Vespa (lat./ital. für Wespe) ist eine Motorroller-Marke des italienischen Unternehmens Piaggio.
Die erste Vespa, die Vespa 98, kam 1946 auf den Markt und trug den Spitznamen „Paperino“ (Entchen); sie hatte 98 cm³ Hubraum, 3,2 PS und war bis zu 60 km/h schnell.
Ihr Erfinder war Corradino D’Ascanio – ein Ingenieur, dessen Traum es war, Hubschrauber zu bauen. Er entwickelte im damaligen Piaggio-Werksflugplatz Pontedera bei Pisa das Konzept der Vespa kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Auftrag von Enrico Piaggio, indem er von einem sitzenden Menschen ausging, um den herum er die Technik des neuen Zweirades anordnete.[1] Als ehemaliger Konstrukteur von Kriegsflugzeugen wollte er über die Produktion von Töpfen und Pfannen mit den vorhandenen Werkzeugen hinaus, dies unter Ausnutzung vorhandener Ressourcen (Fabrik, Material, Designerfahrung), die kriegsbedingt beschränkt waren. Aus diesen Beschränkungen heraus entstand die Vespa. Der Name Vespa wurde am 23. April 1946 zum Patent angemeldet, das Design der Vespa wurde ein Jahr darauf zum US Design-Patent angemeldet.[2]
Die Ur-Vespa „98“ sollte einfach, sparsam und leicht fahrbar sein – und mit den vorhandenen Produktionsanlagen zu bauen sein. Weil Corradino nie zuvor Motorräder konstruiert hatte, ging er völlig unvoreingenommen an diese Aufgabe heran. Der Antrieb und die Kraftübertragung sollten so einfach wie möglich sein und so entschied er sich für eine Triebsatzschwinge ohne Sekundärkette, zumal der Kettenantrieb in der damaligen Notzeit aus Materialmangel fast unmöglich war. Auch sollte die Vespa keine Motorenteile haben, an denen man sich schmutzig machen konnte. Daher war der Motor komplett verdeckt untergebracht. Der Reifenwechsel sollte so einfach wie bei einem Auto sein.
Der sehr einfache Aufbau des Fahrwerks mit Kurzschwinge vorn und Triebsatzschwinge hinten wurde bis heute beibehalten. Daraus resultiert der konstruktionsbedingte Nachteil eines eingeschränkten Federungskomforts und Schwächen im Fahrverhalten. Dem Erfolg der Vespa tat dies jedoch keinen Abbruch.
Die nächste Type „Vespa 125“ (1953) hatte 5 PS Leistung und war 75 km/h schnell. Neben anderen Verbesserungen war nun der Scheinwerfer oberhalb des Lenkers montiert. Weitere Neuerungen folgten 1955 mit einem 150-cm³-Motor, Vierganggetriebe, langem Doppelsattel und 100 km/h Spitzengeschwindigkeit.
1965 waren weltweit bereits über drei Millionen Vespas verkauft, danach verebbte ihr Siegeszug in Europa langsam, weil inzwischen für die breiten Massen auch das Automobil erschwinglich wurde. Die Vespa wurde aber in Indien und Teilen Asiens sowie einigen Ländern Afrikas zu einem der wichtigsten Transportmittel und ist es teilweise bis heute. Außer in Deutschland wurden diverse Vespamodelle in allen Teilen der Welt in Lizenz gebaut z. B. in Indien von Bajaj und LML, in Frankreich von ACMA, in England von Douglas, in Pakistan, im Iran und in Malaysia. In der UdSSR wurde die GS3 kopiert und unter dem Namen Vyatka ohne Lizenz in leicht modifizierter Form in großer Stückzahl gebaut.
Für ältere und seltene Modelle, wie die Vespa 125 U, Vespa 125 Hoffmann, Vespa SS50 und SS90 oder die französische Militärvespa TAP 56 oder 59,[3] aus der Lizenzproduktion des Unternehmens ACMA, werden Liebhaberpreise bezahlt.
