Zehn kleine Negerlein ist ein Lied in Form eines Zählreims, das in seinen zahlreichen Varianten in der Regel zehn Strophen enthält, in denen jeweils eine Person stirbt oder verschwindet. Da der Begriff „Neger“ heute als abwertend und diskriminierend bewertet wird,[1] gilt das Lied als beleidigende und rassistische Karikatur.[2][3]
Es basiert auf dem US-amerikanischen Lied Ten Little Injuns aus dem Jahr 1868. Geschichtlich stand am Anfang die Liedform, gefolgt von Kinderbüchern und später von abgeleiteten Liedern. Den Text des Zählreims gibt es in zahlreichen Versionen, die nicht immer von „Negerlein“ handeln.
Zudem gibt es auch Variationen des Endes: In manchen sind am Schluss alle zehn verschwunden, in anderen sind sie, in der Regel durch Heirat, wieder vollzählig. Gemeinsam haben die meisten Versionen jedoch, dass die beschriebenen Personen auf grausame Art und Weise verschwinden oder sterben.[2][4]
Das Lied Zehn kleine Negerlein geht auf das US-amerikanische Lied Ten Little Injuns von Septimus Winner (1827–1902) aus dem Jahr 1868 zurück. Das Wort Injuns ist eine Verballhornung des englischen Worts Indians für Indianer, von denen das Lied ursprünglich handelte.
Beide Lieder wurden ab 1868 bzw. 1869 in Form von Kinderbüchern auf den Markt gebracht. Die ältesten deutschen Ausgaben erschienen erst eine Generation später ab 1885. Durch das zeitliche Zusammenfallen mit der Berliner Kongokonferenz um die Aufteilung Afrikas werden die kleinen Negerlein oft mit dem deutschen Kolonialismus in einen ursächlichen Zusammenhang gebracht.
Schon 1869 wurde es, möglicherweise von Frank J. Green, zu Ten Little Niggers umgereimt. Diese Fassung wurde zum Standardrepertoire der US-amerikanischen Blackface-Minstrel-Shows, in denen Weiße mit dunkel bemaltem Gesicht Schwarze nachspielten. Eine bekannte Blackface-Gruppe der Zeit, die Christy’s Minstrels, brachten die Ten Little Niggers nach Großbritannien, von wo sie europaweite Verbreitung fanden.
Auch im Song Sweet Black Angel (1972) der englischen Band The Rolling Stones ist das Lied rezipiert („Ten little niggers sittin’ on wall […]“). Bekannt wurde es auch als Grundlage für den Roman Und dann gab’s keines mehr von Agatha Christie, der vielfach adaptiert wurde.
Der Text der ersten englischen Version von Septimus Winner (1868) ist unter dem Titel Ten Little Injuns bekannt. Hier ist die bekanntere Version von Frank Green (1869) dokumentiert.
Erste deutsche Version von F. H. Benary (1885)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zehn kleine Negerknaben schlachteten ein Schwein; |
Version von Frank Green[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ten little Niggers going out to dine, |
Die im Deutschen häufig verwendete Melodie weicht deutlich von Ten Little Injuns ab:[5]
Zehn kleine Negerlein ist ein Kinderbilderbuch, das sich über mehr als 100 Jahre weltweit ausbreitete; es erschien in mindestens 345 Editionen in 16 Ländern; nach der Zahl der Editionen am stärksten verbreitet in GB (104), Deutschland (96), USA (54), Niederlande (50), Österreich (13), Schweden (8), Schweiz (6), Australien (4), Frankreich (3), Neuseeland, Kanada, Palästina, Dänemark, Island, CSR, China (je 1). In Deutschland handelt es sich um das verbreitetste jemals gedruckte Kinderbuch.[6]
Nur einige der ältesten deutschen Fassungen zwischen 1890 und 1920 weisen 12 Szenen auf; dies geschah in Anlehnung an die Münchener Bilderbogen und die Fliegenden Blätter. Eine undatierte Darstellung von vermutlich 1890 aus dem Robrahn-Verlag Magdeburg wurde als Bilderbogen mit drei Reihen und je Reihe vier Szenen gestaltet, um ein rechteckiges Format zu gewährleisten. In den 1960er Jahren erschienen neben den zehn auch sechs, fünf und vier kleine Negerlein.
Ein jiddisches Volkslied von 1901 aus Sankt Petersburg behandelt die Tsen Brider (Zehn Brüder), die beim Handel mit zehn verschiedenen Waren nacheinander umkommen, weil sie – wie erst in der letzten Strophe offenbart wird – zu wenig zu essen haben. Die Melodie von Tsen Brider weicht von der Melodie zu Zehn kleine Negerlein ab. Sie ist melancholisch und der Refrain fehlt. Weiterhin konnten keine Verbindungen zwischen den Liedern nachgewiesen werden, weshalb ein direkter Zusammenhang als „möglich, aber unwahrscheinlich“ gilt.[8] Die Tsen Brider wurden nach dem Zweiten Weltkrieg von einer Reihe deutscher Liedermacher neu bearbeitet und aufgeführt.[8]