Dominikanische Laiengemeinschaften, auch ursprünglich Brüder und Schwestern von der Buße des hl. Dominikus,[1] seit 1974 auch Dominikanische Gemeinschaften oder zuweilen kurz Laiendominikaner genannt, sind Mitglieder der römisch-katholischen Kirche, die sich der Ordensfamilie der Dominikaner angeschlossen haben und ein christliches Leben im Geiste der dominikanischen Tradition leben wollen.
Laiendominikaner gestalten ihr Leben in ihrem jeweiligen Stand und Beruf nach der Spiritualität des Dominikanerordens und sind durch die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft untereinander verbunden. Zusammen mit den Ordensmännern und den Ordensfrauen tragen sie das Apostolat des Ordens, die Verkündigung des Evangeliums.
Die dominikanische Spiritualität ruht auf vier Grundsäulen:
Gebet: miteinander und füreinander vor Gott stehen (meditieren und wallfahren)
Gemeinschaft
Studium: Evangelium, Dokumente der Ordenstradition, des kirchlichen Lehramtes und Analysen unserer gegenwärtigen Lebenswelt
Apostolat: den Menschen die Botschaft von der Erlösung in Christus nahebringen.
Zu Beginn durchlaufen Aspiranten eine etwa einjährige Zeit der Einführung und des gegenseitigen Kennenlernens (Kandidat bzw. im Postulat). Nach der Bitte um Aufnahme in die Gemeinschaft wird der Anwärter Kandidat im Noviziat. An dessen Ende steht das Ablegen eines Versprechens für jeweils ein Jahr, die erste Profess. Nach dreijähriger Mitgliedschaft kann das lebenslange Versprechen, die ewige Profess, abgelegt werden, zu der man vollberechtigtes Mitglied der Gemeinschaft und damit auch des Dominikanerordens wird.
Durch ihr Gehorsamsversprechen gegenüber dem Generaloberen werden die Laiendominikaner in den Orden aufgenommen.[2] und haben einen auf ihre besondere Weise eigenen kirchlichen Auftrag im Dominikanerorden: sie haben Teil an der Sendung des Ordens, nämlich der Verkündigung und Ausbreitung des Glaubens (Kapitel 15 der Regel).[3] Die Laien sind mithin unverzichtbarer Bestandteil des Gesamtordens. Dementsprechend heißt es in der Regel von 1985: »Als Mitglieder des Ordens sind sie auf ihre Weise Träger der apostolischen Sendung in Gebet, Studium und Predigt.« (Nr. 4). Nach Vincent de Couesnongle OP, der von 1974 bis 1983 Ordensmeister der Dominikaner war[4], lebt der Tertiar von früher „heute nicht mehr in der dem Kloster angeschlossenen Herberge. Er ‚wohnt‘ aufgrund seines Engagements und seiner Mitverantwortung im Kloster selbst. Das heißt, der ganze Orden würde es sehr spüren, wenn der Laie fehlen würde.“[5]
Im 13. Jahrhundert entstanden die Bettelorden. Am 21. Januar 1217 erkannte PapstHonorius III. den Dominikanerorden (Ordo Praedicatorum) an. Laien schlossen sich den Dominikanern an. Als Organisationsform entstanden Bruderschaften wie die „Unserer Lieben Frau“[6] und wie der Brüder und Schwestern von der Buße des heiligen Dominikus, deren Statuten der siebte Ordensmeister der Predigerbrüder, Munio von Zamora OP (1285–1291), 1286 für die Gruppierung in Orvieto bestätigte[7][8], sowie der „Miliz Jesu Christi“, ein „den Dominikanern unterstellter militärischer Ritterorden“.[9] Im 15. Jahrhundert breiteten sich dominikanische Drittordensgemeinschaften im Zuge der Observanzbewegung aus. „Die Regel des angeblich vergessenen und 1405 päpstlich approbierten dritten Ordens war von Thomas Caffarini unter Berufung auf Munio von Zamora zusammengestellt worden und ist […] ab dem 15. Jahrhundert nachweisbar […] Viele Frauengemeinschaften nahmen zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert die Drittordensregel an“,[10] deren Text mit dem Worten „Incipit Regula Fratrum, et Sororum de Penitentia Beati Dominici“ („Es beginnt die Regel der Brüder und Schwestern des Ordens von der Buße des heiligen Dominicus“) anfängt.
