Nach der deutschen Einheit arbeitete Schwanitz bis 1995 am Forschungsschwerpunkt Moderner Orient,
den die Max-Planck-Gesellschaft als eines der Nachfolgeinstitute der Akademie der Wissenschaften in Berlin gegründet hat, heute das Zentrum Moderner Orient. Er lehrte zum Nahostkonflikt und zu deutschen und amerikanischen Nahostbeziehungen an der Humboldt-Universität, der Freien Universität und der Universität Potsdam (1988–2000) sowie Arabisch und Weltgeschichte am Burlington County College und an der Rider University (2004–2008). Schwanitz war freier Mitarbeiter des Deutschen Orient-Instituts (1998–2006, heute GIGA Institut für Nahost-Studien). Er war Visiting Professor am Rubin Center[2] in Herzlia (2007–2017). Seit 2012 war er Associate Fellow und ist (2014–2017 Hochberg Family Writing) Fellow am Middle East Forum in Philadelphia, Pennsylvania. In Philadelphia wurde er 2021 Bernard Lewis Fellow am Foreign Policy Research Institute.[3]
W.G. Schwanitz war 1991 IREX-Scholar des International Research and Exchanges Board in Princeton, New Jersey, Washington DC und New York. Danach forschte er in Ägypten und Israel als Invited Scholar am CEDEJ in Kairo (1992–1993), als Visiting Fellow an der Princeton University (1995–1997) und am German-American Center des
Deutschen Historischen Instituts Washington DC (1998).[4]
Am Near Eastern Studies Department der Princeton University beendete er zwei Bände über Deutsche in Nahost nach 1945 und edierte August Bebels Buch über die Muhammedanisch-Arabische Kulturperiode (1884/1889). In seiner Geschichte der Deutschen Orientbank[5] zeigte Schwanitz mit deutschen, nahöstlichen und amerikanischen Quellen, wie die Nazis vor allem von Juden in Europa geraubtes Gold in der Türkei verkauft und daraus erzielte Mittel für Subversion in Nah- und Mittelost benutzt haben.[6]
Zur Wendezeit publizierte er über die fehlende Kritik, ost- und westdeutsche Nahostpolitik und Israel-Sicht, deutsche Einheit und Orientalistik, arabische Perestroika-Rezeption, die Golfkriegsdebatte, die Terrorfrage am Nil und marxistische Schwächen.[7] 1993 bildete er die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient mit. Er gründete und leitete Berliner Orient-Gespräche (1987–1995). Dort stand er auch der Deutsch-Ägyptischen Gesellschaft vor (1990–1995). In Amerika erforscht Schwanitz seit 2000 die amerikanische sowie die deutsche Nahost- und Islampolitik in der regionalhistorischen Komparatistik Amerika-Nahost-Europa, AME.[8]
Auf 23 internationalen und 25 nationalen Tagungen referierte er, darunter der 17. Welthistorikerkongress in Madrid 1990 und Kolloquien in Paris (1994, 2004) Kairo 1996, Washington DC (1998, 2001, 2014), München 2006, Princeton (1996, 1998, 2008), Nancy 2009 und New York (2014, 2015, 2016, 2017).
Aktuelle Veröffentlichungen anderer Autoren werden von Schwanitz ebenfalls kommentiert. So widersprach er im Tagesspiegel der These von Volker Koop, der Großmufti Mohammed Amin al-Husseini habe seinen Titel Großmufti zu unrecht getragen und das Werben der Nazis um die Araber wäre bis auf einige Aufstände „weitgehend folgenlos geblieben“.[10] Ebenso widersprach Schwanitz in „Explizit.Net“ der Aussage des Autors Hamed Abdel-Samad, der heutige Islamismus wäre „islamischer Faschismus“. Diese Fehlanalyse einer Mischideologie mit totalitären Strängen sei ahistorisch, der Begriff römisch geprägt, untauglich für Islamländer, keine Selbstbezeichnung von Islamisten und schließe weitere totalitäre Bewegungen wie Nationalsozialismus und Kommunismus aus, die indes Nahost im 20. Jahrhundert stark geprägt haben.[11]
Mittelost Mosaik 2016. Ägyptens Antiislamismus, Israel, Arabien und Irans Atompakt, Islamstaat samt Kalifat sowie Abd al-Fattah as-Sisi, Donald J. Trump und Angela Merkel. Trafo-Wissenschaftsverlag Weist, Berlin 2019, ISBN 978-3-86464-147-3.
Mittelost Mosaik 2015. Ägyptens Wandel, Israel und Irans Atompakt, Islamstaat Irak-Syrien sowie Barack H. Obama, Benjamin Netanjahu und Angela Merkel. Trafo-Wissenschaftsverlag Weist, Berlin 2017, ISBN 978-3-86464-103-9.
Mittelost Mosaik 2014. Afghanistans Wahlen, Israels Raketenkrieg, Kalifat Irak-Syrien sowie Barack H. Obama, Papst Franziskus und Angela Merkel. Trafo-Wissenschaftsverlag Weist, Berlin 2016, ISBN 978-3-86464-009-4.
