Wilhelm Gustloff (Schiff)

Wilhelm Gustloff
Die Wilhelm Gustloff als Lazarettschiff in Danzig, 1939
Die Wilhelm Gustloff als Lazarettschiff in Danzig, 1939
Schiffsdaten
Flagge Deutsches Reich Deutsches Reich
Schiffstyp Kabinen-Fahrgastschiff
Rufzeichen DJVZ
Eigner Deutsche Arbeitsfront
Reederei Hamburg Süd
Bauwerft Blohm & Voss, Hamburg
Baunummer 511
Baukosten ca. 25 Mio. Reichsmark
Stapellauf 5. Mai 1937
Indienststellung 15. März 1938
Verbleib am 30. Januar 1945 versenkt
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 208,5 m (Lüa)
Breite 23,5 m
Tiefgang (max.) 7,0 m
Vermessung 25.484 BRT
 
Besatzung 424 Personen
ggf. 2 Lotsen
Maschinenanlage
Maschine vier Zweitakt-Dieselmotoren, Typ MAN G8Z 52/70 (Lizenzbau Blohm & Voss), jeweils zwei, über ein Untersetzungsgetriebe starr gekoppelt, mit einem Propeller verbunden
Maschinen­leistungVorlage:Infobox Schiff/Wartung/Leistungsformat insgesamt 9500 PSe
(6987 kW)
Dienst­geschwindigkeit

15,5 kn (29 km/h) Vorlage:Infobox Schiff/Antrieb/Geschwindigkeit_B

Höchst­geschwindigkeit 16,5 kn (31 km/h)
Propeller 2
Transportkapazitäten
Zugelassene Passagierzahl 1.471

Die Wilhelm Gustloff war ein Kabinen-Fahrgastschiff der NS-Organisation Deutsche Arbeitsfront (DAF), dessen Versenkung wenige Monate vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa als eine der verlustreichsten Katastrophen der Seefahrt gilt.

Das Motorschiff wurde ab Frühjahr 1938 vom Amt für Reisen, Wandern und Urlaub (RWU) der DAF-Unterorganisation NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude (KdF) für Kreuzfahrten eingesetzt. Nach Kriegsbeginn am 1. September 1939 wurde es, wie die anderen KdF-Schiffe auch, von der Kriegsmarine als Lazarettschiff, Wohnschiff und Truppentransporter verwendet. Am 30. Januar 1945 wurde die mit Flüchtlingen und Wehrmachtsangehörigen überfüllte Gustloff vor der Küste Pommerns von dem sowjetischen U-Boot S-13 torpediert. Bei der Versenkung kamen je nach Schätzung zwischen 4.000 und mehr als 9.000 Menschen ums Leben.

Bau und Ausstattung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Modell der Wilhelm Gustloff im Marine-Ehrenmal Laboe

Das neue Kreuzfahrtschiff wurde bei Blohm & Voss in Hamburg unter der Baunummer 511 im Auftrag der Deutschen Arbeitsfront gebaut. Die Kiellegung erfolgte am 1. Mai 1936 durch den DAF-Reichsleiter Robert Ley. Schiffseigner war somit die DAF; jedoch wurde die Wilhelm Gustloff von der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschiffahrtsgesellschaft (HSDG) bereedert, d. h. verwaltet, mit Besatzung versehen und gewartet.

Ein großes Modell des Schiffes diente auf einem KdF-Umzug im Mai 1937 in Hamburg als Umzugswagen.[1] Der Stapellauf fand am 5. Mai 1937 statt: Die Schiffstaufe erfolgte im Beisein Adolf Hitlers durch Hedwig Gustloff, der Witwe des von den Nationalsozialisten zum Märtyrer stilisierten Wilhelm Gustloff. Am 15. März 1938 war das Schiff fertiggestellt und Kapitän Carl Lübbe machte mit Werftarbeitern, ihren Angehörigen sowie weiteren Personen eine kurze Probefahrt die Unterelbe hinunter bis in die Nordsee. In der Woche darauf begann am 24. März die dreitägige Jungfernfahrt, die wieder in die Nordsee führte.

Mit der Innenausstattung war der Architekt Woldemar Brinkmann beauftragt worden. Als „Schiff ohne Klassen“ war die Ausstattung der Kabinen für Fahrgäste und Besatzungsmitglieder im Wesentlichen gleich. Für die Passagiere gab es 224 Zwei- und 233 Vierbettkabinen mit einem bzw. zwei Etagenbett(en). Zusätzlich wurden für größere Familien drei Kabinen vorgehalten, die mit drei Etagenbetten möbliert waren. Jede Kabine hatte einen Kleiderschrank für jeden Bewohner, ein bzw. zwei (Vier- und Sechsbettkabinen) Waschbecken mit fließend kaltem und warmem Wasser sowie eine Sitzgruppe aus Tisch, Stühlen und Sofa. Wie auf den Fahrgastschiffen jener Zeit noch allgemein üblich, befanden sich WCs, Duschen (damals „Brausen“ genannt) und Badewannen als Gemeinschaftseinrichtungen außerhalb der Kabinen, waren jedoch für Passagiere und Besatzungen getrennt. Alle Passagiere und Besatzungsmitglieder waren ausschließlich in Außenkabinen untergebracht, lediglich auf dem bereits unter der Wasserlinie liegenden E-Deck gab es vor dem Schwimmbad mit einem 10 × 5 Meter großen Becken mittig einen großen Aufenthaltsraum mit 60 Sitzplätzen sowie zu beiden Seiten insgesamt sechs Schlafräume ohne Bullaugen. Dort waren jeweils fünf Etagenbetten aufgestellt, die der Hitlerjugend (HJ) bzw. dem Bund Deutscher Mädel (BDM) als „schwimmende Jugendherberge“ dienten.

Den Mitgliedern der Schiffsführung, Ingenieuren/Mechanikern, Funkern, Ärzten und Reiseleitern standen 40 Einzelkabinen zur Verfügung. Die restliche Besatzung wohnte in 39 Zweibett- und 77 Vierbettkabinen.

