Barbara Klemm wuchs in der Karlsruher Dammerstock-Siedlung auf.[1] Ihr Vater Fritz Klemm lehrte als Professor an der Karlsruher Kunstakademie, ihre Mutter, Antonia Gräfin von Westphalen, war ebenfalls Künstlerin. Fritz Klemm, der über eine Dunkelkammer verfügte, machte seine Tochter mit den fotografischen Techniken vertraut. Nach Besuch des Realgymnasiums absolvierte sie von 1955 bis 1958 im Karlsruher Porträtatelier bei Julie Bauer eine Fotografenlehre, die sie mit der Gesellenprüfung abschloss.
1959 zog sie nach Frankfurt am Main und arbeitete in der Klischeeherstellung und im Fotolabor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Durch den Fotografen Wolfgang Haut (1927–2001) wurde sie zu freiem Arbeiten und zur journalistischen Fotografie angeregt. Sie wurde zunächst freie Mitarbeiterin, ab 1970 bis zu ihrer Pensionierung 2005 Redaktionsfotografin der FAZ. Daneben erschienen ihre Fotografien in zahlreichen Büchern, Wochenzeitungen und Magazinen.
Ihre Schwerpunkte liegen auf Motiven aus der Politik und des Feuilletons, ihre durchweg schwarz-weiß fotografierten Bilder decken ein weites Spektrum der Pressefotografie ab. Ihre Porträts, Landschaften und die kulturellen Eindrücke ihrer Reisen sind die hervorragenden Themen in ihrem Œuvre. Barbara Klemm wird bei der Kritik als Fotografin herausgestellt, die durch einen ausgewogenen, oft subtil gewählten Bildausschnitt auffällt. Ihre Fotos gehen weit über die kurzlebige, das bloße Tagesgeschehen illustrierende „gewöhnliche“ Pressefotografie hinaus. Einige ihrer Aufnahmen, wie jene von Willy Brandt und Leonid Breschnew oder Brandt und Helmut Schmidt, zählen als Bildikonen inzwischen zum „fotografischen Gedächtnis“ der Gesellschaft.
Das Werk von Barbara Klemm ist hauptsächlich in drei Themenbereiche aufgeteilt: Deutschland (Landschaft, Politik, historische Ereignisse), die Welt (Reisen, Reportagen) und die Kunst (Porträts von Künstlerpersönlichkeiten).[3] Diese drei Bildergruppen werden von ihr verbunden durch das systematische Verfehlen des vermeintlich Repräsentativen; sie hält einen Augenblick vor oder nach dem offiziellen oder symbolischen Akt die jeweilige Szene fest, um das Zufällige oder Individuelle hervorzukehren. Mit diesem Prinzip des knapp verfehlten Augenblicks wirft sie einen persönlichen Blick auf das Ereignis.
Klemm hat bei ihren Fotos einen Hang zum Malerischen. Sie arrangiert und verdichtet Szenen, schafft ein Tableau, mit dem sich die einzelnen Figuren und Gegenstände aufeinander beziehen und zusammen ein Gemälde bilden. Indem sie mit den Fotos nicht nur den Gegenstand festhält, sondern sich in den Gegenstand vertieft, transzendiert sie den bloßen Gegenstand und setzt das Bild an die Stelle des tatsächlichen Ereignisses. Dadurch wirken viele Fotografien von Barbara Klemm eindrücklicher als das historische Ereignis, das sie abbilden.
„Ihre Königsdisziplin […] ist das Porträt. Sie hat die Großen und die noch viel Größeren porträtiert, aber nie sieht man bei ihr Giganten, sondern immer nur Sonderlinge an ihren Arbeitsplätzen, kauzige oder quirlige Wesen in den verschiedenen Stadien der Selbstbehauptung. […] Einsamkeit wird bei ihr sichtbar als eine Funktion des Ambientes. Die Interieurs erzählen ihre ganz eigene Geschichte, hinterm Rücken des Abgebildeten.“
1991: Fotografien aus Deutschland und Osteuropa 1970–1990, Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main
1999: Unsere Jahre. Bilder aus Deutschland 1968–1998, Deutsches Historisches Museum, Berlin (auch Stadtmuseum Münster; Schirn-Kunsthalle Frankfurt am Main und Lindenau-Museum, Altenburg)
seit 2007: Zeitsprung – Erich Salomon, Barbara Klemm, weltweite Tourneeausstellung des Instituts für Auslandsbeziehungen; Premiere in der Guardini Galerie, Berlin; Tourneeende frühestens 2020.[12]
2008: Von Kunst und Politik: Fotografien, Kunst-Raum des Deutschen Bundestags, Berlin
Unsere Jahre. Bilder aus Deutschland 1968–1998, Berlin 1999 (Ausstellungskatalog).
Künstlerporträts, (mit Wilfried Wiegand) erschienen 2004 im Nicolai Verlag, Berlin.
Zeitsprung. Erich Salomon. Barbara Klemm, (Ausstellungskatalog), Institut für Auslandsbeziehungen e. V. (ifa), Stuttgart 2007.
Erinnerungstraining (Fotos zu Aufzeichnungen von Hans Dieter Schäfer), erschienen 2009 im Verlag Thomas Reche, Neumarkt in limitierter, signierter Auflage von 400 Exemplaren, ISBN 978-3-907142-48-6.
Straßen Bilder (mit Einleitungen von Barbara Catoir und Hans Magnus Enzensberger), limitierte Auflage des Nimbus Verlags, Wadenswil, Kanton Zürich, Schweiz ISBN 978-3-907142-48-6. Gleichzeitig auch eine Ausgabe der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) in limitierter Auflage von 100 Exemplaren.
Barbara Klemm. Helldunkel. Fotografien aus Deutschland, (Ausstellungskatalog), Institut für Auslandsbeziehungen e. V. (ifa), Stuttgart 2009.
Ursula Zeller: Das Bild der Wirklichkeit als das Offenbare. In: Barbara Klemm: Helldunkel. Fotografien aus Deutschland. Verlag für Moderne Kunst, Nürnberg 2010, ISBN 978-3-86984-031-4, S. 10–15.
Christina Ramsch: Barbara Klemm – (1939, Münster – lebt in Frankfurt). In: Dorothee Linnemann, Katharina Böttger, Ulrike May, Christina Ramsch, Bettina Schulte Strathaus (Hrsg.): Stadt der Fotografinnen. Frankfurt 1844–2024. Begleitbuch zur Ausstellung im Historischen Museum Frankfurt, 29. Mai–22. September 2024, Wienand, Köln 2024 (Schriften des Historischen Museums Frankfurt; 44), ISBN 978-3-86832-759-5, S. 158–161.
↑Tiefe Wunder öffnen sich. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20. März 2014, S. R8.
↑Hölderlins Orte. In: Museum Hölderlinturm Tübingen. Abgerufen am 23. Oktober 2020.
↑Matthias Trautsch: Frankfurt: Historisches Museum zeigt Bilder der Fotografin Barbara Klemm. In: FAZ.NET. 8. November 2023, ISSN0174-4909 (faz.net [abgerufen am 10. November 2023]).