An einem Übergang über die Havel entstand auf einer Havelinsel bereits in slawischer Zeit eine Befestigung. Ende des 12. Jahrhunderts entstand auf diesem jungslawischen Burgwall die askanische Burg, in deren Schutz südlich davon eine Siedlung mit Kietz entstand. Die erste urkundliche Erwähnung als „Cedenic“ stammt aus dem Jahre 1216, als der Brandenburger Bischof Siegfried II. bei seiner Amtsübernahme dem Brandenburger Domkapitel seine Archidiakonatsrechte bestätigte. Bereits 1281 wird sie als „civitas“ bezeichnet. Die Gerichtsbarkeit verblieb beim Landesherrn bzw. beim Inhaber der Burg (oder später des Schlosses), der mehrfach wechselte. Im 14. Jahrhundert war die Burg und damit auch die Stadt zeitweise im Besitz der Grafen von Lindow-Ruppin (1323). 1366 war Burg und Stadt vom Herzog von Mecklenburg besetzt. Anfang des 15. Jahrhunderts war sie auch von Pommern besetzt. Um 1416 geriet sie in den Pfandbesitz der Familie v. Holzendorf, 1421 war sie im Besitz der Familie v. Berg und 1424 wiederum bei der Familie v. Holzendorf. 1437 gelang dem Kurfürsten von Brandenburg Friedrich I. die Einlösung des Pfandes, nur um die Stadt 1438 nochmals für kurze Zeit an die v. Holzendorf zu verpfänden. 1438 gab sie der Kurfürst den v. Arnim zu Lehen. Zu dieser Zeit waren Burg und Stadt das Zentrum einer kleinen Herrschaft (Herrschaft Zehdenick), zu der auch ein Eisenhammer, eine Mühle und Dienste der Bauern in den Dörfern Klein-Mutz, Hammelspring, Hindenburg, Storkow, Krewelin und Wesendorf gehörten. 1524 kam die kleine Herrschaft im Tausch mit der Herrschaft Boitzenburg wieder in den Besitz des Kurfürsten, der die Stadt in ein landesherrliches Amt (Amt Zehdenick) umwandelte. Das Amt Zehdenick wurde 1551 stark vergrößert, als der größere Teil der Besitzungen des 1541 säkularisierten Klosters Zehdenick zum Amt gelegt wurden. 1815 wurde es abermals vergrößert, indem das Amt Badingen aufgelöst und dessen Rechte und Einkünfte zum Amt Zehdenick geschlagen wurden. Das Amt Zehdenick wurde 1872 aufgelöst.
Das um 1250 gegründete Zisterzienserinnen-Kloster war zeitweise bedeutsam für die Entwicklung der Stadt. Es wurde 1541 aufgehoben und der Besitz säkularisiert. Der Klosterbesitz kam zunächst in den Pfandbesitz des Hofmarschalls Adam von Trott, bevor das Pfand 1551 vom Kurfürsten wieder eingelöst und zum Amt Zehdenick gelegt wurde. 1801 zerstörte ein Stadtbrand nicht nur große Teile der Stadt, sondern auch die Klostergebäude. Nach dem Brand wurde die Stadt auf einem teilweise regulierten Grundriss wieder aufgebaut.
Eine für Brandenburg-Preußen einzigartige Bedeutung hatte der vom Großen Kurfürsten 1664–66 neu errichtete Hochofen in Zehdenick, der die Tradition des bereits 1438 nachgewiesenen Eisenhüttenwerks wieder aufnahm. Hauptprodukt waren Kanonenkugeln, wodurch die Unabhängigkeit von teuren und unsicheren Importen erreicht wurde. Zur Verarbeitung gelangte ausschließlich der in Lagerstätten der näheren und weiteren Umgebung gewonnene Raseneisenstein. Der Hochofen war – mit Unterbrechungen – etwa hundert Jahre in Betrieb.[6]
Beim Bau der Eisenbahnstrecke Löwenberg-Templin wurden 1887 große Tonvorkommen entdeckt, die lange Zeit die Grundlage für zahlreiche Ziegeleien bildeten. Um 1900 wurden Zehdenick und die umliegende Region zu einem der größten Ziegeleireviere Europas. Mit über 100 elektrisch angetriebenen Binnenschiffen, deren Strom teilweise mit Wasserkraft erzeugt wurde, transportierte man um 1900 jährlich bis zu 200 Mio. Ziegel- und Kalksandsteine nach Berlin.[7]
Zehdenick wurde daher auch zu einem bedeutenden Standort der Binnenschifffahrt, woran heute ein Museumsschiff an der Schleuse erinnert. Aus dieser Zeit stammt das geflügelte Wort: „Berlin ist aus dem Kahn erbaut“. Millionen von Steinen wurden in den Ringöfen der mehr als 30 Ziegeleibetriebe von zeitweise über 5.000 Wanderarbeitern – unter schwersten Arbeitsbedingungen – hergestellt. In der DDR wurde der VEB Ziegelwerke Zehdenick ein bedeutender Produzent. 1991 wurde die Ziegelproduktion eingestellt. Die heutige „Tonstich-Landschaft“ wurde durch einen Museumspark ergänzt, der die industrielle Vergangenheit der Region präsentiert.
Im Zuge der Ämterbildung in Brandenburg wurde am 1. Oktober 1992 das Amt Zehdenick und Gemeinden mit Sitz in Zehdenick gebildet. Zum 31. Dezember 2001 wurden die Gemeinden Bergsdorf, Ribbeck und Vogelsang nach Zehdenick eingegliedert.[8] Zum 26. Oktober 2003 wurden die Gemeinden Badingen, Kappe, Klein-Mutz, Kurtschlag, Marienthal, Mildenberg, Wesendorf und Zabelsdorf nach Zehdenick eingegliedert. Das Amt Zehdenick und Gemeinden wurde zum gleichen Zeitpunkt aufgelöst und die Stadt Zehdenick wurde amtsfrei.[9] Die Gemeinde Mildenberg erhob vor dem Verfassungsgericht des Landes Brandenburg kommunale Verfassungsbeschwerde, die teils verworfen, im Übrigen zurückgewiesen wurde.[10]
Die Stadt Zehdenick feierte 2016 ihr 800-jähriges Bestehen.
Die Stadtverordnetenversammlung von Zehdenick besteht aus 22 Stadtverordneten und dem hauptamtlichen Bürgermeister. Die Kommunalwahl am 26. Mai 2019 führte zu folgendem Ergebnis:[15]
Mit der Gebietsreform 2003 wurde Arno Dahlenburg am 26. Oktober 2003 zum hauptamtlichen Bürgermeister der Stadt Zehdenick gewählt[18]. Er beantragte aus gesundheitlichen Gründen am 11. Oktober 2018 seine Versetzung in den Ruhestand zum 1. Januar 2019[19].
In der Bürgermeisterstichwahl am 16. Juni 2019 wurde Bert Kronenberg mit 77,4 % der gültigen Stimmen für eine Amtszeit von acht Jahren[20] gewählt.[21] Er gab sein Amt im September 2021 auf, um einer Abwahl zuvorzukommen. Ihm wurde vorgeworfen, seine Arbeit zu langsam und nicht effektiv genug zu machen.[22]
Lucas Halle wurde in der Bürgermeisterwahl am 13. Februar 2022 mit 88,3 % der gültigen Stimmen zu seinem Nachfolger gewählt.[23] Mit zum Amtsantritt 24 Jahren war er der jüngste hauptamtliche Bürgermeister Deutschlands. Anfang August 2024 erklärte er aus persönlichen Gründen seinen Rücktritt.[24]
Blasonierung: „Gespalten von Silber und Rot; vorn am Spalt ein halber roter Adler mit Kleestengel und Bewehrung in Gold, hinten am Spalt eine halbe silberne Lilie.“[25]
Wappenbegründung: Dieses Wappen wurde am 1. April 1900 im Zusammenhang mit der Eingemeindung der vorher selbständigen Ortsteile Dammhorst und Amtsfreiheit Kamp angenommen. Vorher (1629, 1801) waren verschiedene Adlerwappen in Gebrauch. Die Herkunft des Wappens ist ungewiss. Es ist möglich, dass der brandenburgische Kurfürst denen von Plotho, die in ihrem Familienwappen eine Lilie führten, das Amtslehen für Zehdenick übertragen hat. Dann ließe „die Wappenvereinigung auf die Unterordnung derer von Plotho unter das brandenburgische Herrschaftshaus schließen“. Ein Gerichtssiegel auf einer im Stadtarchiv Zehdenick aufbewahrten Urkunde von 1671 zeigt das beschriebene Wappenbild; aus anderen Unterlagen des Archivs geht hervor, dass 1669 der Richter von Zehdenick mit dem gleichen Bild siegelte.[26]
Das Wappen wurde vom Erfurter HeraldikerFrank Diemar einer Neugestaltung unterzogen und am 16. Juli 1993 durch das Ministerium des Innern genehmigt.