Auf dem B-Deck gab es an Backbord hinter dem vorderen Treppenhaus die „Führer-Räume“, die aber von Hitler und seinem Gefolge nie genutzt wurden. Für das Begleitkommando waren zwei Vierbettkabinen vorgesehen, gefolgt von der Suite des Diktators. Diese hatte neben einem rund 25 m² großen Wohnzimmer ein geräumiges Schlafzimmer mit Einzelbett sowie ein Bad mit Dusche und Wanne. Nach achtern (links davon) befand sich eine kleinere Zimmerflucht mit Bad, die für den NSDAP-Reichsleiter Robert Ley reserviert war. Die beiden Suiten bzw. Kabinen mit den max. 13 Betten waren normalerweise nicht belegt.

Damit gab es an Bord Betten für max. 1471 Fahrgäste (incl. HJ/BDM-Schlafräume und den „Führer-Räumen“) und 426 (inkl. zwei Lotsen) Besatzungsmitglieder. Für diese 1897 Personen waren auch die 22 Rettungsboote bemessen. Auf jeder Seite waren Davits für zehn Motor-Rettungsboote (MRB) und ein Ruderboot installiert. Die von der Werft gebauten MRB waren für jeweils 95 Personen ausgelegt; davon waren zwei kleiner und fassten nur 39 Personen. Die beiden ganz vorn aufgehängten Ruderboote konnten je 65 Personen aufnehmen. In den Rettungsbooten war somit Platz für 1918 Menschen. Auf der letzten Fahrt der Gustloff waren aber nicht mehr alle Davits mit Booten belegt.

Die Wilhelm Gustloff war zwar als Fahrgastschiff konzipiert, doch bei der Konstruktion hatte man von Anfang an auch eine Nutzung als Hospitalschiff berücksichtigt. So waren z. B. die Aufzüge für den Transport von Krankenhausbetten ausgelegt und in den Kabinen gab es eine Verrohrung für die Sauerstoffversorgung.

  • Kommandobrücke
  • Sonnendeck (mit Laube/Tanzfläche, Turnhalle, Rettungsboote, Notdynamoraum)
  • oberes Promenadendeck (mit Kabinen)
  • unteres Promenadendeck (mit Musik- und Theaterhalle)
  • A-Deck, Brückendeck (mit vorderem und hinterem Speisesaal, Küche und Zahnarzt/Hospital)
  • B-Deck, I. Deck (mit Kabinen, „Führer-Räumen“, Wäscherei, Dunkelkammern und Damen-/Herrenfriseur)
  • C-Deck, II. Deck/Schottendeck (mit Kabinen, Bäckerei und Schlachterei)
  • D-Deck, III. Deck (mit Kabinen, Speiseraum für Besatzung und Werkstatt)
  • E-Deck (mit Schwimmbad, HJ/BDM-Unterkunft, Haupt-/Hilfsmaschinenraum, Treiböltanks, Gepäckräumen, Vorräten und Proviant)
  • Stauraum/Doppelboden (mit Maschinen-/Hilfsmaschinenraum, Treiböltanks, Proviant- und Kühlräumen, Schwimmbecken sowie Ballast- und Frischwassertanks)

Maschinenanlage

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entsprechend der vorgesehenen Verwendung bei Kreuzfahrten, wo eine hohe Geschwindigkeit nicht erforderlich ist, hatte die Maschinenanlage eine für die Größe des Schiffes eher geringe Leistung. Insgesamt vier Zweitakt-Dieselmotoren, genauer: Achtzylinder-Tauchkolben-Reihenmotoren Bauart MAN G8Z 52/70 (Bohrung 52 cm, Hub 70 cm), die als Lizenzbau von der Werft gefertigt wurden, stellten eine Wellenleistung von zusammen 9500 PSe (6987 kW) bereit. Jeweils zwei dieser Motoren waren über ein Untersetzungsgetriebe mit einem Propeller gekoppelt. Die elektrische Energie für das Bordnetz (220 Volt Gleichspannung) erzeugten fünf Generatorsätze. Davon waren zwei im Hauptmaschinenraum und drei im davor gelegenen Hilfsmaschinenraum installiert. Sie bestanden aus je einem Sechszylinder-Dieselmotor mit 570 PSe Leistung, der einen Gleichstromgenerator mit 380 kVA antrieb. Bei Ausfall der Stromversorgung sorgte ein im Notdynamoraum auf dem Sonnendeck befindliches Stromerzeugungsaggregat für die Notbeleuchtung.

Nutzung bis 1945

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Wilhelm Gustloff in Stettin als Lazarettschiff, kenntlich durch den weißen Anstrich und das ca. 1,8 m breite grüne Band, das unterhalb der Reling um den Rumpf herum läuft. Zusätzlich trägt der Schornstein das Symbol des Roten Kreuzes, 1939
Deutsche Verwundete der Schlacht um Narvik auf der als Verwundetentransporter dienenden Wilhelm Gustloff, Juli 1940
Meldung über die Versenkung der Wilhelm Gustloff in einem US-Propaganda­flugblatt: „3700 U-Boot-Mannschaften und 5000 flüchtige NS-Beamte waren an Bord.“
1988 aus der Ostsee geborgenes Bullauge der Wilhelm Gustloff

Auf seiner ersten regulären Fahrt lief das Schiff am 2. April 1938 London an, um im Rahmen einer NS-Propagandaaktion den in England lebenden Deutschen und Österreichern Gelegenheit zu bieten, an der am 10. April stattfindenden Reichstagswahl teilzunehmen sowie über den rund vier Wochen vorher erfolgten Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich abzustimmen. Vom 21. April bis 6. Mai 1938 fand von Hamburg aus die Frühjahrs-Lissabon-Madeira-Fahrt statt. Sie wurde als „Jungfernfahrt des KDF-Dampfers Wilhelm Gustloff“ beworben. Am zweiten Tag starb Kapitän Carl Lübbe[A 1] im Alter von 57 Jahren auf See und Kapitän Friedrich Petersen (1882–1960)[A 2] übernahm das Kommando, das er auch auf der letzten Fahrt der Gustloff innehatte. Auf der Jungfernfahrt wurden 3.752 Seemeilen (6.739 Kilometer) zurückgelegt.

Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 wurde die Wilhelm Gustloff als Kreuzfahrtschiff genutzt. Von Genua aus unternahm sie sechs zehntägige Fahrten um das mit dem Dritten Reich verbündete Italien. Sechs fünftägige Kreuzfahrten führten nach Norwegen. Im Mai 1939 lief sie zusammen mit den KdF-Schiffen Robert Ley, Der Deutsche, Stuttgart, Sierra Cordoba und Oceana nach Vigo, um die Soldaten der Legion Condor, mit der Hitler den spanischen General Franco im Spanischen Bürgerkrieg unterstützt hatte, nach Hamburg zu transportieren. Danach erfolgte vom 19. bis 25. August 1939 von Hamburg aus unter dem Kommando von Kapitän Heinrich Bertram die 50. Reise, eine Kreuzfahrt nach Norwegen.

Nach Kriegsbeginn wurde die Wilhelm Gustloff am 22. September 1939 als Lazarettschiff der Kriegsmarine übergeben. Während der Besetzung Norwegens im Frühjahr 1940 diente sie als Verwundetentransporter. Ab 20. November 1940 wurde die Wilhelm Gustloff als Wohnschiff für die 2. U-Lehrdivision in Gotenhafen genutzt. Aufgrund dieser Verwendung erhielt sie Anfang 1941 einen Tarnanstrich in Marinegrau.

Das nationalsozialistische Regime, insbesondere der Gauleiter Erich Koch, hatte eine frühzeitige Evakuierung Ostpreußens abgelehnt. Nach dem Durchbruch der Roten Armee an der Ostfront fanden sich daher zu Beginn des Jahres 1945 viele Einwohner der Provinz vom übrigen Reichsgebiet abgeschnitten. Am 21. Januar 1945 ordnete Admiral Hans-Georg von Friedeburg mit der Weisung Hannibal die Verlegung der 2. U-Boot-Lehrdivision, welche unter der Führung des Kapitän zur See Karl Neitzel stand, nach Westen an. Dies war der Beginn einer Reihe von Transportunternehmungen, in deren Rahmen verwundete Soldaten mit allen verfügbaren Schiffen in das westliche Reichsgebiet transportiert werden sollten. Mittlerweile war die Mitnahme von Zivilisten erlaubt worden, so dass 2,5 Millionen Menschen über die Ostsee entkommen konnten.

Auch die Wilhelm Gustloff sollte sich an der Evakuierung beteiligen. Am 30. Januar 1945 (dem 50. Geburtstag des Namensgebers) legte sie gegen 13:10 Uhr mit schätzungsweise über 10.000 Menschen an Bord gemeinsam mit der Hansa in Gotenhafen ab. Das Auslaufen der Schiffe erfolgte auf Befehl des Kommandeurs der 2. U-Boot-Lehrdivision, Kapitän zur See Neitzel, ohne auf die Geleitsicherung der 9. Sicherungs-Division zu warten. Als Geleitschutz waren lediglich zwei Boote der U-Boot-Waffe eingesetzt, sodass statt vier Sicherungsfahrzeuge nur die Torpedoboote Löwe und TF 1 das Geleit absicherten.[2] Die genaue Anzahl der Passagiere und Besatzungsmitglieder ließ sich nie mit letzter Sicherheit feststellen, da ihre Flucht übereilt erfolgte. Nach Angaben eines Einschiffungsoffiziers 50 Jahre später wurden offiziell 7.956 Menschen registriert, nach Ende der offiziellen Zählung drängten aber noch ungefähr 2.500 weitere Passagiere an Bord. Insgesamt dürften sich demnach auf der Wilhelm Gustloff rund 10.300 Menschen befunden haben: etwa 8.800 Zivilisten, davon eine große Zahl Kinder, sowie etwa 1.500 Angehörige der Wehrmacht, darunter 162 Verwundete, rund 340 Marinehelferinnen und 918 Marinesoldaten der 2. U-Boot-Lehrdivision, die von Kiel aus erneut in den Kriegseinsatz gehen sollten. Die Wilhelm Gustloff hatte nur leichten Geleitschutz durch anfangs zwei Begleitschiffe, dann nur noch durch das Torpedoboot Löwe.

Auf dieser letzten Fahrt der Wilhelm Gustloff befanden sich neben Schiffskapitän Petersen drei weitere Kapitäne an Bord. Sie kannten die drohende Gefahr durch sowjetische U-Boote, konnten sich aber nicht auf ein angemessenes Vorgehen einigen. Der militärische Kommandant, Korvettenkapitän Wilhelm Zahn, schlug vor, abgedunkelt durch flache Küstengewässer zu fahren, in denen U-Boote nicht operieren konnten. Er setzte sich jedoch nicht gegen Kapitän Friedrich Petersen durch, der sich angesichts der Überladung des Schiffes für eine Route durch tiefes Wasser nördlich entlang der Stolpe-Bank entschied. Ein vermeintlicher Funkspruch der Kriegsmarine veranlasste ihn zudem, Positionslichter zu setzen, um die Kollisionsgefahr mit einem angeblich entgegenkommenden Minensuchgeschwader zu verringern.[3] Daher war das Schiff auch in der Dunkelheit auszumachen. Tatsächlich befand sich kein Minensucher auf Gegenkurs mit der Wilhelm Gustloff. Anlass und Absender des Funkspruchs konnten nicht geklärt werden.

Auf der Höhe von Stolpmünde wurde die Wilhelm Gustloff gegen 21 Uhr von dem sowjetischen U-Boot S-13 gesichtet. Um 21:16 Uhr ließ dessen Kommandant, Alexander Iwanowitsch Marinesko, aus etwa 700 Metern Entfernung vier Torpedos abschießen. Ein Torpedo klemmte, drei trafen die Wilhelm Gustloff am Bug, unter dem E-Deck und im Maschinenraum. Nach etwas mehr als einer Stunde, gegen 22:15 Uhr, sank das Schiff etwa 23 Seemeilen von der pommerschen Küste entfernt.

Unmittelbar nach der Torpedierung ordnete Kapitän Petersen den diensthabenden Funkern der U-Boot-Lehrdivision die Aussendung eines Notrufs an. Die Wilhelm Gustloff verfügte über drei Seefunk-Sendeanlagen größerer Reichweite, die aus Wehrmachtbeständen erst drei Tage vor dem Untergang von der Werft in Gotenhafen installiert worden waren. Doch durch den Stromausfall waren diese nicht betriebsfähig. Die Gustloff besaß für genau solche Notfälle einen Notstromgenerator direkt hinter der Brücke auf dem obersten Deck, dieser war aber durch die lange Stilllegung des Schiffes nicht betriebsbereit. Auch wurden durch die Explosionen die Röhren der Sender und Empfänger beschädigt. Ein Notruf via Funk war also unmöglich, unter anderem auch deshalb, weil die Batterien für den Notbetrieb nicht geladen waren. Auf der Brücke befand sich ein tragbares UKW-Sprechfunkgerät, welches aber über eine sehr geringe Reichweite von wenigen Tausend Metern verfügte und nur zur Kommunikation innerhalb des Konvois diente. Der 20-jährige Funkgefreite Rudi Lange versendete über dieses Funkgerät Notrufe, doch wurden diese Meldungen anfangs von keiner Station empfangen. Das Torpedoboot Löwe verfügte zwar über Empfangsmöglichkeiten, doch war die Station zum Zeitpunkt des Untergangs nicht besetzt. Erst nachdem die Besatzung der Wilhelm Gustloff rote Leuchtsignale geschossen hatte, nahm die Löwe Kontakt mit dem Havaristen auf, und verbreitete den Funkspruch um 21:30 auf der Frequenz der U-Boot-Waffe, aber nicht auf der Frequenz der zuständigen Leitstelle Oxhöft der 9. Sicherungs-Division. Aufgrund der Nutzung dieser Frequenz erfuhren die Leitstelle und die angeschlossenen Schiffe erst viel später vom Seenotfall der Wilhelm Gustloff.[4]

Rettungsversuche

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herbeieilende Schiffe konnten nur 1.252 Menschen retten, darunter alle vier Kapitäne und den Marinemaler Adolf Bock, dessen Berichte und Bilder später unter anderem im Stern veröffentlicht wurden.[5] Das Torpedoboot Löwe, das die Wilhelm Gustloff begleitet hatte, rettete 472 Menschen, das hinzugekommene Flottentorpedoboot T 36 unter Kapitänleutnant Robert Hering weitere 564 Überlebende aus Booten,[6] von Flößen und aus dem Wasser. T 36 wurde während der Rettungsaktion ebenfalls von S 13 angegriffen, wehrte sich aber mit Einsatz von Wasserbomben, worauf das sowjetische U-Boot abdrehte.[7] Das Minensuchboot M 341 rettete 37, der Marinetender TS II 98, das Minensuchboot M 375 43 und der Frachter Göttingen 28 Menschen. Zwei wurden in den Morgenstunden von dem Frachter Gotenland geborgen, sieben von dem Torpedofangboot TF 19, ein Kleinkind vom Vorpostenboot Vp 1703. Unter den Geretteten waren auch die Schwägerin, eine Nichte (Hildegard) und ein Neffe (Hartmut) des Historikers Erich Keyser, die über Kolberg nach Querfurt weiterreisen konnten.[8]

Nur wenige Minuten nach den Torpedotreffern passierte der Schwere Kreuzer Admiral Hipper die sinkende Wilhelm Gustloff. Der Kommandant der Admiral Hipper entschied jedoch, nicht anzuhalten, um an der Bergung der Schiffbrüchigen teilzunehmen. Seine Begründung, man habe Torpedolaufbahnen gesehen und daher nicht angehalten, wird von Experten angezweifelt.[9] Da ein U-Boot damals tatsächlich eine längere Zeit zum Nachladen brauchte, konnte die Admiral Hipper gefahrlos ablaufen und ohne Probleme Kiel erreichen.[10] Das U-Boot S-13 hatte eher das Problem des scharfen und das U-Boot gefährdenden, steckengebliebenen vierten Torpedos und musste erst dieses beseitigen, bevor neue Torpedos in die Abschussrohre geladen werden konnten.

Wenn die geschätzte Zahl von mehr als 9.000 Toten zutrifft, wäre der Untergang der Wilhelm Gustloff die bis heute größte Katastrophe der Seefahrtsgeschichte bezogen auf ein einzelnes Schiff.

Die Zahl der Todesopfer

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur hohen Zahl der Opfer trugen mehrere Umstände bei: Um eine planlose Flucht vom Schiff und den Ausbruch einer Panik zu verhindern, wurden etwa 1.000 Menschen in den Wintergarten des Schiffes beordert und dort von Offizieren mit Waffengewalt festgehalten; die Fenster des Wintergartens aus Panzerglas verhinderten jedes Entkommen. Die Wilhelm Gustloff verfügte über zu wenige Rettungsboote. Etliche waren in Gotenhafen von Bord gebracht worden, um sie bei der Vernebelung des Hafens einzusetzen. Sie waren durch kleinere Ruderboote ersetzt worden. Auch diese waren bei der Rettungsaktion rasch überfüllt. In der Nacht des Untergangs betrug die Außentemperatur etwa −20 °C. Viele der Rettungsboote waren in ihren vereisten Davits blockiert und konnten nicht seeklar gemacht werden. Die ursprünglich zum Schiff gehörenden Rettungsmittel waren nur für circa 1900 Passagiere und Besatzungsmitglieder ausgelegt.

Die von dem Gustloff-Experten Heinz Schön ermittelte Zahl von 1239 Überlebenden[11] gilt heute als gesichert. Es wurden 1252 Personen gerettet; 13 starben bald darauf. Zur genauen Zahl der Todesopfer wurden je nach Zeit und Quelle zum Teil erheblich voneinander abweichende Angaben gemacht. Hier eine Auflistung mit Zeitangabe, Zahl der angegebenen Toten und der Personen an Bord (PaB), Art der Quelle und Dokumentennachweis:

Datum Tote Personen an Bord Quelle
30. Januar 1945 4.749 Funkspruch, Brustat-Naval 1970[12]
1945 ca. 4.000 Ktb Seetra, Brustat-Naval 1970[13]
19. Februar 1945 7.000 8.700 Presse, Reuters[14]
21. Februar 1945 9.000 10.000 Presse, Korrespondent in Gotenhafen[15]
1952 fast 5.000 6.000 Spätere Erinnerung des Kapitäns der Wilhelm Gustloff ohne dokumentarischen Beleg, Schön (1952) Vorwort
1952 5.196 6.100 Spätere Erinnerung ohne dokumentarischen Beleg, Schön (1952)[16]
1964 6.100 Quelle?, Dmitriev 1964[17]
1984 5.348 6.600 Spätere Erinnerung ohne dokumentarischen Beleg, Schön bis 1997[18]
1999 9.343 10.582 Spätere Erinnerung ohne dokumentarischen Beleg, Schön 1999[19], Schön 2008[20]