Papst Leo X. erwähnt 1515 in seiner Bulle über die Errichtung der niederländischen ProvinzGermania Inferior von 1515 die colligiisque sororum tercii habitus seu de paenitentia sancti Dominici („Vereinigungen der Schwestern gemäß der dritten Lebensweise oder von der Buße des hl. Dominikus.[11]“)
1923 erfolgten erste Änderungen der Regel. Eine Neubestimmung des Verhältnisses der einzelnen Ordenszweige zueinander erfolgte in der Mitte des 20. Jahrhunderts. In diesem Rahmen wurde den Schwestern und Brüdern des dritten Ordens größere Freiheit und Eigenverantwortlichkeit gegeben. Seitdem lauten die Bezeichnungen nicht mehr erster, zweiter und dritter Orden, sondern man bezeichnet alle als Brüder (zum einen die Kleriker, zum anderen die Laien), Nonnen oder Ordensschwestern sowie „weltliche Laien“, alle verstehen sich als Zweige der „dominikanischen Familie“.[12]
1985 fand der erste Internationale Kongress der Dominikanischen Laiengemeinschaften in Montreal (Kanada) statt.[13] Die Regel der weltlichen Laien wurde überarbeitet und erneuert, und es wurden auf unterschiedlichen Ebenen regionale und weltweite Treffen eingeführt. Für den deutschen Bereich besonders bedeutsam war 2004 die Tagung des Europarates (ECLDF) der Dominikanischen Gemeinschaft in Walberberg bei Köln. 2007 trat der zweite Internationale Kongress der Dominikanischen Gemeinschaft in Buenos Aires (Argentinien) zusammen.[14]
Zur Anzahl liegen unterschiedliche Schätzungen vor: 1928: 90.000;[15] 1936: 100.000, 1966: 130.000[16], 2008: 144.000,[17] 2015: mehr als 150.000 Mitglieder[18] (allein in Vietnam leben 105.000 Laiendominikaner)[19]; für Deutschland 2015: Norddeutsche Ordensprovinz Teutonia 150 Laien (in vierzehn Gemeinschaften[20]), in der süddeutsch-österreichischen Provinz 55 Mitglieder (sechs Gruppen und neun Einzelmitglieder).
Die Laiendominikaner sind weltweit vernetzt und in Provinzen eingeteilt. Eine Provinz besteht aus örtlichen Gruppen („Fraternitäten“), wobei es an einem Ort durchaus auch mehrere Gruppen geben kann. In Deutschland gibt es zwei Provinzen: die norddeutsche „Teutonia“ und die süddeutsch-österreichische „Provinz des hl. Albert“.
In der „Provinz Teutonia“ bestehen Gruppen in folgenden Orten bzw. Diözesen:[22]
Dominikanische Laiengemeinschaften Lacordaire[23], Katharina von Siena[24] und Thomas von Aquin[25] im Erzbistum Berlin
Klaus Bornewasser: Dominikanerinnen und Dominikaner „in der Welt“. In: Thomas Eggensperger, Ulrich Engel (Hrsg.): Frauen und Männer im Dominikanerorden – Geschichte – Spiritualität – aktuelle Projekte. Mainz 1992.
Klaus Bornewasser: Laiendominikaner – weltweit. In: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2015, 78–80.
Burkhardt Conrad: Die anderen Prediger. Die Dominikanische Gemeinschaft als Teil des Ordo Praedicatorum. In: Ordenskorrespondenz – Zeitschrift für Fragen des Ordenslebens. Jg. 52/2011, Nr. 2, 133–142.
Melanie Delpech: Dominikanische Laien – ein Zweig des Dominikanerordens. In: T. Brogl, Hg., Orden der Predigerbrüder. Die Dominikaner in Süddeutschland und Österreich, Wien 2017, 50–59.
