Greensleeves (englisch für „grüne Ärmel“, sinngemäß „Grünkleid“) ist ein englischesLied, dessen Melodie seit dem Elisabethanischen Zeitalter zu den populärsten der Geschichte gehört. Es beruht auf der musikalischen Grundform der Romanesca. Der genaue Adressat des zugrundeliegenden Volksliedes ist unbekannt; ursprünglich muss es einem Mädchen oder einer Frau mit grünem Kleid gewidmet worden sein.
Die traditionellen Verse von Greensleeves handeln vom Wehklagen eines Liebenden. Es gibt viele Textvariationen, die sich oft nur durch die Silbendichte unterscheiden. Die erste gedruckte Version beginnt folgendermaßen:
Alas my loue, ye do me wrong,
to cast me off discourteously:
And I haue loued you so long
Delighting in your companie.
Greensleeues was all my ioy,
Greensleeues was my delight:
Greensleeues was my heart of gold,
And who but Ladie Greensleeues.
O weh, mein Lieb’, tust Unrecht mir
grob fort zu stoßen mich im Streit
so lange hielt ich treu zu Dir
voll Glück an Deiner Seit’.
Greensleeves war all mein Freud’
Greensleeves war mein Entzücken
Greensleeves war mein gülden Herz
Und wer außer Lady Greensleeves?
Dass in der englischen Originalfassung statt des Buchstabens v der Buchstabe u steht, ist kein Fehler, sondern liegt daran, dass das Alphabet der Tudorzeit nur 24 Buchstaben hatte und dass die Lauteu und v beide als u geschrieben wurden (Analoges galt für i und j).[1]
Eine weitere bekannte deutsche Fassung des Texts stammt von dem Dramatiker Peter Hacks.[2]
Eine viel zitierte Legende behauptet, das Lied sei von König Heinrich VIII. (1491–1547) für seine zweite Frau Anne Boleyn komponiert worden. Heinrich kommt jedoch als Komponist nicht in Frage, da das Lied in einem italienischen Stil komponiert ist, der sich in England erst nach seinem Tod verbreitete.[3]
Wahrscheinlich kursierte sie, wie die meiste volkstümliche Musik ihrer Zeit, in Form von handschriftlichen Blättern, lange bevor sie gedruckt erschien. Im Jahre 1580 wurde sie bei der London Stationer’s Company unter dem Titel A New Northern Dittye of the Lady Greene Sleeves (Ein neues nördliches Lied über Lady Greensleeves) von Richard Jones verzeichnet. Von diesem Druck blieb keine bekannte Kopie erhalten. In der erhalten gebliebenen Sammlung A Handful of Pleasant Delights (Eine Handvoll vergnüglicher Freuden) von 1584 ist das Stück unter dem Titel A New Courtly Sonnet of the Lady Green Sleeves. To the new tune of Green Sleeves (Ein neues höfisches Sonett über Lady Greensleeves. Zu der neuen Melodie von Green Sleeves) enthalten.
In Shakespeares um 1602 entstandenem Bühnenstück Die lustigen Weiber von Windsor wird die Rolle der Mistress Ford zweimal, ohne Erklärung, auf die Melodie von Greensleeves bezogen. Das bekannteste Zitat stammt ebenfalls aus obigem Stück, nämlich Falstaffs Ruf:
“Let the sky rain potatoes! Let it thunder to the tune of Greensleeves!”
„Soll der Himmel Kartoffeln regnen! Soll er zur Melodie von Greensleeves donnern!“
All diese Zitate deuten darauf hin, dass das Lied zu dieser Zeit sehr bekannt war.
Als Instrumentalbearbeitung erschien die Melodie des Liedes Ende des 16. Jahrhunderts im Lute Book von William Ballet und als Lautenduett im Lautenbuch von John Dowland. Auch von Francis Cutting[4] und im Lautenbuch (Lute Book) des William Ballet (16. Jahrhundert)[5] liegen Versionen vor.
Greensleeves hat eine große Zahl von Rezeptionen und Variationen hervorgebracht.
Ab dem 17. Jahrhundert wurde die Melodie auch in verschiedenen Liedern zu Weihnachten und Neujahr verwendet, erstmals 1642 unter dem Titel The old yeare now away is fled als geistliches Lied zum Neujahrstag erschien.[6][7] Im 19. Jahrhundert sind mehrere Texte auf die Melodie verbreitet, die jeweils auf die Worte „On Christmas Day in the morning“ enden.[8] Das englische Lied What Child Is This? von William Chatterton Dix (1837–1898) ist heute das bekannteste Weihnachtslied, das der Melodie von Greensleeves folgt. Hiervon gibt es Versionen von Joan Baez, The Moody Blues und Dan Fogelberg. Unter dem Titel Bébé Dieu fand das Lied seinen Weg in die französische Sprache. Deutsche Versionen gibt es von Jochen Rieger (Wer ist das Kind) und Dominique Lacasa (So wie bei anderen Kindern).
In Ferruccio Busonis Oper Turandot (Uraufführung 1917) singt ein Frauenchor nach der Lösung der Rätsel zu Beginn des 2. Aktes die Melodie von Greensleeves.
In der Oper Sir John in Love (1928) von Ralph Vaughan Williams (1872–1958) kommt eine Bearbeitung von Greensleeves vor, die Ralph Greaves mit dem Folksong Lovely Joan zur Fantasia on Greensleeves verknüpfte. Viele Gesangsinterpretationen des Stücks gehen auf diese Version zurück.
Der italienische Orchesterleiter Mantovani hatte mit seiner Einspielung des Titels einen derart großen Erfolg, dass er voller Begeisterung seinen Wohnsitz nach dem Titel benannte.
Von The Brothers Four erschien 1962 eine Gesangsversion Lady Greensleeves.
Drafi Deutscher veröffentlichte 1965 eine eingedeutschte Fassung auf seinem ersten Album. Der Titel dieser Fassung lautete: Denn da waren wir beide noch Kinder.
Von den Lords gibt es eine am 19. März 1966 erschienene Beatversion.
Peter Alexander sang das Lied mit dem deutschen Weihnachtstext Weihnacht für die ganze Welt ein (Album Advent mit Peter Alexander).
Es existiert eine Hardrock-Fassung der Band Rainbow. Das Lied Sixteenth Century Greensleeves hat einen eigenen Text von Ritchie Blackmore und ist 1975 auf dem Debüt-Album erschienen. Jahre später nahm Ritchie Blackmore dieses Lied auch in das Repertoire seiner heute noch bestehenden Band Blackmore’s Night auf.
Richard Anthony sang 1962 unter dem Titel „Loin“ (weit weg) eine französische Version.
2010 komponierte Sergio Drabkin, Arrangeur des Rastrelli Cello Quartett, Variationen über das Thema Greensleeves für Joel Blido, Violoncello, und Louise Engel, Violoncello. Die Variationen sind in verschiedenen Stilen gehalten (Klassik, Jazz, Rock etc.)
Nolwenn Leroy veröffentlichte 2010 auf ihrem Album Bretonne eine Version von Greensleeves.
Die Kölner Musikgruppe Höhner sang auf dem 2010 veröffentlichten Album Weihnacht – Die Zweite eine deutschsprachige Version mit dem Titel Peace, Frieden, Shalom, Salam.
Im Soundtrack des Konsolenspiels Final Fantasy 10 ist eine Version unter dem Namen 'Hopeless Desire'.
Im Soundtrack des PC-Spiels Anno 1602 ist eine Version von Greensleeves zu finden.[12]
↑Lady Greensleeves. Warum man in der Tudor-Ära „Greensleeues“ und nicht „Greensleeves“ schrieb (englisch); abgerufen am 13. Juni 2008.
↑Peter Hacks: Greensleeves. Interpreten: Manfred Krug / Günther Fischer-Quintett. Vinyl-Schallplatte, Label AMIGA, Deutsche Demokratische Republik 1975.
↑Alison Weit: Henry VIII: The King and His Court. Ballantine Books, 2002, ISBN 0-345-43708-X, S. 131.
↑Frederick Noad: The Renaissance Guitar. (= The Frederick Noad Guitar Anthology. Teil 1) Ariel Publications, New York 1974; Neudruck: Amsco Publications, New York / London / Sydney, UK ISBN 0-7119-0958-X, US ISBN 0-8256-9950-9, S. 76 f.
↑Heinz Teuchert (Hrsg.): Meister der Renaissance (= Meine ersten Gitarrenstücke. Heft 3). G. Ricordi & Co. Bühnen- und Musikverlag, München 1971, ISBN 3-931788-33-4, S. 3 (= Ricordi. Sy. 2201).
↑Good and true, fresh and new Christmas carols. Francis Coles, London 1642; nicht paginiert [S. 15 ff.]; elektronische Reproduktion: University of Michigan, Ann Arbor 1999 proquest.com (Subskriptionszugriff).
↑John M. Ward: 'And Who But Ladie Greensleeues?' In: John Caldwell, Edward Olleson, Susan Wollenberg (Hrsg.): The Well Enchanting Skill: Music, Poetry, and Drama in the Culture of the Renaissance: Essays in Honour of F. W. Sternfeld. Clarendon Press, Oxford, und Oxford University Press, New York 1990, ISBN 0-19-316124-9, S. 181–211.
↑Siegfried Behrend: Greensleeves. Fantasie über ein englisches Volkslied aus der Zeit der Königin Elisabeth I. (= Gitarre-Bibliothek. Hrsg. von Siegfried Behrend, Reihe I: Alte Musik für Gitarre solo. Nr. 71). Bote & Bock, Berlin/Wiesbaden 1969 (= B & B. 22269).