Der in der französischen Grenzstadt Roubaix als Sohn belgischer Eltern geborene Léon Désiré Joseph Tricnon wurde am 17. August 1887 in „Léon Mathot“ umbenannt.[2] In Lüttich, der Heimatstadt seiner Eltern, besuchte er das Konservatorium und begann in Lyon und Brüssel Theater zu spielen. 1906 übersiedelte Léon Mathot nach Paris. Dort knüpfte er augenblicklich Kontakt zur kaum entwickelten Kinematographie und wurde von der Filmproduktionsfirma Pathé als Statist und Kleindarsteller eingesetzt. In den Jahren kurz vor und während des Ersten Weltkriegs avancierte er zu einem populären Interpreten des französischen Kinos. Mehrfach wurde Mathot in Filmreihen eingesetzt, so beispielsweise 1917 als Graf von Monte Christo in einer Verfilmung (1917/18) des beliebten Abenteuerstoffs von Alexandre Dumas. In den Kriegsjahren besetzte ihn der Regisseur Abel Gance mehrfach.
Ab 1928 kehrte Léon Mathot der Schauspielerei weitestgehend den Rücken zu und widmete sich fortan der Filmregie, allerdings ohne, dass irgendeiner seiner Inszenierungen jemals künstlerische Bedeutung erlangte. 1939 sah man Mathot das letzte Mal als Schauspieler: In dem Propaganda-Drama „Deuxième Bureau contre Kommandantur“ spielte Mathot die Hauptrolle des Geistlichen Abbé Gaillard, der sich im Jahre 1917 aus patriotischen Gründen als Agent der Franzosen im Kampf gegen deutsche Militärs verdingt. Léon Mathots Inszenierungen – Literaturadaptionen, Melodramen, antideutsche Pamphlete, Abenteuergeschichten und Dramen mit exotischem Hintergrund – sind heute komplett in Vergessenheit geraten.
Léon Mathot war von 1938 bis 1959 Vizepräsident und von 1959 bis 1967 Präsident der Cinémathèque française.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 5: L – N. Rudolf Lettinger – Lloyd Nolan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 326.