Echte Hirsche

Echte Hirsche

Rothirsch (Cervus elaphus)

Systematik
Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
ohne Rang: Stirnwaffenträger (Pecora)
Familie: Hirsche (Cervidae)
Unterfamilie: Cervinae
Tribus: Echte Hirsche
Wissenschaftlicher Name
Cervini
Goldfuss, 1820

Die Echten Hirsche (Cervini) sind eine Tribus der Hirsche (Cervidae). Die derzeit rund 40 Arten dieser Gruppe leben größtenteils in Eurasien, ein geringerer Teil auch in Nordamerika. Am bekanntesten davon sind der Rothirsch und der Damhirsch.

Sie sind charakterisiert durch eine „plesiometacarpale“ Zehenstellung (das heißt, dass nur die proximalen (am Fuß anliegenden) Teile der verkleinerten 2. und 5. Zehen vorhanden sind). Dieses Merkmal teilen sie mit den Muntjakhirschen, die ihre nächsten Verwandten darstellen, von denen sie sich aber durch das größere, verzweigtere Geweih deutlich unterscheiden.

Folgende Gattungen und Arten werden unterschieden:[1][2]

  • Tribus Cervini Goldfuss, 1820
  • Gattung Axishirsche oder Fleckenhirsche (Axis C. H. Smith, 1827)
  • Axishirsch oder Chital (Axis axis (Erxleben, 1777))
  • Axis porcinus-Gruppe
  • Gattung Elaphurus Milne-Edwards, 1866
  • Gattung Edelhirsche oder Rothirsche (Cervus Linnaeus, 1758)
  • Weißlippenhirsch (Cervus albirostris Przewalski, 1883; auch Przewalskium albirostris)
  • Cervus elaphus-Gruppe (westliche Rothirsche)
  • Cervus canadensis-Gruppe (östliche Rothirsche und Wapitis)
  • Cervus nippon-Gruppe (Sikahirsche)
  • Cervus unicolor-Gruppe (Sambarhirsche)
Innere Systematik der Echten Hirsche nach Mackiewicz etal. 2022[3]
 Cervini  



 Cervus


   

 Panolia


   

 Elaphurus




   

 Dama



   

 Axis


   

 Rucervus




Vorlage:Klade/Wartung/Style

Die Systematik der Echten Hirsche ist komplex. Die Gattungen Elaphorus, Rucervus und Rusa wurden ursprünglich in einer gemeinsamen Gattung, den Edelhirschen (Cervus) zusammengefasst. Aufgrund von Untersuchungen der Verwandtschaft zwischen den Edelhirschen und Vertretern anderer Hirschgattungen, die vor allem von B. C. Emerson und M. L. Tate im Jahr 1993 vorgestellt wurden, wurde die Gattung als paraphyletisch erkannt. Den Analysen zufolge waren die Sambarhirsche (Rusa) dichter mit den Damhirschen (Dama) und den Axishirschen (Axis) als mit anderen Edelhirschen verwandt. Der Rothirsch und der Sikahirsch sollten wiederum eine gemeinsame Klade mit dem Davidshirsch bilden.[4] Dem Rechnung tragend, wurden diese Verwandtschaftsgruppe in die vier Gattungen Cervus, Elaphorus, Rucervus und Rusa aufgeteilt. Spätere Untersuchungen ergaben jedoch, dass die Gattung Rucervus in ihrer damaligen Definition ebenfalls paraphyletisch ist und einerseits mit den Axishirschen verbunden ist (Barasinghas), andererseits den Edelhirschen nahesteht (Leierhirsche). Demzufolge wurde letztere als Gattung Panolia abgespalten. Die Sambarhirsche wiederum erwiesen sich als tiefer in die Edelhirsche eingebettet als anfangs angenommen. Gleiches gilt für den Weißlippenhirsch, der häufig noch mit der eigenständigen Gattung Przewalskium ausgehalten wird. Auch hier zeigen genetische Daten, dass die Art tief in der Gattung Cervus verankert ist,[5][6][7] wodurch sowohl Rusa als auch Przewalskium nun zu den Edelhirschen gezählt werden.[8][2][3] Alternativ besteht der Vorschlag, dass der gesamte Verwandtschaftskomplex mit Elaphurus und Panolia wieder zu Cervus zusammengeführt wird.[7]

