Ya’akov „Kobi“ Schabtai (hebräisch יעקב (קובי) שבתאי; * 11. November 1964 in Aschkelon) ist ein israelischer Polizist und war seit dem 17. Januar 2021 der 19. Polizeichef (hebräisch רב-אלוף; Rav Nitzav) der israelischen Polizei. Zuvor war Schabtai Kommandeur des israelischen Grenzschutzes (Magav). Am 17. Juli 2024 beendete er schließlich seine langjährige Karriere und schied aus dem Amt aus.
Shabtai wurde am 11. November 1964 als Kind von irakisch-jüdischen Einwanderern in Aschkelon geboren. Shabtai hat einen Bachelor-Abschluss in Betriebswirtschaft und einen Master-Abschluss in Pädagogik.[1] Er ist verheiratet und hat drei Töchter, von denen zwei ebenfalls bei der israelischen Polizei beschäftigt waren. Ya’ar Schabtai belegt aktuell den Rang eines Inspektors und Peleg Schabtai leistete ihren Wehrdienst im Magav ab.[2][3][4] Er lebt mit seiner Familie in Pardes Chana-Karkur.
Schabtai wurde 1982 in das 202. Bataillon der Fallschirmjäger-Brigade aufgenommen.[5][6] Er wurde nach Ende seines Militärdienstes 1987 im Rang eines Seren (Hauptmann) entlassen.[6]
1991 trat Schabtai der Grenzpolizei bei.[5] 1994 war er als Kommandant des Grenzpostens Erez zum Gazastreifen eingesetzt. Während eines Angriffes am Kontrollpunkt im Juli 1994 wurde er bei dem Versuch, einen in der Gegend gefangenen Zivilisten zu retten, durch Schüsse verletzt. Nach ärztlicher Behandlung kehrte er auf seinen Posten zurück. Für seinen Einsatz wurde er von der Polizei mit der Medaille der israelischen Polizei für herausragende Verdienste ausgezeichnet.[7]
In seinen späteren Positionen war er Kommandeur der Anti-Terror-Schule des Grenzschutzes und Kommandeur der Barak-Einheit, einer von ihm gegründeten Einheit zur Verbrechensbekämpfung im Bezirk Tel Aviv. 2001 wurde er zum Kommandeur der Polizei von Bethlehem ernannt und bei einem Zusammenstoß mit Palästinensern wurde er erneut verwundet.[8]
Im Jahr 2002 wurde er zum Kommandanten des Nordbezirkes ernannt. Am 12. Januar 2003 verfolgte er eine Terroristengruppe, die zuvor die Siedlung Gadish infiltrierte und die Sicherheitspatrouille des Gilboa Regional Councils ermordet hatte. Während der Kämpfe wurde er durch einen Schuss verletzt. Für den Einsatz wurde er zusammen mit seinen Kollegen Amos Yaakov, Meir Eliyahu und Ofir Suleiman mit der Medaille des Mutes ausgezeichnet.[7] In späterer Funktion fungierte Schabtai als Koordinierungs- und Einsatzoffizier in der Einsatzleitzentrale im Nationalen Hauptquartier der israelischen Polizei in Jerusalem.