Völkerrechtliche Einordnung und weitere Versenkungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Versenkung der Wilhelm Gustloff entsprach geltendem Kriegsvölkerrecht. Für Evakuierungsschiffe war eine Registrierung und Anmeldung beim Roten Kreuz in der Schweiz zwingend vorgeschrieben, ebenso die eindeutige Kennzeichnung durch einen in weißer Farbe gestrichenen Schiffskörper mit deutlich sichtbaren roten Kreuzen. Ein solches Schiff hätte auch nur voll beleuchtet fahren dürfen, so dass die Rotkreuz-Kennzeichnung erkennbar gewesen wäre.

All das traf auf die Gustloff nicht zu. Als Truppentransporter fuhr sie unter der Flagge der Kriegsmarine und wurde von deren Offizieren befehligt. Die „schwimmende Kaserne“ der Wehrmacht hatte einen grauen Tarnanstrich und fuhr zum Zeitpunkt der Torpedierung abgeblendet durch Kriegsgebiet. Zudem wurde sie vom Torpedoboot Löwe begleitet, war selbst mit Flugabwehrgeschützen bewaffnet[21] und hatte kampffähige Soldaten an Bord. Sie hatte den rechtlichen Status eines Kriegsschiffs, das von der sowjetischen U-Boot-Besatzung auch nur als solches wahrgenommen werden konnte. Die Gustloff war dadurch ein legitimes Ziel militärischer Angriffe.

Alle vier Kapitäne der Kriegsmarine auf der Gustloff überlebten den Untergang.

Das U-Boot S-13 versenkte am 9. Februar 1945 auch die Steuben mit etwa 4000 Menschen an Bord. Ein anderes U-Boot, L-3, torpedierte am 16. April 1945 den Truppentransporter Goya, der ebenfalls zahlreiche Flüchtlinge an Bord hatte. Dabei starben wahrscheinlich etwa 7000 Menschen. Marinesko, der Kommandant von S-13, wurde nach dem Krieg unehrenhaft aus der Marine entlassen, jedoch nicht wegen der Versenkung der Wilhelm Gustloff und anderer Schiffe. Postum wurde ihm 1990 der Orden „Held der Sowjetunion“ verliehen und ein Ehrenmal am oberen Königsberger Schlossteich errichtet.

Ausstellung LebensZeichen / Nachkriegszeit und Fünfziger Jahre – Sammlung Abresch im Preußen-Museum NRW Wesel: Fotoalbum und Mützenband aus dem Jahr 1939

Das Wrack der Wilhelm Gustloff liegt in 42 Metern Tiefe in polnischen Hoheitsgewässern (Position 55°07'29"N, 17°42'13"E) und ist heute als Seekriegsgrab ein geschütztes Denkmal.

Mit einem Beiboot der Wilhelm Gustloff sind Soldaten von Gotenhafen nach Dänemark geflüchtet. Der Unternehmer Dirk Rolka erwarb dort das Boot 2012 und brachte es nach Hoyerswerda. Er restaurierte es mit Unterstützung von Enthusiasten, taufte es auf MSY Seabreeze und unternahm Fahrten mit Jugendgruppen.

Als Besucher kommen Angehörige von Verstorbenen und Überlebenden der Versenkung. Seit 2018 steht das Boot im Busdepot der Gemeinde. Ab April 2024 soll das Boot im Wasser liegen; die Baugenehmigung für ein Infozentrum liegt vor.[22]

Taucher der polnischen Küstenwache bargen 1979 die Schiffsglocke. 2007 wurde sie an die Ausstellung Erzwungene Wege – Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts ausgeliehen, musste aber auf Verlangen der polnischen Regierung vorzeitig zurückgegeben werden. Sie ist heute im Museum des Zweiten Weltkriegs in Danzig zu besichtigen.

Im Preußen-Museum Wesel in der Zitadelle sind in der Sammlung Abresch der Ausstellung LebensZeichen / Nachkriegszeit und Fünfziger Jahre mehrere z. T. einmalige Exponate der Wilhelm Gustloff ausgestellt.

Das Internationale Maritime Museum Hamburg zeigt ein Modell der Gustloff von über einem Meter Länge sowie zwei Erinnerungsstücke: eine Speisekarte und einen Rettungsring.[23]

Im Gedenkraum „Flucht über See“ in der Historischen Halle des Marine-Ehrenmals Laboe befindet sich eine Dokumentation zum Untergang der Gustloff.[24]

Deutsche Kriegsgräberstätte Pillau/Baltijsk

Auf der Deutschen Kriegsgräberstätte Baltijsk sind auch 204 Tote vom Untergang des Flüchtlingsschiffes Wilhelm Gustloff beigesetzt.[25]

Ein großes Modell des Schiffes fuhr bei einem KdF-Umzug im Mai 1937 in Hamburg als Umzugswagen mit.[26]

