Verband Sozialistischer Student innen in Österreich

VSStÖ
Parteivorsitzende Miriam Amann
Gründung 1893
Hauptsitz Amtshausgasse 4, 1050 Wien
Website https://vsstoe.at/

Der Verband Sozialistischer Student_innen in Österreich (VSStÖ)[1] ist eine sozialistische Studierendenorganisation an den österreichischen Hochschulen und Fraktion in der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH). Der VSStÖ ist statutarisch in den Parteistrukturen der SPÖ verankert und stellt drei ordentliche Delegierte beim SPÖ-Bundesparteitag.[2] Derzeitige Bundesvorsitzende ist Miriam Amann. Er versteht sich selbst als einen feministischen Verband, der eine Ausbeutung von Frauen, Lesben, Inter, Non-binary und Trans-Personen im kapitalistischen Wirtschaftssystem sieht und befürwortet eine Umverteilung von Besitz.[3]

Der VSStÖ ist unter anderem in den österreichischen Universitätsstädten Wien, Graz, Linz, Salzburg, Klagenfurt, Innsbruck und Leoben vertreten und stellt aktuell die erste Vorsitzende der ÖH-Bundesvertretung.[4][5]

Foto von der VSStÖ-Gründung

[6] Als erste Vorläuferorganisation des VSStÖ konstituierte sich 1893 in Wien die Freie Vereinigung Sozialistischer Studenten.[7] Gründungsobmann wurde Max Adler. Im Zuge der Revolution 1918/19 gründeten sich auch in Innsbruck und Graz sozialistische Studierendenorganisationen. 1922 schlossen sich die Gruppen in Wien, Graz und Innsbruck dem damals noch großdeutsch orientierten Verband Sozialistischer Studenten (ab 1929: Sozialistische Studentenschaft Deutschlands und Österreichs) an. In der Ersten Republik machte der Widerstand gegen deutschnationale und antisemitische Umtriebe an Österreichs Universitäten die sozialistischen Studierenden zu Zielscheiben rechtsextremer Gewalt. Im Austrofaschismus und dem späteren Nationalsozialismus wurde der Verband verboten.[8]

Vorsitzende des VSStÖ seit 1946[9]
Jahr Vorsitzender
1946–1947 Raoul Schmiedeck
1947–1949 Heinz Damian
1949–1950 Fritz Marsch
1950–1951 Ferdinand Maly
1951–1952 Peter Proksch
1952–1954 Günter Haiden
1954–1956 Karl Blecha
1956–1957 Peter Jankowitsch
1957–1960 Günter Steinbach
1960–1962 Franz Bauer
1962–1963 Hannes Androsch
1963–1964 Kurt Hawlitschek
1964–1966 Helmut Sommer
1966–1967 Günter Rehak
1967–1968 Günter Blecha
1968–1969 Silvio Lehmann
1969–1970 Herbert Ostleitner
1970–1971 Kurt Puchinger
1971–1973 Johann Dvořák
1973–1974 Fritz Weber
1974–1975 Manfred Matzka
1975–1977 Michael Häupl
1977–1979 Karl Öllinger
1979–1980 Walter Schwarzenbrunner
1980–1982 Herbert Buchinger
1982–1983 Kurt Stürzenbecher
1983–1984 Alexander Wrabetz
1984–1985 Marc Hall
1985–1988 Bernhard Heinzlmaier
1988–1989 Josef Kletzmayr
1989–1991 Karin Kern-Wessely
1991–1992 Erich König
1992–1993 Alfred Kausl
1993–1995 Agnes Berlakovich
1995–1997 Julian Jäger
1997–1999 Eva Czernohorszky
1999–2000 Jürgen Wutzlhofer
2000–2001 Dagmar Hemmer
2001–2003 Eva Schiessl
2003–2005 Andrea Brunner
2005–2007 Sylvia Kuba
2007–2008 Ilia Dib
2008–2009 Maria Maltschnig
2009–2010 Sophie-Marie Wollner
2010–2011 Stefanie Grubich
2011–2012 Mirijam Müller
2012–2014 Jessica Müller
2014–2015 Rasha Abd El Mawgoud
2015–2017 Katrin Walch[10]
2017–2019 Katharina Embacher[11]
2019–2020 Marlene Spitzy[12]
2020–2022 Dora Jandl
2022–2024 Hannah Czernohorszky[13]
2024– Miriam Amann[13]

