Louise Otto-Peters (auch Luise Otto-Peters, Pseudonyme Otto Stern, Malvine von Steinau; * 26. März 1819 in Meißen; † 13. März 1895 in Leipzig) war eine sozialkritische Schriftstellerin, Demokratin und eine Mitbegründerin der bürgerlichen deutschen Frauenbewegung.[1]
Louise Otto war die jüngste der vier Töchter des Gerichtsdirektors und Senators Fürchtegott Wilhelm Otto (1776–1835) und seiner Ehefrau Charlotte Otto, geborene Matthäi (1781–1835). Sie wuchs im bürgerlich wohlhabenden Haushalt der Eltern in Meißen (dem heute denkmalgeschützten Wohnhaus Baderberg 2)[2] auf. Nach ihrer Konfirmation 1834 war ihr keine weitere schulische Bildung mehr möglich. Ihre älteste Schwester und der einzige Bruder starben früh, die Eltern erlagen 1835 im Abstand von wenigen Monaten einer Lungenentzündung; somit wurde Louise Otto mit 16 Jahren Vollwaise. Zunächst blieb sie unter der Betreuung einer Tante mit ihren beiden älteren Schwestern im elterlichen Haus wohnen. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie vor allem aus der Erbschaft und ihren schriftstellerischen, später eher publizistischen Tätigkeiten. 1841 starb ihr Verlobter.
Als junge Frau hatte Louise Otto in Oederan die bedrückenden Lebensverhältnisse der Arbeiterfamilien in dem aufblühenden Industriestädtchen kennengelernt. Als sie darüber ein Gedicht „Die Klöpplerinnen“ im Oederaner Stadtanzeiger veröffentlichte, löste sie große Empörung aus.
1842 erschien ihr erster Roman Ludwig der Kellner, im gleichen Jahr veröffentlichte sie einen Leserbrief in den Sächsischen Vaterlandsblättern. Hierin erklärte sie: „Die Teilnahme der Frauen an den Interessen des Staates ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht.“[3] Damit unterstützte sie den Politiker und Herausgeber dieses Blattes Robert Blum, der die Frage nach der derzeitigen politischen Stellung von Frauen aufgeworfen hatte. Ihr zweiter Roman Kathinka erschien 1844, in dem sie sich, genau wie im ersten, sehr an den Anschauungen der französischen Schriftstellerin George Sand orientierte.
1845 unternahm Louise Otto eine Bildungsreise durch Thüringen.
Das Erlebnis der blutigen Niederschlagung eines Aufstandes während dieser Reise wurde zur Initialzündung, sich für die Rechte und für die Unterstützung der Arbeiter, aber auch ihrer Frauen einzusetzen. 1846 kam ihr sozial-kritischer Roman Schloss und Fabrik heraus, in dem sie die bittere Not der Industriearbeiter und deren Aufbegehren beschrieb. Dieser wurde von der Zensurbehörde nach seinem Erscheinen sofort verboten und erst nach Abmilderung einiger „gefährlicher Stellen“ wieder freigegeben.
In dieser Zeit intensivierte Louise Otto ihr sozialkritisches Engagement und veröffentlichte zahlreiche gesellschaftskritische Artikel, zumeist unter dem Pseudonym „Otto Stern“, da es Frauen mit solchen öffentlichen Aktivitäten zu dieser Zeit recht schwer hatten, akzeptiert zu werden. In diesen Arbeiten warf sie zwei Forderungen mit großem Nachdruck immer wieder auf: Erstens, die Arbeitswelt für Frauen zu öffnen und zweitens, die Lebensbedingungen für Frauen zu verbessern.
Durch ihre Publikationen war Louise Otto zu einer von der Öffentlichkeit beachteten Person geworden. Ihre 1847 erschienene Gedichtsammlung Lieder eines deutschen Mädchens führten auch zu der Bezeichnung „Lerche des Völkerfrühlings“, da ihre Verse von der Aufbruchstimmung des Vormärz getragen waren. Das brachte ihr Anerkennung in demokratischen und Arbeiterkreisen ein. Diese Liedersammlung hatte sie dem bekannten Dichter Alfred Meißner gewidmet.
Im gleichen Jahr erschien in dem von Robert Blum herausgegebenen Vorwärts. Volkstaschenbuch für das Jahr 1847 ein bedeutender Artikel von Louise Otto Über die Theilnahme der Frauen am Staatsleben. Hierin entwickelte sie programmatische Vorschläge für eine organisierte „Frauenbewegung“ mit den Forderungen: Gleichberechtigung von Mann und Frau, Zugang der Mädchen und Frauen zur Bildung.