Klosterscheune Zehdenick, Kultur- und Veranstaltungszentrum
Lehmhaus in Zehdenick, Schulungs- und Kommunikationsstätte, 1995 als Niedrigenergiehaus unter Verwendung natürlicher Materialien wie Holz und Lehm erbaut
Ehrenmal für die Opfer des Faschismus an der Einmündung Castrop-Rauxel-Allee/Parkstraße, das zu DDR-Zeiten dem KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann gewidmet war und seit 1992 eine Plakette mit der Aufschrift „Nie wieder Gewaltherrschaft, den Opfern gewidmet“ trägt
Gedenktafel im Treppenhaus der Dammhastschule an die Lehrerin Marianne Grunthal, die im Mai 1945 in Schwerin ermordet wurde
Mahnmal von 1945/46 auf dem Friedhof I an der Friedhofstraße für die Opfer des Faschismus und die antifaschistischenWiderstandskämpfer, auf denen zwölf namentlich erwähnt sind, darunter der örtliche KPD-Führer Robert Heinrich, dessen Andenken die Stadt nach 1989 an mehreren Stellen tilgte
Der Autor Moritz von Uslar lebte 2009 drei Monate in Zehdenick und machte seine dabei gewonnenen Erfahrungen zur Grundlage für seinen Roman Deutschboden. Eine teilnehmende Beobachtung (2010).[30] Der Titel des Buches bezieht sich auf den WohnplatzDeutschboden nördlich der Straße von Zehdenick nach Kurtschlag. 2014 erschien der Dokumentarfilm Deutschboden von André Schäfer mit Uslar und verschiedenen Protagonisten des Buchs. 2020 veröffentlichte Uslar mit Nochmal Deutschboden ein zweites Buch über einen Aufenthalt im Jahr 2019.
2017 veröffentlichte die gebürtige Zehdenickerin Manja Präkels den autobiographisch geprägten Roman Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß. Das Buch beschreibt die letzten Jahre der DDR und die gesellschaftlichen Verwerfungen der Nachwendezeit in Zehdenick und Umgebung. Im Zentrum der Handlung steht der Angriff einer Gruppe Neonazis auf eine Disko im heutigen Zehdenicker Ortsteil Klein-Mutz, bei dem einer der jugendlichen Diskobesucher gewaltsam zu Tode kam.[31] Manja Präkels’ Roman wurde mit dem Anna Seghers-Preis 2018, dem Kranichsteiner Stipendium sowie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. In einem Artikel im Spiegel kritisierte Präkels Uslar dafür, die rechtsradikale Vergangenheit einiger Protagonisten zu verharmlosen.[32]
2016, 13. Oktober: Hans-Joachim Bormeister (1927–2013), Förster, für seinen Beitrag zur Entwicklung und Gestaltung des Zehdenicker Stadtwaldes
2016: 13. Oktober: Heinz Tamm (1922–2017), Jugendfürsorger, spielte 63 Jahre in Zehdenicker Fußballmannschaften, dokumentierte Zehdenicker Sport- und Fußballgeschichte
Christof Baier: Zehdenick um 1800. Die „zweckmäßige Wiederaufbauung“ einer Stadt. In: Brandenburgs Städte (= Die Mark Brandenburg. Zeitschrift für die Mark und das Land Brandenburg. Heft 111). Die Mark Brandenburg – Verlag für Regional- und Zeitgeschichte, Berlin 2018, ISBN 978-3-910134-86-7.
Carsten Benke: Zehdenick und die Ziegelindustrie, Industrialisierung und Stadtentwicklung in einer märkischen Kleinstadt. In: Klaus Neitmann (Hrsg.): Das brandenburgische Städtewesen im Übergang zur Moderne. Stadtbürgertum, kommunale Selbstverwaltung und Standortfaktoren vom preußischen Absolutismus bis zur Weimarer Republik. Berlin Verlag Arno Spitz, Berlin 2002, ISBN 978-3-8305-0164-0, S. 213–245.
