Unter vertikaler Integration versteht man in den Wirtschaftswissenschaften eine Form der Unternehmenskonzentration, bei der die Fertigungstiefe erhöht wird, indem sich mehrere Unternehmen mit aufeinanderfolgenden Verarbeitungs- oder Handelsstufen vereinigen. Vertikale Integration wird daher auch als vertikale Unternehmenskonzentration bezeichnet. Das Pendant zur vertikalen Integration ist die horizontale Integration.
Allgemein handelt es sich um eine Organisationsform mit dem Ziel, die Wertschöpfungs- und Lieferketten eines Unternehmens zu optimieren.
Ein Modeunternehmen beispielsweise, das nicht fremdfertigen lässt und die Waren nicht lediglich über Dritte im Einzelhandel verkauft, sondern die Produkte selbst herstellt und in eigenen Ladengeschäften anbietet, wird als vertikal integriert bezeichnet.
Aus Sicht eines ein anderes Unternehmen erwerbenden Unternehmens ist der Erwerb je nachdem, ob die Ausdehnung auf eine Vorstufe oder eine Nachstufe der Produktion erfolgt, eine Rückwärts- oder Vorwärtsintegration.[1]
Konkret bedeutet vertikale Integration, dass ein Unternehmen vor- oder nachgelagerte Fertigungsstufen (Verarbeitungs- oder Handelsstufen) in einem Produktionsprozess internalisiert.
Der Begriff der vertikalen Integration hängt eng mit der klassischen betriebswirtschaftlichen Frage nach Eigenfertigung oder Fremdbezug (englisch Make or Buy?) zusammen.[2] Die Transaktionskostenökonomie, maßgeblich entwickelt von Oliver Williamson, entwickelt die Make-or-Buy-Entscheidung weiter und untersucht sie im Zusammenhang mit Führungs- und Steuerungsstrukturen in Unternehmen, welche sich letztendlich in der Make-or-Buy-Entscheidung wiederfinden.[3][4]
Die Planung der vertikalen Integration und damit der Fertigungstiefe eines Unternehmens hängt von der Frage ab, ob es wirtschaftlicher ist, eine Leistung selbst zu erbringen oder von Dritten einzukaufen. Der Zweck der vertikalen Integration ist daher, kurzfristig eine Verbesserung der inneren Geschäftsprozesse und dadurch langfristig die Sicherung des Unternehmensbestandes und des dauerhaften Erfolges zu erreichen.[5]
Die vertikale Integration eines Unternehmens kann mit Hilfe der Fertigungstiefe als Grad vertikaler Integration gemessen werden:
Die Wertschöpfung bemisst sich hierbei aus der Differenz zwischen dem Umsatz eines Unternehmens und seinen fremdbezogenen Leistungen, das heißt, Hauptkomponenten sind der Gewinn, der Bruttolohn und die Lohnnebenkosten.[6]
Grundsätzlich gilt, je weniger von Unternehmen fremdbezogen wird, desto höher ist der Grad der vertikalen Integration, das heißt, der Integrationsgrad strebt gegen eins (hoher Grad vertikaler Integration).
Umgekehrt heißt das, je niedriger die Fertigungstiefe, also mit wachsendem Anteil zugekaufter Komponenten und Leistungen strebt der Integrationsgrad gegen null, weil dadurch die Wertschöpfung sinkt (niedriger Grad vertikaler Integration).
Die vertikale Integration eines Unternehmens lässt sich nach der Zielrichtung der Integration in die folgenden zwei Strategien unterscheiden:
Rückwärtsintegration bedeutet, dass ein Unternehmen eine/mehrere vorgelagerte Fertigungsstufe(n) selbst übernimmt. Die Rückwärtsintegration bezieht sich auf die Input-Situation des Unternehmens. Das heißt, dass das Unternehmen die bisher zugekauften Güter, die dann anschließend vom Unternehmen weiterverarbeitet werden, selbst herstellt oder gewinnt.[7]
Vorwärtsintegration bedeutet, dass ein Unternehmen eine/mehrere nachfolgende Fertigungsstufe(n) selbst übernimmt. Das bedeutet, dass beispielsweise ein bisheriger Güter-Produzent nun seine Güter selbst vertreibt. Voraussetzung der Vorwärtsintegration ist, dass mit der Produktionsstufe des Unternehmens noch nicht der Endverbraucher erreicht wird, sondern noch weitere Produktionsprozessstufen dazwischen liegen, die das Unternehmen integrieren kann. Die Vorwärtsintegration bezieht sich auf die nachgelagerten Produktions- und Handelsstufen.[7]
Die vertikale Integration eines Unternehmens lässt sich in der Praxis in vier Formen unterscheiden, diese gehen jedoch fließend ineinander über.[8]
1 <─────────────────── Integrationsgrad ───────────────────> 0 |
---|
1. Volle Integration ──── 2. Partielle Integration ──── 3. Quasi-Integration ──── 4. Verträge |
Man bezeichnet einen Produktionsprozess als voll integriert, wenn ein großer Teil des Produktionsprozess intern stattfindet. Das heißt, der Integrationsgrad ist höher 0,85.
Man bezeichnet einen Produktionsprozess als partiell integriert, wenn ein Zukauf teilweise stattfindet. Der Grad der vertikalen Integration liegt dann zwischen mittleren Werten bis zu 0,85.
Man bezeichnet einen Produktionsprozess als quasi-integriert, wenn zwar in hohem Maße zugekauft wird und die Wertschöpfung demzufolge sehr gering ist, aber das Unternehmen gegenüber den Zulieferern eine ausreichend hohe Marktmacht hat, sodass diese „quasi“ integriert sind.
Man bezeichnet die Form der vertikalen Integration als „Verträge“, wenn der Integrationsgrad niedrige Ausprägungen bis 0 aufweist, weil viele Komponenten von außen bezogen werden. Die Situation bezogen auf die eigene Wertschöpfung des Unternehmens ist also sehr ähnlich wie bei der Quasi-Integration, jedoch fehlt hier die Marktmacht gegenüber den Zulieferern.
Schon im 19. Jahrhundert versuchten Unternehmen auf diese Weise Kostendegression zu realisieren. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts stand eher die lückenlose und zuverlässige Versorgung mit lebenswichtigen Inputs im Vordergrund. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts nahm die Konkurrenz in den einzelnen Wirtschaftsbereichen stark zu. Dies führte zu zahlreichen Unternehmensneuorganisationen, welche sich in vertikaler Desintegration äußerten.[9]
Auch wenn die Vor- und Nachteile vertikaler Integration branchen- und unternehmensspezifisch abzuwägen sind, lässt sich jedoch die folgende Auswahl von typischen und häufig vorkommenden Vor- und Nachteilen formulieren:
Ein Unternehmen kann die Kompetenzen und das Potenzial haben, eine höhere Stufe in der Wertschöpfungskette einzunehmen. Des Weiteren wird ein Unternehmen dann vertikal integrieren, wenn bei gleichen Herstellungs-/Absatzkosten gilt:
Interne Kontroll- und Koordinationskosten (KKK) < Externe KKK
Weitere Determinanten für den Einsatz vertikaler Integration sind: