Girardon arbeitete anfangs in Paris in dem Atelier des Bildhauers François Anguier und ging später nach Rom. Nach seiner Rückkehr ernannte man ihn 1650 zum ersten Inspektor der Bildhauerarbeiten. 1659 berief man ihn als Professor an die Académie royale de peinture et de sculpture und 1695 wurde er dort auch Kanzler. Im Alter von 87 Jahren starb François Girardon am 1. September 1715 in Paris.
Girardon gehört zu den bedeutendsten Künstlern seiner Zeit. Er gehörte zu den führenden Künstlern, die an Ausgestaltung und Skulpturenschmuck von Schloss und Park in Versailles maßgeblich beteiligt waren. Er galt als trefflich in der Komposition sowie in ausdrucksvoller Darstellung der Köpfe. Die meisten seiner Werke lassen auch ein gründliches Studium der Antike erkennen und dadurch galt Girardon der zeitgenössischen Kunstkritik in Frankreich weit mehr als Gian Lorenzo Bernini, der einem typisch italienischen hochbewegten barocken Ideal folgte, während man in Frankreich einen gemäßigteren klassizistischen Stil pflegte.
Aus einer nationalistisch gefärbten Sicht deutschsprachiger Autoren des 19. Jahrhunderts wurde einst bemängelt, man müsse ihm „Reichtum an Erfindung absprechen und seine allzu theatralische Darstellungsweise tadeln“ und man suche „tieferen geistigen Ausdruck … bei Girardon vergebens“ (siehe Literaturangaben). Diese letztlich sehr abfällige Kritik ist vermutlich aus Nationalismus geboren, was im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts nichts Ungewöhnliches war. Über 100 Jahre später werden verschiedene seiner Arbeiten zu den wichtigsten in der Geschichte der Bildhauerei gezählt.
Antoine H. Corrad de Breban: Notice sur la vie et les œuvres de Girardon. Edition Fèvre, Troyes 1850.
Joseph Manca, Patrick Bade, Sarah Kielt Costello: 1000 Meisterwerke der Bildhauerei. 1. Auflage. Parkstone International, New York 2017, ISBN 978-1-78310-409-3, S.298 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Hans-Jürgen Döpp, Joe A. Thomas, Victoria Charles: 1000 Erotische Meisterwerke. 1. Auflage. Parkstone International, New York 2017, ISBN 978-1-78310-413-0, S.185 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Alexandre Maral: François Girardon (1628–1715). Le sculpteur de Louis XIV. Arthena, Paris 2015, ISBN 978-2-903239-55-8.
Ulrike Keuper: Die ‚Gallerie‘ des Bildhauers François Girardon. Ein Sammlungskatalog als Medium der Selbstmusealisierung. In: Matthias Krüger, Léa Kuhn, Ulrich Pfisterer (Hrsg.): Pro domo. Kunstgeschichte in eigener Sache. Brill, Paderborn 2021, ISBN 978-3-7705-6506-1, S. 53–87.
Artemis Klidis: François Girardon. Bildhauer in königlichen Diensten 1663–1700. VDG, Weimar 2001, ISBN 978-3-89739-213-7.
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