Unter zweidimensionaler Kernspinresonanzspektroskopie (2D-NMR) versteht man Kernspinresonanzspektroskopieverfahren, bei denen die Intensitäten in Abhängigkeit von zwei Frequenzachsen aufgezeichnet werden, generiert also dreidimensionale Diagramme.[1] Zweidimensionale NMR-Spektren liefern mehr Informationen über ein Molekül als eindimensionale NMR-Spektren und sind deshalb besonders nützlich bei der Bestimmung der Struktur eines Moleküls, insbesondere für Moleküle deren Struktur zu kompliziert ist, um sie mit eindimensionalen NMR zu untersuchen.
Das Verfahren beruht darauf eine Reihe an Spektren aufzunehmen und währenddessen einen Pulsparameter kontinuierlich in seiner Dauer zu verändern, wodurch sich Phase und Intensität der Spektren systematisch ändern. Durch erneute Fouriertransformation der einzelnen Punkte der Spektren entlang dieser Zeitachse wird aus den eindimensionalen Spektren ein zweidimensionales erhalten.
Werden dabei auf der einen Frequenzachse chemische Verschiebungen aufgetragen und auf der anderen Kopplungskonstanten, so spricht man von zweidimensionalen J-aufgelösten NMR-Spektren.[1]
Die Entwicklung machte jedoch bei zwei Dimensionen nicht halt. Durch Variation weiterer Parameter können höherdimensionale Spektren erhalten werden. Die benötigte Spektrenzahl und damit Messzeit steigt dabei exponentiell an. Inzwischen werden auch dreidimensionale Experimente (3D-NMR) mit drei Frequenzachsen fast routinemäßig durchgeführt, wobei auf jeder Achse die Resonanzen eines anderen Kernes aufgetragen sein können Zum Beispiel 1H, 13C, 15N oder 31P. Es können jedoch auch auf zwei Achsen 1H-Resonanzen und nur auf der dritten ein Heterokern abgetragen werden.[2]
Die zweidimensionale Kernresonanzspektroskopie hat gegenüber eindimensionalen Methoden mehrere Vorteile:[3]
Das Basisexperiment der 2D-NMR lässt sich vom Ablauf her schematisch in vier Zeitabschnitte einteilen die Präparationsphase, die Evolutionsphase, die Mischphase und die Detektionsphase. Während der Detektionsphase werden die Signale, wie im konventionellen eindimensionalen Fall, in äquidistanten Abständen Δt2 detektiert, digitalisiert und abgespeichert. In der Präparationsphase wird longitudinale Polarisation aufgebaut. Sie endet meist mit einem 90°-Puls, der Quermagnetisierung erzeugt. Während der Evolutionsphase mit der variablen Zeitdauer t1 entwickeln sich Kohärenzen unter dem Einfluss verschiedener Faktoren (z. B. Larmorpräzession, Spin-Spin-Kopplung), die in der Mischperiode, die jedoch nicht immer notwendig ist, miteinander gekoppelt und in detektierbare Transversalmagnetisierung umgewandelt werden. Die Evolutionszeit t1 wird von Experiment zu Experiment um einen festen Wert dt1 stufenweise erhöht. Der zu jedem Δt1-Wert gehörige FID (free induction decay) wird getrennt abgespeichert. Man erhält also eine zweidimensionale Matrix, die jedem Paar (t1,t2) eine Signalamplitude S(t1,t2) zuordnet. Eine zweidimensionale Fouriertransformation führt dann das Zeitsignal S(t1,t2) in das Frequenzsignal S(ω1,ω2) über.[3]
Alle FIDs werden wie gewöhnlich als Funktion von t2 transformiert. Die daraus entstehende neue Datenmatrix enthält nun nach t1 geordnet in den Reihen (der ω2-Richtung) die NMR-Spektren. Als Nächstes wird noch einmal in t1-Richtung transformiert. Die Darstellung erfolgt in Form eines 3D-Diagramms (en: stacked plot) oder als Konturliniendiagramm in einem quadratischen Diagramm, dessen Achsen die üblichen Frequenzskalen darstellen.[3]
Nach einem Vorschlag von Jean Jeener aus dem Jahr 1971 wurden Mehrpulsexperimente mit einer systematisch variierten Wartezeit zwischen zwei Pulsen entwickelt, die nach Fourier-Transformation über zwei Zeitbereiche zu zweidimensionalen Spektren führten.[4] In den siebziger Jahren waren Richard R. Ernst und seine Mitarbeiter entscheidend an der Entwicklung der 2D-NMR beteiligt. Im Jahre 1991 erhielt er den Nobelpreis für Chemie.[3][5] Durch seine und die Arbeiten von R. Freemann wurde die 2D-NMR praktisch realisierbar.[2] Kurt Wüthrich und andere bauten diese 2D- und Multi-Dimensions-NMR zu einer bedeutenden Analysetechnik der Biochemie aus, insbesondere zur Strukturanalyse von Biopolymeren wie Proteinen. Wüthrich bekam für diese Arbeiten 2002 den Nobelpreis in Chemie.[6]
Durch Auswahl der Spektren zum Beispiel durch Art und Auswahl der zeitlichen Abfolge der Impulse und Berechnungsverfahren sind verschiedene Varianten der 2D-NMR möglich.[7] Wenn man alle Varianten mitrechnet, gibt es inzwischen mehrere hundert verschiedene Arten der 2D-NMR-Spektroskopie. Für biochemische Zwecke spielen jedoch nur wenige eine Rolle.[3] Bei den in der Praxis wichtigsten Verfahren sind zweimal 1H- oder 1H- und 13C-chemische Verschiebungen miteinander verknüpft. Die zweidimensionalen Verfahren setzen eine Kopplung von Kerndipolen voraus. Dabei muss es sich nicht unbedingt um eine skalare Kopplung handeln Die Wechselwirkung kann wie beim Kern-Overhauser-Effekt auch dipolarer Natur sein, das heißt, sie erfolgt durch den Raum.[2] Häufig verwendete Verfahren sind: