Die Machzūm (arabisch بنو مخزوم Banū Machzūm, DMG Banū Maḫzūm) sind ein Clan des mekkanischen Stammes der Quraisch, welcher nach Machzūm ibn Yaqaza benannt ist. Ab der Mitte des 6. Jahrhunderts nach Christus bis in die Frühzeit des Islam gehörten die Banū Machzūm zu den wirtschaftlich stärksten und politisch einflussreichsten Clans Mekkas. Dort siedelten sie vor allem in den Stadtteilen südlich und südöstlich der Kaaba. Heute existieren die Machzūm nicht mehr als geschlossener Clanverband, wenngleich einige arabische Familien ihre Abstammungslinie auf sie beziehen.
Die Machzūm führten ihren Stammbaum, genau wie die meisten Clans der Quraisch, auf Fihr ibn Mālik, den Urgroßvater Kaʿb ibn Luʾais, zurück. Namensgebend ist Machzūm ibn Yaqaza ibn Murra. Mit den Nachkommen Qusaiy ibn Kilābs ist der Stammbaum der Machzūm durch den gemeinsamen Großvater Murra ibn Kaʿb verbunden.[1][2]
Kaʿb ibn Lu'aiy | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Murra | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Yaqaza | Kilāb | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Machzūm | Qusaiy | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
ʿUmar | ʿĀmir | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
ʿAbdallāh | ʿAnkatha | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
al-Mughīra | Asad | Hilāl | Yarbūʿ | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Mughīriden | ʿAbd Manāf | ʿAbd al-Asad | Saʿīd | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
al-Arqam | Abū Salama | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die einflussreichste Linie des Clans bildeten die Mughīriden oder Banū l-Mughīra, also die Nachkommen von al-Mughīra ibn ʿAbdallāh ibn ʿUmar ibn Machzūm.[3] Nachfolgend eine Übersicht über die verwandtschaftlichen Verhältnisse unter ihnen:
al-Mughīra | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hischām | al-Walīd | Abū Rabīʿa | Abū Umaiya | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
al-ʿĀsī | Abū Dschahl | al-Hārith | Hischām | Chālid | Walīd | ʿAiyāsch | ʿAbdallāh | Umm Salama | Muhādschir | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Chālid | ʿIkrima | ʿAbd ar-Rahmān | Umm Hakīm | Ismāʿīl | ʿAbd ar-Rahmān | ʿAbdallāh | al-Hārith | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
al-Hārith | Hischām | Salama | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ibrāhīm | Muhammad | Aiyūb | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ismāʿīl | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die Banū Machzūm gehörten in vorislamischer Zeit zu den „Quraisch der Talbereiche“ (Quraiš al-biṭāḥ), jenen Stammesgruppen, die im Tal von Mekka in direkter Nähe der Kaaba wohnten, im Gegensatz zu den weniger prestigeträchtigen „Quraisch der Außenbereiche“ (Quraiš aẓ-ẓawāhir), die in den Außenviertels Mekkas siedelten.[4] Der Clan siedelte in vor- und frühislamischer Zeit allem voran südlich und südöstlich der Kaaba im Adschyād-Viertel. Auf der Seite des Hügels as-Safā war ein Tor zur Heiligen Moschee nach den Machzūm benannt.[5]
Nachdem Qusaiy ibn Kilāb die Vormachtstellung der Quraisch in Mekka durchgesetzt hatte, entwickelte sich zwischen den Familien seiner Söhne ʿAbd ad-Dār und ʿAbd Manāf ein Konflikt um die Herrschaft über die Stadt Mekka und die wichtigen Ämter zur Organisation der Pilgerfahrt und Kriegsführung. Hieraus formierten sich Allianzen unter den mekkanischen Clans. So unterstützte das Bündnis der sogenannten Mutaiyabūn („Parfümierte“), das sich aus den Asad, Zuhra, Taim und al-Hārith ibn Fihr zusammensetzte, die Ansprüche der von ʿAbd Schams angeführten ʿAbd Manāf, während das Bündnis der Ahlāf („Alliierten“), bestehend aus den Machzūm, Sahm, Dschumah und ʿAdī, denen der Spottname Laʿaqat ad-Dam („Blutlecker“) angehängt wurde, auf Seiten der ʿAbd ad-Dār stand. Auffällig in dieser Konstellation, ist, dass Machzūm der einzige Clan aus der Nachkommenschaft Murra ibn Kaʿbs war, der die ʿAbd ad-Dār unterstützte, während alle anderen Clane dieser Abstammungsgruppe ʿAbd Schams unterstützten.[4][6]
Nachdem sich die ʿAbd Schams mit der dominierenden Familie der Umaiyaden aus den Mutaiyabūn herausgelöst und eine eigene Fraktion etabliert hatten, zu der auch die Banū Naufal, Asad und ʿĀmir gehörten, formierte sich um das Jahr 590 ein neues Bündnis, welches als Hilf al-Fudūl („Bund der Vorzüglichen“) bekannt wurde. Dieses bestand aus den Clanen Hāschim, al-Muttalib, Zuhra, Taim, Hārith ibn Fihr und ʿAdī. Die Machzūm blieben hingegen mit den Sahm, Dschumah und ʿAbd ad-Dār verbündet. Das Bündnis der Ahlāf bestand also weiter, hatte jedoch die ʿAdī an den neuen Bund verloren.[7]
Ende des 6. Jahrhunderts bildeten die Machzūm und die ʿAbd Schams die beiden wirtschaftlich und politisch stärksten Clane Mekkas, die miteinander um Einfluss rivalisierten.[8] Nach Henri Lammens kontrollierten die Banū Machzūm bis auf die Kaaba nahezu die ganze Stadt Mekka, sahen sich aber einem wachsenden Einfluss der Umayyaden-Familie ausgesetzt, einem Clan der ʿAbd Schams.[9]
Das Verhältnis zwischen den Banū Machzūm und den Umaiyaden spitzte besonders zu, als sich drei Jahre nach der Vertreibung des Clans der Banū Laith vom Stamm der Kināna aus Mekka gen Süden eine neue bewaffnete Auseinandersetzung anbahnte. Die Machzūm und Sahm, welche den Süden Mekkas bewohnten, gerieten zunehmend militärisch unter Druck und baten einen der führenden Umayyaden, Abū Uhaiha Saʿīd ibn al-ʿĀs, um Unterstützung gegen die Banū Laith, welche ihnen allerdings aufgrund eines bestehenden Verwandtschaftsverhältnisses zwischen den Umayyaden und Banu Laith verwehrt wurde. Erst nach der folgenden schweren Niederlage der Machzūm und dem Heranrücken der Laith an den Stadtrand Mekkas halfen die Umayyaden den Konflikt durch ihre Vermittlung beizulegen. Mahmood Ibrahim bewertet dies als kalkulierten Zug der Umayyaden zur Schwächung der Machzūm als größtem konkurrierenden Clan innerhalb der Quraisch.[10] Die dadurch gewonnene Vormachtstellung brachte den Banū Umaiya auch Zustimmung aus den Reihen der Ahlāf. So gelang es ihnen in den – während der frühen 590er Jahre[11] über vier Jahre stets in den heiligen Monaten geführten – Fidschār-Kriegen, die gesamte Bevölkerung Mekkas und ihre Alliierten gegen die Hawāzin aus der Stammeskonföderation der Qais ʿAilān militärisch zu einen.[12]
Als im Jahre 605 die Quraisch die Kaaba neu erbauten und den quraischitischen Clanen dabei verschiedene Bauabschnitte zugeordnet wurden, wurde den Banū Machzūm zusammen mit den Banū Tamīm und einigen verbündeten Stämmen der südliche Teil der Kaaba nach as-Safā hin zugeordnet.[13]
Innerhalb der Machzūm hatten die Mughīriden (Banū l-Muġīra) die führende Position inne und bildete die Hauptlinie innerhalb des Clans. Ihr Ahnvater war al-Mughīra ibn ʿAbdallāh, der um die Mitte des 6. Jahrhunderts eine wichtige Rolle im politischen Leben Mekkas spielte.[14] Ein Bericht, der bei Ibn Abī l-Hadīd überliefert ist, bezeichnet ihn als „Anführer der Quraisch in der Dschāhilīya“ (saiyid Quraiš fī l-ǧāhilīya). Nach diesem Bericht war al-Mughīra einmal in einen Konflikt mit den Banū Fazāra, einem Clan aus dem Verbund der Ghatafān, verwickelt. Hintergrund hierfür war, dass die nicht-quraischitischen Pilger, die von außerhalb Mekkas zum Haddsch kamen, üblicherweise von einem der Clane der Quraisch mit Pilgerkleidung versorgt wurden und im Gegenzug dem Clan einen Teil ihres geschlachteten Fleisches überließen. Die Banu Fazāra erhielten ihre Pilgerkleidung üblicherweise von al-Mughīra ibn ʿAbdallāh. Der Konflikt entzündete sich, als ein Anführer der Banū Fazāra die Abgabe des Fleisches in der geforderten Höhe verweigerte. Al-Mughīra drohte ihm deswegen, woraufhin der Mann auf die Durchführung des Haddsch verzichete.[15]
Unter al-Mughīras Sohn Hischām, der wie sein Vater als „Anführer der Quraisch“ (saiyid Quraiš) galt,[16] konnte die wirtschaftliche und politische Dominanz der Machzūm beibehalten und Handelsbeziehungen sogar ausgebaut werden. Dadurch wurde selbst eine Niederlassung der Machzūm in Äthiopien möglich.[17] Hischām ibn al-Mughīra galt als Kriegsreiter der Quraisch (fāris Quraiš)[18] und gehörte in den Fidschār-Kriegen zu den Anführern der mekkanischen Truppen[19][20] Mehreren Überlieferungen zufolge war sein Ansehen so groß, dass die Quraisch die Zeit nach seinem Tod datierten[21][22] und der Jahrmarkt von ʿUkāz danach drei Male nicht abgehalten wurde.[23]
Nach dem Tod von Hischām ibn al-Mughīra galten vor allem dessen Brüder Suhail Abū Umaiya ibn al-Mughīra und später al-Walīd ibn al-Mughīra (starb 622/23) als Oberhäupter der Machzūm. In der Zeit um die Wende zum siebten Jahrhundert fungierte al-Walīd als der Friedensrichter (ḥakam) des Clans.[24] Seine besondere Stellung wird auch durch den bei Ibn Habīb al-Baghdādī überlieferten Beinamen al-ʿAdl („der Rechtschaffene“) – ein Zeichen für seine Verdienste als Schiedsrichter unter den Arabern – deutlich.[25] Auch beim Neubau der Kaaba im Jahre 605 spielte er eine entscheidende Rolle. So soll er, der Angst der Mekkaner vor einer göttlichen Strafe zum Trotz, als erster mit dem Abriss der alten Kaaba begonnen haben.[26]
Zur Zeit der Verkündigung des Islams durch Mohammed ab etwa 613 in Mekka bildete sich eine starke Opposition der Banū Machzūm unter ihrem Oberhaupt al-Walīd ibn al-Mughīra und seinem Neffen ʿAmr ibn Hischām, von den Muslimen Abū Dschahl („Vater der Ignoranz“) genannt, gegenüber dem Islam und seinen Anhängern. Al-Walīd ibn al-Mughīra soll auch einer der „Verspotter“ (mustahziʾūn) Mohammeds gewesen sein, gegen die Verse in den mekkanischen Suren des Korans gerichtet sind.[27] Laut William Montgomery Watt gehörten die Hauptgegner Mohammeds den Clanen Machzūm und ʿAbd Schams an.[28]
Die ablehnende Haltung der Banū Machzūm gegenüber Mohammed und Muslimen steigerte sich kontinuierlich mit der zunehmenden Macht Abū Dschahls innerhalb der Machzūm. Dies führte seine Opposition zunächst so weit, dass er Mohammed öffentlich beleidigte und demütigte.[29] Darüber hinaus war er auch einer der Initiatoren des Boykotts der Clans Mekkas 616 bis 618 gegen die Banū Hāschim, die Sippe, der Mohammed angehörte.[27] Abū Dschahl gehörte zur Zeit des Beginns der islamischen Verkündigung der Ratsversammlung (malaʾ) der Quraisch an, die im Dār an-Nadwa zusammenzukommen pflegte.[18] Die Behandlung muslimischer Konvertiten durch Abū Dschahl unterschied sich jedoch nach deren sozialem Status. Gehörten diese zu einer noblen Schicht der Mekkaner und besaßen hohen Rang (šaraf) und Würde (manʿa), wurden sie lediglich getadelt und ihres Ranges verlustig erklärt. Im Falle von Kaufleuten wurde deren Geschäft boykottiert, während Angehörige eines niederen Standes (ḍuʿafāʾ) sogar körperlich misshandelt und verfolgt wurden.[30][31] Salah E. Humodi fügt dem hinzu, dass auch die finanzielle Übermacht der ʿAbd Schams und Machzūm und ihre Kontrolle über den Karawanenhandel eine wirtschaftliche Unabhängigkeit der muslimischen Gemeinschaft nahezu verunmöglichte und deshalb viele Anhänger zur Auswanderung trieb.[32]
