Hans Heinz Stuckenschmidt (* 1. November 1901 in Straßburg; † 15. August 1988 in Berlin) war ein deutscher Musikwissenschaftler und Musikkritiker.
Der aus einer Offiziersfamilie stammende Stuckenschmidt war der Sohn des späteren Generalmajors Johannes Stuckenschmidt und dessen Ehefrau Clara Viktoria Helene, geborenen Cerf.[1] Er schrieb bereits mit 19 Jahren als Berliner Korrespondent Musikkritiken für die Prager Zeitschrift Bohemia, lebte dann als freier Musikschriftsteller in Hamburg, Wien, Paris, Berlin und Prag, setzte sich früh für avantgardistische Musik ein und lernte zahlreiche Komponisten und Interpreten persönlich kennen. Im Sommer 1920 nahm er an der Ersten Internationalen Dada-Messe teil. 1923/1924 leitete er mit Josef Rufer den Konzertzyklus Neue Musik in Hamburg, lebte 1924 in Wien und 1925 in Paris, wo er mit den Komponisten der Groupe des Six bekannt wurde. 1927/1928 organisierte er die Konzerte der Berliner Novembergruppe mit, 1929 wurde er dann Nachfolger von Adolf Weißmann als Musikkritiker bei der Berliner Zeitung am Mittag. Zahlreiche seiner Aufsätze erschienen im Anbruch. Stuckenschmidt hatte auch Ambitionen zur Komposition, von den sechs kurzen Klavierstücken, die er zwischen 1919 und 1926 schrieb, sind allerdings nur zwei in entlegenen Zeitschriften gedruckt worden. Er befasste sich seit seiner Teilnahme an Arnold Schönbergs Analyse-Seminaren 1931–1933 mit Leben und Werk des Komponisten und wertete als erster dessen Nachlass für eine Biografie aus (Arnold Schönberg, 1951, 1957, 1974). Er schrieb unter anderem Bücher über Boris Blacher, Ferruccio Busoni und Maurice Ravel. 1932 heiratete er die Sopranistin Margot Hinnenberg-Lefèbre.[2]
1934 wurde er wegen seines Engagements für die Neue Musik und für jüdische Musiker mit Schreibverbot belegt. Auslöser war eine Denunziation durch Fritz Stege. Das Verfahren gründete, wie Frank Hilberg urteilt, auf „meist haltlosen Vorwürfen (‚mangelnde sittliche Reife‘)“. Hilberg weiter: „Der Nazi Fritz Stege hatte 1933 das Kesseltreiben eröffnet und setzte alle seine Verbindungen zu nationalsozialistischen Organisationen ein, um Stuckenschmidt (und andere Anwälte der Neuen Musik) zu beseitigen. Selten einmal gibt es die Möglichkeit, solch einen auf Lüge, Denunziation und Gesinnungsurteile getriebenen Prozess auch in Einzelheiten nachzuvollziehen. Beklemmend ist die Dimension solcher Willkürherrschaft – die nicht allein zu Existenzfragen führen, sondern auch Familienmitglieder betreffen. 1934 wurde Stuckenschmidt aus dem Reichsverband der deutschen Presse ausgeschlossen.“[3]
1937 emigrierte Stuckenschmidt nach Prag, wo er zunächst für das Prager Tagblatt und von 1939 bis 1942 für die Besatzungszeitung Der Neue Tag schrieb. 1942 wurde er als Dolmetscher zur Wehrmacht eingezogen und 1946 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen.
Nach Kriegsende wurde Stuckenschmidt Leiter der Abteilung Neue Musik beim Sender RIAS Berlin, 1947 Musikkritiker der Neuen Zeitung, gab 1947–1949 mit Josef Rufer die Zeitschrift Stimmen heraus und war seit 1948 Dozent, seit 1949 außerordentlicher und 1953–1967 ordentlicher Professor der Musikgeschichte an der Technischen Universität Berlin. Von 1956 bis 1987 war er Musikkritiker bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Stuckenschmidt erhielt zahlreiche Auszeichnungen für seine Arbeiten, er war u. a. Mitglied des PEN-Clubs und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt. 1971 erhielt er die Ernst-Reuter-Plakette des Landes Berlin. 1974 wurde er Mitglied der Akademie der Künste Berlin (West), 1977 verlieh ihm die Universität Tübingen die Ehrendoktorwürde.
Stuckenschmidt wurde auf dem Friedhof Wilmersdorf beigesetzt.
Personendaten | |
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NAME | Stuckenschmidt, Hans Heinz |
ALTERNATIVNAMEN | Stuckenschmidt, H. H. |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Musikkritiker |
GEBURTSDATUM | 1. November 1901 |
GEBURTSORT | Straßburg |
STERBEDATUM | 15. August 1988 |
STERBEORT | Berlin |