Joachim Berghoff: Die Feldbahnen der Zehdenicker Ziegelindustrie, VBN Verlag Bernd Neddermeyer, Berlin 2005, ISBN 978-3-933254-63-4.
Carsten Dräger: 125 Jahre Bahnstrecke Löwenberg-Zehdenick-Templin (Serie in 15 Teilen). In: Gransee-Zeitung 2013/14.
Ulrich Drewin: Zehdenick. Stadt des guten Tons (= Die Reihe Archivbilder). Sutton Verlag, 2005, ISBN 978-3-89702-867-8.
Ulrich Drewin: Zehdenick. Stadt an der Havel (= Die Reihe Archivbilder). Sutton Verlag, Erfurt 2013, ISBN 978-3-95400-181-1.
Lieselott Enders (Bearbeitung): Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Uckermark. Mit einer Übersichtskarte im Anhang (= Friedrich Beck [Hrsg.]: Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil VIII; Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam. Band 21). Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1986, ISBN 3-7400-0042-2 (gibt einen Nachdruck von 2012).
Margitta Gatzke: Zehdenick, aus der Reihe Bilder aus der DDR. Sutton Verlag, Erfurt 2003, ISBN 978-3-89702-567-7.
Jörn Lehmann: Aus der Geschichte des Schlosses Zehdenick (= Liebenwalder Heimathefte Nr. 12). ERS-Verlag, Berlin 2005, ISBN 978-3-928577-56-4.
Albert Lucke: Geschichte der Stadt Zehdenick. Zehdenick einst und jetzt. Hrsg.: Max Karich. Willmann, Magdeburg 1934.
Adolf Mann: Zehdenick sonst und jetzt, zur Erinnerung an die Eingemeindung 1900. Druck von Max Karich, Zehdenick 1900.
Gabriele Mielke: Kindheitsorte. Eine Zieglerkindheit an der Havel. Eine biografische Spurensuche in der traditionellen Ziegeleiregion von Zehdenick. Biografie, Berlin 2010, ISBN 978-3-00-030534-4.
Rat der Stadt Zehdenick (Hrsg.): Festschrift zur 750-Jahr-Feier der Havelstadt Zehdenick. Zehdenick 1967.
Rat der Stadt Zehdenick (Hrsg.): Festschrift zur 775-Jahr-Feier der Havelstadt Zehdenick. Berlin 1992.
(Im Auftrag der Havelstadt Zehdenick) Festbuch 800 Jahre Zehdenick. Eine Zeitreise durch Vergangenheit und Gegenwart. 1216 bis 2016. (Red. Margitta Gatzke und Rainer Höll) nordlicht-verlag, Karlshagen 2016
Ulrich Rhein: Melusine in der Mark. In: DAS Magazin, Berlin, Nr. 9/1986 (33.Jg.), S. 46–48
Die Brücke, DEFA-Film von 1948, Regie Arthur Pohl, Kamera Fritz Arno Wagner. Für dieses Umsiedlerdrama wurden Szenen auch in Zehdenick (Havel und Wolfskrug) gedreht.
Märkische Ziegel, DEFA-Dokfilm von 1989, Regie Volker Koepp, Kamera Thomas Plenert. Er dokumentiert den Stand der Zehdenicker Ziegelindustrie und die Situation der dort Arbeitenden kurz vor der „Wende“ 1988.
Lenin in Vogelsang, Dokfilm von 2013. Regie Stefanie Trambow, Kamera Maxim Stepanow und Ilya Visokosov. Dieser Film will, 20 Jahre nach Abzug der sowjetischen Garnison aus der Region Vogelsang, einen Dialog mit sowjetischen und deutschen Zeitzeugen vor der verfallenden Militärstadt herstellen.
↑Eingliederung der Gemeinden Bergsdorf, Ribbeck und Vogelsang in die Stadt Zehdenick Mitteilung des Ministeriums des Innern vom 11. Dezember 2001. Amtsblatt für Brandenburg Gemeinsames Ministerialblatt für das Land Brandenburg, 12. Jahrgang, 2001, Nummer 52, Potsdam, den 27. Dezember 2001, S. 900 PDF (PDF; 828 kB)
↑Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Hrsg.): Statistischer Bericht A I 7, A II 3, A III 3. Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsstand im Land Brandenburg (jeweilige Ausgaben des Monats Dezember)