Friedrich Achleitner (* 23. Mai 1930 in Schalchen, Oberösterreich; † 27. März 2019 in Wien;[1] der Name wird auf der zweiten Silbe betont[2]) war ein österreichischer Architekt, Architekturkritiker und Schriftsteller. Als Literat war er ein Hauptvertreter des modernen Dialektgedichts und der Konkreten Poesie, als Essayist ein bedeutender Kritiker und Chronist der modernen Architektur. Er war Mitglied des Vereins Landluft – Verein zur Förderung der Baukultur in ländlichen Räumen.
Friedrich Achleitner war der Sohn eines Landwirts und Müllers, der sich zum Mühlenbautechniker weiterbildete. Die Familie erlebte die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs am eigenen Leib: Kurz vor Ende der Kampfhandlungen wurde das elterliche Wohnhaus stark beschädigt und unbewohnbar.
Nach der Matura ging Achleitner nach Wien und studierte dort von 1950 bis 1953 Architektur an der Akademie der bildenden Künste. 1953 machte er bei Clemens Holzmeister sein Diplom.
Anschließend arbeitete er als freischaffender Architekt in einer Arbeitsgemeinschaft mit Johann Georg Gsteu, die 1956 bis 1958 für die damals umstrittene Umgestaltung des Innenraums der Pfarrkirche Hetzendorf („purifizierende Neuinterpretation“ der neoromanischen Architektur) verantwortlich war.
Nebenberuflich studierte Achleitner in der Meisterschule von Emil Pirchan Bühnenbild.
1958 hörte Achleitner mit der praktischen Architektur auf und wurde freier Schriftsteller. Er wird zur Wiener Gruppe gezählt, die vor allem moderne Dialektgedichte verfasste. Innerhalb dieser Gruppe lenkte Achleitner sein Interesse vor allem auf phonetische Schreibweisen. 1959 erschien als Gemeinschaftsarbeit Achleitners mit H. C. Artmann und Gerhard Rühm das Buch hosn rosn baa, acht Jahre später der Sammelband die wiener gruppe.
Ab 1961 wandte sich Friedrich Achleitner neuerlich der Architektur zu, als Kritiker für die Abendzeitung (Kolumne Bausünden) und von 1962 bis 1972 für Die Presse. In seinen Beiträgen kritisierte er vehement die Zerstörung alter Bausubstanz und innerstädtische Bebauungsverdichtung durch Hochhäuser (etwa das Gartenbauhochhaus oder das Hotel Intercontinental Wien). Von 1963 bis 1983 lehrte Achleitner an der Akademie der bildenden Künste Geschichte der Baukonstruktion.
Neben Dialektgedichten arbeitete Achleitner, angeregt von Eugen Gomringer, an Konkreter Poesie und Montagetexten. Mit dem quadratroman (1973) systematisierte Achleitner seine bis dahin unternommenen typographischen Studien, indem er den Helden seines Romans, das titelgebende Quadrat, insgesamt 174-mal (inklusive Einband und Impressum) mit Über-, Unter-, Ein-, Aus- und Beschreibungen versah.
1983 wurde Achleitner Vorstand der Lehrkanzel für Geschichte und Theorie der Architektur an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Seit seiner Emeritierung 1998 hat Achleitner wieder belletristische Werke veröffentlicht.
Von 1965 bis 2010 arbeitete Friedrich Achleitner an seinem Hauptwerk, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, einem Führer in vier Bänden, von denen drei (Band III in drei Teilen) bis 2010 erschienen sind. (Band IV, Niederösterreich, müsse nun von Jüngeren erstellt werden, sagte Achleitner.)[3][4]
Für diese weltweit einzigartige Arbeit hat Achleitner jahrzehntelang Material gesammelt und ausgewertet, hat jedes im Führer erwähnte Bauwerk besichtigt und hat Österreich somit architektonisch durchmessen. Der Kritiker Stephan Reimertz sprach von einem
„Ergebnis konsequenter Primärforschung, beruhend auf der Auswertung sämtlicher vorhandener archivalischer Quellen, der persönlichen authentischen Besichtigung aller Bauten und deren sprachlich architekturkritischer Bewertung.“[5]
1981 promovierte Achleitner mit dem seit 1980 veröffentlichten Werk an der Technischen Universität Graz zum Dr. techn. (Doktor der Technik).[6]
Das dem Werk zugrunde liegende Archiv wurde 2000 anlässlich Achleitners 70. Geburtstag von der Stadt Wien angekauft und dem Architekturzentrum Wien zur Gründung einer Datenbank zur österreichischen Architektur übergeben. Der Bestand des Archivs umfasst 25.030 Karteikarten, 66.500 Fotonegative, 37.800 Diapositive, 13.800 Fotoabzüge, 570 Plandarstellungen, 250 Begehungspläne und 1030 Bücher, Broschüren, Kataloge und Zeitschriften.[7]
Friedrich Achleitner starb am 27. März 2019 in Wien. Die Trauerfeier fand am 11. April 2019 in der Feuerhalle Simmering statt. Seine Asche wurde am 30. April 2019 auf dem Friedhof der Feuerhalle Simmering in einer ehrenhalber gewidmeten Grabstelle bestattet (Abteilung 1, Ring 1, Gruppe 2, Nummer 22).[8]
Achleitners literarischer Nachlass befindet sich seit 2023 im Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek.
„Gustav Mahler hat so schön gesagt: ‚Nicht die Asche, sondern das Feuer soll weitergetragen werden.‘ Regionale Architektur gibt es immer, sie soll nur nicht regionalistisch werden. Also keine formalen Einkleidungen, Trachten, sondern eine Architektur, die sich aus den kulturellen, personellen und ökonomischen Ressourcen eines Landes entwickelt. Maßstab sind natürlich die großen internationalen Strömungen. Das war immer so, von der Gotik über die Renaissance bis zum Historismus und zur Moderne.“[9]
Achleitner war in erster Ehe mit der Fotokünstlerin Karin Mack verheiratet und hatte mit ihr zwei Kinder.[10]
Von 1972 bis zu seinem Tod war er mit Barbara Achleitner verheiratet, dieser Ehe entstammt eine Tochter.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Achleitner, Friedrich |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schriftsteller und Architekt |
GEBURTSDATUM | 23. Mai 1930 |
GEBURTSORT | Schalchen, Bezirk Braunau am Inn |
STERBEDATUM | 27. März 2019 |
STERBEORT | Wien |