Thiersch wurde als zweiter Sohn des Landwirts Benjamin Thiersch im thüringischen Dorf Kirchscheidungen an der Unstrut geboren. Einer seiner Brüder ist der Dichter des Preußenliedes, Bernhard Thiersch.
Thiersch heiratete 1816 die Malerin Amalie Löffler (1794–1878) eine Tochter des evangelischen Pfarrers in Gotha sowie Generalsuperintendenten und Mitbegründer des Gothaer Schulwesens Josias Friedrich Löffler (1752–1816) und dessen Frau Sophie Silberschlag (1772–1799). Gemeinsam hatten sie vier Söhne und drei Töchter[1].
Schon bald nach seiner Ankunft in München geriet Thiersch in Streit mit seinen Vorgesetzten am Gymnasium und mit den Kreisen um den Baron Johann Christoph von Aretin. Einerseits wurde ein Konflikt zwischen protestantischem Norden und katholischem Süden ausgetragen; andererseits herrschte Uneinigkeit darüber, ob man weiterhin mit dem Frankreich Napoleons zusammenarbeiten sollte, was besonders Aretin befürwortete, sowie ob man von der aufklärerischen Bildungspolitik abrücken sollte, um sich einem neuhumanistischen Bildungswesen zuzuwenden. Als am Rosenmontag 1811 ein Mordanschlag auf Thiersch erfolgte, schob dieser die Schuld auf seine Gegner um Baron Aretin; tatsächlich war eine Liebesaffäre Anlass für den Anschlag.
1812 gründete Friedrich Thiersch das mit der Bayerischen Akademie der Wissenschaften verbundene Philologische Institut. Von 1811 bis 1829 gab er die vierbändigen Acta philologorum Monacensium heraus, das Forum des Philologischen Instituts.
Nach der Thronbesteigung Ludwigs I. 1825 wurde Thiersch mit der Umgestaltung des höheren Bildungswesens beauftragt. Im von ihm verfassten Lehrplan von 1829 wurde der Unterricht an den Gymnasien fast vollständig auf das Erlernen der alten Sprachen reduziert. Dies kam den Vorstellungen des Königs nahe, der seinen dynastischen Patriotismus mit einem klassizistischen Ethos verschmelzen wollte (siehe Walhalla). Bei seiner Reise nach Griechenland im Jahre 1831 führte er Grabungen im Schatzhaus des Atreus und in Tiryns durch.[2]
Nach Friedrich Thiersch wurde 1877 in München im Stadtteil Lehel (Stadtbezirk 1 – Altstadt-Lehel/Lehel) die Thierschstrasse 48.1343211.58452 benannt.[7]
In Athen wurde die Theirsiou-Straße (griechischΘειρσίου; 37° 59′ 52,7″ N, 23° 43′ 18,1″ O37.99797222222223.721694444444) nach ihm benannt.[8]
Die Grabstätte von Friedrich Thiersch befindet sich auf dem Alten Südlichen Friedhof in München (Gräberfeld 41 – Reihe 1 – Platz 16) Standort48.12505555555611.563277777778. In dem Grab sind auch Thierschs Frau Amalie und sein Sohn Ludwig bestattet[9]. Das Grabmal verwendet Stilformen des späten Klassizismus mit einer Büste Friedrich Wilhelm von Thierschs. Die Urheberschaft für Grabmal und Büste kann auf Grund deutlicher Übereinstimmung mit dem Grabmal für Justus von Liebig (Grablage 40-12-11 schräg gegenüber) und dem Grabmal für den Akademischen Gesangsverein (Grablage 12-9-47/49) mit hoher Sicherheit dem Bildhauer Anselm Sickinger zugeschrieben werden[10].
Betrachtungen über die angenommenen Unterschiede zwischen Nord- und Süddeutschland: Ein Beytrag zur Kenntniss der neuesten Äusserungen des Zeitgeistes. Stöger, München 1809. (Digita. lisat)
Über die neugriechische Poesie, besonders über ihr rhythmisches und dichterisches Verhältniß zur altgriechischen. Cotta, Tübingen 1828. (Digitalisat)
Über den Cinctus Gabinus. 1829. In: Jahresberichte der Königlich Bayer'schen Akademie der Wissenschaften. 1 (1827–1829)
Ueber eine Tabula honestae missionis im königl. Antiquarium dahier, und die Bruchstücke von zwey andern. Wolf, München 1829. (Digitalisat)
Über ein noch unedirtes, vom Landschaftsmaler Hn. Carl Rottmanner aus Sicilien gebrachtes, christlich-griechisches Epitaphium. 1829. In: Jahresberichte der Königlich Bayer'schen Akademie der Wissenschaften. 1 (1827–1829)
Über den Zustand der Universität Tübingen. Cotta, Stuttgart/Tübingen 1830. (Digitalisat)
Unwürdige Ausfälle auf die Universität Tübingen. Laupp, Tübingen 1830. (Digitalisat)
Über die Schicksale und Bedürfnisse der Ludwigs-Maximilians-Universität zu München. Cotta, München/Stuttgart/Tübingen 1830. (Digitalisat)
Bemerkungen über ein von Winkelmann herausgegebenes Relief im K. Antiquarium. München 1831. In: Jahres-Berichte der Königlich Baijer'schen Akademie der Wissenschaften 2 (1829/31), Seite 60–61, 1 ungezähltes Blatt Bildtafel. (Digitalisat)
Über eine Patera Etrusca des K. Antiquarium. München 1831. In: Jahres-Berichte der Königlich Baijer'schen Akademie der Wissenschaften 2 (1829/31), Seite 53–54, 1 ungezähltes gefaltetes Blatt Bildtafel. (Digitalisat)
De l'état actuel de la Grèce et des moyens d'arriver à sa restauration. 2 Bände. Brockhaus, Leipzig 1833. (Digitalisat Band 1), (Band 2)
Ludovico Primo Bavariae regi ... et Theresae reginae ... tori genialis quinque lustra feliciter practa pie gratulatur Universitas Ludovico-Maximilianes Monacensis. 1835.
Über die neuesten Angriffe auf die Universitäten. Cotta, Stuttgart/Tübingen 1837. (Digitalisat)
Gedächtnißrede auf Georg Friedrich weil. Freyherrn von Zentner. Franz, München 1837. (Digitalisat)
Über die dramatische Natur der platonischen Dialoge. Verlag der Akademie, München 1837. (Digitalisat)
Über den gegenwärtigen Zustand des öffentlichen Unterrichts in den westlichen Staaten von Deutschland, in Holland, Frankreich und Belgien. 3 Bände. Cotta, Stuttgart/Tübingen 1838. (Digitalisat Band 1), (Band 2), (Band 3)
Über die Topographie von Delphi. 1840 (Digitalisat)
Über das Verhältniß der Philologie und der classischen Studien zu unserer Zeit. 1840.
Über Protestantismus und Kniebeugung in Bayern. Drei Sendschreiben an den Herrn geistlichen Rath und Professor Dr. Ignaz Döllinger Bayrhoff, Marburg 1844. (Digitalisat)
Über die hellenischen bemalten Vasen. Akademie, München 1844. (Digitalisat)
Allgemeine Ästhetik in akademischen Lehrvorträgen. Reimer, Berlin 1846. (Digitalisat)
Apologie eines Philhellenen wider den Fürsten Hermann L. G. v. Pückler. Literarisch-Artistische Anstalt, München 1846. (Digitalisat)
Rede beim Antritt des Rektoramtes der Ludwig-Maximilians-Universität. Wolf, München 1847. (Digitalisat)
Sicilianische Sonette vom Jahre 1845. Kaiser, München 1848. (Digitalisat)
Rede zur Vorfeyer des hohen Geburtsfestes Sr. Majestät des Königs Maximilian II. 1849.
Über die praktische Seite wissenschaftlicher Thätigkeit. Verlag der Akademie, München 1849. (Digitalisat)
Viro amplissimo illustrissimo doctissimo Friderico de Thiersch ... de gymnasiis Bavariae eorumque praeceptoribus optime merito post mandatos summos in philosophia honores XVIII. die junii a. MDCCCLVIII decem lustra egregia cum laude peracta laetis animis piisque votis gratulantur Gymnasii Ludoviciani rector et professores. 1858.