Weitere Veröffentlichungen von ihr in dieser Zeit finden sich in den Zeitschriften „Constitutionelle Staatsbürger-Zeitung“, „Der Komet“, „Der Leuchtturm“, „Der Wandelstern“, „Neue Zeitschrift für Musik“, „Nord und Süd“, „Typographia“, „Unser Planet“, „Veilchen, harmlose Blätter für die moderne Kritik“ und anderen.
In Dresden hatte Louise Otto bei ihren Studien von dem fortschrittlichen deutschkatholischen Prediger Johannes Ronge gehört, den sie dann bei einer Schlesienreise aufsuchte. Bei dieser Begegnung war sie besonders angetan von der Idee der gleichberechtigten Stellung von Frauen in den deutschkatholischen Gemeinden, die sogar zuließen, dass Frauen in Kirchenämter gewählt werden.
Sowohl breite Zustimmung wie auch scharfen Widerspruch löste 1848 ihre Adresse an den hochverehrten Minister Oberländer in Dresden aus, in der Louise Otto forderte: „Meine Herren! Im Namen der Moralität, im Namen des Vaterlandes, im Namen der Humanität fordere ich Sie auf: Vergessen Sie bei der Organisation der Arbeit die Frauen nicht!“[4] Dabei ging es um die Besetzung einer Kommission, die zu wirtschaftspolitischen Fragen in Sachsen Vorschläge insbesondere der Arbeitsorganisation erarbeiten sollte. Sie habe daher auch für die Organisation der Frauenarbeit zu sorgen, unter anderem deshalb, um Frauen nicht in die Prostitution zu treiben. Louise Ottos Forderung, für die zu besetzende Arbeiterkommission auch Frauen zu benennen, wurde damals nahezu als Skandal empfunden. Es kam zu einem Gespräch mit den Ministern Oberländer und Georgi, in dem sie ihre Forderungen noch einmal vortrug.
Louise Otto organisierte nun Versammlungen zur Aufklärung über die Lage der Arbeiterinnen, sie wurde Mitbegründerin eines Vaterlandsvereins und stand in regem Austausch mit den sich zunehmend organisierenden Arbeiterinnen und Arbeitern.
Während der Märzrevolution wurde Louise Otto 1849 Herausgeberin der von ihr begründeten Frauen-Zeitung unter dem Motto „Dem Reich der Freiheit werb ich Bürgerinnen!“.[5][6] Das verschärfte die Aufmerksamkeit der sächsischen Zensurbehörde auf sie. Es folgten Hausdurchsuchungen, Verhöre sowie die Auflösung der von ihr mitbegründeten Dienstboten- und Arbeiterinnenvereine .
Die Frauen-Zeitung wurde 1850 nach einem eigens für sie geänderten sächsischen Pressegesetz (Lex Otto) verboten, das seitdem Frauen die Herausgabe von Zeitungen untersagte.[7] Die Redaktion zog daraufhin nach Gera im benachbarten Fürstentum Reuß. Dort erfolgte 1852 ein Verbot durch ein ähnliches Gesetz.
Den Schriftsteller August Peters hatte Louise Otto in den 1840er Jahren kennengelernt. 1851 verlobte sie sich mit ihm,[8] noch während seiner Haft in einem Gefängnis, wo er eine Strafe wegen der Teilnahme an den Revolutionskämpfen von 1848/49 verbüßen musste. Nach dem Erlass seiner Reststrafe 1856 fand am 24. November 1858 die Hochzeit statt. Danach lebte das Ehepaar ab 1859 in Leipzig. Louise Otto-Peters arbeitete nun in Bibliotheken in Dresden und Leipzig. Außerdem schrieb sie Artikel, Rezensionen und Romane und gab mit ihrem Mann die Mitteldeutsche Volkszeitung heraus, deren Feuilleton sie leitete. 1864 starb ihr Mann.
1865 gründete Louise Otto-Peters den Leipziger Frauenbildungsverein, zusammen mit Auguste Schmidt, Ottilie von Steyber und Henriette Goldschmidt. Außerdem berief sie noch im gleichen Jahr die erste deutsche Frauenkonferenz nach Leipzig.