Ende 2016 wurde auf der EICMA in Mailand die Vespa Elettrica-Studie vorgestellt, die erste Vespa mit Elektromotor. Die E-Vespa basiert auf der aktuellen Vespa Primavera.[4] Ab Frühling 2018 wurde die E-Vespa mit 100 Kilometer Reichweite und TFT-Display mit Bord-Computer bei den Händlern zum Kauf angeboten.[5]
Der Ursprung des Namens „Vespa“ (ital. für Wespe) bleibt ungewiss. Die berühmteste Version besagt, dass der Name auf einen Ausruf von Enrico Piaggio zurückgeht, der beim Anblick des Prototyps sagte: „Er sieht aus wie eine Wespe“ und zwar wegen des Motorengeräuschs und der Form der Karosserie, die von oben gesehen an ein Insekt erinnert, mit einem sehr breiten Mittelteil, in dem der Fahrer Platz findet, und einer schmalen „Taille“.
Eine andere Version, die lange Zeit überlebt hat, wonach die Bezeichnung „Vespa“ für Veicoli Economici S.p.A. stand (da Piaggio eine der ersten Aktiengesellschaften Italiens war und die Vespa gleichzeitig als Fahrzeug für jedermann entstand, so dass ein niedriger, den damaligen Gegebenheiten angepasster Preis von größter Bedeutung war), ist unbegründet. Diese Hypothese wurde von verschiedenen Sachverständigen widerlegt.[6]
Bei den handgeschalteten Vespas wird bemängelt, dass die technische Ausstattung nicht dem Stand der Technik entspricht (Ergonomie, Umweltverträglichkeit), dagegen haben sie mehrere darauf beruhende Vorteile: das von Mode unabhängige Design oder die Möglichkeit zur Selbst-Reparatur.
Die Ersatzteilversorgung bei Fahrzeugen aus dem Hause Piaggio gilt in Europa als gut, außerdem bietet der Markt ein großes Angebot an Zusatzartikeln.
Von den früheren Typen ist nur eine Auswahl angeführt:
Modell | Hubraum cm³ | Bauzeit |
---|---|---|
Vespa 50 | 49 | 1963 bis 1991 |
Vespa 98 | 98 | 1946 bis 1947 |
Vespa 125 | 125 | 1948 bis 1969 |
Vespa 125 GT | 125 | 1966 bis 1973 |
Vespa 125 Primavera | 125 | 1967 bis 1982 |
Vespa 946 | 124 | 2013 bis 2016 |
Vespa Primavera | 49 bis 155 | 2013 bis dato |
Vespa PK | 49 bis 121 | 1982 bis 1996 |
Vespa Cosa | 123 bis 198 | 1987 bis 1998 |
Vespa PX 125 | 122 | 1985 bis 1990 |
Vespa ET | 49 bis 151 | 1996 bis 2005 |
Vespa GTS | 124 bis 278 | 2003 bis dato |
Vespa LX | 49 bis 155 | 2005 bis 2013 |
Vespa 150 | 145 | 1954 bis 1979 |
Vespa 160 GS | 145 | 1962 bis 1965 |
Vespa 150 Sprint | 145 | 1965 bis 1979 |
Vespa 180 Rally | 180 | 1968 bis 1973 |
Vespa 200 Rally | 198 | 1972 bis 1979 |
Vespa P 200 E | 198 | 1977 bis 1982 |
Vespa PX | 79 bis 198 | 1977 bis 2016 |
Vespa 400 | 394 | 1957 bis 1961 |
Die motorisierte „Wespe“ (Vespa) hat auch eine Verwandte, die „Biene“ (Ape), die besonders in der Region rund ums Mittelmeer als beliebter Dreiradtransporter bis heute sehr gute Dienste leistet.
