COG-UK

Das COG-UK, ausgeschrieben COVID-19 Genomics UK Consortium, ist ein Konsortium aus den Institutionen des öffentlichen Gesundheitswesens und Forschungsinstituten im Vereinigten Königreich. Es wurde im April 2020 gebildet,[1][2][3] um als Teil der Strategie zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie im Vereinigten Königreich Genome von SARS-CoV-2-Viren zu sammeln, zu sequenzieren und zu analysieren. Das Konsortium vereinigt die vier Public Health Agencies der Landesteile (bzw. ihre Nachfolgeorganisationen), National-Health-Service-Organisationen, Hochschul- und Forschungsinstitute und das Wellcome Sanger Institute. Das Konsortium hat im November 2020 die Variant of Concern 202012/01 identifiziert.[4] 45 % aller bis zum Januar 2021 in öffentliche Datenbanken weltweit hochgeladenen SARS-CoV-2-Sequenzen stammen aus Quellen von COG-UK.[5][6][7]

Strategische Ziele

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Die breit aufgestellte Komplettsequenzierung von humanpathogenen (krankheitserregenden) Viren erfüllt mehrere strategische Zwecke innerhalb der Seuchenbekämpfung:[8] Zum einen sollen neu auftretende gefährlichere Erreger-Varianten möglichst schnell erkannt werden. Dies ist COG-UK im Falle der „Kent-Variante“ VOC-202012/01 (alias B.1.1.7, später als Variante Alpha bezeichnet) auch tatsächlich gelungen:[4] Nach Hinweisen von Tulio de Oliveira, der an der Entdeckung der „Südafrikanischen Virusvariante“ N501Y.V2 (alias B.1.351, später als Variante Beta bezeichnet) beteiligt war und in der N501Y-Mutation ein besonderes Potential für beschleunigte Verbreitung vermutete, konnte auch Andrew Rambaut diese Punktmutation in den englischen Daten finden, auch hier verbreitete sich die mutierte Variante besonders rasch.[5] Ein bald erfolgender strikter Lockdown in der Region einschließlich des Großraums London konnte so vermutlich noch schlimmeres verhindern.

Zweitens kann mit dieser Methodik auch das Auftreten von Immun-Escape-Varianten viel schneller als ohne sie entdeckt werden, und die Entwicklung von Impfstoffen, die auch gegen diese Escape-Mutationen stark immunisieren, kann früher beginnen. Ähnliches gilt für die Entwicklung und den Einsatz von monoklonalen Antikörpern. Auch in anderen Fällen ist es zumindest denkbar, dass Therapie und Prävention von der Virusvariante abhängen. Patrick Vallance sagte dazu: „Die Genom-Sequenzierung … kann künftig helfen die Behandlungen zu steuern … .“[1]

Drittens ermöglicht vor allem in der frühen Phase der Epidemie eine Komplettsequenzierung eine viel größere Gewissheit bei der Feststellung von Infektionsketten. Wenn die Viren des (vermuteten) „Ansteckers“ und des Angesteckten identisch oder fast identisch sind, stützt diese Beobachtung die Vermutung, dass dies tatsächlich der Ansteckungsweg war; wenn die Viren der beiden Infizierten sich jedoch wesentlich unterscheiden, kann man nahezu ausschließen, dass der eine sich beim anderen angesteckt hat. Sharon Peacock fasste das in die Worte “Mutations are expected and are a natural part of evolution. Many thousands of mutations have already arisen, and the vast majority have no effect on the virus but can be useful as a barcode to monitor outbreaks.”[4] Die genaue Kenntnis von Infektionsketten kann dann wesentlich dazu beitragen, basierend auf gesichertem Wissen Hygiene-Empfehlungen und -Pflichten zu beschließen.[9]

COG-UK erhielt im März 2020 einen Grundetat von 20 Millionen £, finanziert vom englischen Gesundheitsministerium, UK Research and Innovation (UKRI) und dem Wellcome Sanger Institute.[1] Im November 2020 erhielt das Konsortium einen weiteren Zuschuss vom Gesundheitsministerium, um trotz der im Winterhalbjahr 2020/2021 steigenden Fallzahlen die hohe Rate der Sequenzierungen beizubehalten.[10]