Im Jahr 2010 wurde er zum Kommandeur des Westjordanlandes und übte diese Position bis September 2013 aus. Danach wurde er erneut befördert und zum Kommandeur des Gusch Dans ernannt. Im Februar 2016 wurde er zum Kommandeur des Grenzschutzes ernannt und zum Nitzav befördert.[9]
Am 15. Dezember 2020 wurde Schabtai von Justizminister Amir Ohana zum Polizeichef ernannt.[10] Am 17. Januar 2021 genehmigte die Regierung seine Ernennung und er wurde befördert.[11]
Unter seinem Kommando stehen rund 35.000 Beamte.[12] Dazu zählen auch die Beamten des Grenzschutzes und diverse andere kleinere Spezialeinheiten. Der Bestand besteht sowohl aus Berufsbeamten als auch aus Wehrpflichtigen, die dort ihren Grundwehrdienst absolvieren. Männer und Frauen im Alter von 18 Jahren können sich dazu entscheiden, ihre Pflichtdienstzeit bei der Polizei abzuleisten. Darüber hinaus gibt es 70.000 Freiwillige der Zivilgarde, die Teilzeitarbeit leisten und bei der Polizei ihrer eigenen Gemeinden helfen.[13]
Am 25. April 2021 befahl Schabtai nach gewaltsamen Protesten die Entfernung von Absperrungen, die den Zugang zum Damaskustor in Ostjerusalem versperrten.[14][15]
Im Februar 2022 flog Schabtai als erster Polizeichef Israels in die Vereinigten Arabischen Emirate und traf sich dort mit Vertretern des Innenministeriums. Außerdem tauschte er sich mit seinen arabischen Amtskollegen aus Dubai und Abu Dhabi aus.[16]
Im Juli 2022 sandte der Polizeichef eine Warnung an seine Vorgesetzten: „Die israelische Polizei steckt in einer Krise“, sagte er zum Ausschuss für öffentliche Sicherheit an der Knesset, „wir stehen vor einer Situation, in der die Polizei, wie wir sie kennen, in 18 Monaten nicht mehr existieren könnte.“ Unter Berufung auf gesetzliche Löhne, unangemessene Arbeitsbelastung und berufliches Burn-out waren seit Jahresbeginn über 465 Polizeibeamte zurückgetreten, zusätzlich zu den 628 Beamten, die in den Ruhestand gingen, dazu weitere 47, die entlassen wurden. Im Vergleich dazu traten im Jahr 2021 824 Polizisten zurück, im Jahr 2020 450, im Jahr 2019 580 und im Jahr 2018 467. Shabtai wurde dafür kritisiert, dass er sich für eine deutliche Lohnerhöhung, insbesondere im Fall von Nachwuchsbeamten, für seine Leute einsetzte.[17]
Im August 2022 traf er in Marokkos Hauptstadt Rabat ein, wo er mit dem Generaldirektor für nationale Sicherheit und territoriale Überwachung, Abdellatif Hammouchi, Gespräche führte.[18]
Nach der Massenpanik auf dem Har Meron Abend des 29. April 2021 sagte Schabtai, er werde nicht zulassen, dass die Polizei für die Massenpanik zum Sündenbock gemacht werde.[19]
In den ersten Monaten des Jahres 2023 wurde Shabtais Position als oberster Polizist des Landes besonders gefordert. Die Einsatzkräfte mussten bei Demonstrationen mit vielen Teilnehmern, die jede Woche in ganz Israel stattfanden, die Ordnung aufrechterhalten, um gegen die Reform des Justizsystems zu protestieren, die von Premierminister Benjamin Netanjahu und Justizminister Yariv Levin vorangetrieben wurden.[20][21]
Im April 2023 wurde von Schabtai eine gestohlene Gesprächsaufnahme veröffentlicht, in der er sagte: „Es gibt nichts, was wir tun können. Sie bringen einander um. Es ist in ihrer Natur. Das ist die Mentalität der Araber.“ Laut Zeitungsberichten zufolge ließ Shabtai diese Bemerkung bei einem privaten Treffen mit dem nationalen Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir fallen, das nach der Ermordung eines israelischen Arabers stattfand und sich mit der Bekämpfung der Kriminalität in der arabischen Gesellschaft sowie der Einrichtung einer Nationalgarde befasste. Als Folge verlangten israelisch-arabische Politiker seine Abberufung wegen Araberfeindlichkeit.[22]
