Die Stadt liegt am östlichen Rand Vorpommerns in der Gollnower Bürgerheide (Puszcza Goleniowska) am Fluss Ihna (Ina). Sie befindet sich etwa 20 km nördlich von Stettin (Szczecin), 10 km östlich des Dammschen Sees (Jezioro Dąbie) und 50 km südlich von Kamień Pomorski (Cammin).
Schon im 10. Jahrhundert gab es im Bereich der heutigen Stadt erste Siedlungen. Um 1190 kamen erste sächsischen Kolonisten. 1268 verlieh der pommersche Herzog Barnim I. dem bis dahin Vredeheide genannten Ort das Magdeburger Stadtrecht in der von ihm angepassten Stettiner Form. Die Stadt erhielt in Anlehnung an die sie umgebende Golinogheide den Namen Gollnow. Herzog Otto I. änderte 1314 das Stadtrecht in das Lübische Recht um. Bereits seit dem 14. Jahrhundert gab es in Gollnow eine Schule, an der offenbar auch Latein erlernt werden konnte. Vereinzelt tauchten seit dem 14. Jahrhundert an der Universität Prag Studenten aus Gollnow auf, später auch in Erfurt, Leipzig und Rostock.[2]
Um diese Zeit war Gollnow bereits Mitglied des Hansebundes und erhielt zur Förderung seines Handels 1339 Zollfreiheit für die Flüsse Ihna und Peene. Da die Stadt am Unterlauf der Ihna lag, konnte sie den ganzen Fluss kontrollieren. So musste sich beispielsweise die 20 Kilometer flussaufwärts gelegene Stadt Stargard für viel Geld die freie Durchfahrt erkaufen. Durch diese günstigen Verhältnisse gelangte Gollnow zu beträchtlichem Wohlstand. Die Bedeutung der Stadt fand Bestätigung in dem 1383 verliehenen Münzrecht. Bis in das 18. Jahrhundert hinein waren Getreide-, Holz- und Salzhandel die dominierenden Wirtschaftsfaktoren.
Während der schwedischen Herrschaft in den Jahren von 1630 bis 1720 erlebte die Wirtschaft einen erheblichen Niedergang. Um 1684 musste ein Streit zwischen den Städten Stettin, Stargard und Gollnow wegen der Schifffahrtsrechte geschlichtet werden.[3]
Das Wirtschaftsleben wurde von Industriebetrieben der Textil- und Papierherstellung und der Holzverarbeitung, insbesondere den 1913 von Willi Laabs gegründeten Möbelhersteller WILAGO,[4] bestimmt.
Um 1930 hatte die Gemarkung der Stadt Gollnow eine Flächengröße von 109,3 km², und in dem Stadtgebiet standen zusammen 985 Wohnhäuser an 43 verschiedenen Wohnorten:[5]
Ausbauten an der Naugarder Chaussee
Brandriege
Breitebruch
Butterkamp
Domstreichsberg
Eichberg
Eisenbahnwärterhaus an der Stettiner Chaussee
Forsthaus Chausseehaus
Forsthaus Lüttkenheide
Forsthaus Schnittsoll
Friedrichshof
Gollnow
Groß Hohehorst
Grünhaus
Grünhof
Grünhorst
Helgenfeld
Höfe links der Ihna
Höfe rechts der Ihna
Hölkenhorst
Katharinenholz
Kavelweg
Kempkenort
Kupferhammer
Langenhals
Marienkamp
Neuhof
Neumühle
Papiermühle
Radebruch
Ratskamp
Rummelbahn
Schönwerder
Schützenhaus und Häuser am Saatweg
Sonnenmühle mit Ausbauten
Speckerforth
Sportplatz
Sternmühle
Trappenort mit Forsthaus
Walderholungsheim
Walkmühle
Zentralgefängnis
Zimmers Kamp
Im Jahr 1925 wurden in Gollnow 11.624 Einwohner, darunter 122 Katholiken und 45 Juden, gezählt, die auf 2938 Haushaltungen verteilt waren.[5]
Um 1935 hatte die Stadt Gollnow unter anderem drei Hotels, drei Gasthöfe und Restaurants, ein Café, fünf Geldhäuser, zwei Holzbearbeitungsfabriken, drei Möbelfabriken, eine Stuhlfabrik, drei Zementwarenfabriken, eine Buchdruckerei, drei Mineralwasserfabriken, eine Brotfabrik, eine Fruchtweinkelterei, eine Niederlassung der Kolonialwaren-Großhandlung Edeka, 23 weitere Kolonialwaren-Geschäfte, zwei Pferdehandlungen und 14 Viehhandlungen.[6]
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs eroberte die Rote Armee Gollnow im März 1945. Die Kampfhandlungen hatten die Stadt zu großen Teilen zerstört. Aus der Vorkriegszeit erhalten blieben nur wenige ältere Gebäude, darunter die St.-Katharinen-Kirche, das Rathaus und das Postamt. Nach Einstellung der Kampfhandlungen wurde unterstellte die Rote Armee die Stadt der Verwaltung der Volksrepublik Polen. Nun begann die Besiedlung mit Polen, hauptsächlich aus Gebieten östlich der Curzon-Linie, die von der Sowjetunion annektiert worden waren. Gollnow wurde unter der polonisierten Ortsbezeichnung ‚Goleniów‘ verwaltet. Im Jahr 1946 wurde die einheimische Bevölkerung vertrieben bzw. später ausgesiedelt.
1946 hatte die Stadt 1700 Einwohner. Sie wurde 1954 Sitz eines Powiats und hatte 1957 bereits wieder 9000 Einwohner. 1975 verlor Goleniów bei einer Verwaltungsreform den Sitz des Powiats, erhielt ihn aber 1999 wieder zurück. In Anknüpfung an die Tradition als Hansestadt fand 2005 das 1. Hansefestival in Goleniów statt.
Die St.-Katharinen-Kirche wurde im 15. Jahrhundert im gotischen Stil auf den Fundamenten einer romanischen Kirche erbaut. Protestantisch seit 1534, wurde sie zum Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört und von 1957 bis 1959 wieder aufgebaut. 1961 wurde sie römisch-katholisch geweiht.
Bezirksgericht, ehemaliges Rathaus, erbaut Anfang des 20. Jahrhunderts
Postamt, Ende des 19. Jahrhunderts errichtet
Fragmente der Stadtmauer mit dem im 15. Jahrhundert erbauten gotischen Wolliner Tor sowie dem Fangelturm und dem Münzturm
Ehemaliger Getreidespeicher an der Ina, Fachwerkbau von 1749
Im Ort befindet sich eine Tochtergesellschaft des WindkraftanlagenherstellersVolkswind. Zudem ist der Ort Sitz der „Faymonville Polska“ mit ihrer Branche MAX Trailer. Er ist für die Gruppe der Standort mit der größten Produktionshalle bei einer Fläche von 40.000 m² und rund 300 Mitarbeiter und ist spezialisiert auf Chassisproduktion und -montage sowie als Hauptzulieferer für Fahrgestelle.
An der Ina befindet sich in der Nähe des Postamts ein geräumiges Marktgelände mit zahlreichen Verkaufsständen, an denen Händler an Werktagen frisches Obst und Gemüse, Lebensmittel, Haushaltswaren und Billigwaren wie Kleidungsstücke und Schuhe anbieten.
Kleiner Rest der mittelalterlichen Stadtmauer mit integriertem runden Fangelturm und – in wenigen Metern Entfernung – achteckigem Münzturm (zwischen der Ihna und der Katharinenkirche gelegen).[16]
Wolliner Tor: Stadttor aus dem 15. Jahrhundert, das einzige erhalten gebliebene von ursprünglich vier vorhandenen Stadttoren (in der Nähe der Katharinenkirche gelegen). Der Turm des Tors ist 25 Meter hoch und hat fünf Stockwerke. Das Gebäude wird gegenwärtig (2010) als Kulturzentrum genutzt.
Katharinenkirche: eine spätgotische Backstein-Hallenkirche, die im Jahr 1865 ausgebaut wurde.
Gollnow, Kreis Naugard, Provinz Pommern. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Gollnow (meyersgaz.org).
Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogtums Pommern. Teil II, Band 5, Abt. 1: Enthaltend die Eigentums-Ortschaften der Stadt Stargard und vom Naugarder Kreise die erste Hälfte. Anklam 1872, S. 498–942; books.google.de
↑Edward Włodarczyk: Schulleben und Unterricht in Pommern im 17. Jahrhundert am Beispiel der Stadt Gollnow. In: Werner Buchholz (Hrsg.): Kindheit und Jugend in der Neuzeit 1500–1900. Stuttgart 2000, ISBN 3-515-07259-4, S. 147 ff.; books.google.de
↑Th. Schmidt: Geschichte des Handels und der Schiffahrt Stettins. I. Teil: Vom Niedergang der Hansa bis zur Thronbesteigung Friedrich II. Berlin 1862, S. 29–30; books.google.de
↑Klockhausʼ Kaufmännisches Handels- und Gewerbe-Adressbuch des Deutschen Reichs, Band 1 A, Berlin 1935, S. 1020–1021 (Google Books).
↑Christian Friedrich Wutstrack: Kurze historisch-geographisch-statistische Beschreibung des von dem königlich-preussischen Herzogthume Vor- und Hinter-Pommern, Stettin 1793, S. 351.
↑Christian Friedrich Wutstrack: Kurze historisch-geographisch-statistische Beschreibung des von dem königlich-preussischen Herzogthume Vor- und Hinter-Pommern, Stettin 1793, Übersichtstabelle zu S. 736.
↑Alexander August Mützell, Leopold Krug (Hrsg.): Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Zweiter Band. G–Ko. Bei Karl August Kümmel, Halle 1821, S.54 (Digitalisat – Z. 1975).
↑ abcdMichael Rademacher: Naugard. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Gollnow, Kreis Naugard, Provinz Pommern. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Gollnow (meyersgaz.org).
↑Der Große Brockhaus. 15. Auflage, 7. Band. Leipzig 1930, S. 485.
↑Meyers Reisebücher: Deutsche Ostseeküste. Teil II: Rügen und die pommersche Ostseeküste mit ihrem Hinterland. Bibliographisches Institut, Leipzig 1926.