Genetische Untersuchungen haben auch dazu geführt, dass einige Unterarten des Rothirsches jetzt Artstatus erhalten. Rothirsche, Wapiti und die Hangule ordnete man alle als Cervus elaphus ein und unterstellte eine kontinuierliche Verbreitung von Eurasien bis nach Nordamerika. Als Beleg für diese These galt, dass diese Hirsche untereinander fruchtbaren Nachwuchs zeugen konnten. DNA-Untersuchungen an hunderten von Tieren haben zu einer anderen Arteinteilung geführt: Demnach bestehen mehrere größere Verwandtschaftsgruppen innerhalb der ehemaligen Art Cervus elaphus, die einerseits die westlichen Rothirsche (Cervus elaphus-Gruppe) mit einer Verbreitung in Europa, Nordafrika und Kleinasien, andererseits die östlichen Wapitis (Cervus canadensis-Gruppe) mit einer Verbreitung im östlichen Nordasien und Nordamerika umfassen. Letztere stehen zudem den Sikahirschen (Cervus nippon-Gruppe) näher.[5][6][8] Aufgrund dessen wurde während einer Revision der Hirsche aus dem Jahr 2011 zahlreiche ehemalige Unterarten von Cervus elaphus in den Artstatus erhoben. Dies betrifft allerdings nicht nur die größeren Gruppen des westlichen Rothirschs und des östlichen Wapiti, sondern auch einzelne weitere Unterarten innerhalb dieser.[2]

Commons: Cervinae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. S. Mattioli: Family Cervidae (Deer). In: Don E. Wilson, Russell A. Mittermeier (Hrsg.): Handbook of the Mammals of the World. Volume 2: Hooved Mammals. Lynx Edicions, Barcelona 2011, ISBN 978-84-96553-77-4, S. 350–443
  2. a b c Colin Groves und Peter Grubb: Ungulate Taxonomy. Johns Hopkins University Press, 2011, S. 1–317 (S. S. 71–107)
  3. a b Paweł Mackiewicz, Maciej Matosiuk, Magdalena Świsłocka, Frank E. Zachos, Ghaiet M. Hajji, Alexander P. Saveljev, Ivan V. Seryodkin, Tarlan Farahvash, Hamid Reza Rezaei, Rasoul Vaez Torshizi, Stefano Mattioli und Mirosław Ratkiewicz: Phylogeny and evolution of the genus Cervus (Cervidae, Mammalia) as revealed by complete mitochondrial genomes. Scientific Reports 12, 2022, S. 16381, doi:10.1038/s41598-022-20763-x
  4. B. C. Emerson und M. L. Tate: Genetic Analysis of Evolutionary Relationships Among Deer (Subfamily Cervinae). Journal of Heredity 84, 1993, S. 266–273
  5. a b Christian J. Ludt, Wolf Schroeder, Oswald Rottmann und Ralph Kuehn: Mitochondrial DNA phylogeography of red deer (Cervus elaphus). Molecular Phylogenetics and Evolution 31, 2004, S. 1064–1083 (wzw.tum.de (Memento vom 30. November 2007 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt)
  6. a b Christian Pitra, Joerns Fickel, Erik Meijaard und P. Colin Groves: Evolution and phylogeny of old world deer. Molecular Phylogenetics and Evolution 33, 2004, S. 880–895
  7. a b Alexandre Hassanin, Frédéric Delsuc, Anne Ropiquet, Catrin Hammer, Bettine Jansen van Vuuren, Conrad Matthee, Manuel Ruiz-Garcia, François Catzeflis, Veronika Areskoug, Trung Thanh Nguyen und Arnaud Couloux: Pattern and timing of diversification of Cetartiodactyla (Mammalia, Laurasiatheria), as revealed by a comprehensive analysis of mitochondrial genomes. Comptes Rendus Palevol 335, 2012, S. 32–50
  8. a b Colin P. Groves: The genus Cervus in eastern Eurasia. European Journal of Wildlife Research 52 (2), 2006, S, 14–22