Von Delokalisierung (oft auch π-Elektronen-System) wird in der Chemie gesprochen, wenn ein oder mehrere Elektronen in einer Atomgruppe, sprich einem Molekül oder Molekülion, nicht genau lokalisierbar, sondern über die einzelnen Atome verteilt ist.[1] Zur Beschreibung dieser Ladungsverteilung nach der VB-Theorie verwendet man mesomere Grenzstrukturen.
Ein Spezialfall delokalisierter Ladungen findet sich in konjugierten Systemen aromatischer Verbindungen. Ihre π-Elektronen sind nicht in isolierten, zwei Kohlenstoff-Atomen zugehörigen π-Orbitalen lokalisiert, sondern gehören Molekülorbitalen an, die sich über mehrere C-Atome erstrecken; die π-Elektronen sind in einer „Elektronenwolke“ über die Kohlenstoffatome des gesamten aromatischen Systems verteilt. Ein klassisches Beispiel für ein solches aromatisches Molekül mit delokalisierten π-Elektronen ist Benzol. Die Ringstruktur des Benzols wurde 1865 (fr. Artikel)[2] (dt. Artikel 1866)[3] und die Grenzstrukturen 1872[4] von Kekulé korrekt postuliert.
Moleküle mit zunehmend großen delokalisierten π-Elektronen-Systemen zeigen Absorptionsbanden, die vom UV-Bereich in den sichtbaren wandern. Grund dafür ist der immer geringere energetische Abstand zwischen Grund- und angeregten Zuständen, was sich schon mit dem sehr vereinfachten Modell des Teilchens im Kasten rationalisieren lässt.
Neben z. B. mehrkernigen, anellierten Aromaten tritt dies auch bei linearen π-Elektronen-Systemen wie Carotinoiden auf. Auch hier überlappen die einzelnen π-Bindungen zu einem konjugierten System, man spricht auch von einer partiellen Delokalisation.
Andere Beispiele für solche farbigen π-Elektronen-Systeme sind Charge-Transfer-Komplexe wie Kaliumpermanganat oder Sandwichkomplexe wie Ferrocen und Titanocen.