Giacomo Rizzolatti

Giacomo Rizzolatti (2012)

Giacomo Rizzolatti (* 28. April 1937 in Kiew) ist ein italienischer Neurophysiologe. Er wurde 1961 an der Universität Padua promoviert und schloss drei Jahre später dort seine neurologische Weiterbildung ab. Rizzolatti ist heute emeritierter Professor der Universität Parma und leitet eine Forschungsgruppe zum Thema Spiegelneurone.[1]

Giacomo Rizzolatti gilt als einer der bedeutendsten Hirnforscher unserer Zeit. Seit den 1980er Jahren beschäftigt sich Rizzolatti mit der Erforschung von Nervenzellen, die Handlungen steuern und daher „Handlungsneurone“ genannt werden. Im Jahr 1992 erreichte Rizzolatti mit einem einfachen Experiment mit Affen einen wissenschaftlichen Durchbruch auf diesem Gebiet. Rizzolatti wies nach, dass im Gehirn eines Affen die gleichen neuralen Prozesse ablaufen, egal, ob er ein eigenes Verhalten zeigt oder dieses nur beobachtet. Hierfür wurden die Hirnströme von Affen gemessen, wenn sie eine Nuss finden und verspeisen oder nur durch eine Glasscheibe beobachten, wie ein Artgenosse dies tut. In beiden Fällen kam es zu identischen Abläufen im Gehirn der Affen. Noch nie zuvor war experimentell gemessen und verglichen worden, wie ein Gehirn reagiert, wenn ein eigenes Verhalten gezeigt oder nur beobachtet wird. Die Nervenzellen, die beim Beobachten die gleichen Reaktionen zeigen wie beim eigenen gezeigten Verhalten, nannte Rizzolatti Spiegelneurone. Seit Rizzolattis Erfolg erforschen Wissenschaftler mehrerer Fachrichtungen überall auf der Welt die Spiegelneurone. Rizzolatti selbst arbeitet bis heute an der Universität Parma auf diesem Gebiet. Die Erforschung der Spiegelneurone gilt mancherorts als wichtiger Baustein zur Diskussion der Fragen, warum der Mensch zu Empathie fähig ist, sich sozial verhält und wie die menschliche Moral entstanden sein könnte.[2][3][4]

Nachfolgende Forschungen, insbesondere in den Neurowissenschaften, haben bislang für keine Spezies Anhaltspunkte für den von Rizzolatti erdachten Zusammenhang von Spiegelneurone und Empathie (Mitgefühl) erbracht.[5][6][7][8][9][10][11] Als Teil dieser Kritik wurde insbesondere hervorgehoben, dass empathisches Verhalten nicht mit Nachahmungsverhalten (vgl. Gefühlsansteckung) verwechselt werden darf.

Schriften (Auswahl)

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  • Giacomo Rizzolatti, Corrado Sinigaglia: Empathie und Spiegelneurone: Die biologische Basis des Mitgefühls. Frankfurt am Main.: Suhrkamp, 2008, ISBN 978-3-518-26011-1. (Originaltitel: So Quel che fai - Il cervello che agisce e i neuroni specchi. 2006, ISBN 88-6030-002-9)
  • Giacomo Rizzolatti, Lisa Vozza: Nella mente degli altri. Neuroni specchio e comportamento sociale. Zanichelli, 2007, ISBN 978-88-08-06671-8.
  1. Uni Padua (Memento des Originals vom 7. Februar 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.unipr.it
  2. Im Kapitel „Ich fühle was, was du auch fühlst - Lohnt es sich, gut zu sein?“ In: Richard David Precht: Wer bin ich - und wenn ja wie viele? Eine philosophische Reise. Goldmann, München 2007, ISBN 978-3-442-31143-9. werden Rizzolattis Forschungen detailliert beschrieben.
  3. Giacomo Rizzolatti, Corrado Sinigaglia: Empathie und Spiegelneurone: Die biologische Basis des Mitgefühls. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-518-26011-1.
  4. Gregory Hickok: Warum wir verstehen, was andere fühlen: Der Mythos der Spiegelneuronen. Carl Hanser Verlag, München 2015, ISBN 978-3-446-44326-6.
  5. I. Dinstein, C. Thomas, M. Behrmann, D. J. Heeger: A mirror up to nature. In: Current biology : CB. Band 18, Nummer 1, Januar 2008, ISSN 0960-9822, S. R13–R18, doi:10.1016/j.cub.2007.11.004, PMID 18177704, PMC 2517574 (freier Volltext) (Review).
  6. G. Hickok: Eight problems for the mirror neuron theory of action understanding in monkeys and humans. In: Journal of cognitive neuroscience. Band 21, Nummer 7, Juli 2009, ISSN 0898-929X, S. 1229–1243, doi:10.1162/jocn.2009.21189, PMID 19199415, PMC 2773693 (freier Volltext) (Review).
  7. P. B. Pascolo, R. Budai, R. Rossi: Critical review of the research leading to the mirror neuron paradigm - biomed 2010. In: Biomedical sciences instrumentation. Band 46, 2010, ISSN 0067-8856, S. 422–427, PMID 20467117 (Review).
  8. C. Heyes: Where do mirror neurons come from? In: Neuroscience and biobehavioral reviews. Band 34, Nummer 4, März 2010, ISSN 1873-7528, S. 575–583, doi:10.1016/j.neubiorev.2009.11.007, PMID 19914284 (Review).
  9. V. Kosonogov: Why the Mirror Neurons Cannot Support Action Understanding. In: Neurophysiology. 44, 2012, S. 499–502, doi:10.1007/s11062-012-9327-4.
  10. Gregory Hickok: Warum wir verstehen, was andere fühlen: Der Mythos der Spiegelneuronen. Übersetzt von Elsbeth Ranke. Carl Hanser Verlag, München 2015, 368 Seiten, ISBN 3446443266. Original: The Myth of Mirror Neurons: The Real Neuroscience of Communication and Cognition, W. W. Norton & Company, 2014, 288 S. ISBN 0393244164.
  11. C. Lamm, J. Majdandžić: The role of shared neural activations, mirror neurons, and morality in empathy - A critical comment. In: Neuroscience research. Band 90C, Januar 2015, ISSN 1872-8111, S. 15–24, doi:10.1016/j.neures.2014.10.008, PMID 25455743 (freier Volltext) (Review).
  12. lincei.it (Memento des Originals vom 28. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lincei.it
  13. Premio Herlitzka
  14. Giacomo Rizzolatti Associé étranger de l'Académie des sciences
  15. Giacomo Rizzolatti National Academy of Sciences
  16. Biography Giacomo Rizzolatti
  17. EMBO enlarges its membership for 50th anniversary. Pressemitteilung vom 8. Mai 2014 beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de)