  • Das Zweischrauben-Fahrgast-Motorschiff „Wilhelm Gustloff“, erbaut für die Deutsche Arbeitsfront, N.S.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ auf der Schiffswerft von Blohm & Voss in Hamburg. Teil I, In: Werft*Reederei*Hafen. Vol. 19, Heft 16, 15. August 1938, S. 239–253.
  • Heinz Schön: Der Untergang der „Wilhelm Gustloff“. Tatsachenbericht eines Überlebenden. Göttingen 1952, DNB 454444680.
  • Heinz Schön: Untergang der Wilhelm Gustloff. Das „Schiff der Freude“ wird zum „Schiff des Todes“. Pabel-Moewig Verlag, Rastatt 1960.
  • Kurt Dieckert / Horst Grossmann: Der Kampf um Ostpreussen. München 1960. S. 129–131. ISBN 3-87943-436-0.
  • Clay Blair: Der U-Boot-Krieg. Bd. II, 2002, S. 936 (Hitlers U-Boat War, New York 1998).
  • Fritz Brustat-Naval: Unternehmen Rettung. 1970.
    • Fritz Brustat-Naval: Unternehmen Rettung. 5. Auflage, Koehler, Hamburg 2001, ISBN 3-7822-0829-3.
  • Heinz Schön: SOS Wilhelm Gustloff. Die größte Schiffskatastrophe der Geschichte. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-613-01900-0.[A 3]
  • Heinz Schön: Die „Gustloff“-Katastrophe. 2. Auflage, Motorbuch, Stuttgart 1985, ISBN 3-613-01027-5.
  • Heinz Schön: Die letzte Fahrt der Wilhelm Gustloff. Dokumentation eines Überlebenden. Motorbuch, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-613-02897-5.
  • Christopher Dobson, John Miller, Ronald Payne: Die Versenkung der Wilhelm Gustloff. Ullstein, Berlin 1995, ISBN 3-548-23686-3.
  • Lutz Bunk: Wilhelm Gustloff. Auf einem Traumschiff ins Inferno. In: Schiffe. Von der Arche Noah bis zur Cap Anamur. Hildesheim 2004, S. 230–235, ISBN 978-3-8067-2548-3.
  • Armin Fuhrer: Die Todesfahrt der Gustloff. Olzog, München 2007, ISBN 978-3-7892-8235-5.[A 4]
  • Bill Niven (Hrsg.): Die „Wilhelm Gustloff“. Geschichte und Erinnerung eines Untergangs. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2011, ISBN 978-3-89812-781-3.
  • Cathryn J. Prince: Death in the Baltic. The World War II Sinking of the Wilhelm Gustloff. Palgrave macmillan, New York 2012. ISBN 978-0-230-34156-2.
  • Klaus Willmann: Schreie der Ertrinkenden: Von der Ostfront bis zum Untergang der Gustloff. Edition Förg, Rosenheim, 2019. ISBN 978-3-933708-94-6. Der Autor gibt den Lebensbericht von Hans Fackler (1926–2019) laut Vorwort „möglichst wortgetreu“ wieder. Fackler war demnach als verwundeter Pioniergefreiter an Bord.

