Die Stadt liegt im Ermland, das bis 1945 zu Ostpreußen gehörte, an der Mündung der Simser (polnischSymsarna) in die Alle (Łyna), etwa 48 Kilometer nördlich von Allenstein (Olsztyn).
Heilsberg wurde 1240 vom Deutschen Orden an der Stelle der prußischen Burg Leckbard gegründet, die sich am Ort der Einmündung der Simser in die Alle befand (die Namensteile lekes und bart bedeuten wörtlich übersetzt Haferspreu bzw. aufwallen, fließen oder strömen). Leckbard wurde 1241 von den Ordensrittern eingenommen, im zweiten Prußenaufstand von 1260/74 allerdings von den Prußen zurückerobert.
Heilsberg wurde im Jahr 1306 Sitz des FürstbistumsErmland, eines der vier 1243 im preußischen Ordensstaat eingerichteten Bistümer. Es erhielt 1308 von Bischof Eberhard von Neiße die Stadtrechte und blieb 500 Jahre lang im Territorialbesitz des Fürstbistums Ermland. Um 1350 begann der Ausbau des Bischofsdomizils. Auf quadratischem Grundriss entstand im nächsten halben Jahrhundert der Palast der Bischöfe von Ermland. In Abwesenheit des Bischofs brannte das Schloss 1442 bis auf die Gemäuer ab, so dass Dach und Giebel einstürzten und erneuert werden mussten.[3]
Zwischen dem Orden und dem Fürstbistum hatte ein Neutralitätsbündnis bestanden, das von den Ermländern im Dreizehnjährigen Krieg jedoch gebrochen wurde, da viele von ihnen nun auf der Seite des abtrünnigen Preußischen Bundes kämpften. Dies führte dazu, dass der Krieg des Ordens mit Polen nun auch auf ermländischem Boden ausgetragen wurde und der polnische König Kasimir IV. Andreas so Gelegenheit bekam, sich der ermländischen Burgen zu bemächtigen.[3] Die Aushändigung der Burg Heilsberg 1454, gleich zu Anfang des Krieges, erfolgte unbeauftragt durch das Domkapitel in Abwesenheit des Fürstbischofs Franz Kuhschmalz, der sich seit 1453 im Auftrag des Hochmeisters Konrad von Erlichshausen auf einer Gesandtschaftsreise zu Kaiser Friedrich III. befand.[3]
Nach dem Zweiten Thorner Frieden kam der Ort Heilsberg im Jahr 1466 zusammen mit dem Fürstbistum Ermland zum autonomen Preußen Königlichen Anteils, das sich freiwillig der Oberhoheit der polnischen Krone unterstellt hatte. Das Fürstentum, das dort einer Woiwodschaft gleichgestellt war, war nun Polonisierungsversuchen ausgesetzt, die mit dem Bestreben einhergingen, die autonome Region möglichst in eine polnische Provinz umzuwandeln. Anlässlich der Errichtung der Union von Lublin auf dem LublinerSejminkorporierte König Sigismund II. August am 16. März 1569 das Preußen Königlichen Anteils als Provinz formell in das Königreich Polen. Das Ermland konnte allerdings große Teile seiner althergebrachten lokalen Rechte und Privilegien dabei erhalten.
Im Winter 1703/1704 residierte der schwedische König Karl XII. während seines Feldzugs gegen Polen und Russland im Großen Nordischen Krieg in der Heilsberger Burg, auch als Schloss bezeichnet.
Im Rahmen der ersten polnischen Teilung 1772 kam Heilsberg an das Königreich Preußen. Vom 10. bis 11. Juni 1807 fand hier die Schlacht bei Heilsberg zwischen französischen Truppen unter Murat und Soult und den verbündeten russischen und preußischen Heeren unter Bennigsen statt. Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Heilsberg eine evangelische Kirche, eine katholische Kirche, eine Synagoge, ein altes bischöfliches Schloss, das den St.-Joseph-Stift mit Waisenhaus beherbergte, eine landwirtschaftliche Winterschule, ein Katharinenkloster und ein Amtsgericht.[4]
Heilsberg war von 1930 bis 1945 Standort des Mittelwellen-Senders Heilsberg. Am 27. Mai 1937 brachen in Heilsberg Unruhen aus, nachdem während der Fronleichnamsprozession einige Mitglieder der katholischen Jugend verhaftet worden waren.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs eroberte in der Heilsberger Operation am 31. Januar 1945 die Rote Armee Heilsberg. Zwar überstand die Stadt den Einmarsch unversehrt, ging aber ein paar Tage später durch Brandstiftung in Flammen auf. Mehr als 40 Prozent der Bausubstanz der Stadt wurden zerstört. Im März/April 1945 unterstellte die Rote Armee Heilsberg der Verwaltung der Volksrepublik Polen. Diese führte für Heilsberg den polnischen Ortsnamen Lidzbark Warmiński ein, vertrieb die Einwohner nahezu restlos und siedelte an ihrer Stelle Polen an, die zum Teil aus den im Rahmen der „Westverschiebung Polens“ an die Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen.