Zu den Partnern des Konsortiums gehören das Wellcome Sanger Institute, das Quadram Institute und 15 Hochschulen: Die Queen’s University Belfast, die University of Birmingham, die Cardiff University, die University of Cambridge, die University of Edinburgh, die University of Exeter, die University of Glasgow, die University of Liverpool, die Northumbria University, die University of Nottingham, die University of Oxford, die University of Portsmouth, das University College London, das Imperial College London und die University of Sheffield.[11]

Das Konsortium wird geleitet von der Exekutivdirektorin Sharon Peacock, Professorin für Mikrobiologie an der Cambridge University.[12][5] Peacock wurde für diesen Aufgabenbereich von ihrer Universität zu Public Health England als Wissenschaftsdirektorin abgeordnet.[13]

Forschungsarbeiten

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Während der COVID-19-Pandemie entwickelten Mitglieder des COG-UK Werkzeuge wie die Software „Phylogenetic Assignment of Named Global Outbreak Lineages“ (PANGOLIN), die vielfach genutzt wird, um Daten über COVID-19-Viren evolutionsgenetisch einzuordnen.[14] Die SARS-CoV-2 Variant of Concern 202012/01 (alias B.1.1.7, später als Variante Alpha bezeichnet) wurde im November 2020 vom COG-UK entdeckt.[4][15] Sie ist Gegenstand weiterer Forschung, die in Großbritannien weiterhin von COG-UK unterstützt wird.[16] Bis Mitte Januar 2021 hat COG-UK zu beinahe 5 % aller festgestellten COVID-19-Infektionen im Land eine Sequenz zur internationalen Sammelstelle GISAID hochgeladen, verglichen mit 3,2 % in den Vereinigten Staaten, 60 % im von der Pandemie weniger betroffenen Australien[5] und deutlich weniger als 0,7 % aus Deutschland.[9] Ungefähr 60 % dieser Sequenzierungen wurden vom Wellcome Sanger Institute durchgeführt.[12] Im Dezember 2020 berichtete BBC, dass COG-UK „die genetische Geschichte von mehr als 150.000 Proben von SARS-Cov-2-Viren verstanden“ habe.[17]

Ausgewählte Publikationen

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  • S. W. Lo, D. Jamrozy: Genomics and epidemiological surveillance. In: Nature reviews. Microbiology. Band 18, Nummer 9, 09 2020, S. 478, doi:10.1038/s41579-020-0421-0, PMID 32690878, PMC 7371787 (freier Volltext).
  • Meredith, Luke W.; Hamilton, William L.; Warne, Ben; Houldcroft, Charlotte J.; Hosmillo, Myra; Jahun, Aminu S.; Curran, Martin D.; Parmar, Surendra; Caller, Laura G.; Caddy, Sarah L.; Khokhar, Fahad A. (1. November 2020). Rapid implementation of SARS-CoV-2 sequencing to investigate cases of health-care associated COVID-19: a prospective genomic surveillance study. In: The Lancet Infectious Diseases. 20 (11): 1263–1271. doi:10.1016/S1473-3099(20)30562-4. PMID 32679081.
  • Rambaut, Andrew; Holmes, Edward C.; O’Toole, Áine; Hill, Verity; McCrone, John T.; Ruis, Christopher; du Plessis, Louis; Pybus, Oliver G. (November 2020). A dynamic nomenclature proposal for SARS-CoV-2 lineages to assist genomic epidemiology. In: Nature Microbiology. 5 (11): 1403–1407. doi:10.1038/s41564-020-0770-5.
  • da Silva Filipe, Ana; Shepherd, James G.; Williams, Thomas; Hughes, Joseph; Aranday-Cortes, Elihu; Asamaphan, Patawee; Ashraf, Shirin; Balcazar, Carlos; Brunker, Kirstyn; Campbell, Alasdair; Carmichael, Stephen (Januar 2021). Genomic epidemiology reveals multiple introductions of SARS-CoV-2 from mainland Europe into Scotland. In: Nature Microbiology. 6 (1): 112–122. doi:10.1038/s41564-020-00838-z.
  • Thomson, Emma C.; Rosen, Laura E.; Shepherd, James G.; Spreafico, Roberto; da Silva Filipe, Ana; Wojcechowskyj, Jason A.; Davis, Chris; Piccoli, Luca; Pascall, David J.; Dillen, Josh; Lytras, Spyros (Januar 2021). Circulating SARS-CoV-2 spike N439K variants maintain fitness while evading antibody-mediated immunity. In: Cell. doi:10.1016/j.cell.2021.01.037. PMC 7843029 (freier Volltext)

