Dieser Artikel befasst sich mit dem Librettisten Alfred Grünwald. Zum Künstler und Publizisten Alfred Ferdinand Gruenwald siehe Johannes Theodor Baargeld.
Alfred Grünwald wuchs in Wien als Sohn des aus Budapest zugewanderten, mäßig erfolgreichen, Hutfabrikanten Moritz Grünwald und seiner Frau Emma, geb. Donath, auf. Nach dem Besuch des Realgymnasiums war er zuerst in einem Pelzhaus beschäftigt, arbeitete aber auch als Komparse und Chorsänger an Wiener Theatern sowie in einer Wiener Theateragentur. Nachdem er schon in der Schule mit dem Schreiben begonnen hatte, war er bald als Feuilletonist und Theaterkritiker für das Neue Wiener Journal tätig.
Daneben verfasste er schon früh als Autor kleinere Bühnensketche und Einakter für Kabaretts, wie das Intime Theater oder das Ronacher im Stil der französischen Farcen der 1890er-Jahre: Beim Zahnarzt, Bis hierher und nicht weiter! Eine nächtliche Boudoirszene (1911). Schon 1909 hatte er zusammen mit Julius Brammer sein wohl erstes Libretto für die parodistische Operette in einem Akt Elektra von Béla Laszky verfasst, das im Cabaret Fledermaus uraufgeführt wurde. Damit entstand eine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit Brammer, die erst Ende der 1920er-Jahre zerbrach. Für die Operetten von Paul Abraham und Oscar Straus fand er in Fritz Löhner-Beda einen kongenialen Partner. Manchmal hatte Grünwald auch zusammen mit Gustav Beer und Ludwig Herzer Libretti und Schlagertexte verfasst.
Auch als Leutnant im Ersten Weltkrieg blieb Grünwald kreativ tätig und entwarf Texte für patriotische Lieder.
1930 wurde am Akademietheater sein zusammen mit Alexander Engel geschriebenes Lustspiel Die Prinzessin und der Eintänzer uraufgeführt (8. Januar). 1936 entstand mit Der Komplex der Frau Dodo ein weiteres Lustspiel des Autorenduos, mit Rudolf LotharDie Dame mit den Türkisen.
Für die Übersetzung des Librettos zur Abraham-Operette Roxy und ihr Wunderteam tat sich Grünwald mit Hans Weigel zusammen; die deutschsprachige Erstaufführung fand am 25. März 1937 in Wien statt.
Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 wurde Grünwald von der Gestapo verhaftet, weil er Jude war[1]. Als er vorübergehend auf freien Fuß gesetzt wurde, nutzte er die Gelegenheit und flüchtete nach Paris. Da er in Nordamerika aufgrund seiner erfolgreichen Bühnenstücke bekannt war, konnte er zwei Jahre später mit seiner Frau Mila Löwenstein und seinem Sohn über Casablanca und Lissabon in die Vereinigten Staaten emigrieren.
Bereits 1914 war seine Eysler-Operette Der lachende Ehemann als The Laughing Husband am Broadway aufgeführt worden und bis 1930 folgten zehn Werke mit seinen Libretti. Nun erlebte am 6. September 1945 Mister Strauss goes Boston mit der Musik von Robert Stolz im New Century Theatre seine Uraufführung. Nach zwölf Vorstellungen wurde das Stück aber wieder abgesetzt. Grünwald konnte nicht mehr an seine Vorkriegserfolge anknüpfen, ein Schicksal, das er mit den meisten Operettenkomponisten teilte. Sein letztes Libretto, das er gemeinsam mit Gustav Beer für die Operette Arizona Lady von Emmerich Kálmán geschrieben hatte, wurde erst nach seinem Tod 1953 in Bern uraufgeführt, nachdem Kálmáns Sohn Charles die unvollendet gebliebene Komposition seines Vaters 1954 vollendet hatte.
Grünwald war mit Mila Löwenstein verheiratet. Er starb 1953 in Forest Hills. Sein Sohn Henry Grunwald war von 1987 bis 1990 Botschafter der USA in Wien.
„Die Gründung Roms, auch eine respektable Schöpfung, haben die Herren Romolus und Remus gemeinsam unternommen. Dies haben wir beide, Brammer und ich, bedacht, als wir beschlossen, unsere Werke gemeinsam zu verfassen.“
„Ich sitze den ganzen Tag am ‚Ab-Schreibtisch’, und Brammer auf dem ‚Entlehn-Stuhl’.“ Alfred Grünwald in einem Interview auf die Frage, ob ihnen die Texte am Fließband einfallen.[2]
Salomon Wininger: Große Jüdische National-Biographie. Band 2. Czernowitz 1927, S. 540.
Henry Grunwald (Hrsg.): Ein Walzer muss es sein. Alfred Grünwald und die Wiener Operette. Mit Beiträgen von Henry Grunwald, Georg Markus, Marcel Prawy, Hans Weigel und einem Werkverzeichnis von Caroline Delval. Ueberreuter, Wien 1991, ISBN 3-8000-3373-9.
Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 1: A–I. Hrsg. von der Österreichischen Nationalbibliothek. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8, S. 477.
Grünwald, Alfred, in: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,2. München : Saur, 1983, S. 429