Ben Hecht (* 28. Februar 1894 in New York; † 18. April 1964 ebenda) war ein US-amerikanischer Journalist, Schriftsteller, Drehbuchautor und Filmregisseur. Er war einer der begehrtesten Drehbuchautoren Hollywoods und arbeitete mit Regisseuren wie Alfred Hitchcock, Howard Hawks, Otto Preminger, John Ford und Ernst Lubitsch an einigen der bekanntesten Werke der Filmgeschichte mit, wobei er sich gleichermaßen auf das Schreiben von Dramen, Thrillern und Komödien verstand. Hecht wurde sechsmal für den Oscar nominiert und gewann ihn zweimal.
Ben Hecht war der Sohn russisch-jüdischer Immigranten. Aufgewachsen in Racine, Wisconsin, zog er als Sechzehnjähriger nach Chicago, wo er im Juli 1910 in die Redaktion des Chicago Daily Journal eintrat.[1] Fünfzehn Jahre lang durchstreifte er als Reporter die Stadt. Eine tägliche Kolumne in der Zeitung (1001 Afternoons in Chicago, zugleich der Titel seines ersten Bands mit Kurzgeschichten) machte ihn bekannt. Auch sein berühmtestes Drehbuch zu Extrablatt (The Front Page) greift auf diese Erfahrungen zurück. Seine Erinnerungen an die Zeit in Chicago wurden 1969 von Norman Jewison in dem Film Gaily, Gaily verarbeitet. „Er war ein hart gesottener Bursche, der 15 Jahre lang im Großstadtdschungel Chicagos unterwegs war – in Irrenhäusern, Todeszellen, Slums. Das war der Fundus, aus dem der Autor sein Leben lang schöpfte, der ihm den Weg zum gefragtesten und schnellsten Drehbuchautoren Hollywoods ebnete“, charakterisiert ihn die Filmkritikerin Marli Feldvoß in einem Radio-Feature aus Anlass seines 125. Geburtstages.[2]
In den Jahren 1918/1919 arbeitete er für die Chicago Daily News als Auslandskorrespondent in Berlin, um über den Verlauf der dortigen revolutionären Ereignisse zu berichten. Mit seiner Frau Marie Armstrong Hecht gehörte er zu den ersten Amerikanern im Nachkriegsdeutschland. Er berichtete von der Nationalversammlung in Weimar.[3][4] Er führte ein Interview mit Reichspräsident Friedrich Ebert und behauptete im Artikel und in seinen Memoiren (1955), er habe ihn mit 500 Dollar in bar bestochen, um das Interview zu erhalten; anschließend sei er in Berlin wegen Verletzung der Berufsethik aus dem Verein der Ausländischen Presse ausgeschlossen worden.[5] In seiner Zeit in Deutschland schrieb er seinen ersten, 1921 erschienene Roman, Erik Dorn, dessen großer Erfolg Hecht ein furioses Debüt als ernstzunehmenden Schriftsteller bot.
Zurück in den USA war Hecht einige Zeit bei der Chicago Literary Times, bis er 1925 nach New York ging, wo er Freundschaft mit Charles MacArthur und Dorothy Parker schloss. Mit MacArthur arbeitete Hecht lebenslang zusammen; gemeinsam schrieben sie eine Reihe erfolgreicher Broadwaystücke, darunter 1928 The Front Page, das viermal verfilmt wurde, und The Twentieth Century, das 1934 mit Carole Lombard und John Barrymore verfilmt wurde. Außerdem schrieb er über hundert Kurzgeschichten und zahlreiche Romane. Abgesehen von einem Theaterstück und einem Roman wurde keines seiner Werke je ins Deutsche übersetzt.
1926 schickte der Regisseur Herman J. Mankiewicz, der gerade in Hollywood angekommen war, seinem Freund Hecht ein Telegramm:
„Hier sind Millionen zu machen, und deine einzigen Konkurrenten sind Idioten. Lass dir das nicht entgehen.“
Hecht ging denn tatsächlich nach Hollywood, wo er unter Vertrag bei Paramount 1927 das Skript für Josef von Sternbergs Gangsterfilm Underworld schrieb, für das er seinen ersten Oscar gewann. Einen zweiten bekam er 1935 für The Scoundrel von 1935. Hecht arbeitete als offizieller Drehbuchautor, jedoch auch oft als Skriptdoktor, also Überarbeiter bereits fertiger Drehbücher, eine Tätigkeit, die in den Credits der Filme nicht erwähnt wurde.
Innerhalb weniger Jahre stieg Ben Hecht zu einem der bestbezahlten Drehbuchautoren in Hollywood auf dank seiner Erfolge mit Filmen wie Back Street, der Adaption eines Fannie-Hurst-Romans, Topaze, Königin Christine oder The Hurricane. In seiner Biografie A Child of the Century behauptete Hecht, zwischen 50.000 und 125.000 US$ pro Drehbuch erhalten zu haben. Für seine Überarbeitung des Drehbuchs von Gone With The Wind bekam er von David O. Selznick eine Tagesgage von 10.000 US$. Andere bekannte Filme dieser Zeit, an denen er mitarbeitete, sind Stagecoach und Lady of the Tropics, einer der Filme, mit denen Hedy Lamarr zum Star gemacht werden sollte. Hecht war auch teilweise selber als Regisseur tätig, doch die meisten seiner Filme waren an der Kinokasse wenig erfolgreich. In den 1950er und 1960er Jahren war Hecht einer der ersten Talkshow-Moderatoren im amerikanischen Fernsehen.
