Wittingen liegt im Nordosten des Landkreises Gifhorn an der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt. Die Stadt liegt zwischen der Lüneburger Heide und der Altmark. Das heutige Gebiet der Stadt Wittingen und der dazugehörigen Dörfer erstreckt sich über eine Fläche von 225,09 Quadratkilometern, wovon 7,8 % Siedlungs- und Verkehrsfläche sind.[2] Nächstgelegene Städte sind Gifhorn (25 km entfernt), Wolfsburg (30 km), Uelzen (30 km), Celle (50 km) und Salzwedel (35 km) (alle Angaben sind gerundet und Luftlinien). Durch das Stadtgebiet verläuft die Elbe-Weser-Wasserscheide. Wittingens nördliche und westliche Ortsteile entwässern über Ise und Aller zur Weser. Durch das südöstliche Stadtgebiet fließt die Ohre. Sie ist ein Nebenfluss der Elbe; der Ortsteil Ohrdorf wurde nach ihr benannt.[3]
Die erste Erwähnung Wittingens entstammt einer Urkunde aus dem Jahr 781, in der die Grenzen des Bistums Hildesheim beschrieben werden. Eine weitere frühe Erwähnung entstammt einer Urkunde Karls des Großen aus dem Jahr 803, in der die Grenzen des neuen Bistums Halberstadt genannt werden. Aus diesen Quellen kann jedoch nicht auf die tatsächliche Gründungszeit des Ortes geschlossen werden, da es in dieser Zeit bereits einen Gau namens Wittingau gab, so dass eine frühere Entstehungszeit angenommen werden kann.
Wittingen war im Mittelalter nicht nur Grenzort, sondern lag zudem verkehrsgünstig an der Grenze zur Altmark. Die Stadt war damit Handels- und Rastplatz für den Handel in Ost-West-Richtung. Im 9. Jahrhundert wurde durch das Bistum Halberstadt die Stephanus-Kirche errichtet. Bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts hatte Wittingen die Stadtrechte erworben und wurde Miteigentümer der Lüneburger Münze. 1340 gelangte die Stadt aus dem Brandenburgischen in den Besitz der Welfen in Celle. Während der Hildesheimer Stiftsfehde wurde auch Wittingen im Jahr 1519 fast vollständig zerstört. Als Konsequenz wurde mit dem Bau von Befestigungsanlagen begonnen.
Im Laufe des Dreißigjährigen Krieges erlitt Wittingen durch Tributzahlungen Schaden. 1639 quartierten sich zudem zwei schwedischeRegimenter in der Stadt ein. Während ihrer Anwesenheit wurde ein Großteil der Häuser durch eine Brandkatastrophe zerstört.
Während des Siebenjährigen Krieges wurde Wittingen von den Franzosen besetzt. Am 12. April 1792 brach um 20 Uhr in einem Haus am Markt eine Feuersbrunst aus, die sich trotz fast unmerklichem Nordostwind so schnell ausbreitete, dass 66 Wohnhäuser, ohne Nebengebäude, innerhalb einer Stunde abbrannten. Die meisten Einwohner waren bereits entkleidet und retteten nichts als was sie am Leibe hatten. Viele wurden von den Flammen verletzt, zwei Frauen und auch verschiedenes Vieh kamen um. 387 Notleidende einschließlich Kindern und Mietsleuten waren vorhanden, wie Pastor E. H. Küker in den „Hannoverischen Anzeigen“ vom 27. April des Jahres mitteilte.[6]
Die zweite Besetzung durch die Franzosen erfolgte 1803 während der Napoleonischen Kriege.
Am 1. März 1974 wurden die Gemeinden Darrigsdorf, Erpensen, Gannerwinkel, Glüsingen, Kakerbeck, Lüben, Rade, Stöcken, Suderwittingen und Wollerstorf eingegliedert. Am selben Tag wurden die Gemeinden Eutzen, Hagen bei Knesebeck, Mahnburg, Vorhop und Wunderbüttel in die Gemeinde Knesebeck eingegliedert. Ebenso wurden Boitzenhagen, Plastau, Radenbeck, Schneflingen, Teschendorf und Zasenbeck in die Gemeinde Ohrdorf eingegliedert.
Schließlich kamen bereits am 1. April 1974 die neu gegliederten Gemeinden Knesebeck und Ohrdorf zur Stadt Wittingen.[7]
Nach dem Niedersächsischen Landesamt für Statistik wohnten 2005 in der Stadt Wittingen 12.291 Menschen in 3745 Gebäuden mit insgesamt 5399 Wohnungen bei einer durchschnittlichen Wohnfläche von 49,9 m² je Person. Seit Gründung der Einheitsgemeinde wuchs die Einwohnerzahl beständig, sowohl durch eine positive natürliche Bevölkerungsentwicklung als auch durch einen positiven Wanderungssaldo. 21,3 % der Bevölkerung waren 2005 unter 18 Jahre alt, 7,1 % zwischen 18 und 25, 27,0 % zwischen 25 und 45, 24,4 % zwischen 45 und 64, und 20,3 % waren 65 Jahre alt oder älter. Die Arbeitslosenquote lag bei durchschnittlich 11,3 % (Männer: 9,4 %, Frauen: 14,0 %). 2247 Menschen pendeln regelmäßig aus der Stadt heraus, 1745 herein.[2]
Am 31. Dezember 2023 lag die Einwohnerzahl bei 11.388.[8]
Die evangelisch-lutherische St.-Stephanus-Kirche in der Stadtmitte ist die älteste Kirche in Wittingen. Ihre Kirchengemeinde gehört zum Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen innerhalb des Sprengels Lüneburg der Landeskirche Hannovers. Die Kirche besitzt eine rekonstruierte Orgel des Orgelbauers Johann Wilhelm Gloger mit zwei Manualen und Pedal.
Weitere evangelisch-lutherische Kirchen befinden sich in Wittinger Ortsteilen. Die St.-Gabriel-Kirche in Darrigsdorf wurde Ende des 14. Jahrhunderts als rechteckiger gotischer Feldsteinbau errichtet. Die 1235 erbaute Laurentius-Kirche wurde als Wehrkirche errichtet und ist eine Feldsteinkirche in Ohrdorf.
Die katholische Kirche Maria Königin, auch St. Marien genannt, ist die nördlichste Kirche im Dekanat Wolfsburg-Helmstedt. Sie wurde 1972 an der Schützenstraße errichtet, ausgeführt als Fertigteilkirche mit freistehendem Glockenturm. Zuvor bestand bereits seit 1953 eine Notkirche in der Celler Straße 12. Heute gehört zur Pfarrgemeinde auch die katholische Kirche in Wesendorf.
Die neuapostolische Gemeinde Wittingen wurde 2012 aufgelöst und der Gemeinde Hankensbüttel angeschlossen, das Kirchengebäude wurde verkauft. Der erste neuapostolische Gottesdienst in Wittingen fand 1926 in einem Hotel statt, 1975/76 wurde eine eigene Kirche in der Spörkenstraße 28 errichtet.
In seiner Frühzeit gehörte Wittingen zu Brandenburg. Erst 1340 kam die Stadt zu Celle und damit zu den Welfen. Nach der Besetzung durch die Franzosen erfolgte 1810 eine neue Ämtereinteilung. Wittingen befand sich im Département Niederelbe im Königreich Westphalen und bildete den 5. Kanton mit 13 Kommunen. Wittingen gehörte von 1885 bis 1932 zum Landkreis Isenhagen, der dann im Landkreis Gifhorn aufging. Im Zuge der Gebiets- und Verwaltungsreformen schlossen sich 1974 die Samtgemeinden Wittingen, Knesebeck, Schneflingen und die Gemeinden Ohrdorf und Radenbeck zur neuen Stadt Wittingen zusammen. Bis zum 31. Januar 1978 gehörte Wittingen zum Regierungsbezirk Lüneburg, bis zum 31. Dezember 2004 dann zum Regierungsbezirk Braunschweig, der infolge einer Verwaltungsreform mit Ablauf dieses Datums aufgelöst wurde.[9]
Der Rat der Stadt Wittingen besteht aus 28 Ratsfrauen und Ratsherren. Dies ist die festgelegte Anzahl für eine Stadt mit einer Einwohnerzahl zwischen 11.001 und 12.000 Einwohnern.[10] Die 28 Ratsmitglieder werden durch eine Kommunalwahl für jeweils fünf Jahre gewählt. Die aktuelle Amtszeit begann am 1. November 2016 und endet am 31. Oktober 2021.
Stimmberechtigt im Rat ist außerdem der hauptamtliche Bürgermeister Andreas Ritter (parteilos).
Der AfD-Ratsherr Christoph Schmidt ist am 2. November 2022 ersatzlos aus dem Rat ausgeschieden. Damit besteht der Rat der Stadt Wittingen derzeit nur noch aus 27 Ratsfrauen und Ratsherren sowie dem hauptamtlichen Bürgermeister.[12]
HauptamtlicherBürgermeister der Stadt Wittingen ist seit 2019 Andreas Ritter (parteilos). In der Stichwahl am 2. Juni 2019 konnte er sich mit 60,83 % gegen die Kandidatin der Freien Wählervereinigung durchsetzen.
Der Ortsrat, der die Ortschaft Wittingen der gleichnamigen Stadt vertritt, setzt sich aus neun Mitgliedern zusammen. Die Ratsmitglieder werden durch eine Kommunalwahl für jeweils fünf Jahre gewählt.
Das Wappen der Stadt zeigt: In Gold eine torlose, rotgemauerte Burg, zwischen deren beiden Türmen ein rotgezungter blauer Löwe auf den Zinnen der Verbindungsmauer steht.[14]
Der Junkerhof entstand 1528 als Gutshof der Adelsfamilie von dem Knesebeck, deren frühere Burg an dieser Stelle wegen ihrer Raubzüge um 1350 von herzoglichen Truppen zerstört worden war. Im Junkerhof befindet sich heute eine historische Ausstellung alltäglicher Gegenstände aus der Region.
Die H. Butting GmbH & Co. KG mit Stammwerk im Stadtteil Knesebeck ist einer der führenden Edelstahlverarbeiter Europas.
