Herbert Schambeck (* 12. Juli 1934 in Baden, Niederösterreich; † 2. Oktober 2023 in Wien) war ein österreichischer Rechtswissenschaftler und Politiker (ÖVP). Von 1967 bis zu seiner Emeritierung 2002 war er Professor für öffentliches Recht, politische Wissenschaften und Rechtsphilosophie an der Johannes Kepler Universität Linz. Er war von 1969 bis 1997 Vertreter Niederösterreichs im österreichischen Bundesrat, dort von 1975 bis 1997 Vorsitzender der ÖVP-Fraktion sowie 1988, 1992 und 1997 jeweils für ein halbes Jahr Präsident des Bundesrates.
Schambeck studierte Rechtswissenschaften an der Universität Wien. 1958 wurde er zum Dr. iur. promoviert. Nach seinem Gerichtsjahr wurde er 1959 Assistent und 1964 Dozent an der Universität Wien. 1965 wurde er Rechtskonsulent in der wissenschaftlichen Abteilung der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft in Wien.
1966 wurde Schambeck zum außerordentlichen Universitätsprofessor an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck ernannt. 1967 absolvierte er eine Gastprofessur in den USA an der University of Notre Dame in South Bend (Indiana) und erhielt im gleichen Jahr seinen Ruf als ordentlicher Universitätsprofessor auf den Lehrstuhl für öffentliches Recht, politische Wissenschaften und Rechtsphilosophie an der heutigen Johannes Kepler Universität Linz. 2002 wurde er emeritiert. Er hielt Gastvorlesungen an zahlreichen Universitäten in aller Welt.
Schambeck gehörte als Vertreter des Bundeslandes Niederösterreich von 1969 bis 1997 dem Bundesrat, der Länderkammer des österreichischen Parlaments, an, ab 1975 bis zu seinem freiwilligen Ausscheiden durch Mandatsniederlegung am 30. Juni 1997 in Präsidentenfunktionen und als Vorsitzender der ÖVP-Fraktion.
Schambeck war Mitglied des Bundesparteivorstandes und des Niederösterreichischen Landesparteivorstandes der ÖVP, Hauptbezirksparteiobmann der ÖVP Baden, Mitglied des Bundesvorstandes des ÖAAB, des Landesvorstandes des ÖAAB Niederösterreich, Vorsitzender der Bundesratsfraktion des Parlamentsklubs der ÖVP 1975 bis 1997.
Herbert Schambeck war seit 1955 Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.Ö.St.V. Rudolfina Wien im ÖCV. 1989 trat er auch der KAV Capitolina Rom im CV bei.[1] Jahrzehntelang galt er als einflussreicher Verbindungsmann konservativer Kreise in Österreich in den Vatikan.[2] Nach eigener Aussage war er auf Einladung des damaligen Nuntius in Wien, Opilio Rossi, seit 1970 für den Vatikan tätig. Er nahm als dessen ehrenamtlicher Vertreter an zahlreichen internationalen Kongressen und Konferenzen teil. Seinen Einfluss im Vatikan hat Schambeck infolge von Zuwendungen der Republik Österreich an die Vatikanische Bibliothek aufbauen können, mit deren langjährigem Leiter, dem niederösterreichischen Salesianer Alfons Maria Stickler, er ein kirchenpolitisches Einflussnetzwerk unterhielt.[3][4] Schambeck wird seit den 1980er Jahren als Förderer und mögliches Mitglied des Opus Dei wahrgenommen;[5] der Opus-Dei-Forscher Peter Hertel rechnete ihn in den 2000er Jahren neben Klaus Küng, Christoph Schönborn und dem Nationalratsabgeordneten Vincenz Liechtenstein zum Kreis der wichtigen Mitglieder und Sympathisanten des Opus Dei in Österreich.[6] Durch Papst Johannes Paul II. wurde er 1993 zum Konsultor des Päpstlichen Rates für die Familie berufen (bis 2009) und war Gründungsmitglied der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften. Häufig wird ihm unterstellt, die von Johannes Paul II. durchgesetzten, umstrittenen Ernennungen sehr konservativer Bischöfe in Österreich seit Mitte der 1980er Jahre nach dem Ende der Ära des Wiener Erzbischofs Franz König maßgeblich eingefädelt zu haben,[7] was er selbst allerdings immer vehement bestritten hat.[3] Der österreichische Pastoraltheologe Paul Zulehner hielt auch noch bei der gescheiterten Ernennung von Gerhard Maria Wagner zum Weihbischof in Linz 2009 unter Papst Benedikt XVI. eine Einflussnahme Schambecks im Hintergrund für denkbar.[8]
Schambeck war Mitglied der Akademien in Padua, Madrid, Düsseldorf und Mailand sowie der Accademia Nazionale dei Lincei in Rom und Gentiluomo di Sua Santità im Vatikan, Ehrenmitglied (seit Februar 2015, zuvor ordentliches Mitglied seit Januar 1994) der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften im Vatikan und der Gelehrten Gesellschaft der Tschechischen Republik in Prag sowie Ehrenpräsident der Österreichischen Juristenkommission. Schambeck erhielt neun Ehrendoktorate und war Honorarprofessor an der Rechtsuniversität der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften in Kiew.