Fiktionale Literatur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Film und Fernsehen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Wilhelm Gustloff (Schiff) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. * 1. Juli 1880 in Hamburg-Reitbrook † 22. April 1938 auf See, auf: deutsche-digitale-bibliothek.de
  2. * 14. März 1882 in Keitum (Sylt) † 26. April 1960 ebenda, auf: Familiendatenbank Sylt
  3. Bericht eines Überlebenden.
  4. Zehn der letzten noch lebenden Zeitzeugen berichten erstmals über ihr Schicksal. Wo kamen sie her? Wie erlebten sie den Krieg? Wie überlebten sie den Untergang? Wie verarbeiteten sie später das Erlebte?
  5. Das Kollektive Tagebuch, Seite 117ff, enthält Berichte von Überlebenden und anderen Zeitzeugen des Untergangs der Wilhelm Gustloff.
  6. Die Novelle erzählt die Geschichte der Wilhelm Gustloff in einer Mischung von Tatsachen und Fiktion, schildert den Untergang aber sehr exakt und detailliert.
  7. Der Autor schildert das Schicksal der Wilhelm Gustloff in vielen Originaltönen, Interviews mit Überlebenden und Mitschnitten aus einer Lesung von Günter Grass.
  8. Der Autor, jüngster Überlebender der Gustloff-Katastrophe, schildert sein Schicksal und die Suche nach seiner Herkunft.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Hamburg 1937 – KdF Umzug. Mai 1937, abgerufen am 24. Juni 2020 (bei 6min 2s).
  2. Alfred M. de Zayas: Die deutschen Vertriebenen: Keine Täter–sondern Opfer. Ares Verlag, 2018, ISBN 978-3-902732-93-4, S. 107+108.
  3. Der Funkspruch habe besagt, „dass ein Minensuchgeschwader entgegenkommt und aus Sicherheitsgründen sollen Positionslichter gesetzt werden.“ ... „Ich bin dann auf die Brücke und habe mal gefragt: Das geht doch nicht, dass die da einen Funkspruch senden und wir sollen Lichter setzen. Hat der Kapitän gesagt: Kümmern Sie sich um Ihre Sachen!“ Gefilmte Aussage von Albert Schirra, Funker auf der Wilhelm Gustloff, in: Die Gustloff – Die Dokumentation, Teil 2, ZDF, 3. März 2008, 21:45–22:30 Uhr.
  4. www.seefunknetz.de WILHELM GUSTLOFF funkt SOS und keiner hat’s gehört
  5. Günter Grass, s. u., betont, dass vor allem Männer gerettet und Kinder und alte Menschen von der Menge in Panik oft schon auf den Stiegen nach oben totgetrampelt wurden.
  6. Harald Fock: Z-vor! Internationale Entwicklung und Kriegseinsätze von Zerstörern und Torpedobooten, Bd. 2. Im Zweiten Weltkrieg: 1940-1945. Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg 2001, ISBN 3-7822-0762-9, S. 110.
  7. Kapitänleutnant Robert Hering in Die Gustloff. Die Dokumentation (2/2). Flucht über die Ostsee, Deutschland 2008.
  8. Marburg, Herderinstitut: Dokumentesammlung 100 Keyser 2, hier S. 242 f.
  9. Wie Heinz Schön 1990 auf einem Kongress mit russischen Veteranen erfuhr, war S-13 (Marinesko) nach dem Angriff auf die Wilhelm Gustloff nicht mehr gefechtsbereit und ein anderes U-Boot nicht in der Nähe. Der vierte, bereits scharfe Torpedo hatte sich im Rohr verklemmt. Das Boot musste auftauchen und den Schaden über Wasser beheben. Nach Aussage Schöns erklärt dies die zunächst seltsam anmutenden Berichte von Überlebenden, sie hätten einen U-Boot-Turm mit einem Hammer-und-Sichel-Emblem gesehen. Interview Aussage Heinz Schön in Wortwechsel, SWR TV, 2. März 2008, 23:30–24:00.
  10. Irwin J. Kappes: Wilhelm Gustloff – The Greatest Marine Disaster in History. 2003. Wurde zunächst in einer Militärzeitschrift veröffentlicht, siehe Weblink unten.
  11. Schön, 2008, S. 174.
  12. Fernschreiben FDU-Ausbildung G 93 vom 30. Januar 1945, „daß Wilhelm Gustloff um 15.15 Hela Wachschiff auslaufend mit 4749 Personen an Bord unter Geleit T-Boot Löwe passiert.“ in: Ktb der 10. Sicherungsdivision vom 30.1.45, abgedruckt in Brustat-Naval (1970), S. 44. Schön erwähnt, die Wilhelm Gustloff habe einen Funkspruch mit der PaB-Zahl, aufgeschlüsselt nach den Personengruppen (siehe unter „1984“) am 30. Januar 1945 gegen 13:30 Uhr abgegeben (Schön, 2002, S. 240). Im Vorwort von 1999, wo er nun erstmals von einer PaB-Zahl von 10.482 ausgeht, schreibt er:
    „Offensichtlich hatte auch die Schiffsleitung keine Kenntnis von der tatsächlich an Bord befindlichen Anzahl der Passagiere. Dies beweist die Tatsache, daß nach dem Auslaufen Kapitän Friedrich Petersen in Absprache mit Korvettenkapitän Wilhelm Zahn, dem militärischen Transportleiter, einen Funkspruch absetzen ließ, in dem u. a. die Zahl der an Bord befindlichen Personen mit insgesamt 6600 angegeben wurde.“ (Schön, 2002, S. 10) Aus den „ca.“-Angaben in Schön (1952) ergibt sich, dass diese Zahlen für das Buch 1952 aus der Erinnerung rekonstruiert wurden. Der wirkliche Text des Funkspruchs wurde von Schön (bis heute, 2008) nie veröffentlicht und lag ihm wahrscheinlich nie vor. Die PaB-Zahl aus dem Ktb ist daher die bis heute einzig authentische von 1945.
  13. Quelle: Tagebuch Korvettenkapitän Eschricht (Brustat-Naval (1970), S. 246,) Eschricht war Leiter der Seetra(nsportabteilung Ostsee) und „bearbeitet die Seetransporte bis ins kleinste und führt mit seinen Helfern genaue Tagebücher nach unterschiedlichen Aspekten: …“ Brustat-Naval (1970), S. 33.
  14. „3700 U-Boot-Männer und nahezu 5000 Flüchtlinge“ an Bord, „Etwa 1000 der Passagiere wurden gerettet“, nach Finnish Radio, dieses nach „Berichten, die Stockholm erreichten“, Reuters Meldung „German Liner Reported Sunk In Baltic“ in The Times, 19. Februar 1945. Faksimile in Schön (2002), S. 407.
  15. „Mindestens 10.000 Menschen an Bord, ... 950 gerettet“, Quelle: Korrespondent des Sydsvenska Dagbladet fran Gdynia, abgedruckt unter „9000 i djupet med "Gustlow"“ in Dagens Nyheters Klipparkiv vom 21. Februar 1945. Faksimile in Schön (2002), S. 407.
  16. Wörtliche Wiedergabe aus Schön (1952) S. 136f: Nach den Unterlagen des Zahlmeisterbüros und des Wohnschiffoffiziersbüros, in denen die Aufstellung der Gustloff-Passagierlisten vorgenommen wurde, waren während der letzten Fahrt der „Gustloff“ an Bord:
    • Militärisches Personal: Marineangehörige der II. Abteilung der 2. Unterseeboots-Lehrdivision Gotenhafen ca. 1000 Pers.
    • Zivile Stammbesatzung ca. 165 Pers.
    • Wehrmachthelferinnen, einschließlich der zur 2. U-Boots-Lehrdivision gehörigen Marinehelferinnen ca. 375 Pers.
    • Schwerkriegsverletzte (Heer) ca. 160 Pers.
    • Flüchtlinge, Hauptteil aus dem Raum Gotenhafen-Danzig, Zoppot, Elbing, Memelgebiet ca. 4400 Pers.
    Insgesamt also 6100 Menschen. Es mag sein, daß sich während der letzten Stunden der Einschiffung einige Flüchtlinge nicht in die Passagierlisten eintragen ließen. Ihre Zahl dürfte 200 jedoch kaum überschreiten, sodass mehr als 6300 Menschen in der Unglücksnacht kaum an Bord waren.