Neef + Stumme premium printing GmbH & Co. KG, mittelständische Druckerei. Das 1892 von Karl Neef gegründete Unternehmen fusionierte 1978 mit der Druckerei Stumme aus Hamburg. 2022 wurde die Druckerei wegen Insolvenz geschlossen, zu diesem Zeitpunkt hatte der Betrieb 167 Beschäftigte.[16]
Der Schriftsteller Hans Pleschinski schreibt in seinen Büchern Ostsucht und Bildnis eines Unsichtbaren über seine Jugend im deutsch-deutschen Grenzland. Dabei bezieht er sich in autobiografischen Passagen auf sein Leben in und um Wittingen.
Stadt Wittingen. Ein historischer Bildband. Zusammenstellung und Text: Heimatverein Wittingen. Geiger, Horb am Neckar 1995, ISBN 3-89570-075-4
Die Kirche in Wittingen. Im Auftrag des Kirchenvorstandes hrsg. vom Orgelbauverein der St.-Stephanus-Kirche in Wittingen. Wittingen 1997
Dierk Siebel: Der Klosterhof, Freihof oder Hofschultzenhof in Wittingen. Die Geschichte des Hofes und der Familie Schultze. Osnabrück 1993
50 Jahre Volksbank Wittingen eG. 1932–1982. Wittingen 1982
Lars Pennigsdorf: „Bier ist wunderbar beruhigend“. Seit 1935 ist die niedersächsische Privatbrauerei Wittingen in den Händen der Familie Schulz-Hausbrandt. (Unternehmen in Niedersachsen). In: Hannoversche Allgemeine Zeitung v. 4. September 1999, S. 14
Andreas Erhardt: Die Geschichte der kleinen Leute. Eine Serie über die Entstehung der Gewerkschaften. Geschichte der Arbeiterbewegung im Raum Wittingen. Folge 1–5. In: Aller-Zeitung v. 27. November 1987, Sonderseiten
Justus-Wilhelm Lyra (1869, handschriftlich): Zur Wittinger Pfarrchronik. Beschreibung der Quellen nebst Erläuterungen über den Zeitraum von dem Guß der alten Thurmglocke bis zur Errichtung der Superintendentur [1520-1809] (in Druckschrift übertragen 1983 Heimatverein Wittingen)
G. Kayhausen: Aus Wittingens Vergangenheit. 1893, Adolf Enke Gifhorn (neu aufgelegt von Th. Scheller, Wittingen 1921)
Andreas Ehrhardt: „Hat aber auch Knochen gekostet“. Ein Bilder- und Lesebuch zur Geschichte der „kleinen Leute“ im Isenhagener Land, 1991
Heimatverein Wittingen: Stadt Wittingen. Ein historischer Bildband. Geiger-Verlag Horb am Neckar, 1995
Heimatverein Wittingen: Stadt Wittingen – Ein Streifzug durch die Geschichte Wittingens (Festvortrag von Johannes Plumeyer, Stadtdirektor a. D., zum 1225-jährigen Bestehen der Stadt Wittingen), 2006
Orgelbauverein der St. Stephanuskirche, Herausgeber (o. J.): Die Kirche in Wittingen. Gedruckt bei Neef und Stumme Wittingen
Festschrift (2004): „Ohne Kreuz keine Krone“ 125 Jahre ev.-luth. St. Stephansgemeinde in Wittingen. Groß Oesingen
Kurt-Ulrich Blomberg: Wittinger Stadtgeschichte im Überblick. Selbstverlag, 2014
Kurt-Ulrich Blomberg: 400 Jahre Wittinger Bau- und Architekturgeschichte. Selbstverlag, (2020, 2. Auflage)
Kurt-Ulrich Blomberg: Wittingen 1933-1945, Kriegsvorbereitungen, Krieg und Kriegsende in der Region. Selbstverlag, 2018
Johannes Plumeyer: Zwischen Krieg und Frieden. Wittinger Zeitzeugenberichte aus der Zeit um 1945. Herausgeber: Kulturverein Wittingen, 2012
Kurt-Ulrich Blomberg, Johannes Plumeyer: Zwischen Krieg und Frieden. Zeitzeugen aus dem Osten berichten über Flucht, Vertreibung, Enteignung und Aufnahme in Wittingen. Band 2 Herausgeber: Kulturverein Wittingen, 2017
↑ abRegionalbericht 2006. (PDF) In: IHK Braunschweig. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. Juli 2007; abgerufen am 7. März 2018.
↑Rudi Fischer: 800 Jahre Calvörde – Eine Chronik bis 1991. o. O. 1996.
↑Ausführlich: Matthias Blazek: Das Löschwesen im Bereich des ehemaligen Fürstentums Lüneburg von den Anfängen bis 1900. Adelheidsdorf 2006, S. 155 f., ISBN 978-3-00-019837-3.
↑Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S.227f.
↑Ausführlich: Matthias Blazek: Von der Landdrostey zur Bezirksregierung – Die Geschichte der Bezirksregierung Hannover im Spiegel der Verwaltungsreformen. Stuttgart 2004, ISBN 3-89821-357-9.