Einzelnachweise

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  1. a b c UK launches whole genome sequence alliance to map spread of coronavirus. COG-UK, 23. März 2020, archiviert vom Original am 25. September 2020; abgerufen am 23. Dezember 2020 (amerikanisches Englisch): „Genomic sequencing will help us understand COVID-19 and its spread. It can also help guide treatments in the future and see the impact of interventions. … I am confident that [COG-UK] … will make vital breakthroughs to help us tackle this disease.(Patrick Vallance)“
  2. Sharon Peacock: A short history of the COVID-19 Genomics UK (COG-UK) Consortium. COG-UK, 17. Dezember 2020, archiviert vom Original am 17. Dezember 2020; abgerufen am 19. Januar 2021 (amerikanisches Englisch).
  3. James Gallagher: Coronavirus to be tracked using its genetic code. BBC, 23. März 2020, abgerufen am 23. April 2021 (englisch): „The project - called the Covid-19 Genomics UK Consortium - is a collaboration between the NHS, public health agencies and the Wellcome Sanger Institute universities. Business Secretary Alok Sharma said: "This new consortium will bring together the UK's brightest and best scientists to build our understanding of this pandemic, tackle the disease and ultimately, save lives."“
  4. a b c d Jacqui Wise: Covid-19: New coronavirus variant is identified in UK. In: BMJ. 371. Jahrgang, 16. Dezember 2020, ISSN 1756-1833, doi:10.1136/bmj.m4857, PMID 33328153 (englisch, bmj.com)., freier doi-Volltext
  5. a b c d David Cyranoski: Alarming COVID variants show vital role of genomic surveillance. Nature, 15. Januar 2021, abgerufen am 28. Februar 2021.
  6. In tracking Covid mutations, most countries flying blind. New Straits Times, 22. Januar 2021, abgerufen am 23. Januar 2021.
  7. Matt Ridley: Bio-Britain is leading the world in the science of Covid. Daily Telegraph, 10. Januar 2021, abgerufen am 23. Januar 2021 (britisches Englisch).
  8. Sheri Fink: South Africa announces a new coronavirus variant. In: NY Times. 21. Dezember 2020, abgerufen am 30. April 2021 (englisch): „… scientists across the world track them [i.e. changes and new lineages] to assess whether they affect characteristics such as transmissibility, disease severity and the response to treatments and vaccines.“
  9. a b Markus Grill, Johannes Jolmes: Coronavirus in Deutschland Die schleppende Suche nach den Mutanten. NDR/WDR Tagesschau Investigativ, 28. Januar 2021, abgerufen am 24. April 2021: „… die Muster der SarsCoV2-Übertragung in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Universitäten und am Arbeitsplatz … [zu verstehen: Damit will man] … ein höher aufgelöstes Bild der … [Infektionswege/Bewegung] des Virus erstellen.“
  10. £12.2 million boost for SARS-CoV-2 real-time genomic surveillance - COG-UK Consortium. COG-UK, 16. November 2020, abgerufen am 19. Januar 2021 (britisches Englisch).
  11. Consortium Partners. COG-UK, abgerufen am 22. Dezember 2020.
  12. a b How Britain has done so much sequencing of the coronavirus genome. The Economist, 16. Januar 2021, abgerufen am 28. Februar 2021.
  13. Sharon Peacock: Professor Sharon Peacock - CBE FMedSci | Website and Blog. Archiviert vom Original am 12. April 2021; abgerufen am 19. Januar 2021 (englisch).
  14. COVID-19 Genomics UK (COG-UK) Consortium Report #10 -11th August 2020 (see section 'Summary of major tools and pipelines developed by COG-UK'). COG-UK, 11. August 2020, abgerufen am 23. Januar 2021 (britisches Englisch).
  15. The new Covid variants are a peril to us all. Financial Times;
  16. Update on new SARS-CoV-2 variant and how COG-UK tracks emerging mutations. COG-UK, 14. Dezember 2020, abgerufen am 19. Januar 2021 (amerikanisches Englisch).
  17. Rachel Schraer: Covid: New variant found ‘due to hard work of UK scientists’. British Broadcasting Corporation, 22. Dezember 2020, abgerufen am 23. Januar 2021.