„Was Hecht aus seinen unruhigen journalistischen Jahren mitnahm, prägte sein Temperament, und dieses Temperament wiederum prägte die amerikanischen Filme der dreißiger Jahre. Ihre Raffinesse, ihre brüske Schroffheit, die Salven aus Beleidigungen und scharfzüngigem Witz, die Faszination an Gewalt und Illegalität, die Unterteilung der Welt in die, die wissen, wie’s geht (typischerweise urban und männlich), und in ungehobelte Hinterwäldler (oft ländlich) – diese Qualitäten machten die Komödien und die Melodramen der Depressionszeit zu einer hartgesottenen neuen amerikanischen Kunst, zu einer Kunst, die sich rascher bewegte und mehr Untiefen aufwies als das Leben.“
Ben Hecht, einer der berühmtesten und einflussreichsten Drehbuchautoren der Filmgeschichte, sah ironischerweise immer auf das Filmgeschäft herunter und bevorzugte das Schreiben von Dramen, Romanen und Kurzgeschichten.[6]
„Einen guten Film zu schreiben, bringt einem Schriftsteller ungefähr so viel Lob ein wie Fahrrad fahren. Es bringt ihm höchstens mehr Angebote. Falls sein Film schlecht ist, sagen die Kritiker höchstens ‚Aber, aber‘. Der Produzent, der Regisseur und die Stars sind die Genies, denen man Hosianna zuruft, wenn der Film ein Hit wird. Und es sind auch ihre Köpfe, die man auf Speere pflanzt, falls der Film floppt.“
Die Grundbestandteile einer guten Geschichte charakterisierte Hecht mit dem Bonmot: „Zwei Hunde. Ein Knochen.“[9]
Ben Hecht war ein Anhänger des Zionismus und engagierte sich in der American League for a Free Palestine.[10] Er kritisierte mehrfach öffentlich die seiner Meinung nach zu unentschlossenen Bemühungen der Alliierten um die Rettung der europäischen Juden vor dem Holocaust und ließ in New Yorker Tageszeitungen Anzeigen schalten, mit denen er die Öffentlichkeit wachzurütteln versuchte. Teile der jüdischen Öffentlichkeit begannen, sich zu distanzieren,[10] während ihm der Finanzunternehmer Bernard Baruch[10] Unterstützung zusicherte. Eine dieser Anzeigen hatte die Schlagzeile:
„Zu verkaufen: 70.000 Juden zu 50 Dollar das Stück. Garantiert menschliche Wesen.“
Das geschah zu einer Zeit, als die US-amerikanische Presse sich noch scheute, im redaktionellen Teil über den Massenmord an den Juden zu berichten. Er versuchte, das Publikum auch durch seine Theaterstücke zu mobilisieren. In We will never die, zu dem Kurt Weill die Musik geschrieben hatte, treten die europäischen Juden als Ankläger der Welt auf. In ihren Rezensionen sah sich die US-Presse gezwungen, zum ersten Mal zu den Vorgängen in Deutschland Stellung zu nehmen.
Hecht unterstützte die Aktionen der Jewish Agency in Palästina; ihm zu Ehren wurde ein illegales Immigrantenschiff Ben Hecht getauft.[11] Großbritannien reagierte auf seine Kritik an der britischen Palästina-Politik mit einem Boykott der Hollywood-Filme, an denen Hecht beteiligt gewesen war. Später zeigte sich Hecht enttäuscht vom Zionismus und begründete dies in seinem umstrittenen Buch Perfidy mit der Person von Rudolf Kasztner. Hecht warf Kasztner vor, er habe mit Adolf Eichmann zusammengearbeitet und die ungarischen Juden den Nationalsozialisten überlassen, weil ihre Rettung der Gründung des Staates Israel im Wege gestanden habe.
Ben Hecht arbeitete sehr viel als Script Doctor, der bereits fertige Originalstories und Drehbücher überarbeitete, so dass er bei einer Reihe von Filmen, die er geschrieben hat, im Abspann nicht genannt wird.
Alle diese Filme hat Hecht gemeinsam mit Charles MacArthur gedreht und geschrieben, außer Angels Over Broadway, bei dem er mit Co-Regisseur Lee Garmes zusammenarbeitete.
Personendaten | |
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NAME | Hecht, Ben |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Journalist, Schriftsteller, Drehbuchautor und Filmregisseur |
GEBURTSDATUM | 28. Februar 1894 |
GEBURTSORT | New York City |
STERBEDATUM | 18. April 1964 |
STERBEORT | New York City |