Johann Heinrich Bisterfeld (* 1605 in Siegen; † 16. November 1655 in Weißenburg in Siebenbürgen, Osmanisches Reich[1]) war ein deutscher reformierter Theologe, Philosoph, Logiker und Polyhistor.
Johann Heinrich Bisterfeld war der zweite Sohn des calvinistischen Theologen, Philosophen und Pädagogen Johannes Bisterfeld, und seiner Ehefrau Gertrud Schickhart, einer Tochter von Henrich Schickhartt, die in der ersten Ehe mit Arnold Wiederstein verheiratet war. Bisterfelds Onkel waren Jacob Schickhart der Ältere, Martin Schickhard der Ältere und Philipp Christoph Schickhard.[1]
Bisterfeld studierte reformierte Theologie: ab 1619 an der Hohen Schule Herborn (der „Academia Nassauensis“), bei Johann Heinrich Alsted, ab 1623 in Basel, ab 1624 in Genf, Oxford und an 1626 in Leiden. In Leiden wohnte er bei dem Professor André Rivet (1572–1651), über den er einen Briefkontakt mit dem Universalgelehrten Wilhelm Schickard knüpfte.[2] Nach Beendigung seiner Studien war er wahrscheinlich Pfarrer in Grave im niederländischen Noord-Brabant. Er bekam dort eine vage Aussicht auf eine Professur an der Universität Groningen, wollte aber nicht warten und ging nach Herborn, wo er ab Sommersemester 1629 als Professor der Philosophie an der Hohen Schule ohne Bezahlung wirkte.[1]
Auf Bitte des Fürsten von Siebenbürgen, Gábor Bethlen, ging er zusammen mit Johann Heinrich Alsted im Sommer desselben Jahres 1629 an die durch ihn gegründete Akademie in Weißenburg, wo jeder von ihnen eine Professorenstelle bekam. Noch 1629 heiratete dort Bisterfeld Susanna Alsted, eine Tochter seines älteren Kollegen. In Weißenburg wirkte Bisterfeld bis zu seinem Tod als Professor für Theologie und Philosophie.[1] Neben seinen wissenschaftlichen Aktivitäten wirkte er auch als Diplomat und Berater für den Fürsten von Siebenbürgen Georg I. Rákóczi. Er wurde zudem zum Geheimen Rat ernannt. Sein guter Bekannter aus Leiden, André Rivet, war die treibende Kraft, ihn an die renommierte Universität Leiden zu berufen. Bisterfeld bekam zweimal von dort Berufungen: 1641 und 1650, und beide Male lehnte er sie ab.[3]
Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Bisterfeld Anna Stenzel, eine Tochter des Hermannstädter Stadtrates Johann Stenzel. Es gelang ihm außerdem, ein bedeutendes Vermögen zu erwerben; in Hermannstadt besaß er ein großes Anwesen mit Haus, Garten und Meierhof.
Seine letzte Ruhestätte fand Johann Heinrich Bisterfeld in der Schlosskirche von Weißenburg – neben Johann Heinrich Alsted und Philipp Ludwig Piscator.[3]
Johann Heinrich Bisterfeld war Autor zahlreicher bedeutsamer Schriften zu theologischen und philosophischen Themen. Durch diese Publikationen aber auch durch einen regen Briefwechsel mit hervorragenden Gelehrten stellte er für einige Jahre den Kontakt zwischen den wissenschaftlichen Zentren Westeuropas und dem abgelegenen Siebenbürgen her. Seine umfangreiche Reisetätigkeit nach West- und Mitteleuropa in diplomatischer Mission als Vertreter seines Fürsten nützte er dazu, die wissenschaftlichen Verbindungen zu festigen, über die er seit seinem Studium in den Niederlanden verfügte.[1] So stand er etwa in Kontakt mit Johann Amos Comenius, John Dury und Samuel Hartlib.[4]
Als Theologe war Bisterfeld zunächst ein erbitterter Gegner des englischen Puritanismus, wandelte sich aber später zu einem überzeugten Anhänger.[5] Sein wichtiges Werk, das zweibändige Bisterfeldius redivivus erschien 1661 posthum in Den Haag. Die darin enthaltene Theorie universeller Harmonie und einer Weltsprache haben Leibniz nachhaltig beeinflusst.[6] Bisterfeld vertrat eine enzyklopädische Universalwissenschaft, die auf der mentalen Kombination von Ideen basieren und sich analog zu einer ebensolchen Ideenkombination im göttlichen Schöpferintellekt verhalten sollte. Hier folgte er einer von Raimundus Lullus begründeten Tradition, die ihm sein Schwiegervater Alsted vermittelt hatte.[4]
Bisterfeld beschäftigte sich auch mit Mathematik und Physik, was sein Interesse für Wilhelm Schickard bestärkte.[1] Bisterfelds umfassende wissenschaftliche Kenntnisse „verschafften ihm die zweifelhafte Ehre, vom Volke für einen Zauberer gehalten zu werden“[7].
Personendaten | |
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NAME | Bisterfeld, Johann Heinrich |
ALTERNATIVNAMEN | Bisterfeldius, Johann Heinrich; Bisterfeldius, Johannes Henricus; Bisterfeld, János Henrik; Bisterfeld, Johannes-Henricus; Bisterfeldius, Johannes-Henricus; Bisterfeldius, Joannes Henricus; Bisterfeldius, Joannes Heinricus |
KURZBESCHREIBUNG | reformierter Theologe und Philosoph, Pädagoge, Polyhistor |
GEBURTSDATUM | 1605 |
GEBURTSORT | Siegen |
STERBEDATUM | 16. November 1655 |
STERBEORT | Weißenburg |