Thomas Eggensperger, Ulrich Engel: Dominikanerinnen und Dominikaner. Geschichte und Spiritualität. Kevelaer 2010.
Thomas Eggensperger: Versprechensfeier im Institut Chenu. In: kontakt 2013, 70–71.
Ulrich Engel (Hrsg.): Dominikanische Spiritualität. Leipzig 2000, ISBN 3-7462-1358-4 (DQZ Bd. 1).
William A. Hinnebusch: Kleine Geschichte des Dominikanerordens. Leipzig 2004.
Till Hötzel: Predigt ist Familiensache. Überlegungen zur Dominikanischen Laiengemeinschaft, In: Geist und Leben 89 Jhrg., 2016-1, 14-20.
Gabriele Neu-Yilik: Stilfragen. Einige Reflexionen (nicht nur) über die Laien im Predigerorden. In: W. Hoyer, Hg., Gott loben, segnen, verkündigen. 75 Jahre Dominikanerprovinz des hl. Albert in Süddeutschland und Österreich, Freiburg 2014, 216–249.
Klaus-Bernward Springer: Predigt in der Welt. Über die Geschichte der dominikanischen Laien. In: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2014, 17–20.
Johannes Weise (Hrsg.): Jeder ist ein Wort Gottes für den anderen. Grundlagentexte der Dominikanischen Laiengemeinschaften. Leipzig 2009, ISBN 978-3-7462-2764-1 (Dominikanische Quellen und Zeugnisse Bd. 13).
↑Innozenz VII., Bulle Sedis Apostolice providentia, in: Ripoll und Bremond, Bullarium Ordinis Praedicatorum, Bd. 2 (1281-1430), S. 473–476 Nr. 3, hier 473.
↑Vgl. Z. Roche Ferreira: Eine kurze Geschichte des Europäischen Rates der Dominikanischen Laiengemeinschaften. In: Johannes Weise (Hrsg.): Jeder ist ein Wort Gottes für den Anderen. Grundlagentexte der Dominikanischen Laiengemeinschaft. Leipzig 2009, 18–33, 19.
↑Vgl. Z.Roche Ferreira: Eine kurze Geschichte des Europäischen Rates der Dominikanischen Laiengemeinschaften. In: Johannes Weise (Hrsg.): Jeder ist ein Wort Gottes für den Anderen. Grundlagentexte der Dominikanischen Laiengemeinschaft. Leipzig 2009, 18–33, 20; J.-B. Dousse: Die Dominikanischen Laiengemeinschaften vor und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. In: Johannes Weise (Hrsg.): Jeder ist ein Wort Gottes für den Anderen. Grundlagentexte der Dominikanischen Laiengemeinschaft. Leipzig 2009, 34–52, 42; B. Conrad, Die anderen Prediger. Die Dominikanische Laiengemeinschaft als Teil des Ordo Praedicatorum. In: Ordenskorrespondenz Jg. 52/2011, Nr. 2, S. 133–142, 134.
↑Vgl. William A. Hinnebusch: Kleine Geschichte des Dominikanerordens, Leipzig 2004, 209, 243.
↑Vincent de Couesnongle: Die Laien. Nur Anhängsel oder organischer Teil der Dominikanischen Familie? In: Die Regel und das Direktorium der Laiengemeinschaften im Orden des Heiligen Dominikus. Ordensprovinz Teutonia, Manuskript Düsseldorf o. J. 1989, 22–33 zitiert nach: Thomas Eggensperger, Ulrich Engel: Dominikanerinnen und Dominikaner. Geschichte und Spiritualität. Kevelaer 2010, 198–202, 200.
↑K.-B. Springer: Predigt in der Welt. Über die Geschichte der dominikanischen Laien. In: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2014, 17–20, 18.
↑Bede Jarret, Ferdinand Heckmann, Benedict Zimmerman, Livarius Oliger, Odoric Jouve, Lawrence Hess und John Doyle: Third Orders. In: The Catholic Encyclopedia, Bd. 14. Robert Appleton Company, New York, 1912.
