % der Kinder über zwölf Monaten messbare Titer für neutralisierende Antikörper für eine Dauer von sieben bis zehn Jahren.[2] Der Impfschutz gegen eine Infektion liegt nach einer Impfung zwischen 70 und 90 % bzw. zwischen 90 und 100 % gegen eine Erkrankung.[2] Bei Menschen über 13 Jahren entwickeln 78 % der Geimpften Antikörper und 99 % der Geimpften nach einer zweiten Impfung.[2] Eine erworbene Immunität hält mit über zwanzig Jahren vergleichsweise lange an,[17] vermutlich lebenslang in einem Großteil der Geimpften.[2] Jedoch verlieren manche Kinder ihren Impfschutz bereits nach fünf bis acht Jahren.[18] Eine Erkrankung verläuft bei Geimpften milder, mit meistens weniger als 50 Pockenläsionen und meistens ohne Fieber.[2]
Varicellaimpfstoffe sind Bestandteil des Mehrfachimpfstoffs MMRV-Impfstoff (Zulassung USA 2005), zusammen mit einem Mumpsimpfstoff, einem Masernimpfstoff und einem Rötelnimpfstoff.[19] Zugelassen sind auch Monoimpfstoffe.
Handelsnamen für Varicellaimpfstoffe sind in Deutschland die Monoimpfstoffe Varivax und Varilrix sowie die MMRV-Impfstoffe ProQuad und Priorix-Tetra (Stand 2021).[20]