In der in einer Schleife der Alle gelegenen Stadt sind trotz des Stadtbrandes 1945 einige wertvolle Bauten erhalten geblieben bzw. rekonstruiert worden.
Die im 14. Jahrhundert errichtete Burg Heilsberg der ermländischen Bischöfe (Hochschloss) gilt als die neben der Marienburg am besten erhaltene Wehranlage der Ordenszeit. Die Burganlage wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Ferdinand von Quast und Karl Hauke restauriert. Zu der Vorburg gehört unter anderem der Mitte des 18. Jahrhunderts errichtete barocke Palast des FürstbischofsAdam Stanislaus Grabowski. In der Burg ist das Ermlandmuseum, eine Filiale des Museums für Ermland und Masuren, untergebracht.
Der im Orangeriepark südlich der Altstadt gelegene Sommerpalast der Bischöfe, die sogenannte Orangerie, ein barock-klassizistischer Gartenpavillon, errichtet von 1711 bis 1724 für Fürstbischof Theodor Andreas Potocki, erweitert um 1770 für Fürstbischof Ignacy Krasicki.
Die spätgotische Stiftskirche der Heiligen Apostel Peter und Paul wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Form einer dreischiffigen, fünfjochigen Halle erbaut. Die Kirche hat Sterngewölbe aus dem Ende des 14. Jahrhunderts im Hauptschiff und den Seitenschiffen und aus dem 15. Jahrhundert in den Kapellen in der Nähe des Turms. Der zunächst niedrige Kirchturm mit Holzüberbau wurde in den letzten Jahren des 14. Jahrhunderts errichtet und in den folgenden zwei Jahrhunderten auf seine heutige Höhe von 66 Meter gebracht. Nach dem Brand der Kirche im Jahr 1698, wobei das Dach und der Turm abbrannten, wurde bei der anschließenden Renovierung auf dem Dach der Kirche ein barocker Dachreiter hinzugefügt und der Kirchturm mit einem Helm von drei pyramidenförmigen Laternen bedeckt, die mit einer Fahne endeten mit dem Wappen des BischofsTeodor Potocki. Die Kirche wurde von 1892 bis 1896 erweitert, als an der Ostseite ein neugotisches dreischiffiges basilikales Presbyterium, eine neue Sakristei und Seitenvorbauten angefügt wurden.
Die Kirche der Erhöhung des Heiligen Kreuzes in der westlich der Altstadt gelegenen Siedlung Pilnik wurde von 1787 bis 1789 im spätbarocken Stil errichtet.
Die spätgotische St.-Katharinen-Kapelle wurde im frühen 16. Jahrhundert erbaut.
Barocker Glockenturm von 1760.
Reste der mittelalterlichen Stadtmauer mit dem spätgotischen Hohen Tor, dem einzigen erhaltenen Stadttor von Lidzbark Warminski.
Einige erhaltene historische Straßenzüge, darunter eine Zeile der charakteristischen Laubenhäuser am Marktplatz.
In Heilsberg war nach der Reformation weiter der Katholizismus vorherrschend. 1890 zählte man 665 Evangelische, 4.723 Katholiken und 112 Juden in der Stadt.[21] Die nach Kriegsende zugewanderten Polen waren größtenteils ebenfalls katholisch. Die bisherige evangelische Kirche wurde von der neuen orthodoxen Gemeinde übernommen.
Die katholische Kirchengemeinde der Stadt ist heute Partnergemeinde der Katholischen Kirchengemeinde der Gemeinde Werlte. Dies rührt vermutlich daher, dass der Pastor der Gemeinde Heilsberg 1945 als Vertriebener nach Werlte kam und dort Pastor wurde.
Die Kirchenglocke St. Theodor (Meister Michael Wittwerck, Danzig 1716) der katholischen Kirche St. Peter und Paul wurde 1941/1942 zur Einschmelzung für Kriegszwecke eingezogen, lagerte auf dem Hamburger Glockenfriedhof und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg an das Erzbistum in Freiburg im Breisgau zur Aufbewahrung übergeben. Sie befindet sich heute (2008) als Leihgabe im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg.