Die Motorroller, die noch heute produziert werden, haben Kultstatus erreicht. Viele Vespa-Fahrer bezeichnen sich als „Vespisti“, die in Vereinen, Fahrgemeinschaften und Stammtischen organisiert sind, wobei auch regelmäßige Treffen (Vespa World Days, Nationale Vespa Days etc.) oder Sternfahrten stattfinden.
Die ersten Vespa-Clubs wurden bereits Ende der vierziger Jahre gegründet. Die lokalen Ortsclubs wurden jeweils durch Dachverbände in einzelnen Ländern zusammengebracht (z. B. Vespa Club Austria[8], Vespa Club von Deutschland[9], Vespa Club Schweiz[10] etc.). In Europa entstand so der Vespa Club d’Europe, der danach in die FIV (Federation Internationale des Vespa Clubs) überging. Die FIV wiederum hat sich Ende 2005 aufgelöst und wurde 2006 durch den Vespa World Club[11] ersetzt. 2021 wurde der Vespa Club Europa[12] gegründet.
In Deutschland gibt es neben der Clubzeitung des Dachverbandes VCVD (bis 2019 "Vespina", danach "Vesbasta"), u. a. seit dem Juli 2014 Die WESPE am Markt.
Seit den 1960er Jahren modifizieren Künstler ihre Motorroller zu Custom Rollern. Unter dem Titel Mobilien und Immobilien realisierte der deutsche Künstler Eberhard Bosslet vier Fotoserien auf den kanarischen Inseln, Spanien. Zum Einsatz kam eine alte spanische Motovespa Sprint 04C aus dem Jahre 1966, die er vielfach im wechselnden Dialog mit den Hintergründen bemalte.
In Disney/Pixars Film LUCA (2021) wollen Luca und Alberto im italienischen Feriendorf Portorosso das Preisgeld gewinnen, um sich eine Vespa zu kaufen.
In den 1950er Jahren wurde die Vespa auch nördlich der Alpen bekannt. Nachdem die ersten Vespas bereits 1947 in die Schweiz exportiert wurden, kamen sie etwa 1950 nach Deutschland. Jakob Oswald Hoffmann schloss 1949 mit Piaggio einen Lizenzvertrag ab und baute im rheinischen Lintorf ab dem Frühjahr 1950 Vespas für den deutschen Markt. Zwischen 1950 und 1953 baute er das Modell HA und lediglich im Jahr 1953 das Modell HB.
Unter großem finanziellen Aufwand und aufgrund der großen Konkurrenz insbesondere durch die leistungsstärkeren „Lambretta“-Roller des Herstellers Innocenti entwickelte Hoffmann ohne Genehmigung der Piaggio-Werke die Vespa (insbesondere deren Motor) weiter und brachte schließlich 1954 die „Königin“ auf den Markt. Piaggio kündigte daraufhin Hoffmann den Lizenzvertrag fristlos.
Außerdem steckte Hoffmann großen Aufwand in die Entwicklung eines Rollermobils (Hoffmann Kabine) ähnlich der BMW Isetta. Aufgrund der sehr großen Ähnlichkeit und der damit verletzten Patentrechte verklagte der BMW-Konzern die Hoffmann-Werke. BMW gewann den Prozess. Deshalb, und aufgrund der Investitionen in die aufgegebene Vespa-Produktion mussten Ende 1954 die Hoffmann-Werke Konkurs anmelden. Die Vespa-Produktion wurde in den Messerschmittwerken in Augsburg bzw. Regensburg fortgesetzt.
Für einen gewissen Zeitraum gab es in der Phase der Insolvenz der Hoffmann-Werke und zeitgleich bei Produktionsbeginn der Messerschmittwerke zwei Hersteller und Lieferanten von Vespas in Deutschland, da sich in der Insolvenzmasse von Hoffmann auch etliche vorproduzierte Teilesätze befanden, aus denen auf Anweisung der Insolvenzverwaltung noch Komplettroller montiert und verkauft wurden.