Film | |
Titel | Baby Face |
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Produktionsland | USA |
Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 1933 |
Länge | 70 Minuten |
Produktionsunternehmen | Warner Bros. |
Stab | |
Regie | Alfred E. Green |
Drehbuch | |
Produktion | William LeBaron |
Kamera | James Van Trees |
Schnitt | Howard Bretherton |
Besetzung | |
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Baby Face ist ein amerikanischer Spielfilm aus dem Jahr 1933 mit Barbara Stanwyck in der Hauptrolle.
Lily Powers ist ein abgebrühtes, zynisches junges Mädchen, das in dem Lokal ihres Vaters illegal Alkohol ausschenkt und nebenbei einflussreiche Gäste noch persönlich betreut. Als ihr Vater stirbt, springt Lily mit ihrer afroamerikanischen Freundin Chico auf einen Zug und reist nach New York, wo sie zu Wohlstand kommen will. Innerhalb kurzer Zeit hat sie eine Anstellung bei einer Bank und schläft sich im wahrsten Sinne des Wortes an die Spitze des Unternehmens. Sie wechselt ständig die Liebhaber, bis sie schließlich beim Vizepräsidenten angekommen ist. Sie lehnt den Heiratsantrag des Vorstandsassistenten Ned Stevens ab und wird Zeuge, wie der Assistent in einem Anflug von Eifersucht zuerst den Vizepräsidenten und dann sich selber vor ihren Augen erschießt. Der neue Präsident der Bank, Courtland Trenholm, durchschaut Lily und will sie in die Pariser Filiale versetzen. Mit weiblicher List und gespielter Prüderie schafft es Lily am Ende, dass sich Courtland in sie verliebt und sie heiratet. Lily ist fast am Ziel ihrer Wünsche, als die Bank im Strudel der Weltwirtschaftskrise bankrottzugehen droht. Nach vielen, sehr unrealistischen Verwicklungen werden Lily und Courtland ein Paar, das arm, aber glücklich in Pittsburgh lebt.
Baby Face gilt heute als klassisches Beispiel für Pre-code-Filme, die also vor Inkrafttreten des Production Code im Juni 1934 in den Verleih kamen. Diese Streifen gingen in der Darstellung von Sex und Gewalt so weit wie es nur ging. Vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise waren die Zuschauerzahlen in den USA dramatisch gesunken und die Studios versuchten mit allen Mitteln, das Publikum zurückzugewinnen. Trotzdem war Mitte 1933 der Bogen bereits so weit überspannt, dass die Studios nicht mehr jede Form von Selbstsucht und Habgier auf die Leinwand bekamen. So enthielt die erste Fassung des Drehbuchs, die im November 1932 mit Barbara Stanwyck diskutiert wurde, noch Szenen, in denen der Vater die minderjährige Lily schlägt und gegen ihren Willen in einen Raum stößt, in dem bereits ein Kunde auf sie wartet, um hinter der schreienden Lily die Tür abzuschließen.
In einer anderen Einstellung sollte Lily mehr oder weniger nackt auf dem Tresen der Bar vor dem Publikum tanzen. In der ursprünglichen Fassung des Films fleht Courtland Lily an, ihre Juwelen zu versetzen, um ein kurzfristiges Darlehen bekommen. Sie lehnt mit dem Hinweis auf ihre schwere Kindheit und all die Mühen ab, die es sie gekostet habe, reich zu werden, ab. Courtland verlässt den Raum und der Film endet. Nach massiven Interventionen des Hays Office, der damaligen Zensurbehörde, wurde darauf bestanden:
„Es ist notwendig, dass sie am Ende des Films wieder arm und ohne soziale Stellung dasteht und so die Botschaft rüberkommt, dass der Einsatz des eigenen Körpers für materielle Vorteile schlecht und verdammenswert ist.“[1]
Jetzt endet der Film damit, dass Lily in letzter Sekunde zu Courtland eilt, ihn vom Selbstmord abhält, ins Krankenhaus fährt und ihr gesamtes Vermögen spendet, damit Courtland die Bank vor dem Bankrott retten kann. Am Ende lebt sie glücklich, aber arm in Pittsburgh.
Dieses Heraufdämmern einer moralischen Reaktion auf eine allzu große Permissivität war erst gegen Mitte 1933 so deutlich zu spüren. Noch Ende 1932 konnte MGM in Feuerkopf, der Jean Harlow in einer vergleichbaren Rolle zeigte, auf jedes moralisch korrekte Ende verzichten und Harlow in der Schlusseinstellung als erfolgreiche Konkubine eines steinreichen und steinalten französischen Marquis präsentieren. Trotz der Änderungen beschreibt der Film die Art und Weise, wie sich Lily ihren Reichtum verschafft, ohne jede Umschweife. Stanwyck wird in ihrem Vorstellungsgespräch in der Bank gefragt, ob sie denn Erfahrungen habe. Die Schauspielerin lächelt ein sehr anzügliches Lächeln und erwidert knapp:
„Plenty!“[2]
Der Film spielt ganz offen in seinem Slogan auf Stanwyck's Vorgehen an:
„She climbs the ladder of success – Man by Man.“[3]
Insgesamt waren derartige Schilderungen für die Zeit nicht ungewöhnlich. In Herz am Scheideweg erkennt die anfangs arme, aber ehrliche Heldin nach eigenen Worten rasch, wie sie zu Luxus und Wohlstand kommen kann:
„Der einfachste Weg zum Luxus ist horizontal!“[4]
Joan Crawford schläft sich in Alles für dein Glück aus demselben Jahr in die höchste Gesellschaft von New York empor. Ähnlich erfolgreich setzte Ruth Chatterton in Anybody's Woman ihre Sexualität ein, um aus den Slums herauszukommen.
Aus heutiger Sicht überrascht der Charakter von Chico, einer Afroamerikanerin und beste Freundin von Lily. Beide haben anfangs ein sehr enges Verhältnis und zu keinem Zeitpunkt behandelt Lily Chico anders als mit Respekt und Offenheit. Die Dialoge von Theresa Harris sind frei von den damals für Afroamerikaner im Film üblichen grammatikalischen Stereotypen. An einer Stelle fordert ein Geliebter Lily auf, sich von Chico zu trennen, da sie nicht mehr zu ihrem gehobenen sozialen Status passen würde. Lily antwortet mit kalten Worten:
„Chico stays!“[5]
Die Streitereien mit der Zensurbehörde war einer der Gründe, die Produzent Darryl F. Zanuck bewogen, seine Zusammenarbeit mit Warner Brothers zu beenden. Er gründete sein eigenes Filmstudio 20th Century Pictures, das Mitte 1934 die bankrotten Fox Film Corporation übernahm und zur 20th Century Fox fusionierten.