Nach 1945 war der wiedergegründete VSStÖ an der Gründung der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) beteiligt. Der VSStÖ kämpfte – relativ erfolglos – gegen die Rückkehr von (ehemaligen) Nazis an die Hochschulen und die Verbreitung von nazistischem Gedankengut in Lehrveranstaltungen an. Mitte der sechziger Jahre schrieb zum Beispiel das damalige VSStÖ-Mitglied und spätere Finanzminister Ferdinand Lacina die antisemitischen Äußerungen des Wiener Wirtschaftsprofessors Taras Borodajkewycz in einer Vorlesung mit. Nach politischen Turbulenzen und heftigen Protesten, die vor allem auf Wirken des späteren Bundespräsidenten Heinz Fischer ins Rollen kamen, wurde 1965 bei einer Demonstration der ehemalige KZ-Häftling und Widerstandskämpfer Ernst Kirchweger von einem Burschenschafter erschlagen. Im Zuge der Auseinandersetzungen um die Geschehnisse musste Borodajkewycz sein Amt aufgeben.[8][14]

Der Verband erreichte Anfang der 1980er Jahre im Zusammenhang mit den Universitätsreformen unter Bruno Kreisky und Wissenschaftsministerin Firnberg hohe Wahlergebnisse. Danach begann eine Serie von Wahlniederlagen bei den alle zwei Jahre stattfindenden ÖH-Wahlen, die bis Mitte der 1990er Jahre andauerte und parallel zu den Niederlagen der SPÖ verlief. 1995 konnte der VSStÖ zusammen mit anderen linken und liberalen Gruppen erstmals die konservative Mehrheit an der ÖH-Spitze brechen und die erste Vorsitzende in der Geschichte der ÖH stellen. Nach den ÖH-Wahlen 2001 wurde abermals zusammen mit den Grünen & Alternativen Student_Innen (GRAS) eine rot-grüne Koalition in der ÖH-Bundesvertretung gebildet, die 2003 und 2005 von den Studierenden wiedergewählt wurde, 2005 wurde der VSStÖ sogar erstmals mandatsstärkste Studentenvertretung. Bei der Wahl 2007 büßte der VSStÖ 4 Mandate ein und verlor damit zwar seine Mandatsführerschaft, stellte aber gemeinsam mit der GRAS und den Fachschaftslisten Österreichs erneut die Exekutive. Nach weiteren Verlusten konnte 2011 wieder dazugewonnen werden. Im Jahr 2014 ist es zu einer umfangreichen Novelle des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes gekommen[15]. Nach der Wiedereinführung der Direktwahl verlor der VSStÖ zunächst, konnte aber bei den ÖH Wahlen 2017 wieder 4 Mandate dazu gewinnen und erneut die ÖH-Vorsitzende stellen.

Auch bei den ÖH-Wahlen 2019 erzielte der VSStÖ einen Zugewinn von einem Mandat, wurde aber von der GRAS knapp überholt. Es bildete sich erneut eine Zusammenarbeit zwischen GRAS, VSStÖ und FLÖ, die nach einem Jahr im September 2020 zerbrach. Daraufhin übernahm eine AG-Mandatarin den ÖH-Vorsitz und die ÖH Bundesvertretung arbeitete mit wechselnden Mehrheiten. Bei den ÖH-Wahlen 2021 erzielte der VSStÖ mit Spitzenkandidatin Sara Velic den ersten Platz. Zwei Jahre später wurde bei den ÖH-Wahlen 2023 das Ergebnis erneut übertroffen. Mit 26,52 % und 15 von 55 Mandaten konnte mit Spitzenkandidatin Nina Mathies das historisch beste Ergebnis des VSStÖ eingeholt werden. Seither führt Mathies eine Koalition aus VSStÖ, GRAS und KSV LiLi an der Österreichischen Hochschüler_innenschaft an.

Politische Position

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das politische Engagement erfolgt hauptsächlich im sozialpolitischen Bereich: hier sind die Hauptforderungen die Abschaffung bestehender Studiengebühren und eine bessere Studienförderung, hin zu einer echten sozialen Absicherung von Studierenden. Weitere Schwerpunkte sind die Frauenpolitik und die Gleichberechtigung ausländischer Studierender. Innerhalb der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) tritt der VSStÖ für eine „linkere“ Politik ein. Der VSStÖ ist Mitglied der International Union of Socialist Youth (IUSY) und der Young European Socialists (YES).

Bei der SPÖ-Mitgliederbefragung 2023 sprach sich der VSStÖ offen für Andreas Babler als SPÖ-Chef aus.[16]

Der VSStÖ kandidiert bei den ÖH-Wahlen. Die nachfolgende Tabelle zeigt die erreichten Prozente bei den vergangenen Wahlen.

