Eine Vorstadt bezeichnete bei mittelalterlichen Städten einen Bereich der Stadt, der außerhalb der Stadtmauer der Kernstadt liegt. Die Vorstädte waren weniger dicht bebaut und boten Raum für Gewerbe, das in der Stadt keinen Platz fand oder störte, wie z. B. für Gerber, wegen des Geruchs. Eine Vorstadt liegt oft entlang der Ausfallstraßen der Stadt oder bildet mit mehreren Vorstädten einen Ring um die Kernstadt.
Die Vorstadt stand aber weder unter dem Stadtrecht, noch hatten ihre Bewohner das Bürgerrecht der Stadt und durften ihren Schutz nur in Ausnahmefällen in Anspruch nehmen.
Im Laufe der Stadtentwicklung wurden aber des Öfteren gewisse Vorstädte als Neustadt der Stadt angegliedert und dann auch meist mit einer separaten Mauer umgeben. Daher ist Neustadt ein durchaus häufiger Name von Stadtteilen.
Infolge der Industrialisierung, mit großem Bevölkerungszuzug aus dem ländlichen Raum, entstanden zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und dem Ersten Weltkrieg um die historischen Kerne vieler europäischer Städte große Vorstädte. Da sie in der Gründerzeit aufgebaut wurden, werden sie Gründerzeitviertel genannt.[1] Sie wurden auf dem Reißbrett geplant; typisches Merkmal sind Häuserblocks, meist mit vier oder fünf Geschossen. Gründerzeitviertel besitzen daher eine hohe Bevölkerungsdichte, in Großstädten mit bis über 10.000 Einwohnern pro Quadratkilometer.
Als Vorstadt bezeichnet man analog heute auch eingemeindete Orte und geplante Stadterweiterungen. Weiterhin wird der Begriff für eine Sammlung von vorgelagerten Siedlungen (Vororten) in großen Ballungsräumen gebraucht, wie zum Beispiel die Vorstädte Athens oder die Banlieues der Île-de-France um Paris. Diese Vorstädte sind aber im engeren Sinn Trabantenstädte oder Satellitenstädte.
Allgemein heißen Vorstädte meist nach den jeweils eingemeindeten Dörfern, die dort lagen, oder aber nach dem Ziel der Fernstraße, die dort aus der Stadt verläuft, bzw. nach dem Stadttor, vor dem die Vorstadt entstanden ist oder nach Personen (meist Gründer/Stifter):
In Frankreich wurden Gemeinden, die vor den Stadtmauern der Städte lagen, als Faubourg bezeichnet. Dieser Ausdruck hat sich erhalten und wird im Sprachgebrauch auch für die neuen Stadtrandsiedlungen neben der offiziellen Bezeichnung Banlieue angewandt.
Karl Bosl: Kernstadt – Burgstadt, Neustadt – Vorstadt in der europäischen Stadtgeschichte. München 1984 (= Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften: philosophisch-historische Klasse 1983/1).