↑Maiju Gardner: Writing Religious Rules as an Interactive Process: Dominican Penitent Women and the Making of Their Regula. In: Speculum 79 (2004), S. 660–687
↑K.-B. Springer: Predigt in der Welt. Über die Geschichte der dominikanischen Laien. In: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2014, S. 17–20, 19.
↑Vgl. K.-B. Springer: Predigt in der Welt. Über die Geschichte der dominikanischen Laien. In: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2014, 17–20, 19.
↑habitus: „Lebensweise, Leben nach Ordensregeln“ (J.F. Niermeyer & C. van die Kieft: Mediae latinitatis lexicon minus, überarbeitet von J.W.J. Burgers. A – L. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. üa. Aufl., Darmstadt 2002.)
↑Generalkapitelsakte von Avila 1986, Nr. 2a, in: J. Weise, Hg., Jeder ist ein Wort Gottes für den Anderen. Grundlagentexte der Dominikanischen Laiengemeinschaften, Leipzig 2009, 258; so auch die so bezeichneten "Generaldeklarationen zur Regel der Dominikanischen Laiengemeinschaften, Nr. 1, 7, in: J. Weise, Hg., Jeder ist ein Wort Gottes für den Anderen. Grundlagentexte der Dominikanischen Laiengemeinschaften, Leipzig 2009, 208-209; so auch im Bericht des Ordensmeisters auf dem Generalkapitel von Mexiko 1992, in: J. Weise, Hg., Jeder ist ein Wort Gottes für den Anderen. Grundlagentexte der Dominikanischen Laiengemeinschaften, Leipzig 2009, 272; Fundamentalkonstitutionen der Brüder des Predigerordens, § IX, in: J. Weise (Hrsg.), Jeder ist ein Wort Gottes für den Anderen. Grundlagentexte der Dominikanischen Laiengemeinschaften, Leipzig 2009, 195.
↑Klaus Bornewasser: Laiendominikaner – weltweit. In: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2015, 78–80, 79.
↑K.-B. Springer: Predigt in der Welt. Über die Geschichte der dominikanischen Laien. In: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2014, 17–20, 19.
↑William A. Hinnebusch: Kleine Geschichte des Dominikanerordens, Leipzig 2004, 215.
↑Thomas Eggensperger, Ulrich Engel: Dominikanerinnen und Dominikaner. Geschichte und Spiritualität, Kevelaer 2010, 236.
↑Klaus Bornewasser: Laiendominikaner – weltweit. In: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2015, 78–80, 78; David M. Kammler OP: Dress-Code: Laie im Predigerorden, in: kontakt 2012, 97–99, 97.
↑K. Bornewasser: Laiendominikaner – weltweit. In: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2015, 78–80, 79; G. Neu-Yilik, Stilfragen. Einige Reflexionen (nicht nur) über die Laien im Predigerorden, in: W. Hoyer (Hrsg.): Gott loben, segnen, verkündigen. 75 Jahre Dominikanerprovinz des hl. Albert in Süddeutschland und Österreich, Freiburg 2014, 216–249, 230.
↑Klaus Bornewasser: Laiendominikaner – weltweit, in: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2015, 78–80, 78; für 2012 nennt Hartmann 183 Mitglieder und 13 Gemeinschaften vgl. Christine Hartmann, Frau Präsidentin, die Woorsch!… in: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2012, 68-69. 68; 1980 waren es 650 Personen vgl. Klaus Bornewasser: Laiendominikaner – weltweit, in: kontakt. Freundesgabe der Dominikaner der Provinz Teutonia 2015, 78–80, 78; Klaus Bornewasser: Dominikanerinnen und Dominikaner „in der Welt“, in: Thomas Eggensperger, Ulrich Engel (Hrsg.): Frauen und Männer im Dominikanerorden – Geschichte – Spiritualität – aktuelle Projekte, Mainz 1992, 194–199, 196.
↑G. Neu-Yilik: Stilfragen. Einige Reflexionen (nicht nur) über die Laien im Predigerorden. In: W. Hoyer (Hrsg.), Gott loben, segnen, verkündigen. 75 Jahre Dominikanerprovinz des hl. Albert in Süddeutschland und Österreich, Freiburg 2014, 216–249, 218–219.