1989 20,0 %
1991 15,5 %
1993 13,8 %
1995 10,4 %
1997 12,4 %
1999 15,1 %
2001 21,5 %
2003 20,4 %
2005 23 % (16 Mandate in der Bundesvertretung)
2007 16,95 % (11 Mandate in der Bundesvertretung)
2009 14,28 % (8 Mandate in der Bundesvertretung)
2011 17,48 % (12 Mandate in der Bundesvertretung)
2013 17,04 % (12 Mandate in der Bundesvertretung)
2015 14,95 %[17] (8 Mandate in der nur mehr 55 Mandate großen Bundesvertretung)
2017 20,54 %[18] (12 von 55 Mandaten)
2019 22,44 %[19] (13 von 55 Mandaten)
2021 24,55 %[20] (14 von 55 Mandaten)
2023 26, 52 %[21] (15 von 55 Mandaten)

Exekutiven der ÖH-Bundesvertretung mit VSStÖ-Beteiligung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • 1995–1997 Koalition von VSStÖ, GRAS, LSF, FLÖ und KSV
  • 2001–2003 Koalition von GRAS und VSStÖ (bis 2002 inkl. KSV)
  • 2003–2005 Koalition von GRAS und VSStÖ
  • 2005–2007 Koalition von VSStÖ und GRAS
  • 2007–2008 Koalition von GRAS, FLÖ und VSStÖ (im Juni 2008 vorzeitig beendet)
  • 2009–2011 Koalition von GRAS, FEST und VSStÖ
  • 2011–2017 Koalition von GRAS, FLÖ, VSStÖ und FEST
  • 2017–2020 Koalition von VSStÖ, GRAS und FLÖ[22]
  • 2021–2023 Koalition von VSStÖ, GRAS und FLÖ
  • ab 2023 Koalition von VSStÖ, GRAS und KSV-Lili
Commons: Verband Sozialistischer Student innen in Österreich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. zvr.bmi.gv.at Zentrales Vereinsregister: ZVR Nummer: 687701153, abgerufen am 4. September 2015.
  2. SPÖ Organisationsstatut (PDF; 253 kB) SPÖ; abgerufen am 24. April 2017.
  3. Grundwerte – VSStÖ. Abgerufen am 7. Juli 2024 (deutsch).
  4. Wir in der ÖH. VSStÖ, abgerufen am 25. September 2022.
  5. Vorsitz. Österreichische Hochschüler_innenschaft, abgerufen am 25. September 2022.
  6. APA: Nina Mathies zur neuen ÖH-Vorsitzenden gewählt. Abgerufen am 30. Juli 2023 (deutsch).
  7. https://rotbewegt.at/epoche/einst-jetzt/artikel/die-geschichte-des-verband-sozialistischer-student_innen-vssto
  8. a b Verband Sozialistischer Studenten Österreichs (VSStÖ). In: dasrotewien.at – Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie. SPÖ Wien (Hrsg.)
  9. Geschichte des VSStÖ, Seite 4. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 31. Dezember 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/home.vsstoe.at (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  10. [1] Zentrales Vereinsregister: ZVR Nummer: 687701153, abgerufen am 4. September 2015
  11. VSStÖ: LFU-Studentin Katharina Embacher zur neuen Bundesvorsitzenden gewählt. In: OTS.at. (ots.at [abgerufen am 22. August 2017]).
  12. VSStÖ: Marlene Spitzy zur Bundesvorsitzenden gewählt. In: OTS. Austria Presse Agentur, 7. Juli 2019, abgerufen am 12. Oktober 2020.
  13. a b VSStÖ: Miriam Amann ist neue Bundesvorsitzende. In: ots.at. 8. Juli 2024, abgerufen am 8. Juli 2024.
  14. rotbewegt.at
  15. RIS - Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014 - Bundesrecht konsolidiert, Fassung vom 12.07.2018. Abgerufen am 12. Juli 2018.
  16. Presse-Redaktion: "SPÖ neu aufstellen": Reihen hinter Babler werden dichter. 13. April 2023, abgerufen am 16. April 2023.
  17. wahlergebnisse2015.oeh.ac.at Wahlergebnisse ÖH Wahlen 2015; abgerufen am 4. September 2015
  18. wahlergebnisse2017.oeh.ac.at Wahlergebnisse ÖH Wahlen 2017; abgerufen am 4. September 2017
  19. ÖH Wahl 2019 Ergebnisse. Abgerufen am 29. Mai 2019.
  20. Hier sind die Ergebnisse der ÖH-Wahl 2021 im Detail. 20. Mai 2021, abgerufen am 2. Juli 2021.
  21. ÖH Wahl 2023 Ergebnisse. Abgerufen am 23. Juni 2023.
  22. ORF at/Agenturen red: Wiederauflage von linker ÖH-Koalition gescheitert. 16. September 2020, abgerufen am 21. September 2020.