Louise Otto Peters wurde Mitbegründerin des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF), der ersten größeren Frauenrechtsorganisation im Deutschen Reich und dessen erste Vorsitzende.[9] Ziel des Vereins waren vor allem: das Recht der Frauen auf Bildung, Recht auf Erwerbsarbeit für Frauen und den Zugang zu Hochschulstudiengängen. Louise Otto-Peters arbeitete auch in der Redaktion der Vereinszeitung Neue Bahnen mit.[10] Als Mitherausgeberin hatte sie Kontakte zu August Bebel, Julius Mühlfeld und Ludwig Eckardt.
Von Otto-Peters gingen Anregungen aus, Arbeiterinnen nicht nur als Zielgruppe karitativen und pädagogischen Wirkens, sondern auch als Mitstreiterinnen für die Rechte der Frau anzusprechen. Auf dem Philosophie-Kongress 1869 in Frankfurt/Main vertrat sie den Verein mit einem eigenen Redebeitrag, um damit noch mehr Öffentlichkeit und Akteure für die Rechte der Frauen zu erreichen.
1890 entstand auf ihre Anregung der Leipziger Schriftstellerinnen-Verein als erste weibliche literarische Gesellschaft in Deutschland. 1892 wurde sie zu dessen Ehrenmitglied ernannt.[11] Ihr letzter öffentlicher Auftritt war 1894 aus Anlass der Eröffnung des ersten Gymnasialkurses für Frauen und Mädchen in Leipzig.
Am 13. März 1895 starb Louise Otto-Peters sechsundsiebzigjährig in Leipzig. Sie wurde auf dem Neuen Johannisfriedhof in Leipzig beigesetzt. Ihr Grabstein befindet sich jetzt auf dem Alten Johannisfriedhof.
Die Leipziger Louise-Otto-Peters-Gesellschaft pflegt mit bildungspolitischen Angeboten die Erinnerung an die Schriftstellerin seit 1993.[16]
Der Louise-Otto-Peters-Preis wird seit 2015 von der Stadt Leipzig jährlich an Personen und Organisationen vergeben, die sich für die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in besonderem Maße engagieren. Er ist mit 5000 Euro dotiert.
1954 veröffentlichte die Schriftstellerin Hedda Zinner den biografischen Roman „Nur eine Frau“ über Louise Otto-Peters. Vier Jahre später kam der daran angelehnte gleichnamige Film als DEFA-Produktion in die Kinos.
„Ich habe jetzt ein Ziel, einen Lebenszweck: die literarische Laufbahn. Ich strebe nicht nach Ruhm und Ehre, aber nach Einfluß aufs Ganze.“[17]
„Ich blickte entsetzt in einen Abgrund. Lange bevor ich etwas von Socialismus und Communismus gehört und gelesen, stellte ich die Frage: warum denn die Einen in Unwissenheit, Armuth und Entbehrung dahin leben müßten und die Andern sie dafür noch verachten dürften, ja von ihrer Arbeit den eignen Mammon mehren dürften.“[17]
„Die Teilnahme der Frauen an den Interessen des Staates ist nicht allein ein Recht, sie ist eine Pflicht der Frauen.“[17]
„Wo sie das Volk meinen, da zählen die Frauen nicht mit.“[17]
„Es ist ein anderes, im Tatdrang und Sturm einer bewegten Zeit auch mitzureden, nach der Tat zu dürsten – oder im Sklaventum einer kleinen Zeit auch noch mit gefesselten Händen rastlos fortzuarbeiten – und wenigstens mit den Ketten zu klirren, die man nicht lösen kann. Dies ist jetzt die Aufgabe unserer Zeitung.“[17]
„Die Hauptsache ist aber zunächst die: daraus, dass auch die Frauen nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet sind, sich ihren Unterhalt selbst zu verdienen, einen allgemein anerkannten Grundsatz zu machen, so werden und müssen auch alle Verhältnisse sich danach regeln.“[17]
Die Literatur ist chronologisch absteigend sortiert.
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NAME | Otto-Peters, Louise |
ALTERNATIVNAMEN | Stern, Otto (Pseudonym) |
KURZBESCHREIBUNG | Schriftstellerin und Mitbegründerin der deutschen Frauenbewegung |
GEBURTSDATUM | 26. März 1819 |
GEBURTSORT | Meißen |
STERBEDATUM | 13. März 1895 |
STERBEORT | Leipzig |