Nach einem Bericht, der von Ibn Habīb al-Baghdādī (gest. 860) zitiert und auf ʿAbdallāh ibn ʿAbbās zurückgeführt wird, bildeten Angehörige der Machzūm auch die wichtigste Fraktion innerhalb der sogenannten Muqtasimūn („Verteiler, Verschwörer“), die im Koran (Sure 15:90–93 corp) erwähnt werden. Hierbei soll es sich um 17 Männer gehandelt haben, die die verschiedenen Bezirke Mekkas unter sich aufgeteilt hatten und während der Wallfahrtssaison den Propheten Mohammed am Predigen hinderten. Sieben der 17 Männer stammten nach dem Bericht aus den Reihen der Machzūm.[33] Die Feindschaft Abū Dschahls gegenüber Mohammed ging sogar so weit, dass er kurz vor der Hidschra 622 in einer Versammlung der Quraisch einen Plan zur Ermordung Mohammeds vorstellte: Demnach sollte eine Gruppe junger Männer aus unterschiedlichen Stämmen gleichzeitig mit dem Schwert auf Mohammed einhauen, so dass die Blutschuld über sie alle verteilt wäre und deswegen nicht gesühnt werden könnte. Der Plan kam jedoch nicht zur Ausführung.[34]
Allerdings bildeten die Machzūm keine völlig einheitliche Front gegen Mohammed. Es gab auch einige Angehörige des Clans, die sich schon früh Mohammed anschlossen, wie Umm Salama, eine Enkeltochter al-Mughīras, ihr Ehemann Abū Salama ibn ʿAbd al-Asad[35] al-Arqam ibn Abī l-Arqam, dessen Haus auf dem Hügel Safā als geheimer Versammlungsort für die ersten Muslime diente, und Abū Dschahls Cousin und mütterlicher Halbbruder ʿAiyāsch ibn Abī Rabīʿa. Auch ʿAmmār ibn Yāsir wird Klient den Machzūm zugerechnet.[36] Die zum Islam konvertierten Clangenossen der Machzūm litten unter der Herrschaft Abū Dschahls. So wurde ʿAmmār ibn Yāsir misshandelt und seine Mutter Sumaiya sogar durch Abū Dschahl getötet.[37] Da sie der Verfolgung ausgesetzt waren, emigrierten die meisten von ihnen in den Jahren 615 und 616 n. Chr. ins äthiopische Reich Aksum. Al-Arqam war der einzige der frühen Anhänger Mohammeds aus den Reihen der Machzūm, der nicht nach Äthiopien auswanderte, sondern in Mekka verblieb.[28]
Etwa neun Monate nach der Hidschra der Muslime nach Yathrib kam es im März 623 zu einem ersten Versuch eines Überfalls auf eine durch Abū Dschahl begleitete Karawane der Machzūm durch eine Gruppe von Muslimen um Mohammeds Onkel Hamza ibn ʿAbd al-Muttalib. Nur durch die Vermittlung eines Mekkaners trennten sich die beiden Parteien ohne Kampfhandlungen. Die Überfälle und Raubzüge (genannt maghāzī in Mohammeds Beisein und sarāyā ohne Anwesenheit Mohammeds) setzten sich jedoch in den folgenden Monaten fort. Ziel waren dabei vor allem die Karawanen der handelstüchtigen und wirtschaftlich starken Clane Mekkas, Machzūm, ʿAbd Schams und Dschumah.[38]
Diese Umstände sorgten unter den Quraisch neben einem allmählichen Zerfall des Clan- und Bündnissystems auch für Zwietracht über eine mögliche Reaktion auf die Beutezüge der Muslime. Nachdem die ʿAbd Schams um Abū Sufyān, die innerhalb der Quraisch mit dem Führen der Kriegsstandarte (liwāʾ) betraut waren, genau wie die Clans der Dschumah und Asad über eine Kriegserklärung an Mohammed gespalten waren, drängten die Machzūm um Abū Dschahl gemeinsam mit den ʿAbd ad-Dār, den ʿĀmir und Naufal auf einen Krieg. Die Clans der Sahm und Zuhra sprachen sich dagegen aus.[39] Seinen zum Islam konvertierten Halbbruder ʿAiyāsch konnte Abū Dschahl überzeugen, nach Mekka zurückzukehren.[40]
Die Schlacht von Badr am 13. März 624, in der die nach Yathrib ausgewanderten Muslime bei einem Beutezug auf eine von Abū Dschahl angeführte mekkanische Streitmacht trafen, gilt nicht nur als Schlüsselereignis der islamischen Frühgeschichte, sondern kann auch als Wendepunkt in der Geschichte des Clans der Machzūm betrachtet werden. Die Machzūm gehörten zu jener Zeit zu den reichsten und wirtschaftlich stärksten Clans von Mekka. Die Karawane, die Anlass zu dieser Schlacht gab, soll einen Wert von 5.000 Mithqāl gehabt haben.[41] In der für die Mekkaner verlustreichen Niederlage kamen zahlreiche hochrangige Mitglieder der Machzūm, darunter ihr Oberhaupt Abū Dschahl, zu Tode.[42] Martin Hinds schildert, dass von den Nachkommen al-Mughīras, der Hauptlinie der Machzūm, sieben oder acht seiner 25 Enkel in dieser Schlacht fielen.[27] Die nach der Schlacht von Badr stark geschwächten Machzūm verloren ihre politische und wirtschaftliche Stellung nach und nach an die ʿAbd Schams mit den Umayyaden, die nach langer Zeit prägender Rivalität zwischen beiden Clans zum dominierenden Clan Mekkas wurden. Als zusätzlicher Grund für den Machtverlust der Machzūm kann auch die noch unzureichende Stellung von Abū Dschahls Sohn ʿIkrima innerhalb der Quraisch angesehen werden.[43][44] Eine weitere Schwächung der Banū Machzūm ergab sich aus einem Konflikt mit den südlich von Mekka siedelnden Banū Daus, nachdem Angehörige der Machzūm deren Anführer Abū Uzaihir als Reaktion auf dessen Bündnis mit den ʿAbd Schams getötet hatten. Da das Blutgeld für Abū Uzaihir von den ʿAbd Schams und nicht den Machzūm entrichtet wurde, führten die Banū Daus auf Geheiß der ʿAbd Schams so lange Angriffe auf die Karawanen der Machzūm durch, bis diese sich zur Entrichtung eines jährlichen Tributs bereit erklärten.[45]
Bei der Schlacht von Uhud 625, bei der die Mekkaner, angeführt durch Abū Sufyān, über die Muslime siegten, führten die beiden Machzūmiten ʿIkrima und Chālid ibn al-Walīd die mekkanische Reiterei an.[46] Nach der Schlacht heiratete Mohammed die Machzūmitin Umm Salama, deren Ehemann Abū Salama an Kriegswunden verstorben war.[47]
Als die Muslime im März 628 auf dem Weg zur ʿUmra in al-Hudaibiya lagerten, führte ein Triumvirat von Mekkanern, bestehend aus Suhail ibn ʿAmr vom Clan der ʿĀmir ibn Luʾaiy, Safwān ibn Umaiya von den Banū Dschumah und ʿIkrima von den Machzūm, den Widerstand gegen sie an. Als Mohammed Verhandlungen vorschlug, sprach sich ʿIkrima dagegen aus, wurde aber überstimmt, als sich sein Onkel al-Hārith ibn Hischām auf die Seite Safwāns schlug. So wurde der Vertrag von al-Hudaibiya, der einen zehnjährigen Frieden zwischen Mekkanern und Muslimen vorsah, beschlossen.[48] Nach al-Hudaibiya liefen zahlreiche Machzūmiten zu den Muslimen über, darunter Chālid ibn al-Walīd.[27][49] Bei der Affäre, die zum Bruch des Vertrages von al-Hudaibiya und schließlich auch zur Einnahme Mekkas führte, dem Angriff der Bakr ibn ʿAbd Manāt 629 auf einen Clan der Chuzāʿa, wurden die Angreifer durch die führenden Männer der Machzūm unterstützt, doch gab es mit al-Hārith ibn Hischām und ʿAbdallāh ibn Abī Rabīʿa auch zwei führende Männer der Machzūm, die diesen Angriff kritisierten.[50]
Erst kurz vor der Einnahme Mekkas durch die Muslime im Jahre 629 war der Einfluss ʿIkrimas so groß, um erneut politische Macht in Mekka im Namen der Banū Machzūm ausüben zu können. Hierbei trat er erneut als vehementer Gegner von Verhandlungen mit Mohammed auf.[27] Während der Eroberung Mekkas kam es im Dezember 629 am Berg Chandama unter ʿIkrima zu einem letzten militärischen Widerstand einiger Mekkaner der Machzūm und Hudhail gegen muslimische Truppen, angeführt von Chālid ibn al-Walīd, wobei man zwölf Gefallene auf Seiten der Mekkaner und zwei auf Seiten der Muslime zählte. Mohammed erklärte eine Generalamnestie, allerdings waren ein paar seiner Gegner davon ausgenommen, darunter ʿIkrima. Er versteckte sich zunächst in Mekka und flüchtete anschließend in den Jemen. Seine Ehefrau und Cousine Umm Hakīm unterwarf sich Mohammed und bat erfolgreich um seine Begnadigung. Anschließend reiste sie in den Jemen, um ihren Ehemann zu finden und ihn zurückzubringen.[51][52] Die Führung des Clans ging aber während ʿIkrimas Abwesenheit auf seinen Onkel al-Hārith ibn Hischām und Saʿīd ibn Yarbuʿ, der einer Nebenlinie der Machzūm entstammte, über. Sie gehörten zu „denjenigen, deren Herzen gewonnen wurden“ (al-muʾallafa qulūbuhum) und wurden als solche von Mohammed nach der Schlacht von Hunain reichlich mit Geschenken bedacht.[53][54]
Die besonderen Handelsbeziehungen der Machzūm in den Jemen brachten dem Clan in der Phase nach der Eroberung Mekkas dort auch politischen Einfluss. Im Jahre 631 ernannte Mohammed den Machzūmiten al-Muhādschir ibn Abī Umaiya ibn al-Mughīra zum Gouverneur von Sanaa im Jemen, einen Posten, den dieser zunächst nicht antrat, jedoch schließlich bis zum Tode des Kalifen Abū Bakr 634 besetzte. ʿAbdallāh ibn Abī Rabīʿa wurde zum Statthalter im jemenitischen al-Dschanad ernannt und war später unter den Kalifen Abū Bakr und ʿUmar, einigen Berichten nach zufolge sogar bis ins Kalifat ʿUthmāns, Gouverneur des Jemen und von al-Dschanad im Besonderen.[53]
ʿIkrima, der nach Begnadigung durch Mohammed den Islam angenommen hatte, tat sich nach dessen Tod unter dem ersten Kalifen Kalif Abū Bakr als Feldherr in den Ridda-Kriegen im Jemen und Oman hervor. Allem voran die militärischen Leistungen des machzūmitischen Armee-Kommandeurs Chālid ibn al-Walīd in den Ridda-Kriegen und bei der späteren Eroberung der Levante sorgten für eine erneut besondere Stellung der Machzūm in der muslimischen Gemeinschaft.[53] Der nach der Eroberung Mekkas zunächst als Oberhaupt der Machzūm geltende al-Hārith ibn Hischām beteiligte sich ebenfalls an der Eroberung Syriens. Gemeinsam mit circa siebzig Gefolgsleuten ließ er sich in Syrien nieder, von denen bis auf vier alle durch Kriege und Seuchen ums Leben kamen. Er selbst starb bei der Pest von Emmaus 639.[55] Al-Hāriths Tochter, Umm Hakīm, heiratete nach ʿIkrimas Tod 634 den zweiten Kalifen ʿUmar ibn al-Chattāb.ʿUmar war auch selbst Sohn einer Machzūmitin.[56]
Al-Hāriths Sohn ʿAbd ar-Rahmān (gest. 671) wurde von ʿUmar zur Weiterführung der Familienlinie nach Medina zurückgeholt und mit einem Stück Land (ḫiṭṭa) versorgt.[56] Er heiratete eine Tochter des dritten Kalifen ʿUthmāns, von dem er beauftragt wurde, bei der Sammlung des Korans mitzuwirken.[57] ʿAbd ar-Rahmān ibn al-Hārith soll 13 oder 14 Söhne und 18 Töchter gehabt haben. Gemeinsam mit der Nachkommenschaft von al-Walīd ibn al-Mughīra gehörte seine zahlreiche Nachkommenschaft zu den wichtigsten Linien der Banu Machzūm im islamischen Kalifat. Al-Musʿab az-Zubairī, der in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts n. Chr. schrieb, vermerkt, dass es zu seiner Zeit eine große Zahl von Nachkommen von ʿAbd ar-Rahmān und seiner Frau Fāchita bint ʿUtba gab.[56]
Unter dem Kalifen ʿUthmān kam mit Chālid ibn al-ʿĀsī als Statthalter von Mekka ein weiterer Machzūmit in eine hohe Staatsposition.[58] Zwischen dem dritten Kalifen und den Machzūm kam es ebenfalls zu einem Zerwürfnis: Der unter ʿUmar als Gouverneur von Kufa dienende, freigelassene Klient der Banu Machzūm, ʿAmmār ibn Yāsir, gehörte zu den glühenden Unterstützern ʿAlīs und trat als großer Kritiker am Kalifat ʿUthmāns auf. Seine Folterung durch ʿUthmān erzürnte die Banu Machzūm.[59] Die Anführer der Banu Machzūm selbst sprachen sich jedoch gegen ein Kalifat ʿAlīs aus.[41] Nach dem Tod ʿUthmāns unterstütze ʿAbd ar-Rahmān ibn al-Hārith anders als die meisten seiner Clangenossen das Bündnis um Talha ibn ʿUbaidallāh, az-Zubair ibn al-ʿAuwām und Aischa und kämpfte 656 an deren Seite in der Kamelschlacht, welche mit einer Niederlage für seine Bündnispartner endete.[57] Zwar wanderten einige Familien der Machzūm nach Syrien und Irak aus, doch verblieb der Großteil des Clans im frühen islamischen Staat in den Städten Mekka und Medina.[56]
Das Verhältnis zwischen den Banu Machzūm und der herrschenden Umayyaden-Dynastie war in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts von Spannungen geprägt. Bereits in vorislamischer Zeit existierte zwischen den Banū ʿAbd Schams, welchen die Umayyaden angehörten, und den Banū Machzūm eine große Rivalität, bei der sich die ʿAbd Schams nach der Schlacht von Badr als führender Clan Mekkas durchsetzten. Chālid ibn al-Walīds Sohn ʿAbd ar-Rahmān (gest. 666) wurde zwar von Muʿāwiya I. zum Gouverneur von Homs und der Dschazīra ernannt und unterstützte ihn bei der Schlacht von Siffin, doch wird berichtet, dass Muʿāwiya ihn durch den christlichen Arzt Ibn Uthāl vergiften ließ, weil er in ihm einen Thron-Rivalen für seinen Sohn Yazīd sah.[60][61][62] Nach Henri Lammens klagten die Machzūmiten Muʿāwiya an, dass er ihren Verwandten habe vergiften lassen, und bestanden darauf, Blutrache zu nehmen.[41] Die machzūmitische Linie des Generals Chālid ibn al-Walīd starb im männlichen Stamm in der Spätzeit der Umayyaden nach einer Seuche in Syrien aus.[63] Das Erbe trat ʿAiyūb ibn Salama, ein Nachkomme al-Walīd ibn al-Walīds, an, dessen Nachkommen bis ins späte 9. Jahrhundert n. Chr. großen wirtschaftlichen Einfluss in Medina ausübten.[64]
Im Zweiten Bürgerkrieg, als sich ʿAbdallāh ibn az-Zubair gegen die Umaiyaden stellte und in Mekka ein eigenes Kalifat errichtete, bekam er von den Machzūm volle Unterstützung.[41] Ibn az-Zubair belohnte sie dafür, indem er einen von den ihren, Hārith ibn ʿAbdallāh ibn Abī Rabīʿa, 684/85 unter zum Statthalter von Basra ernannte.[65][66] Allerdings erweiterte Ibn az-Zubair die Heilige Moschee derart, dass die Häuser der Machzūm im Südosten der Kaaba abgerissen werden mussten.[67] Es gab nur einen Machzūmiten, der die Marwāniden unterstützte, nämlich al-Hārith ibn Chālid ibn al-ʿĀsī. Er wurde nach der Niederlage von ʿAbdallāh ibn az-Zubair von Kalif ʿAbd al-Malik (646–705) mit dem Posten des Gouverneurs von Mekka betraut. Insgesamt stellte die Niederlage der Zubairiden im Bürgerkrieg jedoch einen erneuten großen Machtverlust der Machzūm dar.[68]
Allerdings erlangte die Familie von Hischām ibn Ismaʿīl ibn Hischām (gest. 706) zu Beginn des 8. Jahrhunderts größeren Einfluss, nachdem der Kalif ʿAbd al-Malik ibn Marwān ihn 701/2 n. Chr. seine Tochter ʿĀʾischa geheiratet und ihn selbst zum Statthalter von Medina ernannt hatte, eine Position, die traditionell den Umayyaden selbst vorbehalten war.[41] Dort herrschte Hischām mit harter Hand.[69] So wird überliefert, dass er ʿAlī ibn Husain Zain al-ʿĀbidīn, den vierten Imam der Zwölfer-Schia,[70] und den Rechtsgelehrten und Clangenossen Saʿīd ibn al-Musaiyab demütigte.[71] Nach dem Tod seines Schwagers ʿAbd al-Malik im Jahre 705 wurde Hischām von dessen Nachfolger al-Walid I. zunächst bestätigt, jedoch bereits 706 durch ʿUmar ibn ʿAbd al-ʿAzīz ersetzt.[72]
Auch die Söhne von Hischām ibn Ismaʿīl stiegen während des Kalifats seines nach ihm benannten Enkels Hischām ibn ʿAbd al-Malik (691–743) in hohe Ämter auf. Ibrāhīm ibn Hischām besetzte von 724 bis 732/33 das Amt des Statthalters von Medina, Mekka und at-Tāʾif,[73] sein Bruder Muhammad ibn Hischām folgte ihm in diesem Amt von 736/7 bis 743.[74] Beide sprachen sich für Maslama ibn Hischām ibn ʿAbd al-Malik, den durch Heirat mit den Banu Machzūm verbundenen Sohn des Kalifen, als neuen Thronfolger anstelle von al-Walīd ibn Yazīd aus. Letzterer stellte die beiden aufgrund ihrer Parteinahme gegen ihn nach dem Tode von Hischām ibn ʿAbd al-Malik im Juni 743 in Medina an den Pranger und ließ sie kurz darauf in Kufa zu Tode foltern.[75]
Unter dem ersten Abbasidenkalifen Abū l-ʿAbbās as-Saffāh (reg. 749–754), der mit einer Machzūmitin verheiratet war, diente Ismāʿīl ibn Aiyūb ibn Salama aus der Linie al-Walīd ibn al-Walīds als Statthalter von Mekka.[76]
Aus den Reihen der Machzūm unterstützen zwei Angehörige der Nebenlinien des Clans die Revolte des Muhammad an-Nafs az-Zakīya 762 gegen den Kalifen al-Mansūr, nämlich ein Nachkomme von al-Arqam ibn Abī l-Arqam sowie ʿAlī ibn al-Muttalib ibn ʿAbdallāh, der zu den loyalsten Unterstützern an-Nafs az-Zakīyas gehörte. Diese bildeten jedoch eine Ausnahme unter den Machzūm, welche zum größten Teil auf der Seite des Kalifen standen.[77]
Im Laufe der Abbasidenzeit kam es zu einem sukzessiven Verlust an Einfluss und politischer Macht der Banū Machzūm.[78] Lediglich unter dem dreizehnten Abbasiden-Kalifen al-Muʿtazz (reg. 866–869) diente mit ʿĪsā ibn Muhammad ein Machzūmit 867/868 knapp ein Jahr lang als Statthalter von Mekka,[79] und sein Sohn Abū l-Mughīra Muhammad ibn ʿIsā bekleidete 876/77 bis 878/79 die gleiche Position unter Kalif al-Muʿtamid.[80]
Der Historiker Mikhail Mishaqa führte die Ursprünge der vor allem im Libanon einflussreichen Familie Schihab auf die Banū Machzūm zurück. Amīr Hārith, ein Soldat in der Armee von Chālid ibn al-Walīd, welcher bei der Schlacht zur Eroberung von Damaskus 635 fiel, sei dabei als Familiengründer anzusehen.[81] Auch die Familie des arabisch-andalusischen Dichters Ibn Zaidūn (1003–1071) sah ihre Ursprünge im Clan der Machzūm.[82][83]
Das Sultanat von Shewa, welches von 896/7 bis 1285 in Zentral-Äthiopien existierte, wurde durch Händler der Machzūm aus Mekka gegründet. Als Urvater der Dynastie wird Wadd ibn Hischām al-Machzūmī, ein Händler und angeblicher Nachfahre Chālid ibn al-Walīds angeführt. Das Sultanat, welches auch als Machzūmī-Dynastie bezeichnet wird, hatte während seines Bestehens mindestens zehn Herrscher, darunter eine Frau.[84][85][86] 1285 wurde es durch das benachbarte Sultanat Ifat unter ʿUmar ibn Dunyā-Hawz Walashma erobert. Die Walashma selbst führten ihre Familie ebenfalls auf die Quraisch zurück, entweder über ʿAqīl b. Abī Ṭālib oder al-Hasan ibn ʿAlī.[87]
Arabische Quellen
Sekundärliteratur