Schambecks Publikationsliste umfasst über 700 Publikationen aus den Bereichen öffentliches Recht, politische Wissenschaften und Rechtsphilosophie. Ein Schwerpunkt seiner Abhandlungen ist das neuere Verfassungsrecht Österreichs, das er unter anderem bei seiner Aufnahme in die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften am 18. Juni 1986 vorstellte.[9]
Viele seiner Veröffentlichungen behandeln grundlegende Fragen von Staat und Recht im Kontext der europäischen Integration aus rechtsphilosophischer, insbesondere naturrechtlicher Perspektive, die er seit seinem ersten Buch Der Begriff der Natur der Sache (1964) in seinen zahlreichen Schriften zur Soziallehre und zum Rechtsverständnis der römisch-katholischen Kirche und deren Bedeutung für die Lehre von den Formen der politischen Organisation und der gesellschaftlichen Ordnung auf nationaler und internationaler Ebene beibehalten hat. Seine Aufnahmevorlesung über Die Schule von Salamanca und ihre Bedeutung heute an der Real Academia de Ciencias Morales y Políticas in Madrid im April 1990, in der er die Tugend als leitendes politisches Handlungsprinzip zu rehabilitieren versucht,[10] wird als Quintessenz dieser Sichtweise wahrgenommen. Zunächst ein Schüler von Adolf Merkl, gilt Schambeck als Vertreter der naturrechtlich-universalistischen Völkerrechtsschule von Alfred Verdross, auf dessen Empfehlung er Mitte der 1960er Jahre für kurze Zeit wissenschaftlicher Assistent von Stephan Verosta war. Sein Essay über Alfred Verdross als Rechtsphilosoph und die Wiener Rechtstheoretische Schule[11] (zu der Hans Kelsen, Adolf Merkl und Verdross gerechnet werden[12]) bringt diese Zugehörigkeit zum Ausdruck.[13]
Am 2. Oktober 2023 starb Schambeck im Alter von 89 Jahren.[2] Die Beerdigung fand am 11. Oktober 2023 nach einem Requiem in der Stadtpfarrkirche St. Stephan am Badener Stadtpfarrfriedhof statt.[14]
Als Mitglied des Bundesrates von 1969 bis 1997 hatte Schambeck folgende Positionen inne:
Autor
Herausgeber
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Helga Hieden-Sommer | Präsident des Österreichischen Bundesrats 1. Jänner 1988 – 30. Juni 1988 | Erwin Köstler |
Dietmar Wedenig | Präsident des Österreichischen Bundesrats 1. Juli 1992 – 31. Dezember 1992 | Erich Holzinger |
Josef Pfeifer | Präsident des Österreichischen Bundesrats 1. Jänner 1997 – 30. Juni 1997 | Günther Hummer |
Personendaten | |
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NAME | Schambeck, Herbert |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Rechtswissenschaftler und Politiker (ÖVP), Mitglied des Bundesrates |
GEBURTSDATUM | 12. Juli 1934 |
GEBURTSORT | Baden (Niederösterreich) |
STERBEDATUM | 2. Oktober 2023 |
STERBEORT | Wien |