Gedenkstätte für im Ersten Weltkrieg umgekommene britische Kriegsgefangene
Zur Zeit des Ersten Weltkriegs gab es in der Nähe von Heilsberg ein Kriegsgefangenenlager, in dem die deutsche Armee vor allem russische Kriegsgefangene internierte. In dem Lager wurde aber auch eine kleine Zahl britischer Gefangener untergebracht. Zwischen August und Dezember 1918 starben 39 britische Soldaten im Lagerkrankenhaus. Die Kriegsgefangenen waren in dem überfüllten Lager durch sehr schlechte hygienische Bedingungen erkrankt, so dass die letzten Soldaten auch nach dem Ende des Krieges nicht in ihre Heimat zurückkehren konnten und dort verstarben. Die britischen Soldaten wurden auf dem Lidzbark Warmiński War Cemetery, auf dem rund 2800 Gefangene in unmarkierten Massengräbern begraben wurden, beigesetzt. Der Friedhof am nordöstlichen Stadtrand im Vorort Markajmy wurde bis in die 1960er Jahre gepflegt, der zunehmende Verfall führte dann jedoch zu seiner Aufgabe.[22] Im Frühjahr 2014 errichtete die Commonwealth War Graves Commission nun eine neue Gedenkstätte auf dem alten Friedhof für die toten britischen Soldaten, derer zwischenzeitlich auf dem Malbork Commonwealth War Cemetery von Malbork gedacht worden war.[23][24]
Die Stadt ist Sitz der Landgemeinde Lidzbark Warmiński, der sie jedoch nicht angehört. Diese zählt 6729 Einwohner (31. Dezember 2020) und hat eine Fläche von 371 km² – die zu 28 % von Wald und zu 56 % von landwirtschaftlicher Fläche eingenommen wird.
Hartmut Krienke (1943–2023), deutscher Physiker und Hochschullehrer
Doris Janssen-Reschke (1944–2008), deutsche lutherische Theologin, Landessuperintendentin des Sprengels Osnabrück der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers
Die Schlacht bei Preußisch Eylau (1807) ist der Ausgangspunkt der bekannten Erzählung BalzacsLe Colonel Chabert von 1832. Der Titelheld wird als Oberst bei Eylau schwer verwundet, für tot gehalten in einem Massengrab lebendig beerdigt und durch eine Heilsberger Bauersfrau gerettet.
Heilsberg, Kreisstadt, an der Alle, Regierungsbezirk Königsberg, Provinz Oststpreußen. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Heilsberg (meyersgaz.org).
August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger, Königsberg 1835, S. 511–512, Nr. 106; Textarchiv – Internet Archive.
Carl Nietzki: Das Schloß zu Heilsberg. In: Neue preußische Provinzial-Blätter. Band 5, Königsberg 1848, S. 19–39 und S. 104–117.
Maria Biolik: Zuflüsse zur Ostsee zwischen unterer Weichsel und Pregel. = Nazwy wodne dopływów Bałtyku między dolną Wisłą a Pregołą. Steiner-Verlag, Wiesbaden / Stuttgart 1989, ISBN 3-515-05521-5 (Hydronymia Europaea Lfg. 5).
Alexander Kurschat: Litauisch-Deutsches Wörterbuch. Thesaurus linguae lituanicae. 4 Bände. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1968–1973.
Vilius Peteraitis: Mažoji Lietuva ir Tvanksta. = Lithuania Minor and Tvanksta. Mažosios Lietuvos Fondas u. a., Vilnius 1992 (Mažosios Lietuvos Fondo leidiniai 2).
Gerhard Salemke: Lagepläne altprußischer Wallburganlagen der ehemaligen Provinz Ostpreußen, Gütersloh, 2005.
Otto Schlüter: Wald, Sumpf und Siedlungsland in Altpreußen vor der Ordenszeit. Niemeyer, Halle 1921.
↑ abcCarl Nietzki: Das Schloß zu Heilsberg. In: Neue preußische Provinzial-Blätter. Band 5, Königsberg 1848, S. 19–39 und S. 104–117, insbesondere S. 35 ff.
↑ abcdAlexander August Mützell, Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T–Z. Halle 1823, S. 298–299, Ziffer 253.
↑August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger, Königsberg 1835, S. 507, Nr. 98; Textarchiv – Internet Archive.
↑Kraatz: Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats. Berlin 1856, S. 229; Textarchiv – Internet Archive.
↑Adolf Schlott: Topographisch-statistische Übersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 111.
↑Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage. Band 2. Berlin 1874, S. 19, Ziffer 14.
↑ abcdeMichael Rademacher: Heilsberg. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900