Am 25. Juni 2023 gab Ben-Gvir bekannt, dass Schabtais Amtszeit im Januar 2024 enden wird.[23] Spannungen zwischen Schabtai und Ben-Gvir schwelten, seit der Minister letztes Jahr sein Amt antrat und versuchte, mehr Einfluss auf die Polizei auszuüben. Sein Ausscheiden erfolge auf eigenen Wunsch, wie Schabtai der Presse erklärte, unter den gegebenen Umständen werde er im Januar keine zweite Amtszeit in seiner Position anstreben.[24] Allerdings revidierte Schabtai seine Entscheidung rund einen Monat später und bat den Justizminister darum, seine Amtszeit um ein weiteres Jahr zu verlängern.[25]
Am 29. September 2023 traf sich Schabtai erneut mit dem Polizeichef von Abu Dhabi. Während des Treffens erörterten beide Seiten eine Reihe von Polizei- und Sicherheitsfragen.[26]
Seit Beginn der Angriffe der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 gab Schabtai den Tod von 58 Beamten bekannt.[27] Er kündigte eine Nulltoleranz-Politik gegenüber Antikriegsdemonstrationen in Israel an und drohte Palästinensern mit israelischer Staatsbürgerschaft und anderen Demonstranten, die gegen die israelischen Angriffe protestierten, sie in den Gazastreifen zu deportieren.[28]
Im Januar 2024 verlängerte Ben-Gvir die Amtszeit Schabtais bis zum 17. Juli 2024.[29] Am 6. März 2024 gab die staatliche Untersuchungskommission bekannt, dass der noch im Amt befindliche Polizeichef Schabtai für die Massenpanik, auf dem Har Meron aufgrund fehlender Sicherheitsvorkehrungen für ein derartiges Großereignis persönlich für die Katastrophe mitverantwortlich sei und empfahl, ihn als Polizeichef abzulösen.[30] Schabtai nahm zu dem Bericht Stellung und teilte mit, dass er die Verantwortung für seine Rolle bei der Katastrophe übernehme und bereit sei zurückzutreten, wenn die Regierung dies beschließe.[31]
Im Juni 2024, ein paar Wochen kurz vor seinem Rücktritt, schoss Schabtai erneut scharf in die Richtung seines Vorgesetzten. Mit Blick auf die Zukunft forderte Shabtai die Öffentlichkeit auf, den unpolitischen Charakter der Polizei anzuerkennen.[32] „Die israelische Polizei ist nicht politisch, war es nie und darf es auch nie sein und sie ist auch nicht die Privatarmee eines bestimmten Ministers“, betonte er und sagte, wie wichtig es sei, die Unabhängigkeit und Autonomie der Polizei im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit zu wahren.[32] Schabtais Äußerungen erfolgten vor dem Hintergrund anhaltender Spannungen mit Ben-Gvir, der wegen seiner Versuche, Einfluss auf Polizeieinsätze zu nehmen, vom amtierenden Polizeichef kritisiert wurde, was in der Vergangenheit auch zu öffentlichen Auseinandersetzungen und hitzigen Diskussionen zwischen den beiden führte.[32]
An der Abschiedszeremonie im Juli 2024 teilte Präsident Jitzchak Herzog die Meinung des scheidenden Polizeibeamten und forderte alle gewählten Minister auf, die Polizei aus der Politik rauszuhalten.[33] „Die Polizei gehöre dem Staat, wir, die Bürger müssen ihre Partner sein“, sagte Herzog, „und sie müssen alle unsere Partner sein – bei dem Bemühen, eine funktionierende, rechtsstaatliche und demokratische Gesellschaft aufrechtzuerhalten.“ Premierminister Netanyahu nahm nicht an der Veranstaltung teil und Sicherheitsminister Ben-Gvir war gar nicht erst eingeladen worden.[33] Als Nachfolger Schabtais wurde Avschalom Peled berufen.[34][35]
Personendaten | |
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NAME | Schabtai, Ya’akov |
ALTERNATIVNAMEN | Kobi (Spitzname); יעקב שבתאי (hebräisch); קובי (Spitzname, hebräisch) |
KURZBESCHREIBUNG | israelischer Polizist und Polizeichef |
GEBURTSDATUM | 11. November 1964 |
GEBURTSORT | Aschkelon, Israel |