Festgabe zu dem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum des Herrn Geheimenrathes Friedrich von Thiersch am 18. Juni 1858. 1858.
Friedrich Thiersch's Leben (Aus seinen Briefen). herausgegeben von H. W. J. Thiersch, 2 Bände, 1866. (Digitalisat Band 1), (Band 2)
Georg Martin Thomas: Gedächtnisrede auf Friedrich von Thiersch: vorgetragen in der öffentlichen Sitzung der k. Akademie der Wissenschaften am 28. November 1860 als am allerhöchsten Geburtsfeste Seiner Majestät des Königs Maximilian II. von Bayern, Verlag G. Franz, 1860 [1]
Hans Loewe: Friedrich Thiersch und die griechische Frage. Straub, München 1913.
Hans Loewe: Friedrich Thiersch. Ein Humanistenleben im Rahmen der Geistesgeschichte seiner Zeit. Die Zeit des Reifens. Oldenbourg, München und Wien 1925.
Friedrich Hoppe: Aus der Jugendzeit eines berühmten Kirchscheidungers. (Friedrich Wilhelm Thiersch), In: Naumburger Heimat. Nr. 22, (10. Juni 1931)
Hans-Martin Kirchner: Friedrich Thiersch. Ein liberaler Kulturpolitiker und Philhellene in Bayern. Veröffentlichungen des Instituts für Geschichte Osteuropas und Südosteuropas der Universität München, Band 16. Hieronymus, München 1996, 422 S., ISBN 3-928286-20-X.
Günter Wirth: Die Familie Thiersch aus Kirchscheidungen bei Naumburg, Ihr Weg in die Leistungs- und Verantwortungselite Deutschlands. Saale-Unstrut-Jahrbuch 2010, Jahrbuch für Kulturgeschichte und Naturkunde der Saale-Unstrut-Region, Hrsg. vom Saale-Unstrut-Verein für Kulturgeschichte und Naturkunde e.V. 15. Jahrgang, S. 75 ff.
Peter Aufgebauer: Jubel – Protest – Philologie: die Gründung des "Vereins deutscher Philologen und Schulmänner" 1837 in Göttingen. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte. Bd. 82, 2010, S. 95–110.
Eine Vielzahl digitalisierter urheberrechtsfreier Werke von und über Friedrich Thiersch findet sich in den Digitalen Sammlungen der Bayerischen Staatsbibliothek [2]: Einfach „Thiersch“ in dem oberen Suchfeld eingeben.
↑Sylvia Krauss-Meyl: Thiersch, Friedrich von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band26. Duncker & Humblot, Berlin 2016, ISBN 978-3-428-11207-4, S.133 (deutsche-biographie.de [abgerufen am 26. August 2024]).
↑Katarina Horst: Friedrich Wilhelm Thiersch. Humanist und Philhellene. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.): Mykene: Die sagenhafte Welt des Agamemnon. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2018, S.22–23.
↑Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 239.
↑Katarina Horst: Friedrich Wilhelm Thiersch. Humanist und Philhellene. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.): Mykene: Die sagenhafte Welt des Agamemnon. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2018, S.22–23.
↑Carl Heinrich Csapari: Rede bei der Beerdigung des Herrn Friedr. Wilh. v. Thiersch, etc. am 27. Februar 1860
↑Stefan Krmnicek, Marius Gaidys: Gelehrtenbilder. Altertumswissenschaftler auf Medaillen des 19. Jahrhunderts. Begleitband zur online-Ausstellung im Digitalen Münzkabinett des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Tübingen (= Von Krösus bis zu König Wilhelm. Neue Serie, Band 3). Universitätsbibliothek Tübingen, Tübingen 2020, S. 86–88 (online).
↑Claudia Denk, John Ziesemer: Familiengrabstätte Friedrich Wilhelm von Thiersch. In: Kunst und Memoria, Der Alte Südliche Friedhof in München. 2014, S. 495.