    • … insgesamt 904 Überlebende
    Alles Obige wörtliche Wiedergabe aus: Schön (1952) S. 136 f.
  17. „6100 Hitleristen an Bord, darunter 3700 Unteroffiziere und Matrosen-Spezialisten, die aus dem Übungszentrum der hitlerischen Flotte von Gotenhafen evakuiert werden.“ (V. I. Dmitriev: Atakujut podvodnikim, S. 249/53). Es handelt sich dabei um ein russisches Standardwerk von Vladimir Ivanovich Dmitriev zur Seekriegsgeschichte, speziell U-Boot-Operationen 1939–45. Erschienen erstmals 1964 in Moskau. Die englische Übersetzung ist bisher unveröffentlicht. Deutsche Übersetzung in Auszügen abgedruckt in: Brustat-Naval (1970), S. 44 f.
  18. In seinem Buch von 2002 gibt Heinz Schön im Anhang S. 436f detaillierte Informationen. Wie er im Vorwort sagt, stammt dies von der Auflage von 1984 und war der Stand bis 1997. Offenbar bezieht er sich auf die Einschiffungsliste, die bei ihm im Archiv 4369 Namen nennt (2002, S. 437). Nach einer Rekonstruktion müssten es aber 6050 sein. (Schön, 2002, S. 236)
    • Schön war an Bord Hilfszahlmeister, die PaB-Zahl fiel in seinen Bereich. Im Rückblick schreibt Schön, er habe wenige Stunden vor der Versenkung an die Rettungsmittel gedacht: „Die letzten Zahlen der Einschiffungslisten habe ich gut im Gedächtnis. 6050 war die Endzahl, dann kam noch ein Verwundetentransporter, später noch die Flüchtlinge von der Reval. Insgesamt sind 6600, in keinem Fall weniger, höchstens einige mehr an Bord.“ (2002, S. 266) In seinem ersten Buch 1952 ist eine solche Erinnerung nicht erwähnt. Stattdessen sprach er von 6000 PaB und ist sicher, dass mehr als 6300 nicht an Bord waren (S. 137).
    • Die im Anhang 2002 angegebenen Zahlen sind offenbar aus der rekonstruierten Einschiffungsliste. Demnach befanden sich am Mittag des 30. Januar 1945 an Bord: 4974 Flüchtlinge, 918 U-Boot-Männer, 173 Besatzung, 162 Schwerverwundete (Heer), 373 Marinehelferinnen, zusammen 6600 Personen. Schön hierzu weiter:
    • „Die ermittelte Gesamtzahl von 6600 Passagieren, die sich in der Unglücksnacht an Bord befanden, ist keine absolute Zahl, erscheint jedoch sehr realistisch. Es mag sein, daß sich während der letzten Einschiffungsstunden, einige Flüchtlinge nicht in die Einschiffungsliste eintragen ließen, oder zahlenmäßig nicht erfaßt wurden, ihre Zahl dürfte jedoch 100 kaum überschritten haben.“
    • „Die oft veröffentlichte Angabe, mehr als 7000 Menschen, in einigen Veröffentlichungen nannte man sogar die Zahl von 8000 bis 10.000, hätten den Untergang des M/S Wilhelm Gustloff miterlebt, ist mit Sicherheit stark übertrieben und kann durch keinerlei Fakten bewiesen werden.“
    • „Die veröffentlichte Zahl von 904 Überlebenden, nach den von mir getätigten Ermittlungen bis zum 31.12.1950, stimmt ebenfalls nicht mehr; es wurden nachweislich über 1200 Schiffbrüchige gerettet.“ (Statistik der PaB nach Geschlecht)
    • „Die teilweise erhalten gebliebene Einschiffungsliste des M/S Wilhelm Gustloff, die sich im GUSTLOFF-ARCHIV HEINZ SCHÖN, 32107 Bad Salzuflen, Auf dem Sepp 19 (Teils im Original, teils in Fotokopie vorhanden) befindet, enthält im Teil I Buchstaben A–M 1704 Namen, im Teil II Buchstaben N–Z 2665 Namen, insgesamt 4369 Namen von Flüchtlingen.“
    • „Die Namen der Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften der 2. ULD, der Besatzungsmitglieder der Handelsmarine, der Marinehelferinnen und der an Bord genommenen Verwundeten sind in diesen Einschiffungslisten nicht enthalten.“ Schön meint also, diese Personen seien nicht namentlich verzeichnet, sondern nur zahlenmäßig aufgelistet worden (s. o.). Wie aus Schön (1952, S. 136f) zu entnehmen, sind die Dokumente mit diesen Zahlenangaben nicht erhalten, sondern wurden nach dem Krieg aus der Erinnerung rekonstruiert.
    • Einen Widerspruch mit der Listenzahl von „insgesamt 4369 Namen von Flüchtlingen“ (s. o.) gibt es im Vorwort: „… fast vollständig erhaltene Passagierliste der Gustloff, die die Namen der an Bord genommenen Flüchtlinge – insgesamt 4974 – enthielt.“ Diese Zahl sei ohne Militärangehörige und ohne die Besatzung. (Schön, 2002, S. 10). Warum es nun 605 Flüchtlinge mehr wurden, ist unklar.
    • Die Zahl der Toten (bis 1997) ist im ganzen Buch von 2002 nicht genannt. Aber auf S. 391 ist von 1252 Überlebenden die Rede. Zusammen mit der häufig genannten PaB-Zahl von 6600 ergibt dies eine Zahl der Toten von 5348.
  19. In Schön (2002), S. 10 steht sein Vorwort zur 5. Auflage. Darin beschreibt Schön, wie er Anfang 1997, nach 50 Jahren Forschung, durch Zufall Kontakt mit dem letzten „Einschiffungsoffizier“, Dr. med. Waldemar Terres, bekam. Dieser konnte sich sicher erinnern, dass die Wilhelm Gustloff bis zum 29. Januar 1945 um 17 Uhr 7956 Flüchtlinge an Bord registriert hatte. Unterlagen dazu sind zwar nicht mehr vorhanden, er habe sie aber „bis viele Jahre nach Kriegsende aufbewahrt“. Er versicherte dies schriftlich und in einer Videoaufzeichnung.
    • Etwa zur gleichen Zeit erhielt Schön Kontakt mit Eva Rotschild-Dorn. Sie war an Bord der Wilhelm Gustloff beim Empfang eingesetzt, wo die Flüchtlinge das Schiff betraten. Sie berichtete, am Nachmittag des 29. Januar „waren unsere Kladden voll“ und weitere leere Registrierbücher nicht vorhanden. Von da an wurden die weiteren nicht mehr namentlich erfasst, sondern nur noch gezählt. „Ich schätze, daß noch über 2000 Personen an Bord gekommen sind.“
  20. Die 2002, im 1999 verfassten Vorwort von Schön, abgedruckte Zahl von 10.482 PaB ist ein offensichtlicher Druck- oder Rechenfehler bei 1239 Überlebenden und mehrfach dort genannten 9343 Toten. In Schön 2008, S. 174, ist sie richtig mit 10.582 angegeben.
  21. Spiegel Geschichte: Versenkung der Wilhelm Gustloff – Erinnerungen, die nicht untergehen
  22. SPIEGEL GESCHICHTE Verlorene Heimat, Nr. 6/2023, S. 96 f
  23. Jens Meyer-Odewald: Wie ich den „Gustloff“-Untergang überlebte. In: Hamburger Abendblatt vom 30. Januar 2015, S. 9.
  24. Leserbrief von Karl Heid, Präsident Deutscher Marinebund: Gedenkraum in Laboe. In: Hamburger Abendblatt vom 2. Februar 2015, S. 2.
  25. Armin Jäger: „Frieden ist ein sehr verletzliches Gut.“ In: Frieden braucht Mut: 100 Jahre Volksbund. Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., Kassel 2020, S. 107.
  26. Filmschätze aus Köln - vom Rhein - Weltfilmerbe:: Hamburg 1937 - KdF Umzug - inkl. "Hakenkreuz Karneval" - Nazi parade. (ab 0:06:01) auf YouTube, 28. September 2016, abgerufen am 3. Juli 2023.