Mittelost Mosaik 2013. Ägyptens Revolte, Syriens Bürgerkrieg, Irans Atompakt sowie Barack H. Obama, Abd al-Fattah as-Sisi und Angela Merkel. Trafo-Wissenschaftsverlag Weist, Berlin 2015, ISBN 978-3-86464-102-2.
Nazis, Islamists, and the Making of the Modern Middle East. Yale University Press, New Haven & London 2014, mit Barry M. Rubin, ISBN 978-0-300-14090-3.
niederländisch: Nazi’s, Islamisten en het Moderne Midden-Oosten. Uitgeverij de Blauwe Tijger, Groningen 2017, ISBN 978-94-92161-48-2.
polnisch: Hitlerowcy, islamiści i narodziny nowożytnego Bliskiego Wschodu. Vis-à-vis/Etiuda, Kraków 2014, ISBN 978-83-7998-020-8.
ungarisch: Nácik iszlamisták és a modern Közel-Kelet megteremtése. Patmos Records, Budapest 2014, ISBN 978-61-5552-260-2.
Islam in Europa, Revolten in Mittelost. Islamismus und Genozid von Wilhelm II. und Enver Pascha über Hitler und al-Husaini bis Arafat, Usama Bin Ladin und Ahmadinejad sowie Gespräche mit Bernard Lewis. 2. Auflage. Trafo-Wissenschaftsverlag Weist, Berlin 2014, ISBN 978-3-86464-018-6.
Deutsche in Nahost 1946–1965: Sozialgeschichte nach Akten und Interviews. 2 Bände. Hänsel-Hohenhausen, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-8267-2553-0, ISBN 3-8267-2554-9.
Die proimperialistische „Politik der offenen Tür“. Grundzüge der Wirtschaftsentwicklung in Ägypten von 1971 bis zum Beginn der 80er Jahre.Dissertation. Universität Leipzig, 1985.
Anwar as-Sadat. In: Handbuch des Antisemitismus. De Gruyter, Berlin 2009 (PDF; 246 kB), Band 2/2, S. 712–713.
Abd an-Nasir. In: Handbuch des Antisemitismus. De Gruyter, Berlin 2009 (PDF; 270 kB), Band 2/2, S. 577–578.
Amin al-Husaini. In: Handbuch des Antisemitismus. De Gruyter, Berlin 2009 (PDF; 1 MB), Bd. 2/1, S. 9–10.
La politique moyen-orientale et la RDA: Grotewohl en Irak, Ulbricht en Egypte et Honecker au Koweit. In: Chantal Metzger: La RDA. Lang, Bruxelles 2010 (PDF; 1,3 MB), S. 267–288.
August Bebel und Mittelost, Vorwort zu Die Mohammedanisch-Arabische Kulturperiode. Edition Ost, Bruxelles 1999 (PDF; 2,5 MB), S. 1–57.
Amerikas ungeschriebene Islampolitik. Auslandsinformationen der Konrad-Adenauer-Stiftung 9 (2006; PDF; 729 kB), S. 4–29, 10 (2006; PDF; 395 kB), S. 89–116.
Olivenzweig, Waffe und Terror: Deutsche und Palästinenser im Kalten Krieg. Auslandsinformationen der Konrad-Adenauer-Stiftung 3 (2005; PDF; 613 kB), S. 34–66.
Clemens Heni: Schadenfreude. Islamforschung und Antisemitismus in Deutschland nach 9/11. Edition Critic, Berlin 2011, ISBN 978-3-9814548-0-2.
Wolf-Hagen Krauth, Ralf Wolz (Hrsg.): Wissenschaft und Wiedervereinigung: Asien- und Afrikawissenschaften im Umbruch. Akademie, Berlin 1998, ISBN 3-05-003271-5.
Emma Murphy, Gerd Nonnemann, Neil Quilliam: Middle East & North Africa: A Directory of Specialists and Institutions. Eurames, Durham 1993, ISBN 0-9521849-0-7.
Ekkehard Rudolph: Bestandsaufnahme: kultur- und sozialwissenschaftliche Forschung über die muslimische Welt in der BRD. Deutsches Orient-Institut, Hamburg 1999, ISBN 3-89173-055-1.
↑vgl. auch zu Herbert Gutmann und der Deutschen Orientbank: „Wir speisen im Adlon“: Herbert M. Gutmann und die Deutsche Orientbank. (PDF; 2 MB) In: Ulrich van der Heyden u. a. (Hrsg.): „… Macht und Anteil an der Weltwirtschaft“. Berlin und der deutsche Kolonialismus. Unrast Verlag, Münster 2005, S. 81–86; Immer guter Laune: Gutmann und die Deutsche Orientbank. In: Vivian J. Rheinheimer (Hrsg.): Herbert M. Gutmann. Bankier in Berlin, Bauherr in Potsdam, Kunstsammler. Koehler & Amelang, Leipzig 2007, S. 61–77; zur Orientbank und dem Völkermord an den Armeniern: Webversion 01-2008 (PDF; 167 kB)